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durch Zuschauen an der Staffelei und durch Nachübung in seiner Wohnung die Fertigkeit mit dem Pinsel, die Behandlung der Farben u. s. w. sich angeeignet. Man sieht hieraus, seine Jugend ging ohne Freuden vorüber und seine Zeit war fast immer zwischen Arbeit und nothwendige Ruhe getheilt. Seines Talentes muß er sich jedoch vollkommen bewußt gewesen sein, und scheint mit der bei den Engländern nicht ungewöhnlichen Consequenz beharrlich zu einem Ziele hingestrebt zu haben, das er bei seiner persönlichen beschränkten Lage nur spät erreichen konnte. Ersteres erhellt wenigstens aus einer von Horace Walpole (Earl of Orford) und Nichols mitgetheilten Anecdote. Noch als Lehrling ging er einst mit mehreren seiner Kameraden in ein Bierhaus außerhalb Londons, wo sich bald das in englischen Kneipen der Art gewöhnliche Ereigniß, eine heftige Schlägerei, zutrug. Als einem der Anwesenden das Gesicht bis zum Bluten zerschlagen war, zeichnete Hogarth auf der Stelle die ganze Gruppe, und zwar in seiner später so bekannten comischen Weise, wobei die Ähnlichkeit der Kämpfenden wie der Zuschauer, nebst ihrer augenblicklichen Stimmung, treffend wiedergegeben war.

In seinem zweiundzwanzigsten Jahre begann Hogarth als Zeichner, Maler und Kupferstecher selbstständig zu arbeiten; allein es währte noch dreizehn Jahre, bis er sich einen Namen und mit ihm eine glänzende Stellung erwarb. Ohne Protection und Empfehlung, blieb er von dem damals gewinnreichsten, wenn auch niedrigeren Zweige der Kunst, von der Portraitmalerei, lange Zeit ausgeschlossen; er lebte in fortwährender Dürftigkeit, woran er sich, wie dies gewöhnlich zu geschehen pflegt, während seines späteren Ueberflusses mit Vergnügen erinnerte. In seinen reiferen Jahren äußerte er: „ich weiß mich noch der Zeit zu erinnern, als ich niedergeschlagen auf den Straßen umherging, und kaum einen Schilling in der Tasche hatte. Sobald ich aber 10 Guineen für eine Platte bekam, ging ich sogleich nach Hause, steckte meinen Degen an und lief wieder fort, so gutes Muthes als irgend Einer, der 10,000 Pfund in seinem Taschenbuche bei sich trägt.

Er begann auf der untersten Stufe, und zeichnete Wappen und ausgeschmückte Karten für Kaufleute; bald darauf arbeitete er auch für Buchhändler, und verfertigte Kupferstiche für damals herausgegebene Werke, z. B. für eine Uebersetzung des Apulejus, für eine Reisebeschreibung nach der Türkei von Aubry de la Motraye, für eine Uebersetzung von der Cassandra, für ein Werk über die Militärstrafen der Alten, für den Milton und für Butler’s Hudibras. Alle diese Werke waren aber nicht geeignet, seinem Namen irgendwie Berühmtheit zu erwerben. Bei mehreren der genannten Kupferstiche fanden sich sogar bedeutende Verstöße, indem bei antiken Sujets das moderne Costume jener Zeiten angewandt war. Bei den Kriegsstrafen der Römer kamen z. B. Trommeln und Soldaten mit Musketen vor; im Apulejus, bei einem Feste Reifröcke und Perücken u. s. w. Die meisten von diesen Blättern sind später nach Verdienst vergessen worden. Der Künstler selbst schien nicht zu wünschen, daß alle seine früheren Producte, die Erzeugnisse eines noch nicht ausgebildeten Talentes, unter seinem Namen verkauft würden. Nur die Kupferstiche zum Hudibras sind nach seinem Tode wieder herausgekommen; der Künstler selbst war aber auch mit diesen, wovon Walpole sagt, sie hätten ihn zuerst über den großen Haufen erhoben, in seinen reiferen Jahren unzufrieden, und bedauerte, daß er sich der Platten entäußert habe, so daß ihm die Gelegenheit verloren sey, sie wieder zu überarbeiten. Vergleicht man übrigens dieselben mit seinen späteren Werken, so wird man