ADB:Konrad II. (deutscher König)

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Artikel „Konrad II. (deutscher König)“ von Ernst Steindorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 543–554, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_II._(deutscher_K%C3%B6nig)&oldid=- (Version vom 7. Dezember 2024, 02:58 Uhr UTC)
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Konrad II., deutscher König und römischer Kaiser (1024–1039), Stifter des fränkischen oder salischen Kaiserhauses, war von sehr vornehmer Herkunft, ein Nachkomme jenes Konrad des Rothen, der bei Otto dem Großen so hoch in Gunst stand, daß er nicht nur Herzog von Lothringen, sondern auch Eidam des Königs wurde, Ottos Tochter Liutgard als Gemahlin heimführte. Ihr Sohn war Otto, Herzog von Kärnthen (978–983, 995–1004), und aus dessen Ehe mit Judith, einer Dame, deren Herkunft noch unbekannt ist, stammten vier Söhne, von denen zwei, Heinrich und Konrad, das fürstliche Geschlecht fortsetzten, dieser als Gemahl einer Tochter des Herzogs Hermann II. von Schwaben, mit der er zwei Söhne erzeugte, jener durch seine Vermählung mit Adelheid, einer Angehörigen des gräflichen Hauses vom Elsaß, welche vermuthlich um das J. 990 einem Sohne, eben unserem K., dem späteren Kaiser, das Leben gab. [544] Der Vater starb früh, jedenfalls noch vor dem Großvater, Herzog Otto von Kärnthen, der am 4. November 1004 das Zeitliche segnete, und von den großen Besitzungen des letzteren fiel die Hauptmasse einschließlich der herzoglichen Gewalt über Kärnthen dem überlebenden jüngeren Sohne zu, Herzog Konrad von Kärnthen, der hinwiederum bei seinem im December des J. 1011 erfolgten Tode das gesammte rheinische Haus- und Reichsgut auf seinen gleichnamigen Sohn, den jüngeren Konrad, vererbte. Heinrichs Sohn, der ältere Konrad, ging, wie es scheint, leer aus; ja man kann kaum umhin anzunehmen, daß er Mühe hatte sich auch nur im Besitze seines väterlichen Erbtheils, wozu unter anderem Limburg an der Hardt gehörte, gegen Uebergriffe seiner nächsten Verwandten zu behaupten. Es wird glaubwürdig berichtet, daß Bischof Burchard von Worms, welcher selbst mit den anderen Konradinern oder den Herzögen von Worms, wie sie auch genannt werden, im Kampfe lag, sich des Zurückgesetzten annahm und nicht nur für seine Erziehung Sorge trug, sondern ihm auch an seinem Hofe Lebensunterhalt gewährte. Gelehrte Bildung wird dem Schützling des Bischofs in späteren Jahren von kundigen Zeitgenossen ausdrücklich abgesprochen, also wird der Unterricht, den Konrad von dem bekanntlich in hohem Grade rechtskundigen Bischofe empfing, nur ein elementarer gewesen sein, er wird sich auf die Einprägung der Glaubenslehren beschränkt haben. Um so bildender wirkten die Widerwärtigkeiten, unter denen der Jüngling heranwuchs: er reifte frühzeitig zu einem ernsten, besonnenen und willensstarken Manne, der sich durch Rechtschaffenheit und Ritterlichkeit hervorthat und wohl im Stande war die ihm gebührende, aber bisher versagte fürstliche Stellung in der Welt sich mit der Zeit selbst zu erringen. Der erste Schritt hierzu war Konrads Vermählung (im J. 1016) mit Gisela, der jüngst verwittweten Herzogin von Schwaben, welche vorher schon zwei Mal verheirathet gewesen war und ihrem neuen Gatten zwei Stiefsöhne zuführte, darunter aus ihrer zweiten Ehe mit dem Herzog Ernst I. von Schwaben den gleichnamigen Sohn und Nachfolger desselben, Herzog Ernst II. Sie selbst, eine Tochter des schwäbischen Herzogs Hermann II. und eine Nichte des Königs Rudolf III. von Burgund rühmte sich mütterlicherseits von Karl dem Großen abzustammen und da sie außerdem zu den Descendenten König Heinrichs I. gehörte, so war sie auch mit K. verwandt in einem Grade, der bei vielen und zumal geistlichen Rechtskundigen der Zeit als Ehehinderniß galt. Aus eben diesem Grunde war Kaiser Heinrich II. über die Verbindung Konrads und Giselas höchst ungehalten, vor allem Gisela fiel bei ihm in Ungnade, die Vormundschaft über ihren Sohn Ernst und die damit verbundene Regentschaft im Herzogthum Schwaben wurden ihr entzogen. Aber auch K. hatte fortan dem Kaiser gegenüber einen schweren Stand und die Unterstützung, welche er mehreren mit ihm verwandten, aber mit Heinrich II. verfeindeten Fürsten, wie dem Grafen Gerhard vom Elsaß und seinem Vetter Konrad von Worms, dem Prätendenten auf Kärnthen in ihren Kämpfen mit anderen kaiserlich gesinnten Großen gewährte, war nur zu sehr geeignet sie vollends zu entzweien. Nachdem K. als Bundesgenosse seines jüngeren Vetters den Herzog Adalbero von Kärnthen, einen besonderen Günstling des Kaisers, im J. 1019 bei Ulm besiegt hatte, muß das Ereigniß eingetreten sein, welches ein bedeutend späterer Geschichtschreiber an den Anfang der Regierung Heinrichs II. verlegt: K. wurde in die Verbannung geschickt und erst nach einiger Zeit vom Kaiser begnadigt. Als dieser am 13. Juli des J. 1024 starb, waren sie wieder versöhnt und zwar ohne daß K. in der Hauptsache nachgegeben, sich von Gisela getrennt hätte. Diese hatte ihm mittlerweile drei Kinder geboren, am 28. Oct. 1017 einen Sohn, Heinrich genannt, als Kaiser Heinrich III., und zwei Töchter, Beatrix, von der nur sicher bekannt ist, daß sie während des J. 1025 im Kloster [545] zu Quedlinburg Aufnahme fand, und Mathilde, welche im J. 1034 jung starb, als Braut des Königs Heinrich I. von Frankreich. So verlief das Leben unseres Helden während seiner ersten Mannesjahre unruhig und dennoch nicht eben glänzend, allerdings in etwas weiteren Kreisen und nicht in solcher Bedrängniß, wie die Jugendzeit, aber noch ohne Ziele und Erfolge, wie sie zu einem dauernden Nachruhme erforderlich waren. Nun aber mit dem Tode des Kaisers Heinrich II. begann eine neue Epoche, nun erfolgte die entscheidende Wendung zu stetig wachsender Größe, zu weltgeschichtlicher Bedeutung. Während des Interregnums war die Krone viel umworben, aber kaum hatte sich in den ersten Tagen des Septembers 1024 zu Kamba am Rhein die Mehrzahl der deutschen Fürsten und Volksstämme zur Königswahl vereinigt, so stellte sich als unzweifelhaft heraus, daß die Wahl in Wahrheit nur zwischen den beiden fränkischen Vettern schwanken würde. Beide hatten mächtige Anhänger, Konrad der ältere namentlich den Erzbischof Aribo von Mainz und mehrere Bischöfe, darunter die von Metz, Straßburg, Augsburg und einen der einflußreichsten Laienfürsten, Herzog Heinrich von Baiern aus dem Hause Luxemburg, während der jüngere Konrad besonders auf viele andere Lothringer rechnen konnte. Einmal griff der ältere Konrad selbst in den Gang der Verhandlungen bedeutsam ein, in einer Unterredung ohne Zeugen verständigte er sich mit seinem Vetter über ihr gegenseitiges Verhalten für den Fall, daß die Mehrheit der Wähler sich für einen von ihnen entscheiden sollte. Dann erst begann der Hauptact, die eigentliche Wahl oder Kur, welche in feierlicher Stimmabgabe bestand und aus dieser ging der ältere K. als Sieger hervor. Nur eine Minderzahl, gebildet aus lothringischen Fürsten, wie Erzbischof Pilgrim von Köln und Herzog Friedrich von Oberlothringen widerstrebten seiner Erhebung derart, daß sie noch vor der Entscheidung den Wahlplatz verließen; die übrigen, an der Spitze Aribo von Mainz und Konrad von Worms gaben jenem ihre Stimmen und die anwesende Volksmasse, nach Stämmen geordnet, bestätigte das Urtheil der Fürsten mit jubelndem Zuruf. So wurde K. gewählt und nachdem er die Reichsinsignien aus den Händen der Kaiserin-Wittwe noch zu Kamba in Empfang genommen hatte, am 8. September in Mainz zum Könige gekrönt, während Gisela erst vierzehn Tage später in Köln gekrönt wurde. Erzbischof Aribo hatte sich geweigert, eine Frau zur Königin zu weihen, die, vermuthlich weil ihrer Ehe mit K. der Makel der Gesetzwidrigkeit anhaftete, vielen verhaßt war. Erzbischof Pilgrim von Köln dagegen, der inzwischen die Partei gewechselt hatte, von der dynastischen Opposition lothringischer Fürsten, welche sich nunmehr um Herzog Gozelo von Niederlothringen als ihr Oberhaupt schaarte, zu dem neuen Könige und dessen Hofe, wie er recht eigentlich unter dem leitenden Einflusse Giselas neu eingerichtet wurde, übergetreten war, nahm die Krönungsceremonie um so bereitwilliger vor, je mehr ihm daran liegen mußte sein anfängliches Widerstreben durch Handlungen der Loyalität vergessen zu machen. K. II. hatte seinem älteren Stammes- und Namensvetter Konrad I. sehr unähnlich überhaupt Glück im Kampfe mit den Hindernissen, welche feindliche Machthaber der Befestigung und Ausbreitung seiner Herrschergewalt innerhalb wie außerhalb des Reiches in den Weg legten. Während die deutschen Stämme rechts vom Rheine einschließlich der Sachsen, die bei der Königswahl nur schwach vertreten waren, sich dem neuen Herrscher auf seinem Königsritte unverzüglich und willig unterwarfen, nahm der mächtigste unter den slavischen Nachbarn und Vasallenfürsten des Reiches, Herzog Boleslav Chabry von Polen eine drohende und herausfordernde Haltung an: indem er sich zu Anfang des J. 1025 zum König krönen ließ, vollzog er thatsächlich den Abfall. Aber kaum war dies geschehen, nur wenige Monate später ereilte ihn der Tod (17. Juni 1025) und sein Sohn Mesko, der ihm succedirte, war zunächst [546] darauf angewiesen sich im Innern des Landes seinen Brüdern gegenüber als Alleinherrscher zu behaupten; wie deutschfeindlich er auch sonst war, so fehlte doch viel, daß er König K. unmittelbar gefährlich geworden wäre. Mittlerweile hatte sich wie in Lothringen, so auch unter den Laienfürsten des oberen Deutschlands eine Partei des Widerstandes gebildet: an die Spitze trat Konrad von Worms, der sich zu Augsburg (18. April, Ostern, 1025) mit seinem Vetter, dem Könige, heftig und öffentlich entzweit hatte, vermuthlich, weil dieser sich damals noch nicht dazu verstehen wollte Herzog Adalbero, den Rivalen des jüngeren Konrad in Kärnthen, zu Gunsten des letzteren zu beseitigen. Darnach empörte sich der ebenfalls schon gründlich mißvergnügte Stiefsohn des Königs, Herzog Ernst von Schwaben, dem sich wiederum andere Große, wie Werner, Graf in Thurgau (Kiburg) und Graf Welf II. noch im Laufe des Jahres 1025 anschlossen. Alle diese fürstlichen Rebellen standen unter sich in Verbindung; auch mit den Lothringern hingen sie zusammen und, was ihre Feindseligkeiten besonders gefährlich machte, im Süden der Alpen, im Königreiche Italien herrschten Zustände, die, wenn sie von Dauer waren, der fürstlichen Opposition in Deutschland in demselben Maße zu Gute kommen mußten, wie sie den Interessen Konrads und seiner Monarchie zuwiderliefen. Bekannt ist, wie mächtig die in Italien stets vorhandene Tendenz zur Losreißung vom deutschen Reiche sich zu Anfang des Jahrhunderts beim Tode Ottos III. geregt, welchen Erfolg die Idee eines nationalen Königthums namentlich in der Lombardei gehabt und welche Mühe es Heinrich II. gekostet hatte den Gegenkönig Arduin zu überwältigen. Einer ähnlichen Sachlage stand K. im J. 1025 gegenüber: die hohe Aristokratie des Reiches spaltete sich nach dem alten aber immer regen Gegensatz zwischen geistlichem und weltlichem Fürstenthume derart, daß K. zunächst nur von einem Theile der geistlichen Herren, darunter allerdings die bedeutsamsten Prälaten der Lombardei, als Nachfolger Heinrichs II. anerkannt wurde (Huldigung zu Konstanz, Anfang Juni 1025), während die übrigen Großen sich entweder zurückhielten oder, – und das gilt besonders von mehreren markgräflichen Häusern des nördlichen und mittleren Italiens – die Aufstellung eines Gegenkönigs betrieben. Als solcher wurde, wie später noch öfters, ein französischer Prinz in Aussicht genommen, und zwar, da König Robert für seinen Sohn Hugo die lombardische Krone ablehnte, Wilhelm von Aquitanien und Poitou, ein Sohn Wilhelms V., der ein wahrer Musterregent nach den Begriffen der Zeit durch persönliche Eigenschaften, weitreichenden politischen Einfluß und hohes Ansehen auch innerhalb der kirchlichen Kreise in der That ungemein geeignet war die ihm von den italienischen Widersachern Konrads II. zugedachte Rolle zu übernehmen, die Losreißung Italiens von der deutschen Herrschaft wirksam zu befördern. Aber zum großen Glücke für K. scheiterte das Project der aquitanischen Thronkandidatur ebenso rasch, wie es aufgetaucht war. Denn die Anhänger Wilhelms V. stellten bei seiner Anwesenheit in Italien während des Sommers nur eine einzige Bedingung, nämlich die, daß er sich verpflichtete die Bischöfe Italiens nach ihrem, der Laienfürsten, Belieben ab- und einzusetzen, und da er hierauf nicht eingehen konnte ohne seinem ausgeprägt kirchlichen Sinne zuwider zu handeln, so zögerte er nicht zurückzutreten, um so weniger als auch die Verhältnisse im Innern Frankreichs mittlerweile eine für ihn ungünstige Wendung genommen hatten. War es doch dem Könige Robert, dem Grafen Odo von Champagne und anderen befreundeten Großen schlechterdings unmöglich im Interesse der aquitanischen Politik, wie es Wilhelm V. gewünscht und erstrebt hatte, mit Deutschland Krieg anzufangen, K. in Lothringen und im Bunde mit den deutschen Rebellen zu bekämpfen. Blieb aber Hülfe von Frankreich aus, so war das der empfindlichste Schlag, der die letzteren treffen konnte, und [547] zumal die lothringischen Fürsten waren nicht gewillt unter diesen Umständen ihren Widerstand fortzusetzen. Die Sache Konrads II. erfuhr innerhalb weniger Monate und im wesentlichen ohne sein Zuthun den günstigsten Umschwung. Die Herzöge Theoderich von Oberlothringen und Gozelo von Niederlothringen machten um Weihnachten 1025 ihren Frieden mit ihm: in Aachen unterwarfen sie sich und huldigten. Und der Herzog von Schwaben folgte bald ihrem Beispiele. Die demüthig nachgesuchte Begnadigung wurde ihm vom Könige zu Augsburg, Anfang Februar 1026 gewährt, so daß dieser in Deutschland fast unbestritten Alleinherrscher war, als er sich anschickte über die Alpen zu ziehen und die Rechte, welche ihm als Nachfolger Heinrichs II. zustanden, auch in Italien zur Geltung zu bringen. Am schwierigsten lagen die Verhältnisse in der Lombardei trotz der engen Verbindung des Königs mit dem hohen Klerus des Landes: hier wie in der Romagna gab es mehr als eine Stadt, deren Bevölkerung an deutschfeindlicher Gesinnung mit großen Herren, mit den Markgrafen aus dem Hause der Aledramiden (Montferrat) und der Otbertiner (Este) wetteiferte und gleich ihnen nur mit Waffengewalt zu bändigen war, wie Pavia, Ravenna, Ivrea. Wol noch im Frühling 1026 wurde K. von Erzbischof Aribert zum Könige von Italien gekrönt, indessen mit der Bekämpfung aller jener Gegner verging fast noch ein volles Jahr, erst dann waren sie derart überwältigt, daß der König ohne seine Verbindung mit Deutschland zu gefährden weiter ziehen und über Tuscien auf das eigentliche Ziel seiner Unternehmung, auf Rom vorrücken konnte. Herzog Rainer, Markgraf von Tuscien, versuchte zwar ihm den Weg zu versperren, aber umsonst: wenige Tage genügten, wie es heißt, um ihn nebst seiner Hauptstadt Lucca und darnach ganz Tuscien zur Unterwerfung zu bringen. Papst Johann XIX., ein Tusculaner, wie sein Vorgänger Benedikt VIII. und aus mehr als einem Grunde an der Herstellung der kaiserlichen Autorität in Rom stark interessirt, kam dem Könige unterwürfig entgegen und krönte ihn am Ostertage (26. März) des J. 1027 zum Kaiser, ein Akt, der dadurch, daß zwei fremde, aber mit Konrad befreundete Herrscher, nämlich König Rudolf III. von Burgund und König Kanut von England zugegen waren, wie an Feierlichkeit, so auch an politischer Bedeutung gewann. Das Ansehen des Papstes war neben dem des Kaisers nur gering, und nachdem ein heftiger Straßenkampf zwischen Römern und Deutschen, welcher der Krönungsfeier folgte, ebenso wie ein ähnlicher Vorgang in Ravenna mit dem Siege der letzteren geendigt hatte, zog der Kaiser bald weiter nach Unter-Italien, aber nur zu kurzem Aufenthalte und ohne in die vielfach wirren Verhältnisse der dortigen Fürsten und Völker tiefer einzugreifen. Die Lage der Dinge in Deutschland trieb zur Eile, schleunige Rückkehr war nothwendig, weil Herzog Ernst von Schwaben sich mittlerweile wieder empört und in den ohnehin durch Graf Welf fort und fort beunruhigten Landschaften des oberen Deutschlands einen Raubkrieg begonnen hatte, der sich besonders gegen die großen königstreuen Abteien St. Gallen und Reichenau richtete und um so gefährlicher war, je näher die Möglichkeit lag, daß die schwäbischen Empörer sich mit dem immer noch nicht unterworfenen Konrad von Worms zu gemeinsamem Handeln verbinden würden. Soweit kam es nun aber nicht: denn der Kaiser schritt rasch ein und gebrauchte seine Macht energisch. Er bestrafte den Grafen Welf unter anderem damit, daß er ihm die lehenweise besessene und durch ihre Grenzlage wichtige Grafschaft im Innthale entzog und sie nebst den Klausen bei Seben auf die Kirche von Brixen übertrug. Mit dem baierischen Herzogthum, welches damals vacant war, betraute er auf Grund eines Wahlactes, den die baierischen Großen Ende Juni 1027 zu Regensburg vornahmen, seinen Sohn Heinrich, einen zehnjährigen Knaben, der schon auf einem Reichstage zu Augsburg 1026 zu seinem Nachfolger in der [548] Königswürde designirt und dem trefflichen Bischof Bruno von Augsburg zu vormundschaftlicher Pflege übergeben worden war. In Schwaben brachte es Herzog Ernst zu Fall, daß die freien Herren unter seinen Vasallen das Ansinnen ihm auch gegen den Kaiser Heeresfolge zu leisten, unter Berufung auf ihre allgemeine Unterthanenpflicht zurückwiesen; so von den eigenen Leuten verlassen, ergab er sich dem Kaiser auf Gnade und Ungnade und dieser verhängte nun schwere Strafen über seinen Stiefsohn; er entzog ihm das Herzogthum und ließ ihn auf dem Giebichenstein bei Halle einkerkern. Auch Konrad von Worms, der sich bald darnach unterwarf, mußte seine Reichslehen herausgeben und eine Freiheitsstrafe erdulden. In der Rechtspflege kannte Kaiser K. überhaupt kein Ansehen der Person, die Gesetze, deren Handhabung ihm oblag, wollte er von Allen befolgt wissen und wenn es sich um Recht und Gerechtigkeit handelte, so war er für den geringsten seiner Unterthanen ebenso zugänglich wie für den mächtigsten Fürsten. Unter den geistlichen Großen gab es keinen, der sich um seine Thronbesteigung so verdient gemacht hatte, wie Erzbischof Aribo von Mainz und nur wenige, welche von dem neuen Könige gleich zu Anfang so bedeutende Gunstbeweise empfangen hätten, wie jener. Aber dessen ungeachtet beobachtete K. in einer Angelegenheit, welche für Aribo von dem höchsten Interesse war, in seinem Streite mit Bischof Godehard von Hildesheim um die geistliche Jurisdiction über das Kloster Gandersheim eine möglichst unparteiische Haltung: da er den Wiederausbruch dieses fatalen schon unter Otto III. entstandenen und unter Heinrich II. fortgesetzten Konfliktes zwischen dem Erzstuhle von Mainz und der sächsischen Suffragankirche nicht hatte verhindern können, so war er von Anfang an bestrebt, ihn auf dem Wege Rechtens oder mindestens durch billigen Vergleich zum Austrag zu bringen, und wenn er im weiteren Verlaufe des Processes, der bekanntlich mit der Niederlage Aribos endete, trotzalledem eine gewisse Parteilichkeit beging, so kam sie dem Hildesheimer zu Gute, aber nicht dem Mainzer. Für die öffentliche Rechtsordnung gab es um die Zeit, wo der Gandersheimer Streit die Gemüther noch sehr bewegte und keineswegs definitiv zu Ungunsten Aribo’s entschieden war, keine wichtigere Frage als die der Succession im Reiche und auch diese löste Kaiser K. mit der ihm eigenen Sicherheit: auf einem großen vermuthlich auch von Italienern besuchten Reichstage zu Aachen Ostern 1028 (14. April) traten die Fürsten zur Königswahl zusammen und wählten unter Zustimmung der umstehenden Volksmasse den Sohn des Kaisers, den jugendlichen Herzog Heinrich von Baiern seiner früher erfolgten Designation entsprechend zum Könige, worauf Salbung und Krönung sofort erfolgten. Bald darnach muß der Kaiser sich dazu verstanden haben Ernst von Schwaben zu begnadigen, ihm die Freiheit und sein Herzogthum zurückzugeben: ein urkundliches Zeugniß vom 1. Juli des J. 1028 macht diese Annahme nöthig. Es verging jedoch nur kurze Zeit, so war, wie es scheint in Folge des Einflusses, den der schon erwähnte und von K. selbst energisch bekämpfte Graf Werner vom Thurgau auf den jungen Herzog ausübte, der Friede zwischen dem Kaiser und seinem ebenso unruhigen wie erbitterten Stiefsohne wieder gestört und aus dem Verlangen des Kaisers, daß Ernst in seiner Eigenschaft als Herzog von Schwaben die Reichsacht gegen Werner vollstrecken sollte, entwickelte sich rapide die kriegerische Katastrophe, in der jener am 17. August 1030 zu Grunde ging. Der Kaiser soll die Kunde von dem Ende des unglücklichen Ernst mit unverhohlener Befriedigung vernommen haben, es war für ihn auch aus dem Grunde ein bedeutender Vortheil, weil er nunmehr unbehindert durch Widersacher des Reiches auswärtige Unternehmungen fortsetzen konnte, die ihn schon seit einigen Jahren beschäftigten und ihn persönlich wie die Kräfte des Reiches in hohem Grade anstrengten. Da war zuerst ein Krieg mit Mesko von Polen, [549] ein Kampf zur Vertheidigung der östlichen Marken Sachsens, welche der Pole wahrscheinlich im Frühjahr 1028 überfallen und barbarisch verwüstet hatte. Im folgenden Jahre ging der Kaiser zum Angriff über: während ein böhmisches Heer unter dem jugendlichen Bretislav, dem Sohne des Herzogs Udalrich, die Polen aus Mähren vertrieb, drang jener in die Lausitz ein, offenbar in der Absicht um sich weiter östlich, etwa in Schlesien, mit den Böhmen zu vereinigen. Aber Hindernisse, welche die Deutschen nicht zu bewältigen vermochten, namentlich wie es scheint Terrainschwierigkeiten geboten schon nach kurzem Vormarsche Halt; der Kaiser trat den Rückzug an und hatte nicht einmal die Genugthuung mit der Belagerung von Bautzen, die er dann noch unternahm, zum Ziele zu kommen. Erfolglos und ruhmlos endete diese seine erste Waffenthat auf dem deutsch-slavischen Grenzgebiete; was Wunder, wenn die Kühnheit des Feindes sich noch steigerte? Im Januar 1030 überschritt Mesko, dieses Mal von deutschen Ueberläufern unterstützt, wiederum die Grenze und brachte neues Elend über das seinen wilden Horden schutzlos preisgegebene Land zwischen Elbe und Saale. Erst ein Feldzug, den der Kaiser im September 1030 mit einem kleinen aus Sachsen gebildeten Heere unternahm, verhalf ihm zum Siege. In dem nun folgenden Friedensschlusse nöthigte er den Polen sogar das von seinem Vater lehenweise erworbene Reichsgebiet, die beiden Lausitzen, wiederabzutreten, und andere Ereignisse, wie namentlich ein Thronstreit mit seinem Bruder Otto Bezprim, der im J. 1031 die Herrschaft über Polen mit russischer Hülfe an sich riß, ferner die fortdauernde Feindseligkeit mit Böhmen reducirten den jüngst noch so gefährlichen Widersacher zu vollständiger Ohnmacht, während sie den Triumph des Kaisers vergrößerten. Als Mesko nach kurzer und unrühmlicher Wiederherstellung im J. 1034 starb, verfiel das polnische Reich einer wilden Anarchie und Kasimir, der Sohn Meskos und einer deutschen Fürstin aus dem Hause der Ottonen, behauptete sich als Prätendent auf Polen nur dadurch, daß er nach Deutschland flüchtete und sich unter den Schutz des Kaisers begab. Mit anderen slavischen Völkerschaften, welche zum deutschen Reiche gehörten oder im Machtgebiete desselben lagen, hatte der Kaiser ähnliche Kämpfe zu bestehen wie mit Polen und bestand sie mit ähnlichem Erfolge. In einem Feldzuge gegen den abtrünnigen Bretislav von Böhmen (1033 oder Anfang 1034) begründete Heinrich III. seinen Kriegsruhm und die Unterwürfigkeit, womit Bretislav im J. 1035 als Nachfolger seines Vaters, des durch und durch illoyalen Herzogs Udalrich, die Belehnung mit dem Herzogthume nachsuchte, war für die böhmische Politik überhaupt maßgebend, so lange K. lebte. Ferner gelang es ihm die heidnischen, aber früher tributpflichtigen Liutizen, welche mit ihren sächsischen Nachbarn von Neuem heftig verfeindet die deutsche Nordostgrenze schwer bedrohten, wieder zu unterwerfen. Der Krieg, den K. zu diesem Zwecke namentlich im J. 1035 führte, war allerdings besonders blutig, aber der Erfolg war durchschlagend: die Liutizen erkauften den Frieden mit großen Geldsummen, und die Welt vernahm mit großer Bewunderung, wie die Tapferkeit des Kaisers sich einmal wieder glänzend bewährt, wie er unter schweren Strapazen mitgefochten und zur Vergeltung für Ausbrüche des heidnischen Religionshasses kriegsgefangene Feinde hatte tödten lassen. Während des polnischen Krieges kam es zwischen Baiern und Ungarn zu Feindseligkeiten, aus denen bald ein Krieg zwischen den beiden Herrschern, Kaiser K. und König Stephan hervorging: nachdem die baierische Ostmark (Oesterreich) unter Ueberfällen der Ungarn wiederholt schwer gelitten, zog der Kaiser im Sommer des J. 1030 wider König Stephan ins Feld, indessen nur sich selbst zum Schaden und zum Nachtheile für das Reich: wie bei der Invasion der Lausitz, so mußte er auch bei seinem Marsche durch Ungarn den Rückzug antreten, ehe irgend ein erheblicher Vortheil [550] erzielt war; bei der Verfolgung besetzten die Ungarn Wien und nach dem Friedensvertrage, den König Heinrich III. zunächst eigenmächtig, ohne Vorwissen des Kaisers abschloß, verblieb ein weiter östlich gelegener Landstrich zu beiden Seiten der Donau den Ungarn – gewiß ein unbefriedigendes Resultat, eine empfindliche Niederlage recht eigentlich des Kaisers persönlich und als solche das Widerspiel zu den Erfolgen, die er in seinen Kämpfen mit den slavischen Fürsten und Völkern davontrug. Desto mehr entsprach diesen der Ruhm, welchen er sich durch die Eroberung Burgunds erwarb. In Betreff der Frage, wer nach dem Tode des kinderlosen Rudolf III. König von Burgund werden sollte, war Kaiser K. der Ansicht, daß die von seinem Vorgänger Heinrich II. als Neffen des Königs erworbenen Successionsrechte keinen blos persönlichen oder privatrechtlichen Titel bildeten, sondern für das Reich als solches erworben waren, oder anders ausgedrückt, daß der Nachfolger Heinrichs II. im Kaiserreiche zugleich und ohne Weiteres der alleinberechtigte Erbe der burgundischen Krone sei. Auch war es ihm gelungen diesen Grundsatz bei dem Könige von Burgund selbst zur Anerkennung zu bringen: nach einigem Widerstreben verstand sich Rudolf III. zu einem Successionsvertrage, der im J. 1027 zu Basel geschlossen wurde und nicht nur für K., sondern auch für Heinrich III., den Sohn des Kaisers gültig sein sollte, und als der unter diesen Umständen hochwichtige Todesfall wirklich eintrat – König Rudolf starb am 6. Septbr. 1032 – da war der Bote, der dem Kaiser das Ereigniß zu melden hatte, zugleich Ueberbringer der Reichsinsignien. Gegen den Uebergang der burgundischen Krone auf das deutsche Kaiserhaus erhob sich nun aber ein mächtiger Vasall der französischen Krone, Graf Odo von Champagne, mit allem Nachdruck: ein Schwestersohn des verstorbenen Königs betrachtete er sich als den rechten Erben und da innerhalb des burgundischen Adels eine große Partei ebenso dachte, da es Odo überdieß mit Hülfe derselben gelang, einen bedeutenden Theil des Landes sofort nach dem Tode des Königs zu besetzen, so war der Krieg unvermeidlich, der Kaiser mußte zu den Waffen greifen, um König von Burgund zu werden. Und nach drei Feldzügen, die allerdings mit monatelangen Unterbrechungen die Zeit von Anfang 1033 bis in den Hochsommer 1034 ausfüllten, ist er in der That zum Ziele gekommen. Während sein Widersacher Odo überall zurückgedrängt und sogar im Besitze seiner französischen Gebiete, namentlich der Champagne bedroht, den Kampf einstellen mußte, ohne auch nur eine Entschädigung für seine Ansprüche errungen zu haben, nahm K. von dem burgundischen Reiche in aller Form Rechtens Besitz. Auf den Akt der Wahl und der Krönung zu Peterlingen 2. Februar 1033 folgte sehr bald ein Huldigungslandtag in Zürich und am 1. August 1034 ein zweiter zu Genf, wo auch die Häupter der bisherigen französischen Partei, wie Erzbischof Burchard von Lyon, ein Bastard des verstorbenen Königs, Graf Gerold von Genf und viele andere erschienen um sich dem neuen deutschen Herrscher zu unterwerfen, und wenn die Treuverpflichtungen, die hier von Seiten der Burgunder gegen den Kaiser übernommen wurden, nicht ihm allein, sondern ausdrücklich auch dem Sohne und Nachfolger desselben galten, so nahm jener doch einige Jahre später Veranlassung, das besondere Recht Heinrichs III. auf die Regierung von Burgund noch ein Mal feierlich zu sanctioniren: auf einem Reichstage zu Solothurn im September 1038 tradirte er ihm das burgundische Reich unter Zustimmung der zahlreich versammelten Großen und unter dem Jubel der Volksmenge, welche den König als Mitregenten des Kaisers feierte. Als solcher ist Heinrich III. auch für das deutsche Reich bezeugt und obwohl diese Mitregentschaft in manchen Fällen eine nur nominelle war, so hatte sie doch in anderen praktische Bedeutung derart, daß sie als eine Beschränkung der kaiserlichen Alleinherrschaft erscheint, wie bei jenem entscheidenden, aber dem Kaiser anfangs [551] verborgenen Antheil des jungen Königs an dem Friedensschluß mit Ungarn. Ein Seitenstück hierzu ist ein Eid, den Heinrich III. wiederum ohne Vorwissen des Vaters dem Herzog Adalbero von Kärnthen leistete, als dieser mit dem Kaiser von Neuem in Spannung gerieth und einen Gewaltakt glaubte befürchten zu müssen: da ließ er sich von Heinrich III. die Zusage geben und beschwören, ihn nie an seinen Besitzungen schädigen zu wollen, es wäre denn, daß er sie durch Richterspruch verloren hätte. In der That, nicht lange darauf kam es zwischen Kaiser und Herzog zu einem offenen Bruche und auf einem Reichstage zu Bamberg (Mai 1035) berief jener ein Gericht von Fürsten um Adalbero den Proceß zu machen: er klagte ihn des Hochverrathes an, er forderte, daß Adalbero zum Verluste seines Herzogthums verurtheilt würde. Aber König Heinrich, dessen Anwesenheit und Urtheil die Fürsten im Voraus ausdrücklich verlangt hatten, verschwor sich hoch und theuer, daß es ihm unmöglich wäre zu thun, was der Kaiser verlangte; er blieb auch noch fest, so lange der Vater es ihm gegenüber bei Bitten, Mahnungen, Drohungen bewenden ließ und erst nachdem der Kaiser aufgeregt und erschöpft wie er war, sich soweit herabgelassen hatte, daß er den Sohn fußfällig und unter Thränen anflehte ihm zu willfahren, gab jener seinen Schützling preis. Jetzt erfuhr der Kaiser von dem heimlich geleisteten Eide, nun setzte er auch die Verurtheilung Adalberos durch und gab ihm im Herzogthum seinen Vetter Konrad von Worms zum Nachfolger, während die Mark von Kärnthen, die spätere Steiermark, auf den Grafen Arnold von Lambach überging. In dieser Epoche wurden außerdem die Bemühungen des Kaisers seinen Sohn angemessen zu vermählen mit Erfolg gekrönt: nachdem er vergeblich versucht hatte, eine byzantinische Prinzessin für ihn zu werben, wandte er sich an König Kanut von England, mit dem ihn enge, durch Erzbischof Unwan von Hamburg vermittelte Freundschaft verband und gewann dessen Tochter Gunhild um den Preis einer politisch bedeutsamen Gegenleistung. Während K. dem Dänenkönige die Mark von Schleswig überließ und damit das Reich im Norden auf den Stand vor König Heinrich I. ruhmwürdigen Angedenkens, auf die alte Eidergrenze zurückbrachte, wurde Gunhild unter dem deutschen Namen Kunigunde Ende Juni 1036 Gemahlin Heinrichs III., der nunmehr am Hofe und meistens auch im Rathe des Kaisers die erste Stelle einnahm, und je besser ihr Einvernehmen wurde, um so weniger von seiner Seite wich. Unter den Laienfürsten war zunächst dem Kaisersohne ein ehemaliger Widersacher Konrads II., Gozelo von Niederlothringen, weitaus am mächtigsten: als mit Herzog Friedrich von Oberlothringen das Haus desselben im Mannsstamme ausstarb (1032), belehnte der Kaiser Gozelo mit dem oberen Herzogthum und hatte diesen kühnen Schritt, der eben so sehr von Vertrauen wie von Achtung zeugte, nicht zu bereuen, Gozelo’s Verhalten war solange der Kaiser lebte, durchaus reichstreu. Die geistlichen Großen, welche von dem Kaiser befördert wurden oder auf die Regierung Einfluß hatten, waren zum Theil strenge Asceten, wie Godehard von Hildesheim, Bardo von Mainz, Becelin von Hamburg, Bruno von Toul, während allerdings andere ebenfalls hochangesehene Kirchenfürsten, wie namentlich Meinwerk von Paderborn und Hermann II. von Köln eine ausgeprägt weltgeistliche Richtung vertraten. Auch zu den Bestrebungen, welche von Cluny ausgingen um das Mönchthum zu reformiren, es strenger zu discipliniren, stand der Kaiser günstig: die hervorragendsten unter den eifrig reformatorischen Aebten Lothringens, Poppo von Stablo und Richard von S. Vannes, waren direct in kaiserlichem Auftrage thätig, die Ausbreitung der Reform auf große und alte Klöster im Inneren des Reiches, wie St. Gallen, Weißenburg, Hersfeld beruhte recht eigentlich auf Anordnung des Kaisers. Andererseits ist nicht zu verkennen: öfters verfuhr K. bei Besetzung der hohen geistlichen Aemter nach rein weltlichen Gesichtspunkten; [552] mit Vorliebe und mit einer gewissen Planmäßigkeit beförderte er Verwandte, die dem geistlichen Stande angehörten; seinen Stiefbruder Gebehard, den er im J. 1036 zum Bischof von Regensburg erhob, hatte er sogar gezwungen Kleriker zu werden und wenn er zu Anfang seiner Regierung nach einem schweren Falle von Simonie das Gelübde ablegte, sich dieses Mißbrauches nie wieder schuldig machen zu wollen, so haben wir doch Grund anzunehmen, daß er trotzdem wiederholt rückfällig wurde. K. hatte überhaupt nicht den Ehrgeiz in dem Sinne als kirchlicher Reformator aufzutreten und glänzen zu wollen, wie dies zuletzt bei seinem Vorgänger Heinrich II. oder nach ihm bei seinem Sohne Heinrich III. der Fall war; er suchte und fand seinen Ruhm vielmehr auf dem Gebiete des weltlichen Reiches und Rechtes, sei es durch Akte der Verwaltung, bestimmt Mißbräuche abzustellen, wie Kaufgeschäfte über unfreie Leute, die einer bischöflichen Kirche (Verden) gehört hatten, sei es legislativ durch Bestätigung des alten Volksrechtes der Sachsen und durch eine neue Ordnung des Lehnswesens vornehmlich in Italien. Hier, wo innerhalb der feudalen Gesellschaft zwei große Klassen oder Stände, Kapitane und Valvassoren, sich scharf, ja feindlich gesondert hatten und wo unter Parteinahme großer Reichsvasallen, wie des Erzbischofs Aribert von Mailand für die Capitane heftige Kämpfe ausgebrochen, wahrhaft anarchische Zustände eingetreten waren, wartete seiner die Aufgabe als höchste richterliche Instanz einzuschreiten; es galt zur Beendigung der Interessenkämpfe eine feste Rechtsordnung herbeizuführen und soweit es dabei auf den Mittelstand, auf die bisher siegreichen Valvassoren ankam, erreichte der Kaiser diesen Zweck in der That, als er Ende des J. 1036 zum zweiten Male mit Heeresmacht nach Italien zog. Die berühmte Lehensconstitution Konrads vom 20. Mai 1037 mit ihren Verfügungen über die Erblichkeit aller Lehen, über den Gerichtsstand der Valvassoren wurde von den Interessenten den versöhnlichen Absichten des Gesetzgebers entsprechend aufgenommen und wurde so für den Kaiser selbst ein großer politischer Erfolg, eine Quelle der Macht und des Ansehens vornehmlich unter dem Stande der niederen Vasallen, der früher mehrfach antikaiserlichen Bestrebungen zur Stütze gedient hatte. Aber ganz anders entwickelte sich das Verhältniß des Kaisers zu einem Theile des höheren Adels, eben demjenigen, der in dem vorausgegangenen Kampfe mit den Valvassoren unterlegen war, eine Feldschlacht gegen sie verloren hatte; speciell mit Aribert von Mailand, seinem ersten Anhänger auf italienischem Boden und zuletzt noch hülfreichen Gefährten in dem Kriege um Burgund gerieth K. schon bald nach seiner Ankunft in schwere Konflikte, weil der stolze Prälat bei einer Untersuchung über die Ursachen des Aufstandes sich dem gemeinen Rechte nicht beugen, sondern als Pair des Kaisers und wie von Macht zu Macht unterhandeln wollte. Solche hierarchische Prätensionen waren nun aber in den Augen des Kaisers Hochverrath, ein Majestätsverbrechen und schon hatte er den Erzbischof zur Haft gebracht um ihm den Proceß zu machen, da gelang es jenem zu entkommen: er flüchtete sich in seine Hauptstadt Mailand, eine starke Feste, wo die gesammte Bevölkerung, Adel und Bürger, Klerus und Laien ihm derart ergeben war, daß er sofort zu den Waffen greifen, die Empörung gegen den Kaiser bis zum Aeußersten treiben konnte. Es entbrannte denn auch ein förmlicher Krieg um Mailand und der Verlauf desselben war für den Kaiser, der ihn im Mai 1037 mit einem energischen Angriffe auf die Stadt eröffnete, zunächst keineswegs günstig, weder militärisch noch politisch. Mailands vermochte er so wenig Herr zu werden, daß er die Belagerung schon im Juni wieder aufhob; seitdem beschränkte er sich darauf das Mailändische Gebiet durch seine Anhänger von Zeit zu Zeit verheeren zu lassen. Und was Aribert selbst betrifft, so wurde er je länger er sich behauptete, um so mehr ein Rebell in großem Stil, das [553] Haupt einer großen antikaiserlichen Parteibewegung. Denn nicht nur, daß italienische Fürsten und Prälaten wie die Bischöfe von Vercelli, Cremona, Piacenza zu ihm übergingen, auch auf französische Hülfe durfte er rechnen: Odo von Champagne, der in Burgund besiegte Rivale des Kaisers, trat mit ihm in Verbindung und machte gegen Zusicherung der Kaiserkrone im Interesse Ariberts und seiner Mitverschworenen einen Angriff auf Lothringen. Indessen, wie vor dreizehn Jahren die erste italienisch-französische Coalition gegen K. an einer Verkettung widriger Umstände gescheitert war, so sollte auch die neue zum Sturze des Kaisers geplante Unternehmung erfolglos bleiben, sie sollte sogar zum Verderben ihrer Urheber ausschlagen. Während der Kaiser durch einen glücklichen Zufall von den geheimen Verhandlungen seiner Feinde rechtzeitig Kunde erhielt und so in der Lage war, jene drei lombardischen Bischöfe zu verhaften und als Hochverräther zu bestrafen, ehe sie zu den Waffen greifen konnten, wurde Lothringen von Herzog Gozelo und seinem Sohne Gotfried erfolgreich vertheidigt: in dem Treffen bei Bar (15. Novbr. 1037) verlor Odo nicht nur die Schlacht, sondern auch das Leben und nun stand Aribert mit seinen Mailändern allein, nun konnte der Kaiser, indem der Krieg sich endgültig um Mailand lokalisirte, die Fortsetzung desselben mit Ruhe den zahlreichen ihm treugebliebenen Fürsten des nördlichen Italiens überlassen. Er selbst zog, Rom dieses Mal bei Seite lassend, nach dem Süden des Landes, und nachdem er hier den Fürsten Pandulf II. von Capua als gemeinschädlichen Unruhestifter beseitigt, dagegen den besseren Elementen, dem Fürsten Waimar von Salerno, den Normannen von Aversa, zu größerer Macht verholfen und in Montecasino einen Mönch deutscher Herkunft, den Baier Richer, als Abt eingesetzt hatte (Mitte Mai 1038), kehrte er längs der Küste des adriatischen Meeres nach Deutschland zurück. Unterwegs starben zwei seiner nächsten Angehörigen, die Königin Gunhild-Kunigunde, die Gemahlin seines Sohnes Heinrich, und sein Stiefsohn Herzog Hermann von Schwaben; wie viele minder Vornehme, so erlagen auch sie einer Seuche, welche befördert von der heißen Jahreszeit im kaiserlichen Heere wüthete, ehe man das gesundere, weit kühlere Gebiet der Alpen erreicht hatte. Der Kaiser selbst blieb verschont und entfaltete in der nächsten Zeit eine bedeutende Thätigkeit: über Schwaben, wo er das Herzogthum seinem Sohne Heinrich übertrug, zog er nach Burgund um zu Solothurn im September 1038 jenen wichtigen Reichstag zu halten, dessen schon gedacht wurde, und dann hielt er in rascher Folge ähnliche Versammlungen deutscher Prälaten und Laienfürsten in Straßburg, Limburg a. d. Hardt, Goslar. Aber seine Gesundheit war im Grunde erschüttert: ein Gichtanfall, der ihn in Nymwegen zu Anfang des Jahres 1039 betraf, lähmte ihn monatelang und als er kaum wiederhergestellt, zur Pfingstfeier (3. Juni) nach Utrecht kam, erkrankte er so schwer, daß er nach kurzem, aber schmerzhaftem Leiden schon am 4. Juni starb. Die Kaiserin Gisela, König Heinrich und viele Bischöfe waren bei seinem Ende zugegen, sie führten die Leiche in feierlichem Zuge nach Speier, wo sie in dem Neubau der Kathedrale von S. Marien, den der verstorbene Kaiser begonnen, aber nicht vollendet hatte, die letzte Ruhestätte fand. Um den Nachruhm dieses hochbefähigten, kraftvoll waltenden und dem Reiche viel zu früh entrissenen Regenten machte sich ein unmittelbarer und vorzüglich unterrichteter Zeitgenosse, der kaiserliche Capellan Wipo besonders verdient: ihm, dem fruchtbaren Hofpoeten Konrads II., dem Erzieher und Lobredner Heinrichs III. verdanken wir eine Lebensbeschreibung des Kaisers so inhaltsreich und so geschmackvoll in der Form, daß sie den Vergleich mit dem Werke Einharts über Karl den Großen nicht zu scheuen braucht. Ihrer stofflichen Grundlage nach sind freilich Wipos Gesta Chuonradi imperatoris, geschrieben unter und für Heinrich III., nicht so original wie sie zu sein scheinen; große Abschnitte sind abgeleitet aus [554] Annalen, welche noch bei Lebzeiten Konrads II. in einem schwäbischen Kloster begonnen wurden und einen ausgeprägt reichsgeschichtlichen Charakter trugen: als selbständiges Werk verloren sind sie im Großen und Ganzen rekonstruirbar, weil außer Wipo noch andere Autoren der Zeit davon Gebrauch machten, so namentlich Hermann von Reichenau und ein anonymer Annalist von St. Gallen. Auch ein gleichzeitiges sächsisches Annalenwerk, welches gleichfalls nur in jüngeren Ableitungen vorliegt und vielleicht den verlorenen schwäbischen Reichsannalen als Quelle diente, die größeren Annalen von Hildesheim sind für die Geschichte Konrads II. sehr ausgiebig; in Verbindung mit den Akten und Urkunden des Herrschers (s. Breßlau, Die Kanzlei Kaiser Konrads II., Berlin 1869) bilden sie und die oberdeutsche Gruppe den Grundstock der Ueberlieferung. In neuerer Zeit haben mehrere hervorragende Autoren, wie S. Fr. Hahn, Mascov, Stenzel und Giesebrecht das Leben des Kaisers kritisch untersucht und im Zusammenhang mit der Reichsgeschichte dargestellt; speciell gelten ihm Fr. Hahn, Oratio de genuino ac Salico Chonradi II imperatoris augusti ortu. Helmstadii 1717. Leben und Regierungsgeschichte Kaiser Konrads des Saliers, Leipzig 1794 (anonym). E. A. Schmidt, De fontibus historiae Conradi Salici eiusque temporis indole (Dissert. Berolin. 1824). H. Breßlau, Jahrbücher des deutschen Reichs unter Konrad II., 1. Leipzig 1879.