RE:Enyalios 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Enyalios, Frühzeitig mit Ares identifizierter Kriegsgott | |||
Band V,2 (1905) S. 2651–2653 | |||
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Enyalios (Ἐνυάλιος, vereinzelt Ἐνοιάλιος CIG 1221 = IG IV 717 aus Hermione, Ἐνευάλιος, Vase im Brit. Müs., Müller-Wieseler Denkm. d. alt. Kunst II 18, 195).
1) Der neben Enyo ursprünglich wohl selbständige, frühzeitig jedoch mit Ares völlig identifizierte Kriegsgott, dessen Name schon seit Hom. bald als selbständiger Name für Ares, bald als Beiname des Ares erscheint. Selbständig gebraucht findet sich der Name E. in Verbindung mit bestimmten Kulten inschriftlich in Erythrai! (Priester Ἐνυοῦς καὶ Ἐνυαλίου, Dittenberger Syll.² 600, 34 = Rev. arch. 1877 I 109) und Gortyn (Mus. Italiano III 692), dann in Kulten, für die nur literarische Zeugnisse vorliegen, z. B. in Salamis, wo Solon das Heiligtum gestiftet haben sollte (Plut. Sol. 9, vgl. Tümpel oben im Artikel Ares Bd. II S. 651 VII 3), in Megara (Thuc. IV 67), in Tiryns (nach der Farnesinischen Tafel IG XIV 1293 A 20), in Argos, wo der Kult des E. und das Fest Hybristika nach dem Sieg der Telesilla über die Spartaner gestiftet sein sollte (Plut. mulier. virtut. 245 E) und Ares deshalb als Gott der Frauen galt (Lukian. amor. 30; vgl. Schoemann Griech. Altert.⁴ II 547. Tümpel a. a. O. IX 1); ferner in Sparta, wo gegenüber dem Tempel des Hipposthenes die alte Statue des gefesselten E. stand (Paus. III 15, 7; vgl. Tümpel a. a. O. XIV 1), wo außerdem die Epheben im Phoibaion dem E. junge Hunde zu opfern pflegten (Paus. III 14, 9. 20. 2. 4 Plut. quaest. Rom. 111 p. 290 D; vgl. Tümpel a. a. O. XIV 2) und wo endlich auch Ares Thereitas verehrt wurde, den Hesych. s.Θηρίτας als E. erklärt (vgl. Tümpel a. a. O. XIV 3). Ebenso wird der Name E. selbständig für Ares gebraucht in der Inschrift der Kypseloslade neben dem Bild von Ares und Aphrodite (Paus. V 18, 5). auf der Phlyakenvase des Brit. Mus., abgebildet u. a. bei Müller-Wieseler Denkm. d. alt. Kunst II 18, 195, die o. Bd. II S. 1995 im Artikel Daidalos eingehend behandelt ist (die Inschrift lautet hier Ἐνευάλιος), dann in einer Inschrift aus Kyzikos (Kaibel Epigr. gr. addend. 874 a = Rev. arch. 1876, 270). In der Poesie ist der gleiche selbständige Gebrauch des Namens E. für Ares seit Homer überaus häufig, vgl. Hom. Il. II 651 (= VII 166. VIII 264. XVII 259). XIII 519. XVIII 309 (hier das oft zitierte, später sprichwörtliche ξυνὸς Ἐνυάλιος; vgl. Aristot. rhet. II 21. Lukian. calumniae non temere credend. 10. Eustath. Hom. Il. 1144, 45. Apostol. 12, 28 u. a.). XX 69. XXII 132. Hesiod scut. 371. Archiloch. frg. 1 und weitere zahlreiche poetische Belege bei Bruchmann Epithet. deor. 38, denen sich viele Stellen aus der Prosa anschließen lassen, z.B. Plut. apophthegm. Lac. 36 p. 234 B; amator. 14 p. 757 D. Lukian. navig. 36 (als Parole); quomodo histor. conscrib. 26 (beim Schwur). Vor [2652] allem aber war der Name E. beim Kriegsgeschrei gebräuchlich (τῷ Ἐ. ἀλαλάζειν, ἐλελίζειν u. dgl., Xen. anab. I 8, 18. V 2, 14; hell. II 4, 17; Kyrop. VII 1, 26. Pollux I 163. Arrian. anab. I 14, 7. V 10, 3 u. ö.; vgl. Suid. s. Ἐνυάλιος), und mit Recht betont Preller-Robert Griech. Myth. I 337, daß wohl gerade durch dies Kriegsgeschrei der Name E. sich fortpflanzte.
Als Beiwort des Ares findet sich E. dagegen in einer Inschrift aus Hermione, IG IV 717 = CIG 1221 (Priester Ἄρεως Ἐνοιαλίου), während Paus. II 35, 9 hier nur von dem Tempel des Ares spricht (über den Kult vgl. S. Wide De sacris Troezen. 39. Hitzig-Blümner Paus. I 648). In Athen nennt eine Inschrift einen Priester des Ares E., der Enyo und des Zeus Geleon (IG III 2); der E. Ares gehört hier zu den Schwurgöttern der Epheben, neben Agraulos, Zeus, Thallo, Auxo und Hegemone (Poll). VIII 106), und der ) Polemarchos opfert der Artemis Agrotera und dem E. (Aristot. resp.^ Athen. 58. Poll. VIII 91); sonst wird dort zumeist von Ares allein gesprochen (vgl. Tümpel a. a. O. VII). Als Beiwort des Ares begegnet E. in der Poesie bei Hom. Il. XVII 211. Apoll. Rhod. III 1366. Dionys perieg. 654, und in der Prosa häufiger, z. B. Plut. praecepta gerend. reip. 5 p. 801 E. Ps.-Heraklit. epist. 7. Anon. Laur. 5= Schoell-Studemund Anecd. var. I 268.
Die Frage, ob E. von Anfang an nur ein Beiwort des Ares im Sinne von ,kriegerisch‘ war oder ob Ares und E. ursprünglich zwei getrennte selbständige Gottheiten waren, ist schon im Altertum verschieden beantwortet worden. Da Homer beide Namen als identisch oder E. als Beiwort des Ares gebraucht, sprachen sich die Homerinterpreten und Grammatiker zumeist gegen eine Trennung aus; vgl. Schol. Hom. Il. XVII 211. XX 69. XXII 132. Dagegen soll Alkman frg. 104 (Schol. Aristoph. Pax 457) Ares und E. an einer Stelle zwar als identisch, an einer anderen Stelle aber als zwei verschiedene Götter bezeichnet haben. Aristoph. Pax 457 stellt beide Namen nebeneinander, und auch Soph. Aiax 179 (in der Lesart ἢ χαλκοθώραξ ἤ τιν’ Ἐνυάλιος) galt im Altertum als ein Beleg für die Trennung der beiden Götter, vgl. Schol. Soph. Aiax 179. Suidas s. Ἐνυάλιος und Schol. Hom. Il. XVII 211, wo diese Trennung allgemein als Ansicht der Ἀττικοί bezeichnet wird. Ferner faßten den E. als selbständige Gottheit diejenigen auf, welche ihn Sohn des Ares und der Enyo (Schol. Aristoph. Pax 457. Schol. Hom. Il. XVII 211. Hesych.) oder Sohn des Kronos und der Rhea (Schol. Aristoph. a. a. O. Eustath. Hom. Il. 944, 55) nannten. Nach Arrian FHG III 597, 57 bei Eustath. Hom. Il. 673. 45 war E. ein Thraker (vgl. Anthol. Plan. 176). zu dem einst Ares kam; er wollte nur jemanden gastlich aufnehmen, der stärker sei als er selbst, und so kam es zum Kampfe, wobei E. den Tod fand; Ares nahm seitdem den Beinamen E. an; vgl. Tzetz. Chil. XII 791ff. In neuerer Zeit hat sich u. a. S. Wide Lakon. Kulte 149 für die ursprüngliche Trennung, Tümpel o. Bd. II S. 645 dagegen ausgesprochen.
Bei den Römern wird der Quirinus oft dem griechischen Ἐνυάλιος gleichgesetzt, vgl. Monum. Ancyr. Gr. VII 7. Dion. Hal. II 48. Plut. Romul. [2653] 29; quaest. Rom. 87 p. 285 D. Polyb. III 25, daher auch der Quirinalis = Ἐνυάλιος λόφος Dion. Hal. IX 60.