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jegliche Form erbittert, welche nur im entferntesten eine Erinnerung an den Katholicismus bot. Somit war ihr die altitalienische Kirchenmalerei als Götzendienst eben so verhaßt, wie das Chorhemd, die Litanei und die Bischöfe der anglicanischen Geistlichkeit. Kurzum, man braucht sich nicht zu wundern, daß Alles, was der König für die bildende Kunst gethan hatte, spurlos vorüberging. Seine Sammlung ward nach seiner Enthauptung verkauft, ein Verlust für die Nation, den sicherlich die meisten Briten jetzt bedauern, und nur ein Juwel derselben, die berühmten Cartons von Rafael, wurde durch den Einfluß Cromwell’s, welcher, ungeachtet der eigenen Vorurtheile seiner Zeit, ein freieres Urtheil besessen zu haben scheint, für den Staat gerettet.

Als die Republik, so wie das Protectorat, und mit ihm die puritanische Strenge verschwunden war, eröffneten sich dennoch während der Restauration keine günstigen Aussichten für die Kunst. Diese gerieth schon überall in Verfall. Die Mutterschulen verloren ihre Eigenthümlichkeiten, die religiöse Malerei war verschwunden, denn ihr fehlte der lebendige Glaube, die Genremalerei wurde in’s Gemeine herabgezogen, die Technik vernachläßigt; einzelne studirte Formen vertraten die Stelle der Naturnachahmung, das Manierirte die des Selbstständigen, üppige Weichheit die der Kraft und wahren Schönheit. Letztere Richtung eignete sich besonders für die verdorbenen und entnervten Sitten des damaligen Hofes, so wie der ganzen herrschenden Partei, und fand in dem bekanntesten englischen Maler jener Zeiten, Sir Peter Lely, dem Hofmaler (Sergeant painter) des Königs, ihren Repräsentanten. Durch eine leichte und gefällige Darstellung weiblicher Reize bestach dieser zwar das Auge, malte jedoch das schwammige Fleisch mit besonderer Vorliebe zu üppigen Motiven, welches bald in den meisten Schulen neben der geistlosen akademischen und geschulten Manier allgemein ward. Bei ihm war die Portraitmalerei, mit Ausnahme üppiger Sujets, z. B. einer Susanna im Bade, der einzige Kunstzweig, den er pflegte, der jedoch nie darauf hinwirken kann, bei der größeren Masse Geschmack und Sinn für Malerei zu erwecken. Sein Nachfolger in seinem Amte, Sir Godfrey Kneller, ward noch weniger beachtet. Er malte (unter Wilhelm III.) die bestellten Portraits förmlich fabrikartig, und lieferte nur wenig Werke, die auch als jene besondern Werth besitzen. Dessen Nachfolger endlich unter der Königin Anna und Georg I., Sir James Thornhill, war ein trockener und geistloser Akademiker, dessen Verstand man schon daraus erkennen kann, daß er die Kuppel im Matrosenhospital von Greenwich mit mythologisch-allegorischen Figuren bemalte. Leerer Idealismus vertrat bei ihm die Stelle der Natur. Ein berühmter Kunstkenner unserer Zeiten, G. F. Waagen, sagt über sein beinahe am meisten bekanntes Werk, die Copieen der Rafaelschen Cartons: „diese geistlosen, mechanischen, einförmigen Abschriften machen einen todten, maskenhaften Eindruck!“ ein Ausspruch, der seine ganze Kunst charakterisiren mag, – Kurzum, in den ersten 30 Jahren des vergangenen Jahrhunderts befand sich die Kunst, der Nation gegenüber, auf derselben Stufe, wie sie die Restauration angetroffen hatte, d. h. ungepflegt und unbeachtet, bis Hogarth durch die Erfindung einer neuen und populären Art, welche unmittelbar in’s Leben eingriff, nicht allein ein lebhaftes Interesse für sie erregte, sondern auch zugleich eine Richtung angab, welche seine Landsleute bis auf gegenwärtige Zeit, als ihnen eigenthümlich, oft mit bedeutendem Erfolge eingeschlagen haben. Von dort an beginnt die englische Kunst, indem schon gleichzeitig mit Hogarth auch andere Zweige derselben behandelt wurden. Nachfolger betraten die von ihm gebrochene Bahn, und erreichten schon zu einer Zeit, wo sich die Kunst auf dem Continente noch