Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/3. Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft/6. Friedrich von Blankenheim. Konrad Münch. Humbert von Neuenburg

Imer von Ramstein Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/3. Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft
von Rudolf Wackernagel
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Sechstes Kapitel.
Friedrich von Blankenheim. Konrad Münch. Humbert von Neuenburg.




Keine der früheren Perioden zeigt so sehr wie das Jahrzehnt 1391—1400 ein getrenntes Nebeneinanderleben von Hochstift und Stadt, ohne Berührung beinahe, und ganz ohne Konflikte.

Die Stadt hat nun ihre eigene Welt; ihre Verfassungsentwickelung ist durchgeführt, ihre Organe sind vollausgebildet, der Kreis ihrer Rechte ist ein geschlossener. Nach den letzten vielbewegten Zeiten aber erscheint ihre Geschichte in diesen zehn Jahren als auffallend arm an einzelnen Ereignissen, sie trägt durchaus das Gepräge der Beruhigung und Konsolidierung.

Dem entgegen befindet sich das Hochstift im Zustande größter Unruhe und eines beständigen Wechsels. Es ist kraftloser als je und den Ambitionen und Plänen benachbarter Herrscher ausgesetzt, als welche jetzt neben Oesterreich sich auch der Markgraf Rudolf von Hochberg und vor allem Diebold von Neuenburg bemerklich machen. Die Bischofswürde selbst geht von Hand zu Hand; ihre Träger sind durch die eigenen Angelegenheiten so absorbiert, daß ein Eingreifen in die Sphäre städtischen Wesens, ein Geltendmachen von Rechten, überhaupt eine über Verwaltung und Geschäftsbesorgung hinausgehende Politik des Hochstifts in diesen Zeiten gar nicht stattfindet.

Die Regierung des Administrators Friedrich von Blankenheim war von kurzer Dauer und ohne Bedeutung. Erwähnung verdient höchstens, daß er zur Deckung von Schulden des Basler Bistums die dem Hochstifte Straßburg gehörende Stadt Heiligkreuz verpfändete und, um die Straßburger Kirche hiefür zu entschädigen, ihr die im Elsaß gelegenen Zehntquarten des Bistums Basel verschrieb. Das für uns Wichtigere ist der endgiltige Verkauf Kleinbasels an Großbasel, den er am 6. April 1392 vollzog. Im übrigen gehörte seine Tätigkeit völlig Straßburg; gerade in [319] den Jahren der Basler Pflegschaft stand er in heftigem Kampfe mit der Stadt Straßburg, und als er am 21. Juli 1393 sich dort heimlich davon machte, um das vom Papst am 7. Juli ihm gegebene Bistum Utrecht zu übernehmen, war damit auch seine Administration in Basel zu Ende.

Zum Basler Bischof wählte nun Papst Bonifaz den Wilhelm von Cordemberghe, Bischof von Tournay, am 19. August 1393. Aber an eben diesem Tage, zu Basel im Saale des Kapitels über der Niklauskapelle, leistete Konrad Münch, der Dompropst, der am Tage zuvor vom Domkapitel als Bischof postuliert worden war, diesem den Eid; am 26. August gab er dem Rate der Stadt die Handfeste und bestätigte den Verkauf Kleinbasels.

Von irgendwelcher Tätigkeit des Bischofs Wilhelm ist nichts zu bemerken. Konrad war tatsächlich Bischof; nicht auch von des päpstlichen Stuhles, nur von Gottes Gnaden erwählt nannte er sich. Er regierte; er empfing die Huldigungen und gab die Lehen. Aber die Geldnot des Hochstifts vermochte auch er nicht zu heben. Auf die Zölle und den Bannwein schlug er fernere 2623 Gulden und verband diese beiden Pfandschaften der Stadt, sodaß sie nur mit 16,823 Gulden sollten gelöst werden können. Aus seinem Eigenen lieh er dem Bistum viertausend Gulden und nahm dafür die Herrschaften Waldenburg und Honberg zu Pfand. Aber als im Mai 1395 sein Streit mit dem alten Bischof, nunmehrigen Domherrn Imer von Ramstein über die von diesem seinerzeit für das Hochstift kontrahierten Schulden dahin entschieden wurde, daß Bischof Konrad diese Schulden übernehmen müsse, sofern sie mit Willen des Kapitels eingegangen worden seien, erschien auch ihm die Last der Regierung als zu groß. Er legte das Bischofsamt nieder; schon am 6. September 1395 heißt er wieder Dompropst.

Sein Nachfolger, wiederum durch Wahl des Kapitels, wurde Humbert, Sohn des Diebold von Burgundisch-Neuenburg, der aber das Bistum erst 1399 antrat, bis zu welcher Zeit es durch seinen Vater verwaltet wurde.

Alle diese Daten stehen fest. Nur die Motive der Vorgänge sind schwer zu erkennen, und man ist geneigt, hiebei an Wirkungen des Schisma zu denken. Aber gerade in dieser Hinsicht finden sich Schwierigkeiten.

Bischof Imer hielt, wie gezeigt worden ist, zur urbanistischen Obedienz. Die Stellung Friedrichs in der Kirchenfrage dagegen ist eine zweideutige; im selben Jahre 1391, da er die Pflege der Kirche Basel übernimmt, tritt er in der Sache Malkaws als entschiedener Gegner des Urbanismus auf; und doch ist es Papst Bonifaz, der ihm die Basler Administration überträgt und ihn beim Kapitel, bei den Vasallen, bei der Stadt, bei Herzog [320] Albrecht einführt und empfiehlt. Den Nachfolger Friedrichs aber, Konrad Münch, nennt Papst Bonifaz einen intrusus, einen Eindringling; er hat das Bistum nicht ihm übergeben, sondern dem Wilhelm von Cordemberghe, der bis dahin urbanistischer Bischof von Tournay (gegenüber dem Clementisten Louis von Tremouille) gewesen war und nun bis 1399, bis zum Amtsantritte Humberts, an der Kurie Bischof von Basel heißt; aber die feierliche Urkunde über die Eidesleistung Konrads vor dem Basler Kapitel wird nach den Pontifikatsjahren des Bonifaz datiert. Das Gleiche geschieht 1395 bei der Eidesleistung des Diebold von Neuenburg für seinen Sohn Humbert, während doch das Haus Neuenburg zur avignonesischen Partei hielt. Beide Fälle vertreten den Ortsgebrauch; sie bezeugen uns, daß das Basler Hochstift urbanistisch war. Und hieraus folgt, daß es sich zwischen Bischof Konrad und dem Papste nicht um den Gegensatz der kirchlichen Obedienz handelte, sondern um die Macht von Kurie und Domkapitel und das Recht der Wahl.

Diese ganze, an Wechsel reiche Geschichte des Bischofsamtes in den 1390er Jahren erhält vielmehr ihre natürliche Erklärung in Gegensätzen von Personen und Familien und in Geldverhältnissen.

Seit Johann von Vienne finden wir das große und von jeher zur Macht strebende Geschlecht der Münch im Domkapitel stark vertreten. Die wichtigsten Ämter sind hier in seinen Händen. Konrad erscheint als Custos 1361, als Schulherr 1366—1377, als Propst seit 1380; sein Bruder Rudolf als Sänger 1366—1377, als Dekan seit 1380; sein Bruder Johann als Sänger seit 1377. Es handelt sich um eine geschlossene Macht, aber nur um eine Partei. Der bestehende Gegensatz findet Ausdruck in der Uebergabe des Bistums durch Imer nicht an den dem Stuhle zunächst stehenden Propst Konrad, sondern an den Straßburger Bischof Friedrich. Es mochte ja bei dem verwahrlosten Zustande des Bistums rätlich sein, einen Fremden zu berufen, der unabhängig war und rücksichtsloser handeln konnte, als ein dem Kapitel angehörender und von diesem auf normale Weise erkorener Herr. Aber diese Erwägung war jedenfalls nicht die einzige. Vielmehr erweist sich jetzt, bei der Uebergabe des Bistums an Friedrich, wer die Führer der Gegenpartei waren: die beiden Grafen von Kiburg, der Custos Eberhard und der Erzpriester Johann. Beide saßen auch im Straßburger Domkapitel und vermittelten jedenfalls die Berufung Friedrichs nach Basel. Hiemit stimmt die auffallende Tatsache, daß als Kapitelsvertreter in den Urkunden Friedrichs nie Einer der Münche, aber stets die beiden Kiburger und der ihnen zugetane Schulherr Heinrich von Masmünster genannt werden.

[321] Nach Blankenheims Abgang konnte dann die Wahl Konrads durchgesetzt werden, wohl vermöge des großen Vorschusses von viertausend Gulden, den er dem Hochstift machte. Die Kapitulation redet von einer einmütigen Wahl; aber daß die alten Gegensätze weiterlebten, bezeugt der vorhin erwähnte Streit Konrads mit Imer. Binnen weniger Wochen des Sommers 1395 starben jedoch der Scholasticus von Masmünster, die beiden Kiburger und Imer von Ramstein; die Münche waren alleinige Herren, und inzwischen waren noch Johann Thüring Münch, Hartman Münch und Konrad Münch der jüngere in das Kapitel aufgenommen worden. Dennoch legte Bischof Konrad gerade jetzt sein Amt nieder, und das Domkapitel postulierte als seinen Nachfolger den Humbert von Neuenburg.

Der Grund, der Konrad zum Rücktritte bewegen mochte, ist schon erwähnt worden. Es war das Gefühl, den Geldverlegenheiten des Bistums nicht gewachsen zu sein. Und nun machten sich noch ganz bestimmte Einwirkungen von außen her geltend.

In der Geschichte des Oberrheins kommt dem großen Diebold VI. von Burgundisch-Neuenburg eine eigentümliche Bedeutung zu. Wir hatten schon Anlaß, aufmerksam zu werden auf bestimmte, in den wälschen Nachbargebieten sich regende Tendenzen einer Machterweiterung nach Osten, eines Hineinwirkens in das Bistum Basel und die oberrheinischen Gebiete überhaupt. Diese Tendenzen waren unzweifelhaft allgemeiner Natur. Sie zeigten sich in der seit Mitte des vierzehnten Jahrhunderts permanent spürbaren Unruhe und Angriffslust der wälschen Herren an der Grenze des Sundgaus; sie lebten in dem Unternehmen des Enguerrand von Coucy; und daß sie auch für größere Beziehungen und Absichten galten, lehrt die österreichisch-burgundische Heirat, bei der es in der Tat fraglich ist, ob nicht das Interesse des Hauses der Braut stärker und bewußter war als dasjenige Oesterreichs. Das Vorhandensein eines Johann von Vienne auf dem Basler Bischofsstuhl konnte solchen Tendenzen nur förderlich sein; wie denn überhaupt das Bistum Basel, zum Teil aus wälschen Gebieten bestehend, kirchlich der Oberherrschaft von Besançon unterstellt, ein geeigneter Boden für derartige Expansionen war.

Hier beschäftigt uns jedoch nur Diebold, dessen Stammhaus Neuenburg — auf einem Ausläufer des Lomont südlich von Mömpelgard und nahe der Marktstadt Pont de Roide gelegen — jetzt auf merkwürdige Weise dazu berufen wurde, dem Bistum Basel einen Herrn zu geben. Die Geschichte Diebolds zeigt Jahr um Jahr ein weiteres Fußfassen in den jurassischen Gebieten des Bistums. Es handelt sich um einen Plan, den [322] er nie aus den Augen verlor und an dem er methodisch weiterbaute. Allenthalben erwarb er oder beanspruchte er Rechte, zu Bressancourt, zu Boncourt, in Delle, Buix, Pruntrut, Laufen usw.; er ist Lehnsherr des Schlosses Beurnevesin, er erwirbt die Oeffnung des Schlosses Hasenburg und die Schlösser Vogtsburg und Schloßberg. Das Größte ist zuletzt die Uebernahme der Pfandschaft St. Ursanne Spiegelberg Kallenberg, unter Verdrängung der Stadt Basel aus diesem Besitz 1388, in demselben Jahre, in dem er durch Abschluß eines Bündnisses mit den Städten Bern, Zürich, Solothurn, Biel das weite Maß seiner Politik zeigt. In den Zusammenhang solcher Absichten fügt sich auch die Verheiratung seiner Töchter, der Adelaide mit Thüring von Ramstein, der Jeanne mit Friedrich von Hatstat.

Welcher Art das bestimmte Ziel dieser ganzen Politik war, ist freilich mit Sicherheit nicht zu sagen. Doch hat es sich dabei für Diebold jedenfalls darum gehandelt, das Bistum Basel soweit als möglich in seine Gewalt zu bringen, und vielleicht standen hinter den Plänen auf das Bistum noch andere Pläne, die der Stadt galten. Durch den Erwerb großer Pfandschaften und dann durch die Besetzung des Bischofsstuhles mit Humbert hatte Diebold schon einen Teil der Projekte verwirklicht; der Untergang seines Sohnes bei Nikopolis 1396 und sein eigener Tod 1400 verhinderten alles Weitere.

Die Unterhandlungen, die jetzt, im Sommer 1395, geführt wurden, scheinen Beziehungen gehabt zu haben zur Absicht Konrads, auf das Bistum wieder zu verzichten. Dabei trat Diebold allerdings nur als Kreditor des Hochstifs auf, was Andre, und im höchsten Maße die Stadt, auch waren. Aber er hatte außerdem für sich die absolute Sicherheit und Festigkeit eines politischen Planes, er verfügte über liquide Mittel und besaß eine persönliche Mächtigkeit, welches Alles ihm über allfällige Konkurrenten das Uebergewicht gab. Wie beschaffen dann im Einzelnen seine Transaktionen mit Bischof und Domherren waren, ist nicht klar zu erkennen. Der Chronist der Bischöfe teilt mit, daß das Kapitel gehofft habe, auf diese Weise die an Diebold verpfändeten Schlösser zurückzuerlangen; von einer Leistung von achttausend Gulden durch Diebold ist an andrer Stelle die Rede, aber auch von vierzehnhundert Gulden, die an Konrad Münch gezahlt wurden. Unter allen Umständen war der Handel kein lauterer; in der bischöflichen Kanzlei selbst wurden später diese Abreden als verwunderlich und geradezu simonistisch bezeichnet.

Am 11. November 1395 kam es zum Abschluß bei einer Zusammenkunft in Laufen. Hier leistete Diebold namens seines zum Bischof postulierten [323] Sohnes Humbert dem Domkapitel den Eid und übernahm selbst die Führung der bischöflichen Geschäfte. Als Pfleger des Bistums erscheint er von da an und funktioniert in dieser Eigenschaft während eines Zeitraums von vier Jahren.

An der römischen Kurie galt während aller dieser Vorgänge als Bischof von Basel der im Jahre 1393 ernannte Wilhelm von Cordemberghe. Doch übernahm dieser im März 1399 wieder sein altes Bistum Tournay, indem jetzt auch die Basler Verhältnisse in einer dem römischen Papst genehmen Weise ihre Erledigung fanden. Erstes Zeugnis dieses Einverständnisses ist, daß Bonifaz IX. im Mai 1399 endlich den Verkauf Kleinbasels gut hieß. Am 14. Juni anerkannte er sodann den Humbert als Basler Bischof, nachdem dieser sich verpflichtet hatte, nicht nur seine eigenen Servitien und die noch immer rückständigen der Bischöfe Johann von Vienne und Imer an die päpstliche Kammer zu zahlen, sondern auch seinem Amtsvorgänger Wilhelm jährlich hundertundfünfzig Gulden aus den Mitteln des Basler Bistums auszurichten. Am 11. August erteilte Bischof Humbert dem Rate der Stadt die Handfeste, am 12. August leistete er im Kapitelhause den Eid.


Während so das Hochstift seine eigenen und sonderbaren Wege geht, zeigt die Stadt das Bild einer kräftigen gesammelten ruhigen Tätigkeit.

Die Beseitigung des Ammeistertums 1390 bezeugt das Ende der Krisis. Der Rat hat die schweren Jahre hinter sich und tritt nun wieder in normaler Weise gestaltet auf. Die feindlichen und unzuverlässigen Elemente sind aus ihm geschieden; wie vordem sitzen auch jetzt Ritter, Burger und Handwerker in ihm beisammen; aber ihre Besonderheiten erscheinen als ausgeglichen zur gemeinsamen Arbeit für das Beste der Stadt.

Diese Arbeit äußert sich für uns hier, wo das politische Leben zu beachten ist, nur in wenigen Leistungen.

Zunächst handelte es sich darum, den Erwerb Kleinbasels in Ordnung zu bringen.

Im Herbst 1386 hatten die Söhne des bei Sempach gestorbenen Herzogs Leopold dem Rate Kleinbasel als bischöfliches Pfand übergeben, gegen Zahlung von siebentausend Gulden, und die Kleinbasler angewiesen, Denen von Großbasel zu schwören und gehorsam zu sein. Dieser Handel war aber noch weiterzuführen, einerseits mit Oesterreich selbst, andererseits mit dem Bischof.

[324] Durch den Vertrag von 1375 war für einen Uebergang dieser Pfandschaft an die Stadt der Consens des Bischofs vorbehalten, und mit Erteilung dieses Consenses zögerte Imer bis 1389. Als er am 25. August die Lösung guthieß und den Pfandbesitz Basels bestätigte, tat er dies in der Weise, daß auch dem Stift die Lösung Kleinbasels mit siebentausend Gulden vorbehalten wurde. Aber mit diesem Lösungsrechte konnte sich der Rat unmöglich zufrieden geben. Nicht als Pfand mochte er Kleinbasel besitzen, wie er Delsberg besaß und St. Ursanne besessen hatte; der Besitz der rechtsrheinischen Stadt mußte auf einem stärkeren und stetigeren Rechte als auf dem des Pfandes ruhen. Auch handelte es sich ja nicht um eine bloße Rechtsame, wie Gerichtsbarkeit und Zoll und Münze waren, sondern um eine Stadtgemeinde voll Leben, voll Willen und Selbstgefühl. Und nicht um eine fremde Stadt. Eine ganze Reihe von Beziehungen des Rechts und der Verwaltung einigte die beiden Basel, und das tägliche Leben spann unzählige Fäden von der einen zur ändern. Eine Ausübung der Herrschaft durch die große Stadt über die kleine wäre rechtlich wohl möglich gewesen, aber tatsächlich eine schwierige und im Grunde auch eine unnatürliche Sache. Nicht solche Herrschaft wollte Basel anstreben, sondern Vereinigung mit Kleinbasel, völlige Aufnahme dieser Stadt in den eigenen Organismus.

Der Rat nahm daher die Urkunde Imers entgegen; aber er verlangte nach Mehrerem, und bei den großen Verhandlungen im Frühjahr 1391, — über deren Verlauf wir leider gar nichts wissen —, gelang es ihm, auch die Kleinbasler Angelegenheit um einen Schritt vorwärts zu bringen. Er verband mit ihr die Angelegenheit des Pfandes Delsberg, das ihm zustand, an dessen Lösung aber Imer nicht nur von Bistums wegen, sondern wegen des aus seiner eigenen Tasche darauf vorgeschossenen Geldes interessiert war. Auf diese Delsberger Pfandschaft verzichtete nun der Rat, um Kleinbasel zu gewinnen. Er zahlte dem Bischof einundzwanzigtausend Gulden, wovon fünfzehntausend für die Lösung Kleinbasels von der Herrschaft Oesterreich, sechstausend für die Lösung Delsbergs bestimmt waren, und für diese Summe verkauften ihm Bischof und Domkapitel förmlich Kleinbasel, allerdings mit dem Vorbehalt des Wiederkaufes. Es war dies schon ein guter Schritt über die reine Verpfändung hinaus, indem der Rat eine freiere Verfügung erhielt. Aber auch hiebei konnte er nicht stehen bleiben. Kurz nach diesem Geschäfte trat Imer vom Bistum zurück, und mit seinem Nachfolger Friedrich brachte es dann der Rat zur gänzlichen wiederkaufsfreien Erwerbung. Zu den schon gezahlten einundzwanzigtausend [325] Gulden gab er noch siebentausenddreihundert behufs Lösung von Waldenburg, Honberg, Olten und Reigoldswil und rechnete dazu ferner die fünfzehnhundert Gulden, die er für die Steuer und das Gericht zu Kleinbasel, unter Lösungsrecht des Bischofs, gegeben hatte. So ergab sich eine Gesamtkaufsumme von neunundzwanzigtausendachthundert Gulden, und für diesen Betrag verkaufte das Hochstift am 6. April 1392 die Stadt Kleinbasel eines steten festen ewigen Kaufes an Bürgermeister und Rat.

In kläglichem Tone redet der Administrator Friedrich von der Armut und Krankheit des Bistums, die ihm nicht möglich machen, Kleinbasel zu behaupten. Aber dem Hochstift gilt diese Stadt nichts mehr; um seine alte Heimat am Rheine ist es doch geschehen; so klammert es sich an die äußeren Herrschaften und läßt Kleinbasel fahren, damit es jene wieder gewinne. Auch sie werden freilich schon nach wenigen Jahren in die Gewalt der Stadt gelangen.

Auf der andern Seite stehen die Verhandlungen, die noch mit Oesterreich wegen Kleinbasels zu führen waren. Die Preisgabe dieser Stadt durch die Söhne Leopolds geschah in den Zeiten der ersten Bestürzung nach der Niederlage. Daher Herzog Albrecht, als er die Vormundschaft über seine Neffen übernommen hatte, beim Basler Domkapitel einen Protest gegen die Uebergabe des Pfandes Basel einreichte. Die große Abmachung von 1391 wegen Abtretung des ganzen Bistums an Oesterreich ließ dann diese Kleinbasler Angelegenheit ruhen; aber als sie sich zerschlagen hatte, erneuerten die Herzoge ihre Reklamationen. Sofort nach Abschluß des Kaufes im April 1392 schrieb Leopold an den Rat von Basel und wahrte seine Rechte. Der Rat antwortete ablehnend, schickte dann aber den Domherrn Franz Boll an den herzoglichen Hof zur Besprechung der Sache. Hiebei ergab sich, daß Oesterreich mit den zweiundzwanzigtausend Gulden, die ihm Rat (siebentausend) und Bischof (fünfzehntausend) gezahlt, nicht zufrieden sein wollte, trotz der Abrede von 1375. „Mich dünkt nit anders, denn daß sie auf etwas guts gangen; wie vil das sige und waz das sige, das went sie nit harus lassen“ schrieb Boll. Um Kleinbasel selbst und etwa ein Preisgeben dieser Stadt handelte es sich für Basel schon nicht mehr, sondern einfach um das Maß des zu zahlenden Schweigegeldes. Und auf dieser Grundlage gingen nun die Verhandlungen weiter. Mit der Kleinbasler Sache wurden verbunden die alten von Seiten der Herrschaft stets neu erhobenen Beschwerden wegen der bösen Fastnacht, und da sich Basel in der Tat zu Mehrleistungen geneigt zeigte, sofern dann dieser lästige Handel endgiltig bereinigt würde, kam es im November [326] 1393 zu Verträgen. Basel zahlte der Herrschaft zehntausend Gulden; die Herrschaft verzichtete auf alle weitern Ansprachen an Basel wegen der bösen Fastnacht und Kleinbasels; Basel und die Herrschaft verbündeten sich zu gegenseitiger Hilfe und Beratung gegen Männiglich bis Andreastag 1403. In denselben Tagen schloß auch Bischof Konrad auf die Zeit seiner Regierung einen Bund mit Oesterreich.

Dieses Bündnis der Stadt mit Oesterreich hat etwas Befremdendes. Aber es darf uns nur gelten als Ergänzung dieses ganzen Sühne- und Ausgleichgeschäftes. Es wurde nicht geschlossen um der Allianz selbst willen. Es kam zu Stande, weil auf beiden Seiten ein Verlangen nach Ruhe und Sicherheit der Lande war; für Oesterreich, das gerade in jenen Jahren durch eine Reihe von Bündnissen in Süddeutschland seine durch den Schweizerkrieg erschütterte Stellung neu zu konsolidieren sich bestrebte, mochte es wichtig scheinen, auch den Streit mit der alten Feindin Basel zunächst ruhen zu lassen. An ein wirkliches Zusammengehen, an ein aufrichtiges Einverständnis und gegenseitiges Wohlmeinen ist dabei nicht zu denken.

Das Bedürfnis nach Ruhe zeigt sich auch sonst in der äußern Geschichte Basels während dieser Jahre. Die wenigen Vorfälle kriegerischer Art, die zu melden sind, ändern diesen allgemeinen Eindruck nicht. Es waren dies die Züge Basels nach dem zwischen Breisach und Straßburg gelegenen Städtchen Rheinau 1392 und 1394 und der Zug vor das Rappoltsteinische Schloß Gemar bei Colmar 1396. Nach Rheinau, zur Besatzung und Landwehre, waren die Basler durch den Administrator Friedrich, dann durch Herzog Leopold aufgeboten, beidemale in deren Kriege wider die Stadt Straßburg. Der vor Gemar geschickte Zuzug aber geschah auf Mahnung dieser Stadt selbst, mit der Basel seit 12. Juni 1396 wieder verbündet war, und in ihrer Fehde gegen Bruno von Rappoltstein. Auch der Streit Basels mit den Herren von Krenkingen war keine große Sache. Henman von Krenkingen und des Schultheißen von Thiengen Sohn Hans ab dem Haus waren durch Basler getötet worden; Anlaß und Umstände dieses Todschlages kennen wir nicht. Aber er hatte zur Folge, daß Heinrich und Diethelm von Krenkingen, des Getöteten Brüder, Fehde gegen Basel führten; es kam dabei im November 1393 zu einem Einfall in die dem Basler Henman Murnhart gehörende Herrschaft Muttenz durch die Krenkingischen, zu dessen Abwehr dann Basel mit aller Macht gerüstet auszog; der Streit wurde zuletzt vor Herzog Leopold von Oesterreich zur Entscheidung gebracht, und im Oktober 1394 machte dieser Herr Frieden, der Stadt die Zahlung eines Sühnegeldes auferlegend. [327] Auch der berühmten Beinheimer Nahme von 1390 ist hier zu gedenken, einer der größten Karawanenplünderungen jener Zeit. Mit ihr gab sich der Stadt Basel zum ersten Male der Markgraf Bernhard von Baden zu spüren; vom alten Grafen Eberhard dem Greiner unterstützt, warf er zwischen Beinheim und Selz einen zur Frankfurter Messe ziehenden, oberrheinischen Kaufmannszug nieder und beraubte ihn; in Basel allein meldeten sich gegen sechzig Kaufleute als geschädigt mit einem Gesamtverlust von gegen zehntausend Gulden. Hienach erklärt sich die Bedeutung des Vorfalls für die Geschichte des Basler Handels. Er steht aber auch in einem allgemeinen politischen Zusammenhang. Bernhard erklärte diesen Streit als Entgelt für die Schädigungen, die er, obwohl neutral, durch den schwäbischen Städtebund bei dessen Kriegen mit Würtemberg erlitten habe. Auch Basel gegenüber berief er sich auf solchen Schaden, ihm zugefügt zu der Zeit, „als der Streit bei Weil geschah, da Die von Basel auf dem Feld mit aufgeworfener Banner dabei gewesen seien!“ Während aber andere der bei Beinheim geschädigten Städte, wie Straßburg und Hagenau, sich auf Grund dieser Auffassung mit ihm verständigten, wollte Basel hiervon nichts hören. Es suchte den Markgrafen vor dem Schiedsgericht des rheinischen Landfriedens, in dessen Gebiete der Raub geschehen war, und erwirkte dort in der Tat eine Verurteilung des Markgrafen; aber da jede Exekutivgewalt fehlte, blieb es beim Spruche. Basel konnte den Gegenstand als unerledigtes Traktandum weiterführen, um ihn erst nach Jahrzehnten wieder, in einem günstiger scheinenden Zeitpunkte, geltend zu machen.

Für die allgemeine Lage war der Handel überaus bezeichnend. Wenn ein Fürst sich solche Gewaltstreiche erlauben konnte, so mußten die Städte aufs Neue an ihr Zusammenhalten sich erinnert fühlen. Aber gerade dieser schwäbische Städtebund war zerfallen, weil der große Zusammenhang gefehlt, kein starkes, gemeinsames Gefühl die Sonderinteressen überwunden hatte. Als Basel nach dem Beinheimer Raube bei Ulm seine Klagen vorbrachte und Beistand begehrte, erhielt es eine kühle bedauernde Ablehnung; es war diesem Bunde im Innersten doch immer fremd gewesen. Und mit Straßburg hatte es seit 1376 keinen Bund mehr.

Aber nun am 12. Juni 1393 kam dieses Bündnis der beiden Städte Straßburg und Basel wieder zu Stande. Sie schlossen es, „um einander beholfen zu sein wider alle ihre Feinde, um ihre Städte und Burger, Leib und Gut, Freiheiten und Rechte gegenseitig zu schirmen“; diese Hilfe sollte geleistet werden vom Hauenstein bis an die Selz und auf beiden [328] Seiten des Rheines von Gebirg zu Gebirg. Am 11. November 1399, auf welchen Tag der Bund auslief, wurde er bis 1403 erneuert.

Dieser Bund bedeutete mehr als nur Wiederaufnahme einer alten Gewohnheit. Der Anstoß dazu lag in den neuesten territorialen Gestaltungen und in der Tätigkeit der benachbarten Fürsten. Bei Döffingen und bei Worms hatte das Fürstentum über die Bürgerschaften gesiegt. Wie mächtig und geschickt trat Markgraf Bernhard hervor. Wie rührig strebten die Herzoge von Oesterreich aufs Neue zur leitenden Stellung in Süddeutschland und am Oberrhein.

Sowohl Straßburg als Basel standen im Bunde mit der Herrschaft. Aber beide Städte wußten, wie wenig derartige Allianzen galten; ein gegenseitiges Sichverpflichten der Gemeinwesen selbst hatte daneben wahrlich seine sehr gute Berechtigung. Darum stellten sie ihre alte Freundschaft wieder her, und wenige Jahre später, kurz nachdem sie den Bund zum ersten Male wiederholt, trat Basel noch in eine weitere, in eine völlig neue Beziehung ein, und tat dies ganz entschieden und klarbewußt im Hinblick auf Oesterreich.

Am 23. Januar 1400 verbündete sich Basel mit den Städten Bern und Solothurn, zu Frieden und Beschirmung der Lande, zum Nutzen der drei Städte selbst und ihrer Gebiete, Leute und Güter, zu gegenseitiger Hilfe gegen Alle, die sie an Leib, Gut, Ehren, Freiheiten und Rechten angreifen oder schädigen möchten. Zwanzig Jahre lang sollte dieser Bund gehalten, die gegenseitige Hilfe in dem ganzen Gebiet zwischen Basel und Bern geleistet werden.

Auf Seiten Berns war der Bund Aeußerung einer in diesen Jahren auch sonst hervortretenden föderalen Politik, Ergänzung der damals geschlossenen Verträge Berns mit Freiburg, mit den Grafen von Arberg, Neuenburg, Greyerz, mit den Gemeinden des obern Wallis und des Eschentals, mit dem Markgrafen von Hochberg.

Für Basel aber eröffneten sich in diesem Bunde völlig neue Kreise. Die auswärtigen Beziehungen der Stadt wurden nicht allein räumlich erweitert, sondern auch inhaltlich außerordentlich bereichert. Sie trat jetzt in unmittelbare Berührung mit einem Gemeinwesen mächtiger Art, mit einer städtischen Politik, die an Kraft und Kühnheit die ihrige weit übertraf. Ohne weiteres mußte ihr hieraus das Gefühl erwachsen, nun auch selbst mehr zu vermögen.

Damit erklärt sich aber auch der Abschluß des Bundes selbst. Basel empfand, etwas Neues, etwas Großes und Nachhaltiges zu tun, indem [329] es mit Bern die Verbindung einging, und es war sich deutlich bewußt, um wessen willen es dies tat. Noch in den 1430er Jahren, bei den Auseinandersetzungen mit Oesterreich, erinnerte man sich im Basler Rathause an die Umtriebe, mit denen einst der österreichische Hofmeister Friedrich von Flednitz und andere Beamte der Herrschaft diese und die Stadt zu entzweien unternommen hatten, „darumb der bunt gen Bern beschach“; und das Dokument dieses Bundes selbst enthält die bedeutungsvolle Klausel: sollte die Herrschaft Oesterreich mit den Baslern Mutwillen treiben oder sie von ihren Rechten, Freiheiten und Gewohnheiten drängen, so werden Bern und Solothurn ihr Bestes und Wägstes tun, daß Basel dessen überhoben werde.

Fassen wir Alles zusammen: Einwirkungen von Bern her; das Beispiel der nahen Fürsten, deren Macht, deren rücksichtslose Regsamkeit nicht nur Besorgnis erregen, sondern auch an die eigene Kraft erinnern konnte; endlich das Rückschauen auf das eigene Erlebte und Geleistete in den letzten zwei, drei Jahrzehnten; wie viel hatte die Stadt in dieser Zeit nicht erduldet, aber wie viel mehr noch erlangt! Aus diesem Allem dringt jetzt ein großer Wille sichtlich in das Wesen Basels. Und die Stadt tut, nur ein halbes Jahr nach dem Bunde mit Bern, einen mächtigen Schritt vorwärts; sie erwirbt die bischöflichen Herrschaften im Sisgau: die Stadt Liestal, die Stadt und Burg Waldenburg und die Feste Honberg.

Liestal, 1374 für kurze Zeit dem Herzog Leopold, dann den Grafen von Tierstein verpfändet, befand sich seit November 1381 unverpfändet beim Bistum. Waldenburg und Honberg dagegen, die gleich Liestal während einiger Monate im Pfandbesitz Oesterreichs gestanden waren, wurden 1381 durch Bischof Johann von Vienne dem Edelknecht Burchard Münch von Landskron dem älteren um dreitausenddreihundertsechsundsechzig Gulden verpfändet; 1392 löste der Pfleger Friedrich aus dem Kaufschilling für Kleinbasel diese Herrschaft wieder zurück; aber schon im folgenden Jahre versetzte sie das Hochstift wieder für die vom Bischof Konrad ihm dargeliehenen viertausend Gulden. 1396 sodann gab Konrad Münch, nach seinem Rücktritte vom Bistum, die Herrschaften an den Markgrafen Rudolf von Hochberg gegen Erstattung der viertausend Gulden weiter.

Markgraf Rudolf war nicht ein beliebiger Pfandherr, der das Geld anlegte, wie ein Anderer auch hätte tun können. Sondern daß er diese drei schönen Herrschaften an sich brachte, geschah im Ganzen des zähen und bedachtsamen Vorwärtsdringens, womit er seine Macht zu stärken, sein Territorium zu erweitern sich bemühte. Es war nur eine weitere Konsequenz, [330] daß er dann 1399 mit dem benachbarten Solothurn und dem hinter diesem stehenden Bern ein Bündnis schloß zum Schirm des Wandels mit Leib und Gut in den Gebieten der Parteien. Der Edelknecht Ulman Renk regierte als sein Obervogt auf dem Schlosse Waldenburg.

Um so bedeutsamer aber und für die künftigen Geschicke dieser Lande entscheidend war es, daß jetzt die Stadt Basel eingriff, daß sie, unter sehr großen Opfern, den Markgrafen bei Seite schob und durch Uebernahme seines Guthabens wie zahlreicher sonstiger Schulden des Hochstifts den Pfandschatz für die Herrschaften zu einer Höhe steigerte, die eine Wiederlösung für Jeden schwer machte und dauernden Besitz der Stadt verhieß.

Am 26. Juli 1400 verkaufte Bischof Humbert der Stadt Basel die drei Herrschaften mit allen Rechten, Ehren und Zugehörden um zweiundzwanzigtausend Gulden und mit dem Vorbehalt, sie um die gleiche Summe jeweilen wieder an das Hochstift kaufen zu können; am gleichen Tage versprach er, die auf den Herrschaften ruhenden Schulden aus dem Kaufschilling zu tilgen.

Die Zahlung durch die Stadt erfolgte zum kleinsten Teile an den Bischof selbst, zum weitaus größern an dessen Kreditoren. In erster Linie wurde Markgraf Rudolf mit achttausend Gulden ausgewiesen; andere Gläubiger waren das Domstift mit siebenhundert Gulden, Herrn Arnolds von Bärenfels Frau mit dreihundertundachtzig, Herrn Hansen von Eptingen Tochter mit neunhundertundfünfzig, Jakob Zibol mit elfhundertundfünfzig, Burchard Sinz mit fünfhundertundfünfzehn, Heinrich Murer der jüngere mit sechshundert, die von Ratsamhausen und ihre Schwester mit dreitausend, aber auch der Brotbeck Wetscher mit fünfzehn, der Wirt in Delsberg mit fünfzehn, der Wirt Waltenheim mit hundertundfünfunddreißig, der Kannengießer mit drei, Hemerlin mit einem Gulden. Am 27. Juni 1401 war auf solche Weise ein Kapital von zwanzigtausendzweihundertundfünfundsiebzig Gulden durch die Stadt abgetragen; es folgten weitere Zahlungen für den Bischof an die von Grünenberg, Graf Otto von Tierstein usw.; endlich am 17. Januar 1403 konnte Humbert die Schlußquittung über den gesamten Betrag von zweiundzwanzigtausend Gulden ausstellen.

So schuf sich Basel ein Territorium, wie es damals keine andere Freistadt besaß.

Die Bedeutung dieses Aktes kann nicht hoch genug geschätzt werden. Er gab dem ganzen Regiment einen mächtigeren Zug, einen neuen Maßstab. Er vermehrte die wirtschaftlichen Kräfte, hob die Zahl der kriegerischen Mannschaft, steigerte Art und Umfang des Regierens. Und wie der Bund [331] mit Bern: er eröffnete neue Horizonte. Die Basler hatten bis dahin die Jurapässe als Reisende, als Kaufleute, auf vereinzelten Kriegszügen überschritten. Jetzt errichteten sie dort ihre Grenzsteine, setzten ihre Vögte in die alten Grafenschlösser über den Straßen. Und ihr Blick ging von den Schroffen des Gebirgs hinab ins weite Land und über die Ebene hin bis zu den gewaltigen Bergen, zu den mächtigen Gemeinden des großen Bundes oberdeutscher Lande.

Der Zeitpunkt auch, in dem solches geschah, war ein überaus wichtiger. „Damals trat die eigentliche Scheidung in dem politischen Entwickelungsgang der schweizerischen und der schwäbischen Gebiete ein. Jetzt trennten sich die Wege vollends und für immer.“ Mitten inne aber stand Basel. Seine Teilnahme am schwäbischen Städtebund, seine Tätigkeit in den Verhandlungen vor Sempach, jetzt sein Bündnis mit Bern und Solothurn bezeichneten deutlich die Art seiner Stellung, aber auch seine Entwickelung, die Richtung, in der es sich bewegte.

An dem Gegensatze, der allenthalben im Reiche Landherrschaft und kommunale Selbständigkeit schied, der jetzt in der Schweiz die Vertreter der fürstlichen Gewalt und die Verteidiger der bürgerlichen und bäuerlichen Freiheit in gewaltigem Kampf gegeneinandergeführt hatte, war auch Basel emporgekommen. Und auch in Bezug hierauf waren diese Jahre, die eine große Periode seiner Geschichte schlossen, ein Moment von höchster Bedeutung. Die Stadt hatte die öffentlichen Hoheitsrechte in ihrer Gewalt; sie besaß die Macht einer Obrigkeit; aber zur vollen Wirkung kam dieser Besitz doch erst jetzt, seit der Rat Kleinbasel mit der großen Stadt vereinigt und vor allem seit er die Landschaft erworben hatte. Erst auf dieser Grundlage war Basel im Stande, mit nachhaltiger Kraft die Führerrolle in diesen Gebieten zu ergreifen und zu behaupten und als souveräne Stadtrepublik den Fürsten entgegenzutreten. Das Bistum schien bei Verfolgung solcher größern Ziele ein Hindernis nicht zu bilden. Aber als eine gewaltige Macht stellte sich Oesterreich entgegen.