Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/3. Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft/5. Imer von Ramstein

Johann von Bienne Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/3. Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft
von Rudolf Wackernagel
Friedrich von Blankenheim. Konrad Münch. Humbert von Neuenburg
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Fünftes Kapitel
Imer von Ramstein.




Die letzten Jahre Johanns von Vienne und der folgende Episkopat standen unter der Wirkung des großen Schisma.

Diese Spaltung der Kirche war vorhanden, seitdem der am 8. April 1378 in Rom rechtmäßig gewählte Papst Urban VI. am 20. September 1379 durch die Wahl einiger Kardinale einen Gegenpapst erhalten hatte, der sich Clemens VII. nannte. Den Zustand der Kirche, der diesem Ereignis folgte, vermögen wir uns kaum genügend vorzustellen. Sie litt die größte Not, ihre Rechtsordnung war aufs tiefste erschüttert, ihre Autorität schwer geschädigt. Wie die zwei Päpste und ihre Kardinäle sich mit geistlichen und weltlichen Waffen bekämpften, so stritten in vielen Diözesen zwei Bischöfe miteinander, zwei Aebte um die Abtei, zwei Pfarrer um die Pfarre. Der Kampf teilte das christliche Abendland in zwei Lager. Der größte Teil Deutschlands, aber auch England, Polen, der Norden, die Mehrzahl der italienischen Staaten anerkannten Papst Urban, während vor allen Frankreich und Spanien zu dem in Avignon residierenden Clemens hielten. Frankreich beutete diesen Gegensatz ganz für seine politischen Zwecke aus und unterstützte die Sache des Gegenpapstes nach Möglichkeit in Deutschland, vor allem in den Rheinlanden. Von großer Wichtigkeit für Clemens war hier, daß Herzog Leopold von Oesterreich sich aufs entschiedenste zu ihm bekannte.

Auch Bischof Johann von Basel erklärte sich sofort für Clemens, was zur Folge hatte, daß ihn Papst Urban seiner Stelle entsetzte. Doch nahm dieser, wie es scheint, noch nicht sofort die Wahl eines Nachfolgers vor, sondern ernannte zum Verweser des Bistums Basel den Wolfhart von Ehrenfels aus Kärnten, einen Kaplan König Wenzels; noch bei Lebzeiten Johanns aber wurde dann Wolfhart zum Bischof erhoben, und als Johann am 7. Oktober 1382 starb, galt dies im Bereiche der urbanistischen Obedienz nicht als Erledigung des Stuhles von Basel.

[303] Aber im Gebiete dieses Stuhles selbst war Bischof Wolfhart ohne nennenswerten Anhang. Das Domkapitel, die Stadt, die Diözese waren in der Hauptsache clementistisch gleich dem verstorbenen Bischof und gleich Herzog Leopold; sie versagten dem Wolfhart die Anerkennung. Eine Wahl wurde vorgenommen.

Bei dieser Wahl jedoch wirkte die innerhalb des Kapitels bestehende Parteiung: für und wider Oesterreich, und fand ihren Ausdruck in einem Vorgange voll Leben: „Zuerst hatten etliche Herren des Kapitels Herrn Werner Schaler Erzpriester gewählt, aus dem Kapitelhaus herab geführt und in Gegenwart Herrn Werners von Bärenfels des Bürgermeisters im Chor des Münsters auf den Altar gesetzt. Bald brachte die andere und stärkere Partei Herrn Imer von Ramstein herab, setzte ihn gleicherweise auf den Altar und verkündete dem Volk, dieser wäre der rechte ordentliche Bischof.“

So erhielt das Bistum zu dem schon vorhandenen Bischof zwei weitere Bischöfe; sie bekannten sich beide zur avignonesischen Obedienz. Papst Clemens gab dem Kandidaten Oesterreichs den Vorzug; am 21. November 1382 erhob er den Archidiakon Werner Schaler zum Bischof von Basel.

Aber Imer zog sich vor diesem Entscheide nicht zurück. Vom Bewußtsein der Macht seines Hauses gehoben, durch die große Majorität des Kapitels gestützt, hielt er an seiner Erwählung fest, nannte sich Bischof, nahm vom Bistum so viel er vermochte zu Handen und regierte. Zwischen ihm und Werner Schaler brach der Krieg aus.

Der Rat der Stadt verhielt sich in diesem Zwiste neutral. Er erwies beiden Gewählten Höflichkeit, obgleich er nicht übersah, daß die Wahl Schalers, der ein Anhänger Leopolds war, eine Gefahr bedeutete. Dabei stand die Stadt, gleich der Diözese, wegen ihrer Parteinahme für Clemens unter dem durch Papst Urban über sie verhängten Interdikt.

Aber im Frühjahr 1383 vollzieht sich ein großer Wechsel. Imer von Ramstein, obwohl der Stärkste der drei Prätendenten, bringt den Werner Schaler doch nicht zum Weichen. So bleibt ihm kein anderer Ausweg als Urbanist zu werden. Im März 1383 anerkennt ihn Urban und gibt den Wolfhart von Ehrenfels preis. Und da nun Stadt und Diözese großenteils dem Beispiel Imers folgen, dem Papst in Rom sich unterwerfen, so löst dieser das auf ihnen liegende Interdikt. Am 18. Juni 1383 nimmt der Rat der Stadt die Handfeste von Imer an und anerkennt damit offiziell ihn als Bischof. Durch Urban wird auch König [304] Wenzel für Imer gewonnen und erteilt diesem am 19. Oktober 1383 die Regalien, zunächst auf ein Jahr; zugleich nimmt er ihn in seinen Schutz und beauftragt den Reichslandvogt und die Reichsstädte im Elsaß sowie Bern, Zürich, Luzern und Solothurn, dem Imer beizustehen wider Werner Schaler und alle andern Gegner.

Alle diese Vorgänge haben hohen Wert für die Stadtgeschichte: sie bewirkten eine Schwächung des Bistums, und der Parteiwechsel von 1383 bedeutete eine Opposition gegen Herzog Leopold.


Die schweren Bedrängnisse und Gefahren der Zeit Johanns von Vienne hatten doch das innerste städtische Leben keineswegs geschwächt. Die nächsten Zeiten schon zeigen, daß es durch diesen Druck vielmehr gefördert worden war. Was sein Wesen ausmachte, war nicht zu beseitigen. Weder der schwere Sühnvertrag mit Herzog Leopold noch das ihm folgende Regiment der Adelspartei vermochten den Gang einer durch stets erneute Volkskräfte getragenen Entwickelung des Gemeinwesens zu hemmen. Es war dies durchaus eine Entwickelung im demokratischen Sinne. In der Rede der Frau Katharina von Ramstein, daß es sie nicht mehr gelüste, in Basel zu sein bei dem Kotvolk; in den Aeußerungen des Chronisten über die veränderte Zeit, da das Volk gelernt habe zusammenlaufen, da der Meiste der Minste werde und der Minste der Meiste, ist deutlich ausgesprochen, wie unverkennbar für Jeden die damalige Entwickelung Basels trotz momentanen Störungen ihre Richtung empfing durch die Nichtadligen, durch das Volk, durch die Masse.

Aber an etwas gewaltsam Ausschließliches ist hiebei nicht zu denken. Weder zwischen dem Patriziat der Achtburger und den Zünftlern, noch auch zwischen den Edelleuten und der Bürgerschaft. Freilich fehlt uns jede Möglichkeit nähern Einblicks; Anteil und Verdienst des Einzelnen ist nicht festzustellen. Wir haben uns ein Zusammenwirken von Kräften vorzustellen. Schon die Ratsverfassung schloß Einseitigkeit aus, und das Ende der Entwicklung zeigt sich als Ergebnis einer gemeinsamen Arbeit, verschiedener Anschauungen und verschiedener Fähigkeiten. Der politische Gedanke, die Art der Durchführung mochte den an städtischen Geschäften sich noch beteiligenden Adligen gehören; die Bezeichnung des Zieles aber, der Wille, die Wucht, das Tempo werden als Sache der Bürgerschaft zu gelten haben.

In der Tat wird diese letzte Periode des vierzehnten Jahrhunderts, die in der Stadtgeschichte gekennzeichnet ist als die Zeit mächtigen Emporsteigens, eingeleitet durch einen Sieg der Zünfte.

[305] Seit Mitte der 1330er Jahre bestand der Rat aus dem Bürgermeister, vier Rittern, acht Burgern, fünfzehn Ratsherren von Zünften. Jetzt im Jahre 1382 traten ihm noch die fünfzehn Zunftmeister bei. Sie hatten bis dahin als gesondertes Kollegium neben dem Rate geamtet, für Zunftsachen zuständig und gelegentlich zu wichtigen Ratsverhandlungen zugezogen. Nun wurde dieses Kollegium förmlicher Bestandteil des Rates. Es war dies wieder der erste Sieg der Zunftpartei über die Adelsreaktion seit der bösen Fastnacht. Wohl waren die bisherigen fünfzehn Zunftratsherren schon an sich die Mehrheit. Aber der Zweck dieser Ratserweiterung war nicht schlechtweg Vermehrung der zünftigen Mitglieder; man wollte vielmehr ein gänzlich unverdächtiges zünftisches Element in den Rat bringen. Das waren die Zunftratsherren darum nicht, weil sie von den Kiesern gewählt waren, diese Letztern aber, aus lauter Geschlechtern und dem Domkapitel gezogen, in jenen aufgeregten Zeiten der Bürgerschaft keine Garantie boten und solche Handwerker wählen mochten, die dem Adel am wenigsten schroff entgegentraten. Die Bürgerschaft gewann also durch Aufnahme des Meisterkollegs in den Rat, daß fünfzehn von den einzelnen Zünften gewählte und deren Zutrauen besitzende Männer in dem Rat Sitz und Stimme und, was wichtiger war, Kenntnis aller Verhandlungen erhielten. Seit 1382 bestand also der Rat nicht mehr aus achtundzwanzig sondern aus vierundvierzig Mitgliedern; der Vorsitzer des Zunftmeisterkollegs, der Oberstzunftmeister, wurde zweites Haupt im Rat.

An diese Neuerung, deren Verlauf im Einzelnen uns freilich nicht bekannt ist, schloß sich drei Jahre später die große Maßregel der Aufstellung eines Ammeisters. Sie entsprach demselben Geist demokratischer Stadtregierung. Der Ammeister sollte drittes Haupt sein; die Bedeutung seines Amtes lag darin, daß er unmittelbarer Vertreter der Zünfte war, kein Lehen und keine Verpflichtungen gegen außen besaß. Eine erste Ordnung vom 23. September 1385 schuf das Recht dieses Amtes: der Ammeister soll jährlich durch den Rat gewählt werden, der abgehende erst nach drei Jahren wieder wählbar sein; Briefe und Botschaften gibt man künftig dem Bürgermeister und dem Ammeister, und keiner soll sie ohne den andern öffnen; dem Ammeister stehen zwei Wachtmeister und alle Söldner zur Verfügung. Eine zweite Ordnung vom 30. Juni 1386 änderte hieran, daß nicht der ganze Rat, sondern nur die Zunftmeister den Ammeister wählen sollten.

Das Vorbild dieser Einrichtung hatte Basel in Straßburg gesehen; später, 1388, erhielt auch Freiburg bei einer durch die Zünfte erzwungenen Verfassungsänderung einen Ammeister.

[306] Mit den in solcher Weise umgestalteten Organen des öffentlichen Rechts schuf sich nun Basel, in erstaunlich rascher und energischer Tätigkeit, eine Position, die mit den vor kurzem erst durchlebten Verhältnissen gar nichts mehr gemein hatte.

Vorerst ist zu nennen der Erwerb des Gerichts von St. Alban 1383, der Erwerb des Schultheißenamts in Groß- und in Kleinbasel 1385, der Erwerb der Burg und Stadt Pruntrut, der Burg und Stadt St. Ursanne, der Festen Kallenberg und Spiegelberg (Chauvilier in Frankreich westlich von St. Ursanne und Muriaux in den Freibergen südwestlich von St. Ursanne) 1384, der Erwerb des Rechtes auf Lösung der Stadt Olten 1385. Kräftig erweitert so die Stadt den Bestand ihrer Rechtsame, und hochbedeutsam ist dies erste Fußfassen in den jurassischen Herrschaften wie auch dieser erste Versuch einer Ausdehnung über den Hauenstein hinüber.

Noch wichtiger sind die politischen Taten.

In dem Beitritte Basels zum Nürnberger Landfrieden des Königs Wenzel kam der neue Geist noch nicht zum Ausdruck. Er geschah am 6. April 1385, durch Vermittlung des Herzogs Leopold; wie Basel der Löwengesellschaft sich angeschlossen hatte, so stand es jetzt in diesem Herrenbunde — denn etwas Anderes war der Landfriede nicht — als die einzige Stadt. Aber es war seine letzte Verbindung dieser Art. Zur gleichen Zeit, da es sich dafür gewinnen ließ, ging Bischof Imer zur urbanistischen Partei über, und im Anschlusse hieran vollzog dann auch die Stadt einen Wechsel nicht nur ihrer kirchlichen Obedienz, sondern auch ihrer Politik. Sie bekannte sich offen für Imer und gegen Oesterreich; ihr Eintritt in den schwäbischen Städtebund, am 1. Juni 1384, erwahrte und bezeugte diese Wendung aufs deutlichste.

Am 4. Juni 1376 hatten sich vierzehn Reichsstädte in Schwaben vereinigt zu gegenseitiger Hilfe gegen Verpfändung oder sonstige Schmälerung ihrer Rechtsame. Mit derselben Absicht bildete sich am 20. März 1381 der Bund rheinischer Städte; und als am 17. Juni desselben Jahres beide Bünde sich auf drei Jahre vereinigten, konnte diese Liga als starke Schutzwehr des Städtewesens gelten gegen die Ritterbünde und gegen die Fürsten.

Die Politik vor allem der schwäbischen Städte war eine rastlos vorwärts drängende, auf Machterweiterung bedachte. In diesem Streben scheinen die schwäbischen Städte sich nun um den Beitritt Basels zu ihrem Bunde bemüht zu haben. Eine Verbindung mit den rheinischen Städten wäre Basel näher gelegen; aber es ist anzunehmen, daß die schwäbischen Städte Versprechungen bezüglich der von ihnen zu erwartenden Hilfe gaben, [307] die Basel hoffen ließen, hier eine wirksamere Unterstützung zu finden als bei den Rheinstädten.

Daß nun Basel diesem Rufe folgte und dem Bunde beitrat, war ein Ereignis von höchster Bedeutung. Indem die Stadt dabei weder das alte Bündnis mit Leopold, noch den Löwenbund, noch den Nürnberger Landfrieden vorbehielt, sprach sie sich völlig los von der österreichischen Gefolgschaft und ihrem bisherigen politischen System überhaupt.

Der Eintritt der Zunftmeister in den Rat und die Schaffung des Ammeistertums waren Maßregeln, die sich gegen den Adel richteten, und dies wurde allenthalben wohl verstanden. Vor allem der Ammeister erregte den heftigsten Unwillen. Wer zu Basel Ritter hieß, fühlte die Bedeutung des Amtes, das zur Bewachung des adligen Bürgermeisters neben diesen gestellt war, und mit Klagen hierüber, mit dem Begehren einzuschreiten bestürmten die Edeln den Bischof. Aber Imer erwiderte: wir wollen schweigen und gute Worte geben, bis die Sache, die ja nicht bestehen noch bleiben mag, wieder abgetan ist.

Der Bischof vermochte in der Tat nichts zu tun.

Imer von Ramstein bildet einen starken Gegensatz zu seinem Vorgänger. Er stammte aus einheimischem, mächtigem Hause; er war reich, als Domscholaster und als Propst von St. Ursitz bekannt und angesehen. Alles dies hatte ihm zur Wahl verholfen; aber da erwies er sich als ein schlechter Regent. Heinrich von Beinheim nannte ihn später einen einfältigen, zum Herrschen untauglichen Menschen. Eine Apathie war in ihm, die ihn um so dürftiger erscheinen läßt im Vergleich mit dem leidenschaftlichen Ungestüm des Johann von Vienne.

Diese Schwäche konnte allerdings eine Gefahr für Basel bilden. Aber in Betracht kommt, daß Imer von Anbeginn im Gegensätze zu Herzog Leopold stand und daß sein Hauptkonkurrent im Bistum, Werner Schaler, die Unterstützung Leopolds genoß. So sah sich Imer ohne weiteres auf die Stadt angewiesen; er mußte auch Neuerungen wie das Ammeistertum ruhig von ihr hinnehmen.

Zunächst gab ihm der Gegenbischof Werner Schaler zu tun. Noch im Dezember 1383 klagt er bitter über die Feindseligkeiten Schalers, die das Hochstift in Bedrängnis und Schulden stürzen; dann kann er sich mit ihm verständigen. Aber Schaler tritt immer wieder aufs neue mit seinen Ansprüchen hervor. Er hält sich in Rheinfelden auf, er nennt sich „von Herzog Leopolds Gnaden erwählten Bischof zu Basel“; hinter allem was [308] er tut steht dieser Fürst, auch hinter dem, was dabei gegen die Stadt Basel geschieht. Aber so lässig der Bischof sich benimmt, so entschieden erwehrt sich die Stadt jetzt ihrer Feinde. Am 1. Juli 1384 erkennt der Rat dem Wernlin, Lütold, Erni und Adelberg von Bärenfels, Henman und Wernlin von Rotberg, Hartman und Heinman Fröwler von Ehrenfels ihr Bürgerrecht ab und verbannt sie, weil sie für den Erzpriester Schaler geritten und gegangen sind, geraten und getan haben zum großen Schaden der Stadt. Am 17. November folgt derselbe Spruch über Junker Götschi von Eptingen, weil seine Söhne sich zu Basels Feinden halten. Es kommt hierüber zur Fehde; die Basler ziehen aus und legen den Eptingern ihr Schloß und Dorf Pratteln in Asche. Im Januar 1385 sodann treffen sich in Kleinbasel Werner Schaler und die Boten des Rates, um zu verhandeln, und am 7. Juli 1385 kommt ein Vertrag zu Stande. Auf der einen Seite stehen die österreichischen Landvögte als Vertreter Schalers, auf der andern Bischof Imer und die Stadt Basel, und es wird beredet, daß Imer in den österreichischen Gebieten des Bistums gegenüber der nicht zu ihm, sondern zu Schaler haltenden Geistlichkeit auf die Ausübung seiner bischöflichen Rechte verzichten, der Bezug aller Einkünfte ihm jedoch gesichert sein solle. Aber zum Frieden kam es auch jetzt nicht. Noch im Mai 1386 hatte Basel über Schädigung seiner Bürger durch Schaler sich zu beklagen.

Aber auch Wolfhart von Ehrenfels machte noch zu Zeiten seine Rechte geltend. Derselbe König Wenzel, der im Oktober 1383 dem Imer seinen Schirm zugesagt, trat im Januar 1384 wieder für den von Ehrenfels ein und gebot den Baslern, keinen Andern als diesen für ihren Bischof zu halten. Dieser Wechsel in der Haltung des Königs ist der Beachtung wert; möglicherweise wirkte er doch stärker als die Urkunden erkennen lassen, und das Versprechen Imers vom 29. März 1384, das Bistum ohne Willen der Stadt nicht in andre Hand kommen zu lassen, bezog sich vielleicht auf Verhandlungen mit Wenzel und Wolfhart. Doch blieb es beim Gegebenen. Am 16. Dezember 1384 verlieh Wenzel dem Imer endgültig die Regalien, und als im Jahre darauf sein Kanzler, Bischof Lambert von Bamberg, nach Basel kam und hier den Imer für Zahlung seiner Investiturgebühren quittierte, brachte er zugleich die Sache zwischen ihm und Wolfhart in Ordnung. Der Letztere erhielt eine Abfindungssumme und begab sich aller Rechte auf das Bistum. Er verschwindet damit für immer aus der Basler Geschichte; später begegnet er wieder als Domherr zu Salzburg, 1411—1421 als Bischof von Lavant.

[309] Unter solchen Umständen war Imer zum Zusammengehen mit der an Hilfsmitteln ihm weit überlegenen Stadt genötigt. Ihren Befürchtungen begegnete er durch das Versprechen, das Bistum an keine fremde Gewalt verhandeln zu wollen, und kurz darauf bezeugte er das enge Verbundensein seiner Interessen mit den ihrigen dadurch, daß er sich ihrem Eintritt in den schwäbischen Städtebund anschloß.

Es war ein Verhältnis zwischen Bischof und Stadt, das äußere Verhältnisse schufen, keineswegs Neigung oder Treue. Imer residierte vorzugsweise in Basel, nur weil die Schlösser im Jura als Pfänder weggegeben waren. Mit dem Herzog verfeindet, von Schulden heimgesucht, sah sich der Freiherr und Fürst gezwungen, gut Freund der Bürger zu sein, und diese hatten darauf zu achten, daß nicht ein Andrer sich des Hochstifts bemächtigte. Es ist im Grunde ein erbärmliches Schauspiel, wie die Stadt dem Bischof unaufhörlich mit Vorschüssen beisteht und dafür durch Pfandnahme ein Recht ums andere an sich zieht. Daß sie so die Schultheißenämter und die Herrschaften im Jura erwarb, ist schon erwähnt worden; aber auch auf das Pfand der Münze schlug Bischof Imer weitere tausend Gulden und versetzte der Stadt sogar sein Silbergeschirr.


Herzog Leopold von Oesterreich hatte in der Mitte der 1370er Jahre den Glauben erwecken können, daß die Geschicke Basels in seine Hand gegeben seien. Weniger durch Gewaltmittel, als durch geschickte Ausnützung der Verhältnisse war er seinem Ziele schon nahe gekommen; da aber hielt er inne. Andre Pläne traten dazwischen, und Basel erfuhr zu seinem Vorteil, daß es natürlich lange nicht der einzige Gegenstand der Wünsche Leopolds sei. Es benützte diese Lage sofort. Dem Adel entgegen, der sich triumphierend schon dazu bereitet hatte, in der durch den Herzog gedemütigten Stadt Meister zu sein, erhob sich die Bürgerschaft mit einer Kraft und mit einer Sicherheit des Handelns, die nach den vorausgegangenen schweren Schlägen erstaunlich ist; in der Parteinahme für Bischof Imer, im Beitritt zum Bunde der Städte bezeugte sie unverhohlen ihren völligen Abfall von Oesterreich.

Leopold aber antwortete nicht mit Gleichem. Er hatte in Oberitalien zu tun, er hatte Pläne in Ungarn. Auf einen Kampf mit dem Städtebund konnte er es nicht ankommen lassen. So begnügte er sich damit, zunächst den König Wenzel gegen Basel aufzureizen. Am 28. Juli 1384 rügte dieser in strengen Worten, daß die Basler am Herzog wortbrüchig geworden seien, und versprach ihm seine Hilfe gegen sie. Empfindlicher [310] aber als dieser Drohbrief waren der Stadt Basel die Feindseligkeiten und Plackereien, mit denen sie der Herzog durch seine Beamten und Vasallen der vorderösterreichischen Lande heimsuchen ließ; es war die gewohnte, kleinliche und gehässige Art von Krieg, die sich in Verwüstung des Landes, Beraubung und Pfändung einzelner Bürger genug tat. Dabei kam sehr in Betracht, daß seit 21. März 1384 Schloß Istein dem Herzog gehörte. Fehden Basels mit denen von Eptingen, mit der Stadt Breisach, mit dem Edelknecht Ulman Renk, mit Rutschman von Blauenstein erfüllen diese Monate. Die Gewalttätigkeiten des Gegenbischofs Werner Schaler gehören in denselben Zusammenhang. Der Herzog verweigerte Basel die von Bischof Imer gestattete Lösung Oltens. Er hielt die Zinse von Kapitalien zurück, welche Basler Bürger auf den in seinem Pfandbesitz befindlichen Schlössern und Städten Bipp, Erlinsburg, Wietlisbach und Bechburg stehen hatten; Hans Werner Fröwler wurde auf österreichischem Gebiete schwer verwundet und seines Harnisches beraubt, Ottman Billung gefangen genommen, um siebenhundert Gulden beschatzt und weit fort in wälsches Land geschleppt.

In dem Allem offenbart sich uns die schwere Spannung, die Unruhe und Erregung, die den Ausbruch eines großen Krieges täglich erwarten ließ. Denn auch die Gegner Leopolds waren nicht müßig. Das Jahr 1385 begann mit dem großen Bunde zwischen den schwäbischen Städten und den Eidgenossen von Bern, Zürich, Zug und Luzern; Basel rüstete seinerseits mit aller Macht; es beschaffte sich die Mittel durch Ausschreibung einer neuen großen Steuer; es befreite den Rat von unzuverlässigen Mitgliedern durch die Verbannung der Bärenfels, Rotberg usw.; es erließ sogar endlich an seine Bundesstädte in Schwaben die Mahnung, ihre Truppen zum Kriege gegen den Herzog aufzubieten. Der Jakobstag, 25. Juli, wurde zur Versammlung bestimmt. Aber noch kam es nicht zum Schlagen. Man suchte wieder Verständigung, und einzelne der Streitpunkte wurden in der Tat erledigt. Dennoch fühlte Jeder, daß der Krieg vor der Tür stehe, und aus dieser Ueberzeugung heraus gab sich jetzt Basel, im September 1385, das Ammeistertum. Die Leitung der städtischen Dinge sollte einem Manne anvertraut sein, der nicht wie der Bürgermeister Lehensmann eines fremden Herrn war. Nur die Freiheit des Stadthauptes von allen auswärtigen Verpflichtungen bot in diesen Zeiten Gewähr.

Unter Verhandlungen gingen Herbst und Winter hin. Da plötzlich, Ende Jahrs, ohne Kriegsankündigung, begann der Krieg durch Gewalttaten [311] der Eidgenossen. Die Zürcher zogen gegen Rapperswil, die Luzerner eroberten und zerstörten Rotenburg. Ueberfälle, Scharmützel, Verwüstungen durch die Truppen des Herzogs wie der Eidgenossen folgten, und am 7. Februar 1386 beschlossen die schwäbischen Städte die Teilnahme am Krieg; sie mahnten auch die rheinischen Bundesgenossen zur Rüstung.

Schon kurz nachher kamen sie auf diesen Beschluß zurück. Es war eine Wendung, die zum Teil durch Nürnberg und die rheinischen Städte bewirkt wurde, zum Teil durch ein Entgegenkommen des Herzogs selbst. Der Konflikt der Städte mit ihm war anderer Art als derjenige der Eidgenossen; bei diesem konnte nur noch der Kampf entscheiden, dort mochte das Gewünschte durch Verhandlungen zu erlangen sein.

Wichtig aber ist, daß nun die schwäbischen Städte in diesem Sinne auch auf Basel einwirkten und hier Gehör fanden. Im vergangenen Sommer hatte der Rat zum Krieg aufgerufen; jetzt galten seine eifrigen Bemühungen dem Frieden. Unaufhörlich waren in diesen Monaten seine Gesandten Konrad zur Sonnen, Jakob Zibol, Peter von Laufen unterwegs; beim Herzog, in Baden, in Zürich, in Luzern, in Bern arbeiteten sie an einer endgiltigen Versöhnung. Basel mochte hoffen, hiebei auch seinen Streit mit Leopold gänzlich beilegen zu können; den Krieg mußte es fürchten, weil nun, da die schwäbischen Städte fernbleiben wollten, an einem Siege des Herzogs nicht zu zweifeln und von einem solchen Sieg die größte Gefahr für Basel zu erwarten war.

Aber von allen Seiten strömte unterdessen die gewaltige Macht Oesterreichs heran; in Kleinbasel, der Stadt des Herzogs, sammelten sich die von ihm gerufenen Scharen, die Vasallen und Verbündeten aus dem Breisgau, aus dem Elsaß, aus Burgund. Oefters kamen die Herren herüber in die große Stadt und ließen sich hier vom Rate den Ehrenwein schenken. Da sah man nicht nur die wohlbekannten Edeln, die gewohnten Wappen und Farben, sondern mit Staunen erblickte neben ihnen das Volk den Herrn Jean de Raye, den Herrn Jean de Vergy Marschall von Burgund, die Grafen von Nassau und Katzenellenbogen, den alten hochberühmten Herzog Johann von Lothringen. Vor den Augen des aufs höchste beunruhigten Basel entfaltete sich die glänzende Kriegsmacht Leopolds; dann zog sie fort über den Hauenstein, gegen die Schweizer, des Sieges gewiß; es war ein Moment der furchtbarsten Spannung.

Am 9. Juli wurde die Schlacht bei Sempach geschlagen, der Herzog und mit ihm sein Adel vernichtet.

[312] Dieser Sieg der Eidgenossen bedeutete für Basel eine Befreiung. Ganz ohne Zutun der Stadt erfochten, ist er eines der wichtigsten Ereignisse ihrer Geschichte. Kein Heldentum, auf das Basel stolz sein kann. Aber seit diesem Tage hatten die Eidgenossen etwas Großes an Basel zu fordern; indem sie für ihre eigene Freiheit stritten, retteten sie, ohne es zu wissen, auch die Freiheit Basels.

Dem Boten Luzerns, der die ungeheure Nachricht vom Untergange des Herzogs und seines Heeres nach Basel brachte, lohnte der Rat mit einem stattlichen Geschenk. Und dann folgten hier die an Bewegung aller Art so reichen Scenen: die Trauer in den Adelsfamilien der Stadt; das Hereinkommen der im Lande ringsum Angesessenen, um Nachrichten von den Ihren zu holen; die Rückkehr der Geretteten; der Zug, der die Leiche des Markgrafen Otto von Hochberg hier durchführte zum Grab in Thennenbach; die Jahrzeitstiftung im Klingental am Tage der sieben Schläfer für die Seelen der bei Sempach gefallenen sieben Herren von Eptingen usw.

Aber das ist nicht Stadtgeschichte. Als der Rat den Tod Leopolds vernommen, erkannte er sofort die Punkte, auf denen er diesen Tod zu nützen habe. Es war die Vogtei in Großbasel und die Herrschaft über Kleinbasel. Die Gesandten Basels eilten mit gefüllten Taschen zu König Wenzel; schon am 1. August erteilte dieser zu Prag den Baslern die schöne Urkunde, daß die Vogtei des Reiches zu Basel, die durch den Tod des Herzogs ledig geworden, dem Rate zur Besetzung übergeben sei, bis sie das Reich mit tausend Gulden wieder an sich löse. Sodann der Erwerb Kleinbasels. Auch dieser gelang. Am 13. Oktober 1386 traten Leopolds Söhne ihre Pfandschaft Kleinbasel gegen Bezahlung von siebentausend Gulden an den Rat ab, entließen die Kleinbasler ihres Eides gegen Oesterreich und wiesen sie an, der mehrern Stadt zu huldigen und gehorsam zu sein.


Die Jahre nach Sempach zeigen uns Basel im Genusse von Vorteilen, die sich in solcher Weise später nie mehr vereinigten: Oesterreichs Stellung war erschüttert, der Adel furchtbar decimiert, das Bistum in den Händen eines auf Unterstützung angewiesenen Fürsten.

Der Rat von Basel aber war nun völliger Stadtherr. Seit 1373 besaß er Zoll und Münze, seit 1385 das Schultheißenamt, nun auch die Vogtei. Er besaß die „Machtvollkommenheit einer Obrigkeit mit öffentlichen Rechten, eines Landesherrn und Reichsstandes.“ Das Beachtenswerte aber ist, daß diese Gewalt einem Rate zustand, der zum überwiegend [313] größten Teile aus Zunftvertretern gebildet war, an dessen Spitze noch immer, bis 1390, auch der Ammeister stand; zweimal, 1387 und 1388, wurde der Bürgermeister aus den Achtburgern genommen. Ganz unverkennbar steht die Leitung der städtischen Dinge den bürgerlichen Ständen zu. Hier finden wir die energischen Figuren. Hier die Männer, die an der Spitze des Rates, bei den Gesandtschaften, auf den Versammlungen des Städtebundes hervortreten, die vielgenannten Peter von Laufen, Konrad zur Sonnen, Jakob Zibol, den Weinmann Heinrich Rosegge, den Messerschmied Walther Wissenhorn, der einst schon beim Endinger Tumult 1367 seine Stimme erhoben hatte. Achtburger und Handwerker stehen politisch beisammen, arbeiten gemeinsam für die Unabhängigkeit der Stadt.

Daher auch das scharfe und kräftige Vorgehen dieses Rates gegen den Herrenstand. Schon im Mai 1386 hatte er den Graf von Tierstein, den Claus vom Hus, den Burchard Münch aus dem Bürgerrechte gewiesen, weil sie sich weigerten, mit ihren Festen und Spießen der Stadt zu dienen. Mit einem Zweige der von Eptingen lag die Stadt noch immer in Fehde, und erst 1390 kam ein Friede zu Stande. Im gleichen Jahre bequemte sich der alte Widersacher Rutschman von Blauenstein zur Ruhe. Auch der mächtig vorwärts strebende Markgraf Rudolf von Hochberg bekam die Kraft der benachbarten Stadt zu fühlen, deren Burger er geworden war; als er die Pflichten dieses Burgrechts zu erfüllen sich weigerte, sagte ihm der Rat das Recht für immer auf; dann zogen die Basler ins Feld und verwüsteten ihm das Dorf Binzen.

Auch die große, 1362 begonnene Unternehmung, sämtliche Vorstädte mit einer Ringmauer zu umgeben, wurde 1386 wieder aufgenommen. Sie dauerte, unter Aufwendung gewaltiger Mittel, bis 1398; als sie vollendet war, zog sich um Großbasel eine Wehr von 41 Türmen und 1099 Zinnen. Die Leitung dieser Bauten war Sache des Heinrich Puer, der am 30. Juli 1386 zum Bauherrn der Stadt ernannt wurde.

Endlich die Erweiterung des städtischen Gebietes. Vom Erwerb Kleinbasels 1386 war schon die Rede. Aehnliches geschah im Jura. Zwar die schöne Pfandschaft St. Ursitz Kallenberg Spiegelberg, durch deren Erwerb 1384 der Rat den frühern Pfandherrn Johann von Vienne, Admiral von Frankreich, beseitigt hatte, mußte er 1388 fahren lassen. Die wälsche Tendenz machte sich aufs neue geltend, durch den mächtigen Diebold von Burgundisch-Neuenburg, der schon wiederholt in die Basler Angelegenheiten eingegriffen hatte und dem es nun gelang, Basel aus dem Pfande zu verdrängen. Am 18. September 1388, im Kreuzgang der ehrwürdigen [314] Stiftskirche zu St. Ursanne, mußten Basels Gesandte die Bürger des Städtchens ihres Treueides entbinden. Aber schon ein Jahr später, 1389, gelang dem Rate ein andrer, wichtiger Erwerb. Er nahm Schloß und Stadt Delsberg samt dem ganzen Tale vom Bischof zu Pfand, durch Eintreten in die Rechte seiner Bürger Burchard Sinz, Hans Werner Fröwler u. A., denen Imer dies Pfand früher gegeben hatte; am 25. August 1389 empfiengen Bürgermeister und Rat von Basel die Huldigung des Amtes Delsberg und gelobten ihm Wahrung seiner Rechte, Freiheiten und Gewohnheiten. Auch der Erwerb von Leuten und Gütern zu Pratteln durch Basel 1388 ist hier zu erwähnen.

In den auswärtigen Beziehungen Basels zu dieser Zeit fällt zuerst in die Augen das Fehlen eines Bundes mit Straßburg. Seit November 1376 bestand diese alte Verbindung nicht mehr; die Aenderungen, die infolge des Krieges mit dem Bischof und dem Herzog eingetreten waren, hatten auch dies vernichtet; über der Person des aus Basel verbannten Hartman Rot war es sogar zu Streitigkeiten zwischen den beiden Städten gekommen; und als dann Basel sich zu neuen Zuständen emporarbeitete und dem Herzog entgegentrat, geschah dies nicht in der Kraft der einst traditionell gewesenen Freundschaft, sondern im Anschluß an den schwäbischen Städtebund, der sich die starke Stadt am Oberrhein als Genossin gewonnen hatte.

Basel hatte hier neununddreißig Städte und das Land Appenzell zu Verbündeten, unter jenen die Städte Ulm, Konstanz, Ueberlingen, Ravensburg, Lindau, Rotweil, Eßlingen, Regensburg usw. Wenige Tage nach Basel war Nürnberg dem Bunde beigetreten, am 24. März 1385 folgte das elsässische Mülhausen. Mit diesem und den Städten um den Bodensee bildete Basel eines der „Reviere“ des Bundes, die minderwichtige Angelegenheiten unter sich abmachten. Welche Stellung es aber im Bundesganzen einnahm, ist den erhaltenen Nachrichten kaum zu entnehmen. Die persönliche Bedeutung seiner Gesandten entschied jeweilen; im Allgemeinen mag nur darauf verwiesen werden, daß beim Anschlag der Geldbeiträge, die von den einzelnen Bundesstädten zu leisten waren, Basel neben Regensburg, Augsburg, Nürnberg und Eßlingen mit achthundert Gulden in der ersten Reihe stand.

Daß auch in den Bundesurkunden sein Name an der Spitze genannt wurde, erklärt sich aus seinem Rechte einer Freistadt, welches Recht offiziell zum ersten Male beim Städtebunde Anerkennung fand. Nur Regensburg hatte hier neben Basel noch diese Auszeichnung, als deren Wesen vor allem [315] die Freiheit von der Reichssteuer galt. Der König und seine Räte freilich nahmen noch 1385, bei den Verhandlungen über die Judenschuldentilgung, Anstand, Basel diesen besondern Titel zu geben; aber 1387, als es sich für Wenzel darum handelte, die Städte zu gewinnen, räumte er Basel und Regensburg ohne weiteres den Titel und den Vorrang ein. Damals, am Tage zu Nürnberg im März 1387, war Peter von Laufen der Gesandte Basels; gleich den andern Städten erhielt da auch diese vom König die Bestätigung ihrer Freiheiten.

Aber wir dürfen nicht verkennen, daß Basel räumlich vom Bunde ganz abgelegen und auch seinem Wesen nach von der Art jener Städte vielfach verschieden war. Von einem intensiven Zusammenhang konnte daher keine Rede sein. Der Bund erfüllte oder bestimmte das öffentliche Leben Basels keineswegs. Nur die Ausgaben für die Beschickung der Bundestage und, noch sichtbarer, die zahlreichen Namen der im Dienste Basels stehenden Söldner und die Soldkosten, weisen auf diese Verbindung und zumal auf eine Teilnahme Basels an dem Krieg der Städte mit Baiern und mit Graf Eberhard. Als solche Basler Söldner für den Dienst in Schwabenland werden genannt Erhard Klen aus Freiburg, Walther Swondorfer aus Konstanz, Schwarzhans von Straßburg, Ulrich Sebistorf von Bamberg usw., als Söldnerhauptmann Herr Ulrich von Schwarzenberg.

Der Egerer Landfriede vom 5. Mai 1389 und das gleichzeitig von König Wenzel an die Reichsstädte erlassene Gebot der Aufhebung ihrer Bündnisse machten dem schwäbischen Städtebund ein Ende. Die Städte wurden einem umfassenden, aus Gliedern der verschiedenen Reichsstände zusammengesetzten Landfriedensbündnisse eingefügt, das dann für die einzelnen Gegenden separat gestaltet wurde. So trat für Basel am 21. Dezember 1389 der große Landfriede in Wirksamkeit, an dem der Bischof von Straßburg, der Reichslandvogt und die Reichsstädte im Elsaß, die Städte Straßburg und Basel teilnahmen.

Endlich ist noch zu reden vom Verhältnis der Stadt zum Bischof in diesen Jahren.

Die Schlacht von Sempach hatte auch für das Basler Schisma Bedeutung. Mit Herzog Leopold ging der starke Führer des Clementismus unter, und da der Vormund seiner Söhne, Herzog Albrecht, sich zu Urban bekannte, so war es in den Vorlanden um die Obedienz des Avignoneser Papstes geschehen. Am 12. Oktober 1387 nahm Herzog Albrecht den Imer von Ramstein unter seinen Schutz und gebot der in den österreichischen Gebieten des Bistums seßhaften Pfaffheit, ihm gehorsam zu [316] sein. Vom Gegenbischof Schaler aber ist in diesen Jahren gar nicht mehr die Rede; seine letzte Aeußerung ist dann eine Urkunde vom 23. Februar 1391, in der er sich zwar noch immer erwählten Bischof von Basel nennt, daneben aber erklärt, mit der Stadt Basel in Frieden leben zu wollen, und auf alle weitern Angriffe verzichtet.

Imers Regierung war auch jetzt so unrühmlich wie vordem. Er verpfändete Rechte nach Rechten. 1386 den Fuhrwein in beiden Städten Basel an Burchard Sinz, 1388 die Aemter des Brotmeisters und des Vitztums an Hugo von Laufen, 1388 das Kelleramt an Johann von Sennheim. Von seinen großen Verpfändungen im Jura war schon die Rede. Diese Schwäche des Bistums hatte allerdings bisher Bischof und Stadt zusammengehalten; jetzt wurde sie zu einer Gefahr für letztere, da die Feindschaft Imers mit Leopold, die der Stadt eine Garantie geboten hatte, am Tage von Sempach ein Ende nahm und Leopolds Erben in neue gute Beziehungen zum Bischof traten. Der erwähnte Schirmbrief von 1387 ist dessen ein Zeugnis. Zwar konnte nicht allein Oesterreich sich die Zerrüttung des Hochstifts zu Nutze machen. Die Verpfändung Pruntruts an den großen Grafen Stephan von Mömpelgard 1386, des Komplexes St. Ursitz Spiegelberg Kallenberg an Diebold von Neuchatel zeigten, daß auch andre Mächte auf der Lauer standen. Doch Oesterreich war im Vorteil, und am 13. März 1391 gelang den Herzogen der Abschluß eines Vertrages mit Imer, wonach dieser das Bistum Basel mit allen Herrschaften, Gerichten, Rechten und Zugehörden in geistlichen und weltlichen Sachen den Herzogen übergab, damit sie während sieben Jahren alle Rechte haben und nießen und das Hochstift regieren sollten, gegen jährliche Entrichtung von zweihundert Gulden an den Bischof. Diese Preisgabe des Bistums, mit der sich Imer bei Oesterreich gleichsam verpfründete, bezeichnet den Höhepunkt seiner Schwäche und Gesinnungslosigkeit. Zugleich aber war es ein Geschäft von der größten Art, dessen Ausführung geeignet gewesen sein würde, die Freiheit Basels zu vernichten. Der Kriegszug, den die Basler damals „ze lantwere“ in ihr Amt Delsberg unternahmen, zeigt die Befürchtungen, welche die Nachricht von dieser Abmachung sofort erregte.

Aber es kam nicht zur Ausführung des erstaunlichen Planes. Imer mochte die Verwicklungen und Streitigkeiten scheuen, die dabei entstehen mußten, und zog vor, das Bistum dauernd von sich zu legen und wieder Domherr zu werden. Nachdem er am 11. Mai 1391 die Stadt aller Forderungen und Ansprachen ledig erklärt hatte, berief er im Einverständnis [317] mit Domkapitel und Rat seinen Nachbar, den Straßburgerbischof Friedrich von Blankenheim, als Coadjutor an seine Seite und übergab ihm Rechte und Gewalten in Stadt und Bistum Basel. Dem Papst Bonifaz IX. erklärte er seinen Verzicht und empfahl ihm die Uebertragung des Bistums an den von Blankenheim. Dieser gab am 9. Juni 1391 als Administrator des Bistums die Handfeste und empfieng im Hause zur Mücke den Schwur der Stadt. Am 13. Oktober bestätigte ihn Bonifaz.