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Arbeit, als sein Ruhm durch ein anderes Werk begründet war. Dies war das Leben einer Buhlerin, wovon die Blätter 1733 und 1734 nach einander herausgegeben wurden, eines jener selten erscheinenden Meisterwerke, welche dem Schöpfer sogleich eine hohe und unter den gleichzeitigen Malern die erste Stellung anwiesen.

Der durch dies Werk bei der Volksmasse hervorgebrachte Eindruck läßt sich leicht erklären. Die Malerei, durch leeren Idealismus der Nation entfremdet, und nur als bedeutungsloser Modeartikel selbst bei der Mehrzahl der höheren Stände betrachtet, griff plötzlich in’s Leben ein, und gab eine treffende Darstellung von Verhältnissen und Lagen, die in einer großen Stadt täglich vor Augen liegen. Die Wahrheit der Situationen, das Charakteristische der Figuren gewann die Massen, die Richtigkeit der Zeichnung und die passende Composition, welche zur Genüge bewiesen, der Meister habe während der langen Zeit, worin er sich in Dunkelheit zu seiner Stellung vorbereitete, seine Fortbildung auf seinen Zweck mit Erfolg durchgeführt, befriedigten die Kenner. Noch ein anderer Umstand kam hinzu, um diese neugeschaffene Gattung sogleich bei den aristokratischen Klassen bekannt zu machen, und dem Meister somit den Schutz (Patronage) derselben zu erwerben. Es waren allgemein bekannte Personen auf den einzelnen Blättern dargestellt, der Oberst Chartres, mit welchem alle damaligen Roués höherer Stände zu thun hatten, und ein angesehener Friedensrichter, Sir John Gonson. Beide Portraits waren genau getroffen. Wenige Tage nach der Herausgabe der Blätter hielten die Lords’ der Schatzkammer, Sir John Gonsons Freunde, eine Sitzung; einer derselben zeigte das dritte Blatt, worauf das Portrait dargestellt ist, bei seinen Collegen herum. Alle erkannten es als getroffen, und gingen nach geendigter Sitzung in den Laden, wo es verkauft wurde, um sich dasselbe anzuschaffen. Dies gab Veranlassung, daß Hogarth, ohne daß er darum nachsuchte, demjenigen Theile der Gesellschaft empfohlen ward, welcher damals noch mehr wie gegenwärtig den entscheidenden Ton in solchen Dingen angab.

Auch die periodische Presse verbreitete die Kunde von dem neuerstandenen Maler noch schneller im übrigen England, als dies in einem Lande möglich gewesen wäre, wo die Wirkung der Tagesblätter noch nicht statt fand. Das Leben einer Buhlerin war in Kurzem so populär, daß die Handlung, wie dies jetzt bei viel gelesenen Romanen der Fall zu seyn pflegt, in Scene gesetzt, und unter ungeheurem Zulauf des Publikums auf den Londoner Theatern gegeben wurde. Es ward Mode, Lichtschirme, Fächer und anderes Geräthe mit Miniaturen nach jenen Blättern auszuschmücken. Kurzum, Hogarth hatte das Glück eines Fielding, Byron und eines Göthe bei uns. Die Nation erkannte bei seinem ersten größeren Werke augenblicklich seinen Werth, und wies ihm die Stellung an, welche ihm gehörte. – Nur auf seinen Schwiegervater machte das Glück des Malers keinen besondern Eindruck. Sir James Thornhill soll gesagt haben, als er die Bilder zum erstenmale sah: Ein Maler von solchem Talent braucht keine Mitgift, um eine Frau zu ernähren; ein Ausspruch, woran vielleicht der Neid seinen Antheil hatte, denn Sir James Thornhill mußte bemerken, daß seine ganze Richtung und seine ganze Genossenschaft durch den Schwiegersohn antiquirt war. Uebrigens soll sich Hogarth kurz vor dem Tode Sir James’ mit demselben ausgesöhnt haben.

Was der Künstler in der genannten Gattung weiter arbeitete, trug nur dazu bei, sowohl seinen Ruhm, als die Vorliebe der Nation zu seinen Arbeiten zu befestigen. Der Vorhang, wie Walpole sagt, war nun aufgezogen und des Künstlers Genie zeigt