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Artikel „Welser“ von Friedrich Roth in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 682–692, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Welser&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 15:35 Uhr UTC)
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Welser: Der Name Welser wird von der Tradition mit Belisar oder mit der italienischen Stadt Valesia in Zusammenhang gebracht. Der Stammbaum beginnt mit einem Philipp W., der von Karl dem Großen wegen seiner kriegerischen Verdienste das erste Wappen des Geschlechts erhalten haben soll. Von Philipp’s Enkel Julius, der nach der Ueberlieferung als einer der tapfersten Kämpfer nach der Schlacht auf dem Lechfelde von König Otto zum Ritter geschlagen wurde, stammt jener Octavian W., Kaiser Konrad’s II. Rath, der sich als der erste dieser Familie in Augsburg niedergelassen haben soll. Sein Geschlecht erscheint bald unter den rathsfähigen, patricischen Familien, und schon im 13. Jahrhundert sehen wir Träger des Namens W. als Stadtpfleger von Augsburg. Von der zweiten Hälfte[WS 1] des 15. Jahrhunderts an beginnt die Verzweigung der Familie. Von dem um die Mitte des 15. Jahrhunderts verstorbenen Bartholomäus W. stammen zwei Söhne, Bartholomäus und Lucas. Bartholomäus war in den Jahren 1457, 1460, 1462, 1464, 1466, 1468, 1470, 1473, 1475, 1477 Bürgermeister von Augsburg, seit 1473 zusammen mit dem in der Augsburger Stadtgeschichte eine so hervorragende und verhängnißvolle Rolle spielenden Ulrich Schwarz[WS 2], zu dessen Sturz und Verurtheilung zum Galgen Bartholomäus wesentlich beitrug.

Veronika W., eine Tochter dieses Bartholomäus, trat in das Katharinenkloster in Augsburg ein, war dort bis zum Jahre 1503 Schreiberin, wurde Ende 1503 oder Anfang 1504 zur Priorin gewählt und starb im J. 1530 oder 1531. Sie verschrieb beim Eintritt in das Kloster demselben das Gut Waltershofen und zwei Sölden und gab zu dem neuen Klosterbau zweihundert Gulden. Als die reformatorische Bewegung auch ihr Kloster berührte, suchte sie die Angehörigen desselben mit Erfolg bei dem alten Glauben festzuhalten. In der Kunstgeschichte ist sie bekannt als die Stifterin der „Basilika des heiligen Paulus“ von Hans Holbein dem Aeltern und der „Basilika des heiligen Kreuzes“ von Hans Burckmair.

[Veronika wurde hier als Tochter des Bartholomäus W. aufgeführt auf [683] die Angaben Hörmann’s hin, dem für seine Arbeit – Erinnerungen an das ehemalige Frauenkloster Katharina in Augsburg in der Zeitschr. des hist. Ver. für Schwaben und Neuburg, wo im Jahrg. 1883, S. 321 und Jahrg. 1884 S. 6 u. 7 von Veronika die Rede ist – die Acten des Klosters vorlagen; Schuhmacher in seinem Werk „Die Unternehmungen der Augsburger Welser in Venezuela“ in der hamburgischen Festschrift zur Erinnerung an die Entdeckung Amerikas (Bd. II, Hamburg 1892) bemerkt S. 302, sie sei eine Tochter von Hans W., einem Bruder des älteren Anton W. und der Anna Peutinger. S. im übrigen Kleinschmidt, Augsburg, Nürnberg und seine Handelsfürsten, Cassel 1881, S. 142; Woltmann, Hans Holbein und seine Zeit, 2. Aufl. Bd. I, S. 57; Bd. II, S. 28 u. 63.] – Von des Bartholomäus Bruder Lucas stammen ab Anton, Lucas und Jakob, die Begründer dreier Linien, von denen für uns die des Anton und des Jakob in Betracht kommen.

I. Anton und seine Linie. a) in Augsburg:

Anton, ein Sohn des Lucas W., der mit der Ursula Laugingerin vermählt war, ist bekannt als einer der bedeutendsten Augsburger Handelsherren. Er wuchs in dem großen Kaufmannsgeschäfte seines Vaters auf und siedelte im J. 1488 nach Memmingen über, wo er einige Jahre das Amt eines Stadtamannes bekleidete. Bei seinem Abgange aus Augsburg schloß er und seine Frau, eine geborene Vöhlin, mit dem Rathe einen Vertrag, demgemäß sie gegen Erlag von 32 Gulden jährlich ihre in der Stadt gelegenen Güter beibehalten durften. Später (1496) kehrte er wieder nach Augsburg zurück, jedoch nur als Pactbürger, welches Verhältniß ihn von jeder Steuerabgabe an die Stadt mit Ausnahme der erwähnten 32 Gulden befreite, ihn aber auch vom Rathe und allen städtischen Aemtern ausschloß. Er starb im J. 1518 zu Augsburg und ist in der dortigen Barfüßerkirche begraben. – Schon Anton’s Vater Lucas und dessen Bruder Bartholomäus hatten sehr ausgedehnte Handelsbeziehungen unterhalten. Nicht nur in Augsburg, Nürnberg, Memmingen, Ulm und anderen wichtigen Handelsplätzen im südlichen Deutschland, sondern auch in Venedig, Mailand, Genua, Rom, in Genf und Lyon, in Antwerpen und London, im Hansagebiet, in Lissabon und Sevilla waren Factoreien oder Agenten in Welser’schen Diensten thätig. Vor allem aber waren die Blicke der W. nach dem Orient gerichtet. Von Bari aus betheiligten sich ihre Schiffe auf das lebhafteste an dem Levantehandel. Anton, in Verbindung mit seinem Bruder Lucas, verstand es vortrefflich die ererbten Beziehungen weiter auszudehnen und begründete im J. 1493 (?) mit Konrad Vöhlin, seinem Schwager, dem Sohn des Hans Vöhlin, der zu den bedeutendsten deutschen Kaufleuten des 15. Jahrhunderts zählte, die berühmte Handelscompagnie Anton W. und Konrad Vöhlin, die bis zu Anton’s Tode im J. 1518 dauerte. Nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama waren die W. unter den ersten deutschen Kaufleuten, die von der neuen Handelsstraße Nutzen zogen. Schon im J. 1503 sandten sie einen ihren Agenten, Simon Seitz, nach Lissabon, um mit König Manuel einen Vertrag abzuschließen, kraft dessen die Augsburger Kaufherren in Portugal gebaute und mit Portugiesen bemannte Schiffe nach Indien entsenden durften, um dort Specereien und Brasilholz einzuhandeln. Auf Simon Seitz folgte als Vertreter der W. der bekannte Lucas Rem, der von 1503–1508 in Portugal verweilte, um dort drei Schiffe für die deutsche Handelscompagnie auszurüsten und die Ladung hiefür zu besorgen. Am 25. März 1505 stachen die drei Schiffe, auf denen sich zwei Deutsche, Balthasar Sprenger und Hans Mayr, befanden mit dem portugiesischen Geschwader des Francisco Almeida, dem sie sich anschlossen, in See und liefen am 22. Mai bezw. 24. November des Jahres 1506 im Hafen von Lissabon wieder [684] ein; der Reingewinn des Unternehmens betrug 150 Procent. In den letzten Lebensjahren Anton Welser’s begann das Interesse an diesen Fahrten nach Osten zu sinken, theils infolge der Eifersucht der portugiesischen Behörden, die den fremden Kaufleuten die größten Schwierigkeiten bereiteten, theils infolge von Rechtsstreitigkeiten, in welche sich die deutsche Handelscompagnie mit dem König von Portugal verwickelte. Schon Anton’s Sohn Bartholomäus schloß sich aufs engste an Spanien an und faßte festen Fuß in dem im fernen Westen entdeckten neuen Indien, für das jetzt in den Reihen der Gelehrten vielfach der Name Amerika aufzukommen begann.

[Cassel, Privilegia u. Handelsfreiheiten, welche die Könige von Portugal ehedem den deutschen Kaufleuten zu Lissabon ertheilt haben. 1771. 1776; P. v. Stetten, Lebensbeschreibungen zur Erweckung und Erhaltung bürgerlicher Tugend, zweite Sammlung, Augsburg 1783, S. 214 ff.; das Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494–1541, ed. Greiff, Augsb. 1861 (Separatabdruck aus der Zeitschrift des hist. Ver. für Schwaben u. Neub.); Kunstmann, die Fahrt der ersten Deutschen nach dem portugiesischen Indien, München 1861; Kleinschmidt, Augsburg, Nürnberg und ihre Handelsfürsten, Cassel 1881, S. 28 ff. u. S. 136. 139 ff.; Ruge, Gesch. des Zeitalters der Entdeckungen, Berlin 1881, S. 147 ff.; Schuhmacher, die Unternehmungen der Augsburger Welser in Venezuela, S. 26 u. S. 298; Joh. M. v. Welser, Beitr. zur Augsb. Kunstgesch. in der Zeitschr. des hist. Ver. f. Schwaben u. Neub. 1875, S. 120 ff.]

Eine Schwester Anton’s war die im J. 1457 geborene Magdalena, seit dem Jahre 1478 vermählt mit Lucas Rem, dem Vater des bekannten Tagebuchschreibers. (S. Greiff, l. c. S. 2.)

Von Anton’s Kindern sind hier zu nennen: Margaretha, vermählt mit dem berühmten Konrad Peutinger, deren in diesem Werke, Bd. XXV, S. 567 in dem ihren Gatten behandelnden Artikel bereits Erwähnung gethan wurde.

Christoph, geboren 1480, wandte sich dem geistlichen Stande zu und starb als Dompropst zu Regensburg im J. 1536. Er ist begraben im Dome daselbst bei dem Josefs-Altar auf der Evangelien-Seite; sein Grabmal ist abgebildet in den „Welser’schen Monumenten“, in Kupfer gestochen. (S. Will, Bibliotheca Norica, Pars I, Sect. II. S. 264 Nr. 1265. Eine Biographie Christoph’s bietet Veith, Bibliotheca Augustana, Bd. II, S. 155 ff.]

Franz, geboren 1497, † 1572, vermählt mit Anna Adlerin, ist bekannt als der Vater der Philippine W., deren Biographie sich im VI. Bd., S. 697 ff. dieses Werkes bei der ihres Gemahles Ferdinand findet. [Von neueren sich mit ihr befassenden Schriften sind nachzutragen: Josef Hirn, Erzherzog Ferdinand II. von Tyrol, Geschichte seiner Regierung und seiner Länder, 1888, S. 313–369; Wendelin Boeheim, Philippine W., Verlag des Ferdinandeums in Innsbruck.]

Bartholomäus wurde geboren im J. 1488[WS 3], vermählte sich im J. 1511 mit Felicitas Granderin, starb im J. 1561 auf seiner Besitzung Amberg bei Türkheim in Schwaben, wo er, wie auch seine Gattin, bestattet ist. Abgüsse der Grabsteine befinden sich im germanischen Museum zu Nürnberg und im Maximiliansmuseum in Augsburg. In letzterem sind auch verschiedene Medaillen aufbewahrt, die Bartholomäus, seinen Schwager Peutinger und dessen Gemahlin Margaretha darstellen. Auch ein Oelbild hat sich erhalten, das uns Bartholomäus als Siebenundsechzigjährigen in Haustracht vorstellt, ein anderes Porträt in der Einmark’schen Sammlung. – Ueber seinen Bildungsgang ist nichts bekannt; es wird der des damaligen Großkaufmanns gewesen sein, der den Jüngling schon früh zur Theilnahme am väterlichen Geschäfte befähigte. So scheint er sich besonders um die ostindische Fahrt im J. 1505 angenommen zu haben; im [685] Jahre 1509 befand er sich in Antwerpen (Greiff, l. c. S. 85. S. 12). Als sein Vater im J. 1518 starb, kaufte er in Gemeinschaft mit seinem Bruder Anton aus dem Nachlasse das alte Augsburger Stammhaus seiner Familie „das Haus auf dem Stein“ (an der Ecke der Weißmalergasse, jetzt Karolinenstraße und Judengasse, jetzt Karlstraße), das noch jetzt zum Theil vorhanden ist und eine große Steinplatte mit der Inschrift trägt: „Hier war ehedem die Wechselbank der Familie Welser, der ersten Deutschen, die Schiffe nach Indien sandten; Bartholomäus Welser besaß Venezuela, das man der Welser Land nannte.“ Bartholomäus übernahm mit seinem Bruder Anton die Geschäfte der Handelscompagnie Welser und Vöhlin und wurde so der Begründer der neuen Firma Welser und Gesellschaft (oder auch Bartholomä und Anton Welser Gebrüder), die von 1518–1553 dauerte. Allmählich erweiterte sich der Geschäftskreis dieser Firma durch festere Einrichtung der Häuser in Ulm (1534) und in Nürnberg (1535) immer mehr und damit auch die Anzahl der Geschäftstheilnehmer. Um 1540 befinden sich in der Gesellschaft seine drei Söhne Bartholomä, Christoph und Leonhard, sein Schwiegersohn Christoph Peutinger, Jakob Rembold, Schwiegervater seines Sohnes Hans, und zwei Hans Vöhlin, von denen der eine der Sohn, der andere der Enkel seines Oheims Konrad Vöhlin war. Im J. 1553 zog sich Bartholomäus aus dem Geschäfte zurück. – Die Bankierstellung der W. zur spanischen Krone, die schon unter Anton begründet wurde, gelangte unter der Firma der Gebrüder Bartholomä und Anton W. zu größerer Bedeutung, doch besitzen wir leider keine genaueren Nachrichten über die Art dieser Geschäftsverbindung. Durch große Darlehen, welche die W. Karl V. gaben, erwarben sie sich Anspruch auf dessen Erkenntlichkeit und wurden auch thatsächlich durch eine Reihe von Privilegien und Begünstigungen ausgezeichnet; so wurde Bartholomäus am 22. November 1532 „in Stand und Grad des Adels der recht edelgeborenen Lehens-Tournier-Genossen und rittermäßigen Edelleute“ aufgenommen, wodurch Bartholomäus außer Anderem das Recht erlangte, sich in jeder Reichsstadt abgabenfrei niederzulassen; am 6. April 1541 wurde ihm durch kaiserliche Urkunde ein allgemeiner Geleitsbrief ausgestellt, am 7. Juni 1546 erhielt er ein Exemtionsprivileg von einigen gewöhnlichen Ortsgerichten u. s. w. Die wichtigste Errungenschaft jedoch war die Erwerbung der Entdeckerrechte an Venezuela, welche die W. durch Vertrag vom 27. März 1528 zunächst für die von ihnen bevollmächtigten Heinrich Ehinger (nebst Ambrosius und Georg Ehinger) und Hieronymus Sailer erlangten und durch Urkunde vom 17. Februar 1531 auf ihren Namen übertragen ließen. Da es ihnen gelang, durch Verträge die gesammte Ausfuhr und Einfuhr der Provinz Venezuela in ihrer Hand zu monopolisiren und sie auch sonst ein ziemlich rücksichtsloses Ausbeutungssystem zur Anwendung brachten, schienen sich die für das Unternehmen ausgegebenen kolossalen Summen rentiren zu wollen; doch bald geriethen die von den Welsern eingesetzten Statthalter mit der spanischen Regierung, mit dem zuständigen Gerichtshof in San Domingo und den für das „Welserland“ aufgestellten königlichen Beamten in allerlei Mißhelligkeiten, die ihre und der Welser Stellung erschütterten. Im J. 1541 kam es sogar soweit, daß die spanische Regierung daran dachte, ihnen wegen der gegen sie erhobenen Beschuldigungen den Proceß zu machen. Diese Reibungen, die sich immer wiederholenden Täuschungen der auf reichen und raschen Gewinn abzielenden Hoffnungen, endlich die im J. 1546 erfolgte Ermordung von Bartholomäus gleichnamigem hoffnungsvollen Sohn „einem verständigen, jungen Gesellen“ scheinen den Welsern die Lust an dem Unternehmen benommen zu haben, so daß sie die ihnen ohnehin nur auf Lebenszeit übertragenen Rechte auf Venezuela nicht mehr erneuern oder verlängern, sondern stillschweigend erlöschen ließen. Nach anderer, jedoch [686] nicht erwiesener Annahme wären den Welsern ihre Rechte auf Venezuela infolge wachsender Unzufriedenheit der spanischen Krone mit ihrem Verwaltungssystem im J. 1555 abgesprochen und entzogen worden. Thatsächlich schickten die W. seit des jungen Bartholomäus tragischem Untergang keine Flotten und Mannschaften mehr nach dem trügerischen Lande und gaben es hiemit effectiv auf. – Auch Welser’s Wirksamkeit im Dienste seiner Vaterstadt darf nicht ganz übergangen werden. Als im J. 1530 der Kaiser von Italien her auf dem Wege zu dem berühmten nach Augsburg ausgeschriebenen Reichstage war, wurde Bartholomäus mit Wolf Langenmantel ihm nach Innsbruck entgegengesandt, um die verleumdete Stadt vor ihm zu rechtfertigen und ihn zur Zurücknahme harter Anforderungen an dieselbe zu bestimmen, was freilich nur wenig Erfolg hatte. Als der Schmalkaldische Krieg ausbrach, bat Bartholomäus, der, offenbar aus kaufmännischen Rücksichten, nicht auf Seite der Feinde des Kaisers stehen wollte, den Rath, sich drei Jahre außerhalb der Stadt aufhalten zu dürfen, was ihm auch gestattet wurde. Er ließ sich nun in Lindau, dann in Arbon am Bodensee nieder und unterstützte den Kaiser für seinen Krieg durch bedeutende Summen. Nach Ablauf des Krieges erhielt er durch kaiserliche Urkunde vom 22. Juni 1547 die Erlaubniß zur Rückkehr nach Augsburg, da auf ihn als Abwesenden die am 29. Januar 1547 erlassene allgemeine Begnadigung keinen Bezug hatte. Im nächsten Jahre wurde er bei der vom Kaiser vorgenommenen Aenderung der Stadtregierung, die den Sturz des seit dem Jahre 1368 bestehenden Zunftregimentes zur Folge hatte, zum Mitglied des sogenannten geheimen Rathes ernannt, welch letzterer den beiden Stadtpflegern als höchstes Collegium zugeordnet war. Er verlor diese Würde in der Zeit von der Wiedereinführung des Zunftregimentes durch den Kurfürsten Moritz von Sachsen am 6. April 1552 bis zu der vom Kaiser am 25. August des Jahres zum zweiten Male durchgeführten Einsetzung der Geschlechterregierung und bat im J. 1556, wegen Leibesschwachheit, für immer um seine Entlassung. – Endlich scheint Bartholomäus auch für wissenschaftliche Interessen zugänglich gewesen zu sein, was ja bei dem Bruder der wegen ihrer Gelehrsamkeit berühmten Margaretha Peutinger sich auch erwarten läßt. Albrecht Weyermann (Nachrichten von Gelehrten und Künstlern, auch alten und neuen adligen und bürgerlichen Familien aus der vormaligen Reichsstadt Ulm, 1829, Bd. II, S. 668) erwähnt ein von Bartholomäus mit Randbemerkungen versehenes Exemplar der Antwerpener Ausgabe des Suetonius vom Jahre 1548. Franz Wieser (Magelhaes-Straße und Austral-Kontinent auf den Globen von Joh. Schöner, 1881, S. 98) meint, daß die „Neve Zeitung aus Bresillg Landt“ (abgedruckt durch Ruge im IV. und V. Jahresbericht des Ver. für Erdkunde zu Dresden, 1868, S. 13 ff.) durch Vermittlung der Welser nach Deutschland gekommen sei, ebenso der Bericht des Schloßhauptmannes in San Domingo über die erste Suche eines „güldenen Prinzen“, abgedruckt von Betuleus und Dietherus in ihren Geschichten Fernandi Cortesii von dem Neven Hispanien (Augsburg 1550, S. 58 ff.).

Anton, der öfter genannte Bruder des Bartholomäus W., ist geboren im J. 1486, widmete sich ebenfalls dem väterlichen Handelsgeschäfte, ist im Jahre 1510 in Lyon nachweisbar (Greiff, S. 91), im J. 1513 in Antwerpen und wurde später der eifrigste Mitarbeiter seines Bruders. Er vermählte sich mit Felicitas Baumgärtner († 18. Oct. 1552), die ihn mit 14 Kindern beschenkte, unter ihnen Sabina, die sich am 12. Juni 1535 mit Leonhard Hirsvogel in Nürnberg vermählte. Auch von diesem Anton hat sich ein dem Jahr 1527 angehörendes Oelgemälde erhalten, das sich im Familienbesitz befindet.

[Die Persönlichkeiten des Bartholomäus und Anton W. werden meist im [687] Zusammenhang mit dem Unternehmen in Venezuela behandelt. Von älteren hierauf bezüglichen Werken seien hervorgehoben die schon oben (bei Anton W.) angezogene Arbeit Stetten’s, dann K. Klunzinger, Antheil der Deutschen an der Entdeckung von Süd-Amerika oder Abenteuer des Ambrosius Dalfinger und des Nicolaus Federmann, beider von Ulm, des Georg Hohemut von Speier und des fränkischen Ritters Philipp von Hutten unter der Herrschaft der Welser von Augsburg in Venezuela, Stuttgart 1857. Von neueren Kleinschmidt (s. bei Anton) und vor allen Hermann Schuhmacher, die Unternehmungen der Augsburger Welser in Venezuela u. s. w., woraus das Meiste von dem Unterzeichneten hier Beigebrachte entnommen ist. Sehr werthvoll ist die von Schuhmacher seinem Werke angehängte Uebersicht der über unseren Gegenstand erwachsenen ausländischen und heimischen Litteratur, auf die hiemit verwiesen sei. Wichtige Aufschlüsse gibt ein von K. Häbler[WS 4] aus dem Dunkel gezogener Welser-Codex des Britischen Museums in London, über den er in Nr. 285 u. 286 der Beilage der allgemeinen Zeitung, Jahrgang 1894, berichtet. Der genannte Codex ist ein Buch, in welches die Secretäre des obersten Gerichtshofes von Santo Domingo von Anfang an alle die Provinz Venezuela betreffenden königlichen Erlasse eingetragen haben. Die Schriftstücke, 191 an der Zahl, beginnen mit dem Jahre 1529 und enden mit dem Jahre 1535. In einem weiteren Aufsatze – Beil. zur allg. Zeitung Nr. 5 des Jahrganges 1895 – bringt Häbler den Nachweis, daß der bei dem Welser’schen Unternehmen so oft genannte Ambrosius Dalfinger oder Alfinger in Wirklichkeit Ambrosius Ehinger[WS 5] heißt. Noch ungehobenes Material soll sich nach der Ansicht Schuhmacher’s im Indien-Archiv zu Sevilla finden.]

Von den Söhnen des Bartholomäus übernahmen das väterliche Geschäft Christoph, Leonhard und Hans, Jakob Rembold’s Schwiegersohn, und zwar unter der Firma Christoph Welser und Gesellschaft, die bis zum Jahre 1576 vorkommt. Später traten noch zwei Neffen des Bartholomäus ein, Söhne seines Bruders Anton, nämlich 1558 Matthäus († 1578) und 1573 Marx, der bis dahin die Ulmer Niederlassung geleitet hatte.

Marcus W. ist der Sohn des eben genannten Matthäus W., der seit 1550 mit Anna Bimlin vermählt war (s. der beiden Grabschrift bei Prasch, Epit. Aug. I, 88). Er ist von allen Mitgliedern seiner Familie, welche die gelehrte Laufbahn einschlugen, weitaus der bedeutendste und der berühmteste. Er wurde geboren zu Augsburg am 20. Juni 1558, begab sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zu seiner wissenschaftlichen Ausbildung nach Italien, wo ihn in Rom namentlich der bekannte Muret anregte. Reich ausgestattet mit Kenntnissen in den verschiedenen Zweigen der Alterthumswissenschaften, kehrte er in die Heimath zurück; im J. 1583 vermählte er sich mit Anna Mayin, kam im J. 1584 in das Stadtgericht, im J. 1592 in den äußeren Rath, wurde im J. 1594 Bürgermeister, im J. 1598 Mitglied des geheimen Rathes und endlich im J. 1600 Stadtpfleger, womit er die höchste Staffel der städtischen Ehrenämter erreicht hatte. Er bekleidete diese Stelle bis zu seinem Tode, der am 23. Juni 1614 erfolgte. Er ist bestattet in der Kirche von St. Maria Magdalena (s. die Grabschrift bei Prasch, Epit. Aug. I, 323). Seine religiöse Gesinnung war eine streng katholische und dieser entsprechend auch seine politische Haltung, die er in seinen einflußreichen städtischen Aemtern einnahm. Die Hauptbedeutung Welser’s als Gelehrten beruht in seinen Leistungen auf dem Gebiete der Geschichtschreibung und Alterthumsforschung, von denen hier selbstverständlich nur die wichtigsten herausgehoben werden können. Im J. 1590 erschienen die „Inscriptiones antique Augustae Vindelicorum, duplo auctiores quam antea, editae et in tres partes tributae, cum notis Marci Velseri Matthaei F.“ Aug. Vind. In 4to. Venetiis, apud Aldum. [In neuer Ausgabe [688] fügte er diese Inscriptiones den im J. 1594 erschienenen noch zu besprechenden „Rerum Augustanarum comment. libris VIII“ an mit dem Titel „Antiqua, quae Augustae Vindelicorum extant, Monumenta“. (S. über den Zusammenhang dieser Arbeiten mit denen Peutinger’s auf dem gleichen Gebiete Veith, Bibl. Aug. II, 201.) Schon im nächsten Jahre erschien eine deutsche Uebersetzung der Inscriptiones unter dem Titel „Antiqua Monumenta, Das ist, Alte Bilder, Gemälde und Schriften etc. Durch Den Edlen vnnd Ehrnvesten H. Marx Welsern etc. erstlich in Latein beschrieben: Jetzund aber derselben Burgerschafft zu Ehren vnd sonderm gefallen durch Engelbertum Wielichium (Engelbert Werlich), der Historien Liebhabern, in vnser teutsche Spraach gebracht.“ Getruckt zu Franckfort am Mayn. Angehängt ist diese Uebersetzung des Welserschen Werkes einer in deutscher Sprache herausgegebenen „Chronica Der Weitberuempten Keyserlichen Statt Augspurg in Schwaben etc. Getruckt zu Franckfurt am Mayn 1595“, die, aus drei Theilen bestehend, im ersten Theile eine Uebersetzung der schon genannten „Rer. Aug. Vind. libri VIII“ durch Engelb. Werlich, im zweiten und dritten Theile eine Verdeutschung der Gasserschen Annales civitatis ac reipublicae Augsburgensis von Wolfgang Hartmann enthält. (S. hierzu den Artikel Gasser im VIII. Bande dieses Werkes, S. 397 und Frensdorff in der Einl. zu den Augsb. Chron. in St.-Chron. IV, XLV.)] – Im nächsten Jahre (1591) veröffentlichte W. eine Copie der sog. Tabulae Peutingeriana, die er in Peutinger’s Bibliothek gefunden hatte, unter dem Titel „Fragmenta Tabulae antiquae, in quis aliquot per Romanas provincias itinera.“ Im J. 1598 erschien unter seinen Auspicien die Ausgabe des unterdessen gefundenen Originals, das nun in mehrere Werke überging, auch in die unten anzuführende Gesammtausgabe der Welser’schen Werke. Drei Jahre später, im J. 1594, erschienen Welser’s schon genannte „Rerum Augustanarum libri octo.“ In folio. Venetiis (s. über die deutsche Uebersetzung das oben bei Erwähnung der Inscriptiones etc. gesagte). Die Arbeit, auf einer ungemein ausgebreiteten und gründlichen Kenntniß aller einschlägigen Quellen beruhend, ist als eine der besten dieser Art zu bezeichnen, reicht aber leider nur bis zum Jahre 552. Als sein Hauptwerk erscheinen seine „Rerum Boicarum Libri quinque, Historiam a Gentis origine ad Carolum M. complexi. In 4to. Augustae Vindelicorum. Ad insigne pinus 1602.“ Der Veranlasser dieses Werkes war der Kurfürst Maximilian von Baiern, der dem Autor einen stattlichen Jahresgehalt auswarf, ihm die Bibliotheken und Archive des Landes öffnete und das Fortschreiten der Arbeit mit größtem persönlichen Interesse verfolgte. Das Werk reicht bis zum Sturze Thassilo’s und zeigt alle Vorzüge der Welser’schen Geschichtsschreibung im besten Lichte: Hervorragende Quellenkunde, eine zu seiner Zeit seltene Befähigung zu echter Kritik und ansprechende Gewandtheit in der Form. Auch diese Arbeit Welser’s wurde ins Deutsche übertragen, und zwar von seinem Bruder Paulus, von dem noch die Rede sein wird. Später stellte unser Autor noch ein sechstes Buch, bis zum Jahre 844 reichend, fertig, das der von Lippert im J. 1777 veranstalteten neuen Ausgabe der ersten fünf Bücher beigefügt wurde (s. den vollen Titel bei Veith, „Bibl. Aug. II“, 219). Ein siebentes Buch, das W. geschrieben haben soll, ist bis zur Zeit verschollen. Die Schwierigkeit bei den ihm von seinem Auftraggeber besonders ans Herz gelegten Untersuchungen über den Ursprung des Wittelbachischen Geschlechtes und den vermutheten Zusammenhang desselben mit den Karolingern verzögerten die Fortführung des Werkes, so daß es unvollendet blieb. – Eine andere Reihe seiner Arbeiten befaßt sich mit der Geschichte der Martyrer Augsburgs und anderer Heiliger, und aus diesen ist besonders die Biographie des hl. Ulrich hervorzuheben. Auch in der Behandlung solcher Stoffe zeigt er sich als den kritischen, geschulten Historiker, „der“, wie Wegele sich ausdrückt, „nicht zufällig seinen Fleiß auf solche Gegenstände [689] wendete“. – Außerdem erschien, theils unter seinsr Mitwirkung, theils auf seine Veranlassung eine größere Anzahl lateinischer und griechischer Schriftwerke im Druck, zu deren Herstellung er im Verein mit seinen Brüdern auf Anregung des berühmten David Höschel eine eigene Druckerei, nach dem Fichtenzapfen auf dem Titelblatte „Ad insigne pinus“ genannt, begründete. Die aus dieser Officin hervorgehenden Erzeugnisse zeichneten sich durch besonders schöne Ausstattung, gutes Papier und feine Typen aus. Auch die von W. herausgegebene lateinische Fassung des im Mittelalter sehr weit verbreiteten Romans „Geschichte des Apollonius, Königs von Tyrus“, kam unter dem Titel „Narratio eorum, quae contigerunt Apollonio Tyrio, ex membranis vetustis“, Aug. Vind. 1595, aus dieser Druckerei. – Auch sonst war Marcus in jeder Weise bemüht, wissenschaftliche Bestrebungen mit Rath und That zu fördern; seine antiquarischen Sammlungen und seine vortreffliche Bibliothek standen jedem, der sich an ihn wandte, offen; die Bibliothek seiner Vaterstadt vermehrte er um manches werthvolle Werk, wie auch nach seinem Tode ein großer Theil seiner eigenen Büchersammlung derselben zufiel. Das Ansehen, dessen sich W. theils wegen seiner Gelehrsamkeit, theils wegen seines Mäcenatenthums bei den Zeitgenossen erfreute, war denn auch ein überaus großes, wie das ihm von dem bairischen Hofe entgegengebrachte Vertrauen, sein Briefwechsel mit den bedeutendsten Größen der Wissenschaft in Deutschland und Italien und die große Anzahl zum Theil recht überschwänglicher Verherrlichungen seiner Person bezeugen. Leider waren die letzten Lebensjahre des ausgezeichneten Gelehrten keine glücklichen. Er hatte die für seine wissenschaftlichen Neigungen und Bestrebungen ihm zu Gebote stehenden materiellen Mittel überschätzt und gerieth schließlich in ziemlich mißliche Verhältnisse; von seinen Brüdern, von denen zwei Inhaber der einst so mächtigen Welser’schen Firma waren, hatte er nichts mehr zu hoffen, denn der Fall des Hauses stand unmittelbar bevor; kaum hatte er die Augen geschlossen, brach es zusammen.

[Marcus W. hat einen überaus sorgfältigen Biographen gefunden, dessen allerdings sehr panegyrisches Werk die Grundlage aller späteren Biographieen bildet: Viri Illustris Marci Velseri Vita, Genus et Mors Per Christophorum Arnoldum descripta. Anno 1682. (Auch als Einleitung der unten verzeichneten Gesammtausgabe der Welser’schen Werke vorangeschickt.) von späteren Lebensbeschreibungen seien hier erwähnt die in Bayle’s Dict. hist. IV, die im großen, vollständigen Universallexikon aller Wissenschaften und Künste (dem sog. Zedler’schen Lex.), Halle und Leipzig, Bd. 54, die in Jacob Brucker’s Ehrentempel der deutschen Gelehrsamkeit, Augsburg 1747, S. 67 ff. und endlich die in Veith, Bibl. Aug., Bd. II, Augsburg 1786, S. 159–227 – eine Arbeit, die als die gründlichste über Marcus W. erschienene Biographie zu betrachten ist, indem sie alle früheren auf W. bezüglichen Arbeiten ausbeutet, berichtigt und ergänzt; dort können auch die vorausgegangenen kleineren und unbedeutenderen Lebensbeschreibungen und Würdigungen Welser’s gefunden werden. – S. über Welser’s Verhältniß zur sog. Tabula Peutingeriana Zapf Bibl. Aug. II, 147; Paul von Stetten (der Jüngere), Kunst-Gewerbe- und Handwerksgesch. von Augsburg I, 63 ff.; K. Miller[WS 6], die Weltkarte des Castorius, genannt die Peutingersche Tafel. – S. zu den Rer. Boic. Libri V Joh. Friedrich, Ueber die Geschichtschreibung unter dem Kurfürsten Maximilian I., Vortrag in der öffentlichen Sitzung der K. B. Akad. der W., München 1872; Wegele, Gesch. der deutschen Historiographie, München und Leipzig 1885, S. 383 ff. – S. über die Druckerei Ad insigne Pinus Zapf, Augsburgs Buchdruckergesch. nebst den Jahrbüchern derselben, Augsburg 1786 u. 1791, Anhang II, wo die in der genannten Druckerei in der Zeit von 1594–1619 erschienenen Bücher aufgeführt [690] sind. – Welser’s Werke wurden gesammelt von demselben Arnold, von dem oben schon die Rede war, unter dem Titel: Marci Velseri, Matthaei f., Ant. n., Reip. Augustanae Quondam Duumviri, Opera Historica Et Philologica, Sacra Et Profana etc. Norimbergae 1682. Der mächtige Band enthält außer Welser’s Werken als Einleitung die schon genannte Biographie desselben, poetische Verherrlichungen des vielfach Gefeierten, Briefe etc; und den von Paulus Welser herausgegebenen P. Optatiani Porphyrii Panegyricus (s. hierzu Zapf, Bibl. Aug. I, 6); ein Verzeichniß der Welser’schen Werke s. bei Veith l. c., S. 200 ff.]

Anton, Matthäus und Paulus. Die Brüder des Marcus W. waren Anton, Matthäus und Paulus. Anton war Kanonikus und (seit 1612) Propst in Freising, auch Propst zu Spalt und Isny, Rath des Herzogs Ernst (Erzbischofs von Köln und Bischofs von Freising); bei dem von Kurfürst Maximilian und Anderen im J. 1601 zu Regensburg veranstalteten Colloquium wird er unter den Zeugen und Gutachtern genannt. Er war ein Mann von nicht unbedeutender Gelehrsamkeit, wie der Katalog seiner hinterlassenen Bibliothek und zahlreiche Aeußerungen von Zeitgenossen erkennen lassen; er starb am 20. September 1618. (Veith, Bibl. Aug. II, 147.) – Matthäus und Paulus waren die Inhaber des von den Vorfahren ererbten Handels- und Bankhauses. Beide zeigten, wie ihre Brüder, reges Interesse an allen wissenschaftlichen Bestrebungen und machten sich selbst als Autoren bekannt. Matthäus, geboren 1553, ist der Verfasser einer Schrift „Bedenken des Münzwesens halber“ (1607), Paulus, geboren 1555, der Verfasser eines „Politischen Discurses vom Münz-Wesen“ (1601), der Herausgeber des Optantius Porphyrius und der Uebersetzer der fünf ersten Bücher der Rer. Boic. seines Bruders Marx: „Bayrische Geschicht, in fünff Bücher getheilt, darin begriffen, was sich mit den Bayrn, von ihrem ersten Anfang bis zu Zeiten Kayser Karls des Großen verlauffen hat etc.“ (1607). Beide Brüder, die auch städtische Ehrenämter bekleidet hatten, kamen zu jähem Fall: im J. 1614 machte das einst so reiche und mächtige Welser’sche Haus Bankerott. Matthäus mußte sieben Jahre (von 1614–1621) im Gefängnisse verbringen und erlangte auch dann seine Entlassung nur unter der Bedingung, daß er zeitlebens seine Wohnung niemals verlasse; er starb erst im J. 1633, Paulus im J. 1620. (Veith, Bibl. Aug. II, 228, 229.) – Die Augsburger Linie, der diese Welser angehören, erlosch im J. 1797.

b) In Ulm:

Marx Christoph. Jener Christoph, der Sohn des berühmten Bartholomäus W., den wir kennen gelernt haben als einen der Inhaber der Firma Christoph Welser und Gesellschaft, hatte einen Sohn gleichen Namens, der im J. 1585 gelegentlich eines wegen der Berufung evangelischer Kirchendiener entstandenen Streites mit anderen Bürgern Augsburg verlassen mußte (s. hiezu Stetten, Gesch. v. Augsburg ad a. 1585) und sich nun mit seiner Frau Felicitas Remin nach Ulm begab. Er ist der Begründer des Ulmischen Zweiges der Welser’schen Familie. Von ihm stammt als Urenkel Marx Christoph ab, dem das Geschlecht die Erhebung in den Freiherrnstand verdankt. Er war der Sohn des im J. 1641 verstorbenen Ulmischen Rathsherrn Marx Christoph und der Susanne Baldinger. Seine wissenschaftliche Bildung genoß er nach Vollendung der Gymnasialstudien in Ulm auf den Universitäten in Wittenberg und Jena, wo er sich den Rechten widmete und in Genf, das er zur besseren Erlernung der französischen Sprache besuchte. Nach seiner Rückkehr nach Ulm wurde er von 1680 an Senator, Pflegherr, Zeugherr, Bauherr, Proviantherr, Oberrichter, Kriegsrath, Herrschaftspfleger und 1712 Bürgermeister; als Bauherr gerieth er mit dem Steueramte und dem Rathe in einen langwierigen Proceß, der ihm auch noch die Uebertragung des Oberforstamtes und die Verwaltung [691] des Civilamtes Altheim eintrug. Als die Stadt Ulm im J. 1702 von den bairischen Truppen besetzt wurde, mußte W. wegen seiner Anhänglichkeit an den kaiserlichen Hof entfliehen. Er fand Schutz bei dem Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, welcher ihm im Schloß zu Göppingen Unterkunft gewährte. Von hier aus leistete er den Kaiserlichen und Alliirten „viele ersprießliche Dienste“, und als im J. 1704 der kaiserliche und Reichsfeldmarschall Freiherrn v. Thüngen Ulm belagerte, wurde W. von ihm dazu bestimmt, dem kaiserlichen Obersten L’Anglet bei den mit Baron v. Pettendorf, dem bairischen Commandanten Ulms, wegen der Uebergabe der Stadt einzuleitenden Unterhandlungen behülflich zu sein. Am 10. September 1704 wurde die Unterhandlung zum Abschluß gebracht, am 11. September erfolgte die Uebergabe. W. hatte sich des ihm gewordenen Auftrages mit solcher Geschicklichkeit entledigt, daß er sich die höchste Anerkennung des kaiserlichen Hofes erwarb und durch ein Diplom vom 29. April 1713 in den freiherrlichen Stand erhoben wurde. Er starb am 24. Mai 1727.

(Weyermann, l. c. S. 594, wo auch Biographien noch anderer Ulmer Welser zu finden sind.)

II. Jakob und seine Linie (Nürnberger Linie, auch die zu Neuhof genannt):

Jakob W. (1468–1541) kam Ende des 15. Jahrhunderts nach Nürnberg und erscheint dort im J. 1504 als Mitglied des Rathes. Er betrieb wie die Welser in Augsburg Großhandel, namentlich in Antwerpen, und unterhielt besonders lebhafte Verbindungen mit den Ländern am La Platastrom. Von ihm rührt das bekannte Welser’sche Handelsbuch her, das früher im Germanischen Museum aufbewahrt wurde. (Schuhmacher S. 299.) Von seinen Nachkommen seien hervorgehoben: Sebald W., geboren zu Nürnberg im J. 1557; er genoß eine sorgfältige Erziehung, machte die zu seiner Zeit üblichen Reisen und erwarb sich einen rühmlichen Namen als Gönner und Förderer der Wissenschaften. Er ist der Stifter des nach ihm benannten Auditoriums (der Aula) zu Altdorf und zweier Stipendien für Studirende. Er starb am 1. September 1589 auf dem Kreistage zu Ulm. (Will, Nürnberger Gel.-Lex. IV, 212; Baier, Beschreibung der Universität Altdorf, S. 88.) Sein Urenkel Karl, geboren am 27. April 1635 zu Nürnberg, genoß denselben Bildungsgang wie der Vorige, widmete sich dem Dienste seiner Vaterstadt, wurde 1664 Beisitzer im Land- und Bauerngericht, 1666 Rathsherr, später Rügs-Präses, Landpfleger, Scholarch, Kirchenpfleger, Septemvir, Duumvir und Losunger. Er starb am 24. Januar 1697. In der Gelehrtenwelt war er wohlbekannt durch seine prächtige Bibliothek und seine großen Münz- und Kupferstichsammlungen. Ein großes Verdienst um die Wissenschaft erwarb er sich durch die Veranlassung der Sammlung und Ausgabe der Schriften Marx Welser’s. [Will, l. c. IV, 213 ff. Ebenda, S. 214, finden sich auch biographische Angaben über dessen Sohn Karl Wilhelm, der ebenfalls wichtige Aemter in Nürnbergschen Diensten bekleidete, und des letzteren Sohn Christoph Karl W. von und zu Neuhof und Rötenbach bei St. Wolfgang, der dem inneren Rathe angehörte und das Amt eines Bürgermeisters versah. S. im allgemeinen noch zu dieser Linie Kleinschmidt, l. c. S. 137, 138 ff.; Joh. Gottfr. Biedermann, Geschichtsregister des hochadeligen Patriciats in Nürnberg (1748), Tafel 558.]

Ueber den Zusammenhang der in Oesterreich heimischen Grafen von Welsersheimb etc. mit dem von uns behandelten Welser’schen Geschlechte läßt sich nach der vorliegenden Litteratur nichts bestimmtes sagen. Paul v. Stetten, der Jüngere, der hervorragendste Kenner der Augsburger Geschlechterfamilien, behauptet (S. 101), daß die Welser’sche Familie jene Welsersheimb wegen Mangels des Beweises gemeinschaftlicher Abstammung niemals als Agnaten anerkannt. [692] Nach Anderen sollen die Welsersheimb mit der Nürnberger Linie der Welser verwandt sein, (S. über diese Welsersheimb das Zedler’sche Lexikon, Art. Welser; Kleinschmidt l. c. S. 137.)

[S. über die Geschichte des ganzen Geschlechtes den großen, in Kupfer gestochenen Stammbaum, beschrieben von Will in seiner Bibl. Norica II, 263, Nr. 1263, die ebenfalls in Kupfer gestochenen Welser’schen Monumente (meist Grabmonumente), aufgezählt ebenda S. 264, Nr. 1265, wie überhaupt die dort unter Welser S. 263–267 verzeichnete Litteratur; Zapf, Bibl. Aug. I, 192 ff., 515 ff., 572; die Einleitung Arnold’s zu den gesammelten Werken von Marx Welser; das Universal-Lexikon von Zedler, Bd. 54, Art. Welser; Paul von Stetten, Geschichte der Adelichen Geschlechter, wo eine große Anzahl hervorragender Mitglieder dieser Familie genannt ist. Eine Familiengeschichte hat Joh. Michael Anton Freiherr v. Welser, † 1875, begonnen und zum Theil schon gefertigt; veröffentlicht wurde sie noch nicht. – Das soeben erschienene Werk Ehrenberg’s[WS 7], Das Zeitalter der Fugger, das auch die Welser behandelt, konnte für diesen Artikel nicht mehr benutzt werden.]


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Häfte
  2. Ulrich Schwarz (1422-1478), Ratsherr und Stadtpfleger in Augsburg.
  3. Geburtsjahr wohl 1484.
  4. Konrad Haebler (* 29. Oktober 1857 in Dresden; † 13. Dezember 1946 in Wehlen), deutscher Bibliothekar.
  5. Vergleiche Johannes Ehinger und Ambrosius Dalfinger.
  6. Konrad Miller (1844-1933), römisch-katholischer Theologe, Naturwissenschaftler und Kartographiehistoriker.
  7. Richard Ehrenberg (1857-1921), deutscher Nationalökonom.