Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Vater des Ptolemaios I. von Aegypten
Band XII,1 (1924) S. 462464
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Lagos (Λᾶγος, unrichtig Λάγος, vgl. die Quantität von Λαγείδας Theokr. XVII 14 und die unkontrahierte Schreibung Λάαγος Pap. Eleph. 2 = Mitteis Chrestom. 311, 1 und in dem Hexameter Cramer Anecd. Gr. Oxon. I 264, sowie für einen andern Träger des Namens IG XII 1, 144 [wo natürlich nicht ein ,Versehen des Steinmetzen‘ vorliegt, wie van Gelder bei Collitz Samml. d. griech. Dialektinschr. III 1 p. 473 meint]). Vgl. Hoffmann Die Makedonen 154.

1) Vater Ptolemaios’ I. von Ägypten, Ahnherr des Königshauses der Λαγίδαι (Strab. XVII 795. App. Mithr. 121; bell. civ. I 111. Porphyr. frg. 7, 6 bei Euseb. chron. I 167f. Sch. 78 Karst [= FHG III 723]. Epiphan. de mensuris 12 [ed. Dindorf IV 16]). Er war ein Makedone aus der Eordaia (Arr. anab. VI 28, 4; Ind. 18, 5) oder aus der Orestis (Steph. Byz. s. Ὀρεστία), und zwar minder vornehmer Abkunft als seine Gemahlin Arsinoë, deren Vater Meleagros einer Seitenlinie des makedonischen Königshauses entstammte (Satyros frg. 21, FHG III 165): wenigstens wurde seinem Sohne Ptolemaios, wohl mit einiger Übertreibung (vgl. Bouché-Leclercq Hist. des Lagides I 2), nachgesagt, er sei ex gregario milite befördert worden (Iustin. XIII 4, 10, dazu Köhler S.-Ber. Akad. Berlin 1891, 211f.) und sei in Verlegenheit gekommen, wenn man ihn nach dem Namen seines Großvaters väterlicherseits fragte (Plut. de cohib. ira 9 p. 458 A. B), vgl. Beloch Gr. Gesch. III 2, 124. 126. Bouché-Leclercq I 3. Seine Söhne waren der spätere König Ptolemaios I. (Dittenberger Syll.2 588, 181. Arr. anab. prooem. 1. I 8, 1. II 11, 8. III 6, 5. 17, 6. 26, 2. 29, 7. IV 8, 9. 13, 7. 15, 8. 16, 2. 21, 4. 23, 3. 24, 3. 8. 10. 29, 1. V 14, 4. 20, 8. 23, 7. 28, 4. VI 2, 4. 5, 6. 11, 8. VII 3, 2. 15, 3; Ind. 18, 5. 23, 4; τὰ μετ' Ἀλέξ. 5. 17. 25. Polyb. II 41, 2. V 67, 10. Agatharch. frg. 1 [Geogr. Gr. min. Ι 111]. frg. 19 bei Joseph. c. Ap. I 210 [FHG III 196]. Diod. I 31, 7. 46, 7f. XVIII 3, 1. XXI 1, 4. Strab. VII 301. XVII 795. Plut. reg. apophth. 181 F. Diog. Laert. II 101. Lukian. makrob. 12. Porphyr. frg. 7, 1 bei Euseb. chron. Ι 161f. Sch. 74 Karst [= FHG III 719], Epiphan. de mensuris 12 [ed. Dindorf IV 15f.]. Schol. Theokr. XVII pass.) und der Feldherr und eponyme Priester Menelaos (ἐφ' ἱερέως Μενελάου τοῦ Λαάγου Pap. Eleph. 2 = Mitteis Chrestom. 311, 1, Μενελάου τοῦ Λάγου Pap. Hib. 84 a, berichtigt bei Mitteis Chrestom. 131, 1. 16 nach Rubensohn zu Pap. Eleph. p. 22. Vgl. die Stellen Diod. XIX 62, 4. Strab. XVII 801. Iustin. XV 2, 7. Plut. Demetr. 15, wo Menelaos als Bruder des Ptolemaios bezeichnet wird). Bloß auf eine alte Konjektur dagegen (Schol. Theokr. XVII 34 Βερενίκην τὴν Λάγου θυγατέρα statt des überlieferten βόγα, γαμά oder γαμάου, wofür Bücheler Rh. Mus. XXX 59 und Hoffmann Die Makedonen 222f. evident richtig Μάγα eingesetzt haben), keineswegs auf Überlieferung kann sich die noch von Wilcken o. Bd. III S. 282 festgehaltene, von Beloch III 2, 128 bekämpfte Meinung stützen, daß auch Berenike, die dritte Gemahlin von L.s Sohn Ptolemaios I., eine Tochter des L. (und zwar, da Berenikes Mutter nach Schol. Theokr. XVII 61 Antigone hieß, eine Halbschwester ihres Mannes) gewesen sei. Schon Bücheler a. O. hat darüber [463] das Nötige gesagt: vgl. jetzt auch Wendel Abh. Gött. ph.-h. Kl. N. F. XVII 2, 102f. Wenn Droysen Kl. Schr. I 316 sich für die angebliche Geschwisterehe Ptolemaios' I. auch auf Herodian. I 3 beruft, so macht er sich desselben Fehlers schuldig wie der gleichfalls von ihm angeführte Tzetzes Chil. I 586: Herodian erwähnt überhaupt nur einen Ptolemaios, der seine eigene Schwester geheiratet habe, meint also deutlich Ptolemaios II. und Arsinoë; Tzetzes nennt zwar Ptolemaios und Berenike, zeigt aber, indem er die Parallele mit Zeus und Hera zieht, daß er einfach das Paar Ptolemaios I. Berenike mit dem von ihm gar nicht erwähnten wirklichen Geschwisterehepaar Ptolemaios II. Arsinoë verwechselt. Wir haben also keine Veranlassung, mit Mahaffy The empire of the Ptolemies 37 und Bouché-Leclercq I 42, 2 nach den Motiven der Fiktion einer Geschwisterehe des ersten Ptolemäers zu forschen. Die Fiktion hat ebensowenig existiert wie die Sache selbst; hierüber sei nur soviel bemerkt, daß die Schwesterheirat Ptolemaios' II. in der griechischen Welt nicht so ungeheures Aufsehen hätte erregen können, wenn schon sein Vater mit einer Stiefschwester vermählt gewesen wäre. Ptolemaios I. hat sich vor der Annahme des Königstitels selbst als Πτολεμαῖος Λάγου Μακεδών bezeichnet (delische Weihung Dittenberger Syll.2 588, 181); sein Sohn und Nachfolger ließ sich von dem Hofdichter Theokrit XVII 14 als Λαγείδας Πτολεμαῖος, er selbst von einem andern Poeten (Cramer Anecd. Gr. Oxon. I 264) als Λαάγου φίλος υἱὸς ἀρίζηλος Πτολεμαῖος besingen, vgl. Beloch III 1, 369, 1. Ein in seinen Diensten stehender Offizier erwähnt ihn in einem Epigramm (Strack Dynastie der Ptolemäer nr. 8 = CIG 2613 = Kaibel Epigr. Graec. 255) als Λαγείδας κοίρανος. Auch die Stiftung der beiden uns bekannten Lokalitäten des Namens Λάγειον (das eine, ein Hippodrom, in Alexandreia, Epiphan. de mensuris 12 [ed. Dindorf IV 16], Etym. magn. 533, 32, das andere in Arsinoë, BGU I 9 = Wilcken Chrestom. 293 col. II 19) geht in die Zeit des ersten Lagiden zurück (das alexandrinische wird ausdrücklich als seine Stiftung bezeichnet, Epiphan. a. O.). Daß Ptolemaios als König in offiziellen Urkunden den Namen seines nicht königlichen Vaters dem seinigen nicht mehr beifügte (vgl. Strack Dyn. d. Ptol. 109), entspricht durchaus dem Kanzleistil der Diadochen (vgl. Kassandros Dittenberger Syll.3 332, Lysimachos Dittenberger Or. 13). Es ist also unberechtigt, wenn Rubensohn Pap. Eleph. p. 26 und Kaerst Hellenist. Zeitalter II 1, 346. 2 es für Ptolemaios I. bezeichnend finden, daß er seine Abstammung von L. habe zurücktreten lassen. Sicher erst einer späteren Zeit gehört die Legende an, wonach Philippos, der Vater Alexanders, seine Geliebte Arsinoë in schwangerem Zustand dem L. vermählt, dieser den danach geborenen Knaben als unecht auf einem ehernen Schild ausgesetzt habe, worauf ein Adler das Kind beschirmte und mit Wachtelnblut ernährte (angedeutet bei Curt. IX 8, 22. Paus. I 6, 2, vgl. 8. Ps.-Kallisth. III 32 cod. C Müll. p. 146. Propert. III 11, 40 Philippeo sanguine, ausführlich bei Suid. s. Λάγος, ἔγκαρπον, ἄκρατον, ἄκρατος ἡλίου ἀκτίς), vgl. v. Gutschmid bei Sharpe Gesch. Ägyptens I 150, 1. Parthey [464] Abh. Akad. Berlin 1860, 334f. Köhler S.-Ber. Akad. Berlin 1891, 210ff. (der die Ausgestaltung der Legende von den Typen des Adlers und des Schildes auf den Ptolemäermünzen herleiten möchte). Kaerst Philol. LVI 627f. Bouché-Leclerq I 41, 1 (der irrigerweise annimmt, daß die Legende in der bei Suidas vorliegenden Gestalt den Ptolemaios unmittelbar für einen Sohn des Zeus ausgebe; vielmehr führte die fingierte Abstammung der Ptolemäer von Zeus auf dem Wege durch die Ahnen von L.s Gattin Arsinoë und das makedonische Königshaus über Herakles und Dionysos, vgl. Theokrit XVII 26f. Dittenberger Or. 54, 4f. v. Wilamowitz Philol. Unters. XVIII 153, 1). Schwerlich zutreffend ist die Vermutung mehrerer (z. B. Hausrath Neutestamentliche Zeitgesch. IΙ1 129. Lumbroso Recherches sur l'économie politique sous les Lagides p. XIX. Krall S.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Cl. CV 1884, 350), die Septuaginta habe, um den Namen L. nicht lächerlich zu machen, das Wort ,Hase‘ mit δασύπους statt λαγώς wiedergegeben. Seit dem 5. Jhdt. wird in der attischen Komödie der ,Hase‘ δασύπους genannt, und auch Aristoteles bedient sich in der Historia animalium häufiger dieses Ausdrucks als des älteren λαγώς; andererseits braucht noch der Alexandriner Kallimachos (epigr. 31, 1) ganz unbefangen das Wort λαγωός. Fälschlich steht der Name L. statt Πτολεμαῖος Λάγου als Bezeichnung des Vaters des Ptolemaios Keraunos bei Euseb. chron. I 235f. Sch. 111. Karst und Synkell. 507 ed. Bonn.