ADB:Heinrich III. (römisch-deutscher König)
Konrads II. und der Kaiserin Gisela, einer Tochter des Herzogs Hermann II. von Schwaben. Gisela war, ehe sie Konrads Gemahlin wurde, schon zwei Mal vermählt gewesen: zuerst mit einem sächsischen Großen, mit dem Grafen Bruno von Braunschweig, und in zweiter Ehe mit Herzog Ernst I. von Schwaben. Jenem gebar sie einen Sohn Namens Liudolf, diesem zwei Söhne, die ihrem Vater nach einander im Herzogthum von Schwaben folgten, Ernst II. und Hermann IV. Giselas dritter Ehe mit Konrad entstammten außer dem Sohne H. zwei Töchter: Beatrix, welche wahrscheinlich als Nonne in Quedlinburg endete, und Mathilde, gestorben 1034 noch sehr jung als Braut des Königs Heinrich I. von Frankreich.
Heinrich III., römischer Kaiser aus dem fränkischen Hause, geboren am 28. October 1017, gestorben am 5. October 1056, war der einzige Sohn KaiserAls H. 1017 am Tage von St. Simon und Judas zur Welt kam, waren für ihn die Aussichten auf eine bedeutende Zukunft keineswegs günstig. Denn Graf Konrad, obgleich wegen seiner fürstlichen Herkunft und seiner Tüchtigkeit namentlich in der Waffenführung hochgeachtet, gehörte damals zu den [385] mindermächtigen Großen des Reiches. Sein väterliches Erbe, am Mittelrhein in den Gauen von Speier und Worms gelegen, war geringfügig verglichen mit den Herrschaften anderer, auch nahe verwandter Fürsten, und Einfluß am Hofe Kaiser Heinrichs II. und auf die Regierung des Reiches fehlte ihm durchaus. Die Vermählung mit Gisela, von einem Theile der Geistlichkeit als uncanonisch angefochten, verfeindete Konrad auch mit dem Kaiser; während der Kindheit des Sohnes, der aus dieser Ehe entsproß, ist der Vater sogar eine Zeit lang aus dem Reiche verbannt gewesen. Was war da für jenen noch zu hoffen? Aber der Kaiser begnadigte den Verbannten und als nach dem Tode Heinrichs II. (gest. 13. Juli 1024) die Großen des Reiches sich zur Wahl eines Nachfolgers versammelten, da vollzog sich in Konrads Lebensschicksalen ein noch größerer Umschwung: die überwiegende Mehrzahl der Fürsten erklärte ihn für den Würdigsten nach Heinrich II. das Reich zu regieren und wählte ihn zum König. Am 8. September wurde Konrad in Mainz gekrönt, am 21. September empfing auch Gisela die Krone, und zu Anfang des J. 1026, als jener sich anschickte über die Alpen zu ziehen und sich die Krone von Italien und das Kaiserthum zu erkämpfen, designirte er H. auf Verlangen der Fürsten zu seinem Nachfolger, – so bald und so mächtig griff die neue Wendung der Dinge auch in dessen junges Leben ein.
H. blieb nun in Deutschland zurück unter der vormundschaftlichen Pflege des Bischofs Bruno von Augsburg; dieser hatte den abwesenden Herrscher überhaupt zu vertreten, aber nachdem er durch eine Fehde mit dem schwäbischen Grafen Welf, wie durch einen Aufstand des Herzogs Ernst II. von Schwaben schwer bedrängt worden war, begab auch er sich mit seinem Zögling nach Italien. So geschah es, daß H. zum ersten Male nach Rom kam und Zeuge wurde des Triumphes, den sein Vater in der Kaiserkrönung feierte (26. März 1027). Heimgekehrt trat H. in besonders nahe Beziehungen zum baierischen Volksstamm. Das Herzogthum von Baiern, erledigt durch den Tod Heinrichs V. aus dem Hause Luxemburg, ging Ende Juni 1027 auf ihn über, und fünfzehn Jahre lang hat er es verwaltet. Mit der herzoglichen Würde verband H. bald die königliche durch den Krönungsact, welchen Erzbischof Piligrim von Köln am 11. April (Ostern) 1028 zu Aachen an ihm vollzog, und der Kaiser bemühte sich schon damals, seinen Sohn ebenbürtig zu vermählen. Durch eine Gesandtschaft, welche Bischof Werner von Straßburg nach Constantinopel geleitete, ließ er für H. um eine von den Töchtern des Kaisers Constantin VIII. werben, und wenn diese wenig glückliche Nachahmung der Ottonischen Kaiserpolitik resultatlos blieb, so war der Grund davon nicht sowol Abneigung gegen das fremdartige griechische Wesen, als vielmehr das Ueberraschende eines Thronwechsels, der in Constantinopel eintrat. Auf die Erziehung und geistige Ausbildung des jungen Königs gewann bedeutenden Einfluß seine Mutter, die Kaiserin Gisela, eine ungemein willensstarke, kluge und den Culturbestrebungen der Zeit verständnißvoll zugethane Frau. Sie weckte in ihm den Sinn für geistliche Gelehrsamkeit: bei einem Besuche, den sie 1027 dem Kloster St. Gallen abstattete und durch reges Interesse für die Werke Notkers des Deutschen denkwürdig machte, war sie von H. begleitet, und auf sie wird es zurückgeführt, wenn er nicht blos Rechtskunde im Allgemeinen erwarb, sondern das geschriebene Recht der einzelnen Reiche kennen lernte. Ein Günstling und Bewunderer Gisela’s, der Capellan Wipo, machte H. mit einigen Grundsätzen christlicher Regentenweisheit vertraut in einem System von hundert Denksprüchen, Proverbien in metrischer Form, welche die Elemente der christlichen Sittenlehre überhaupt enthalten und H. „dem Freunde Gottes“ gewidmet sind. In der Weltweisheit unterrichtete ihn Almerich, zubenannt Ursus, Mönch in einem Kloster zu Pavia [386] und vermuthlich ein Italiener, während Wipo wahrscheinlich Burgunder war. Die Oberleitung und politische Führung des Kaisersohnes behielt auch nach dessen Krönung Bischof Bruno von Augsburg, und als dieser am 6. April 1029 starb, folgte ihm Bischof Egilbert von Freising in dem Amte eines königlichen Vormunds oder Pflegers. Unter ihm reifte König H. zum Jüngling heran. Von Egilbert geleitet, lernte er nun die baierischen Verhältnisse aus dem Grunde kennen: die Burg Andechs soll ihm vorzugsweise als Residenz gedient haben, auch an der allgemeinen Reichsregierung gewann H. allmählich einen Antheil, der über die Grenzen von Baiern hinausging. Der im J. 1031 abgeschlossene Friedensvertrag zwischen dem deutschen Reiche und König Stephan von Ungarn, mit dem Kaiser Konrad 1030 erfolglos Krieg geführt hatte, war Heinrichs Werk: ohne Vorwissen des Kaisers hatte er Stephans Friedensgesuch angenommen, dann ging er selbst nach Ungarn und brachte die Verhandlungen, wie es scheint, allerdings nur gegen das Opfer einer Gebietsabtretung zum Abschluß. Ende des J. 1032 begann der burgundische Erb- und Nachfolgekrieg und gleich den ersten, nur theilweise erfolgreichen Feldzug Konrads II. in dem rauhen Winter 1032 auf 1033 machte König H. mit. Die Huldigung, welche eine kaiserlich gesinnte Partei der burgundischen Großen in Zürich leistete, galt ausdrücklich auch ihm. Unruhen und Empörungen, welche ungefähr gleichzeitig im slavischen Osten ausbrachen, namentlich ein Aufstand des jungen, hochstrebenden Herzogs Bretislav von Böhmen, riefen H. dorthin und jetzt zum ersten Male bewährte er sich als Heerführer: Bretislav, von ihm besiegt, unterwarf sich wieder dem Kaiser. Man sieht, wie vielseitig und zweckmäßig sich die Vorbildung König Heinrichs gestaltete: mit gelehrten Studien und religiösen Einwirkungen gingen Hand in Hand Uebungen in den Waffen und in der Heerführung, Erfahrungen in den Regierungsgeschäften. Schon zeigten sich auch Spuren eigenartiger Entwickelung, Merkmale von Selbständigkeit des Urtheils und von Eigenwillen, namentlich in dem Verhältnisse des Sohnes zum Vater, des Königs zum Kaiser. Der Eigenmächtigkeit, womit H. bei den deutsch-ungarischen Friedensverhandlungen verfuhr, wurde bereits gedacht: gedeckt durch eine Berathung mit Reichsfürsten ging sie anscheinend spurlos vorüber. Gefährlicher verlief eine andere Begebenheit ähnlicher Art. Den Anlaß gaben Zerwürfnisse zwischen dem Kaiser und seinem Schwager Adalbero, dem mächtigen Herzog von Kärnthen. Mit tiefem Mißtrauen standen sie sich gegenüber. War der Kaiser überzeugt, daß Adalbero auf Empörung und Hochverrath sann, so fürchtete dieser einem kaiserlichen Willküracte zum Opfer zu fallen und trat, um sich einigermaßen dagegen zu sichern, mit H. heimlich in Verbindung. Auf Antrieb des Bischofs Egilbert verpflichtete sich der König eidlich, den Herzog niemals an seinen Besitzungen zu schädigen, es wäre denn auf Grund eines Richterspruches. Pfingsten 1035 auf einer Reichsversammlung zu Bamberg ging der Kaiser in der That gegen Adalbero vor, er verlangte von den Fürsten dessen Absetzung und war aufs höchste entrüstet, als König H. nicht die Hand dazu bieten wollte. Es kam zu einer heftigen Familienscene. Fußfällig hat Kaiser Konrad seinen Sohn gebeten, ihm zu Willen zu sein und erst darnach gab H. seinen Widerspruch auf: er bekannte sich offen zu dem geheimen Einverständniß mit Adalbero und ließ dem Processe freien Lauf, während Bischof Egilbert, der zwei Jahre zuvor wegen seiner Verdienste um die Erziehung des Königs von dem Kaiser große Gnadengeschenke empfangen hatte, jetzt von der Ungnade des Herrschers betroffen wurde. Später, bei der zweiten italienischen Heerfahrt des Kaisers (1037–1038), führten die Gewaltmaßregeln, welche er in seinem Kampfe mit den rebellischen Bischöfen des nördlichen Italiens, namentlich mit Erzbischof Aribert von Mailand, ergriff, noch ein Mal zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und [387] seinem Sohne. H. nahm gleich vielen Anderen Anstoß daran, daß der Kaiser die verhafteten Bischöfe nicht erst vor Gericht stellte, sondern ohne Weiteres, blos aus eigener Machtvollkommenheit, ins Exil schickte. Dieses Verfahren hielt H. für unrecht, er mißbilligte es, aber nur heimlich, im Kreise der nächsten Vertrauten, der Kaiser erfuhr nichts davon. Ueberhaupt wurde das gute Einvernehmen, wenn ein Mal gestört, leicht wieder hergestellt; tiefgehende Entzweiungen, wie sie in der Geschichte Heinrichs IV. zwischen ihm und seinen Söhnen vorkamen, rissen unter Konrad II. und H. III. nicht ein und die urkundliche Formel von der Mitregentschaft des Königs war meistens thatsächlich begründet.
Mittlerweile wurde aus dem Plane, König H. zu vermählen, Ernst gemacht, indessen nicht eine Griechin, sondern eine Fürstin nordischer, angelsächsisch-dänischer Herkunft wurde seine Gemahlin: Gunhild, Tochter König Knuts des Großen aus seiner Ehe mit Emma von England. Auf jenem denkwürdigen Bamberger Tage, Pfingsten 1035, fand die Verlobung statt, Ende Juni 1036 in Nymwegen die Vermählung, wobei der nationale Name der jungen Königin amtlich in den deutschen Namen Kunigunde umgewandelt wurde. Spätestens zu Anfang 1038 gebar sie eine Tochter, Beatrix, seit 1045 Aebtissin von Quedlinburg, und schon im Sommer 1038 löste der Tod der jungen Königin die Ehe nach nur zweijährigem Bestande: mit ihrem Gemahle dem Kaiser nach Italien folgend, starb Gunhild-Kunigunde am 18. Juni, sie erlag derselben Pest, welche das deutsche Heer auf dem Rückzuge befiel und so viele der Edelsten dahinraffte. Der König bestattete die Leiche seiner Gemahlin zu Limburg an der Hardt; dann begann für ihn sogleich eine neue Epoche energischer Regententhätigkeit. Zu den Opfern jener Pest gehörte auch Herzog Hermann IV. von Schwaben. Er starb am 18. Juli 1038 und das Herzogthum ging über auf seinen Stiefbruder, König H., so daß dieser nun schon als Herzog von Baiern und Schwaben unter den deutschen Laienfürsten einer der mächtigsten war. Der Kaiser steigerte aber die Macht seines Sohnes noch dadurch, daß er ihm im September 1038 zu Solothurn die Würde eines Königs der Burgunder übertrug. Höchst wahrscheinlich war damit auch Antheil an der Regierung des Reiches von Burgund verbunden. Und nun vergingen nur noch einige Monate, so erwarb H. die Alleinherrschaft im Gesammtreich, nachdem Kaiser Konrad II. am 4. Juni 1039 zu Utrecht in Mitten der Pfingstfestlichkeiten plötzlich gestorben war. In jugendlicher Kraft, noch nicht zweiundzwanzig Jahre alt, ergriff der König die Zügel der Regierung und führte sie fest und sicher. Auch widerstrebende Elemente des Reichsstaates wußte er nach und nach zu bezwingen und sich dienstbar zu machen. Wol hatte Gozelo, der Herzog beider Lothringen, einen Augenblick daran gedacht, dem neuen Herrscher die Huldigung zu verweigern, aber bei ruhiger Ueberlegung trennte er sich doch nicht von seinen lothringischen Mitfürsten; wie andere, so leistete auch er den Treueid. Auf Italien, wo die feindlichen Parteien der weltlichen Feudalherren und der bürgerfreundlichen Bischöfe noch immer Krieg mit einander führten, wirkte der Thronwechsel beruhigend ein. Die Feindseligkeiten wurden eingestellt, zu Augsburg hatte der König im Januar 1040 Besprechungen mit italienischen Großen, vornehmlich der kaiserlich gesinnten Fraction, und bald darauf im April sah er auch den sonst so stolzen Erzbischof Aribert von Mailand in demüthiger Haltung vor sich; da er Genugthuung leistete, gewährte ihm der König Wiederherstellung im Erzbisthum, welches der Kaiser ihm entzogen hatte, und Aribert bewahrte dann die neugelobte Treue bis an sein Lebensende (16. Januar 1045). Ueberhaupt waren es nur die Beziehungen zu Böhmen und Ungarn, die H. anfänglich Schwierigkeit bereiteten. Herzog Bretislav, kühner und kriegerischer als je, ersah sich die ersten Monate des neuen Regiments [388] in Deutschland als günstigsten Zeitpunkt zur Wiederaufnahme einer nationalen Eroberungspolitik und richtete sich diese auch nicht unmittelbar gegen das Kaiserreich, so war sie doch mit der herkömmlichen Lehnsabhängigkeit Böhmens vom deutschen Könige auf die Dauer nicht verträglich. Bretislav überfiel nämlich Polen, das damals tief zerrüttete Erbland des deutschfreundlichen, aber noch verjagten Herzogs Kasimir, er besetzte das heutige Schlesien, um es als altböhmische Besitzung seinem Staate von neuem einzuverleiben und entführte die Reliquien St. Adalberts, des vornehmsten Märtyrers böhmischer Nation von Gnesen nach Prag, woran sich der weitere Plan knüpfte, Böhmen auch kirchlich von Deutschland zu emancipiren, Prag aus einem Suffraganbisthum von Mainz in ein nationales Erzbisthum umzuwandeln. Während die römische Curie unter Papst Benedict IX. diesem Plane nicht abgeneigt schien, widersetzte sich H. den böhmischen Unabhängigkeitsbestrebungen mit aller Macht, indessen zunächst ohne Erfolg, da Bretislav ihm bei den ersten Zusammentreffen bedeutend überlegen war. Durch eine Unterwürfigkeit, die nur Trug war, getäuscht, gab der König einen schon vorbereiteten Feldzug wieder auf und als er, um sich für die ihm angethane Schmach zu rächen, im Hochsommer 1040 wirklich zum Angriff schritt, da erlitten er und diejenigen Abtheilungen des deutschen Heeres, welche er selbst führte, in den befestigten Schluchten des Böhmerwaldes am 22. und 23. August schwere Niederlagen, so daß auch eine sächsische Heerschaar, welche, ohne Widerstand zu finden, ins nördliche Böhmen eingedrungen war, sich unverrichteter Sache zurückziehen mußte. Erst im nächsten Jahre, im Sommer 1041, wo der König den Angriff auf Böhmen mit noch größerer Macht, überhaupt planmäßiger wiederholte, gewann er die Oberhand und nöthigte Bretislav Ende September zu einem Friedensvertrage, der ihm, dem Könige, große Vortheile gewährte: nämlich völlige Wiederherstellung der alten, aber nun neu und stärker verbürgten Oberherrschaft über Böhmen, Schutzherrlichkeit über Polen, wo sofort Herzog Kasimir wieder emporkam und als deutscher Vasall regierte, hoch gesteigertes Ansehen im ganzen Osten von Europa. Eine russische Gesandtschaft, welche H. Ende des J. 1042 in Goslar empfing, bezweckte nichts Geringeres, als ihn mit einer der Töchter des Großfürsten Jaroslaw zu vermählen und mißvergnügt kehrte sie heim, als sie eine abschlägige Antwort erhielt. Jetzt schien sich nur noch Ungarn dem Aufschwunge, den das deutsche Reich unter H. III. nahm, entgegenstellen zu wollen. Die alte nationale Feindschaft, von König Stephan und dessen christlicher Monarchie nur beschwichtigt, nicht aufgehoben, sollte noch ein Mal mächtig hervorbrechen. Es geschah dies schon in den kleinen Kämpfen, welche König Peter, Stephans Neffe und Nachfolger, durch seine offene Parteinahme für den böhmischen Aufstand hervorrief, und noch mehr, nachdem Peter zu Anfang des J. 1041 von dem Adel des Landes gestürzt und verjagt war, in dem Kriege, den Ovo, der neue einheimische Herrscher, mit einem verheerenden Einfall in die südöstlichen Marken des Reiches begann. Indessen bei aller Volksthümlichkeit und Verschlagenheit war Ovo einem Gegner wie König H. auf die Dauer nicht gewachsen. Nur Eins gelang ihm: die rasche Vernichtung eines deutschen Vasallenstaates, den der König nach dem Feldzuge von 1042 im nordwestlichen Ungarn errichtet hatte. Indessen schon während des zweiten Krieges, im Sommer 1043, war Ovos Kampflust bedeutend gesunken. Er erkaufte sich den Frieden unter anderem mit einer Gebietsabtretung, mit der Retrocession eben derselben deutschen Grenzlandschaften, welche H. früher des Friedens halber Stephan überließ, und jetzt, wo er selbst sie zurückerobert hatte, zur sog. Neumark von Oesterreich einrichtete, überhaupt die Germanisirung für immer sicherte. Beschwerden über mangelhafte Ausführung des Vertrages von 1043, verbunden mit einer neuen, Ovo feindlichen Parteibewegung im [389] Innern seines Reiches, hatten schon im nächsten Jahre König Heinrichs dritten ungarischen Feldzug zur Folge, für Ovo war es der Anfang vom Ende. An der Raab erfocht jener am 5. Juli 1044 mit einem kleinen, aber erlesenen Ritterheere einen seiner glänzendsten und berühmtesten Siege, während Ovo eine Niederlage erlitt, welche ihm nicht blos seine Heeresmacht, sondern in rascher Folge auch Krone und Leben kostete. H. unterzog sich nun der Aufgabe, das ungarische Staatswesen neu zu ordnen. Zu dem Ende veränderte er das Recht, nach dem die Ungarn lebten: auf ihre Bitten bewidmete er sie mit dem baierischen Recht, wie es in der einen, mit deutschen Rechtssatzungen, wie es unbestimmter in der anderen Hauptquelle heißt. Eine Rechtsübertragung hat stattgefunden, aber in welchem Umfange und in welchem Verhältnisse zu dem bisher geltenden, schon von König Stephan nach deutschen Vorbildern reformirten Rechte, das ist dunkel und viel bestritten und wird wol überhaupt nicht mehr sicher zu ermitteln sein. Ferner gab König H. dem ungarischen Reiche ein neues Oberhaupt: wie er selbst sich inzwischen mit Peter, dem 1041 gestürzten Herrscher, ausgesöhnt hatte, so setzte er durch, daß jener auf einem Reichstage zu Stuhlweißenburg von den Ungarn wieder als König angenommen wurde, H. selbst inthronisirte ihn. Um die neue Ordnung der Dinge zu sichern blieben deutsche Besatzungen in Ungarn zurück; Ovo, seit der Schlacht an der Raab ein umherirrender Flüchtling, wurde verfolgt, und als man ihn gefangen genommen hatte, zum Tode verurtheilt von einem Gerichte, welches nicht blos aus ungarischen, sondern auch aus deutschen Beisitzern bestand, und zu dem Allen kam als Schlußstein ein festes Lehnsverhältniß zwischen Siegern und Besiegten. Peter wurde wahrscheinlich schon bei seiner Wiedereinsetzung König Heinrichs Vasall; jedenfalls hatte ein Besuch, den dieser 1045 um Pfingsten (26. Mai) dem ungarischen Hofe abstattete, recht eigentlich den Zweck, die Oberherrlichkeit des Königs über Ungarn in die zeitgemäße feudale Form zu bringen. Unter dem Symbole der vergoldeten Königslanze trug Peter das Reich König H. auf, um es von ihm mittels desselben Symbols als Lehen zurück zu empfangen, aber ohne erbliches Recht, nur auf Lebenszeit, während die ungarischen Magnaten, welche als Zeugen und Bürgen zugezogen wurden, nicht blos König H. persönlich, sondern ihm und seinen Nachfolgern Treue schwuren. So gründlich gestaltete H. III. Ungarn um, aus einem selbständigen und deutschfeindlichen Reiche machte er es zu einem deutschen Lehnsstaate.
Als der König nach dem Siege an der Raab heimkehrte, warteten seiner zum ersten Male im Innern des Reiches schwere Kämpfe, Fehden und kleine Kriege mit fürstlichen Rebellen, wie deren ehedem unter den Ottonen, auch unter seinen letzten Vorgängern, besonders unter Heinrich II. oft vorgekommen waren. Die Ursache war fast überall die gleiche, das Mißvergnügen der größeren Laienfürsten über den Träger der Krone, sobald dieser den Versuch machte, das Anwachsen der fürstlichen Macht in gewissen Schranken zu halten. Geschah es dann, wie gewöhnlich, daß die Könige und Kaiser, um ihr monarchisches Ansehen gegen fürstliche Uebermacht zu behaupten, sich besonders eng mit der hohen Geistlichkeit, überhaupt mit den kirchlichen Gewalten verbanden, daß sie in der Hierarchie eine Stütze gegen die dynastisch-feudalen Bestrebungen der weltlichen Herren suchten und jene dem entsprechend bevorzugten, so war ein feindlicher Zusammenstoß der widerstrebenden Elemente unvermeidlich, so wurde das Reich der Schauplatz von Kämpfen, welche die äußere Macht und das innere Gedeihen der Nation in demselben Maße schädigten, wie sie die Ausbildung einer einheitlichen und geordneten Verfassung erschwerten. Und dieser geschichtlichen, in der ganzen bisherigen Entwickelung tief begründeten Nothwendigkeit mußte sich nun auch König H. III. fügen. An sich jeder Gewaltherrschaft feind, war er auch dem Emporkommen [390] der weltlichen Fürsten in den hohen Reichsämtern, speciell im Herzogthum, der Grundlage seiner eigenen Macht, keineswegs abgeneigt. Entäußerte er sich doch der beiden von ihm selbst verwalteten Herzogthümer successive ohne äußeren Zwang, Baierns 1042 und Schwabens 1045. Auch Kärnthen, welches zuletzt im J. 1039 erledigt, mehrere Jahre hindurch unbesetzt geblieben war, erhielt 1047 einen neuen Herzog in Welf, dem Letzten des altwelfischen Mannsstammes. Nur die Vereinigung von verschiedenen Herzogthümern in einer Hand, wie sie Konrad II. bei Gozelo von Lothringen zugegeben hatte, wollte H. nicht über den Tod des alten Herzogs hinaus gestatten. Als Gozelo 1044 starb, erkannte er Gotfried, den ältesten Sohn, nur für Oberlothringen als Herzog an; mit dem niederlothringischen Herzogthum belehnte er den zweiten Sohn des Verstorbenen, Gozelo d. j., obgleich Gotfried auch dieses als sein Erbe betrachtete und für sich in Anspruch nahm. Ende des J. 1044 brach der Krieg um die Nachfolge in Niederlothringen aus. Nachdem der König Gotfried vor einem Fürstengerichte des Hochverrathes, heimlicher Verbindung mit dem Könige von Frankreich überführt und ihm zur Strafe dafür alle Reichslehen, einschließlich des Herzogthums von Oberlothringen, entzogen hatte, griff Gotfried zu den Waffen und zugleich, vielleicht im Bunde mit ihm, rebellirten mehrere burgundische Große, Reginold, Graf in Hochburgund, und Gerold, wahrscheinlich Graf von Genf. Jener wollte sich Mömpelgards bemächtigen, aber Graf Ludwig von Mömpelgard vertheidigte sich so tapfer und erfolgreich, daß Reginold eine schwere Niederlage erlitt. Der König war inzwischen vom Mittelrheine her gegen Gotfried ins Feld gezogen und hatte ihm eine seiner stärksten Festen, Böckelnheim im Nahethal, entrissen. Weitere Unternehmungen machten widrige Verhältnisse, namentlich eine große, weitverbreitete Hungersnoth, unmöglich. Daher zog der König zunächst nach Burgund, um in Solothurn die Unterwerfung des geschlagenen Reginold entgegenzunehmen, auch Gerold kehrte zum Gehorsam zurück und im Sommer 1045 sah der König auch Gotfried entmuthigt vor sich. Mit der Abführung Gotfrieds nach dem Giebichenstein, dem gewöhnlichen Gefängniß für fürstliche Staatsverbrecher, endete der erste größere Kampf, den H. III. mit aristokratischen Gewalten im Westen des Reiches zu führen hatte. Ein unbedeutendes Nachspiel folgte im Frühjahr 1046. Da störte Graf Dietrich (IV.) von Holland die Ruhe durch Usurpation einer frisischen Grafschaft, indessen ein Angriff, den H. zu Schiff auf die Stadt Vlaardingen machte, hatte die Herausgabe der Eroberung zur Folge und im Allgemeinen fühlte sich der König damals so sicher, daß er sogar gegen Gotfried Gnade walten ließ. Da Gozelo d. j. inzwischen gestorben war, übertrug er das niederlothringische Herzogthum dem Grafen Friedrich von Luxemburg, dagegen in dem oberlothringischen stellte er Gotfried wieder her, nachdem sich dieser auf einer großen Reichsversammlung zu Aachen gedemüthigt und für seine Treue Bürgschaft geleistet hatte. Im Gegensatz zu diesen Zerwürfnissen des Königs mit einzelnen weltlichen Großen waren seine Beziehungen zu den Bischöfen und zu der höheren Klostergeistlichkeit ungetrübt friedlich und dem allgemeinen Wohle ersprießlich. Wie hätte es auch anders sein können bei der engen und immer noch zunehmenden Verbindung, wie sie die wichtigen Hof- und Reichsinstitute der königlichen Kanzlei und Kapelle zwischen dem Herrscher und geistlichen Unterthanen vermittelte, bei der strengen Disciplin, welche nach den energischen Anstrengungen der letzten Herrscher und ihrer reformatorischen Geistlichen nunmehr fast den gesammten deutschen Clerus durchdrang und von H. in mancher Hinsicht noch verschärft wurde, endlich bei der Religiosität des Königs selbst, bei seinem regen, verständnißvollen Antheil an dem kirchlichen Leben und seinem ernsten Streben, das Wohl der geistlichen Institute nicht blos durch Schenkungen und Vorrechte, sondern hauptsächlich [391] dadurch zu fördern, daß er nach sorgfältiger Auswahl tüchtige und würdige Männer an die Spitze stellte. Erledigte Bisthümer und Reichsabteien wieder zu besetzen, war unter ihm unbestritten ein Vorrecht der Krone; nicht blos in Deutschland, sondern, wie es scheint, auch in den meisten italienischen und burgundischen Diöcesen des Reichs war das alte Wahlrecht der Capitel und Congregationen thatsächlich umgewandelt in ein Recht des Vorschlages oder der Bitte, die Entscheidung stand bei dem Könige. Abweichungen hiervon ahndete H. streng, und soviel wir wissen, verstand er sich nur ein Mal, nur bei der Uebertragung des Erzbisthums Lyon auf den Abt Halinard von Dijon, dazu, von dem sonst üblichen Treueide abzusehen, seinen Candidaten zu investiren, ohne daß er geschworen hätte. Durchaus consequent hielt der König darauf, daß, soweit seine Macht reichte, bei der Verleihung geistlicher Aemter keine Simonie vorkam. In charakteristischem Unterschiede von seinem Vater, König Konrad II., der kein Bedenken getragen hatte, zuweilen für Bisthümer Geld zu nehmen, verwarf H. III. diesen tief eingewurzelten und weit verbreiteten Mißbrauch sowol für sich selbst, wie für das Reich und die Kirche im Allgemeinen. Die Bekämpfung der Simonie erklärte er öffentlich auf einer zahlreich besuchten Synode, welche wahrscheinlich noch vor seinem Römerzuge stattfand, für eine seiner vornehmsten Regentenpflichten, noch als König verbot er die Simonie durch Gesetz und erwarb sich besonders hierdurch die Sympathien jenes großen Kreises von Klöstern und ascetisch gesinnten Weltgeistlichen, welche im Kloster Cluny ihren geistigen Mittelpunkt hatten und es schon lange schmerzlich empfanden, daß nicht ein Mal das Papstthum sich von Simonie freigehalten hatte, daß Rom recht eigentlich Hauptsitz und vornehmste Quelle des Uebels war. Eine wichtige praktische Leistung dieses mönchisch-hierarchischen Geistes war das Institut des Gottesfriedens oder der Treuga Dei, eine neue Art von Einung zum Schutze des öffentlichen Friedens und zur Einschränkung der vielen, dem Fehdewesen entspringenden Gewaltthätigkeiten, gegen welche die weltlichen Gerichte, in letzter Instanz das Gericht des Königs keine oder doch nicht ausreichende Abhülfe gewährten. Gestiftet um 1040 von französisch-burgundischen Geistlichen, zu denen auch Abt Odilo von Cluny gehörte, war der Gottesfrieden zunächst ein Act kirchlicher Selbsthülfe und als solcher auf das deutsche Reich, wo die Monarchie unter König H. für die Aufrechterhaltung von Recht und Frieden Bedeutendes leistete, nicht ohne Weiteres anwendbar. Indessen, die humanen und religiösen Grundgedanken, aus denen der Gottesfriede in Frankreich hervorging, waren auch in H. lebendig und das Bedürfniß nach außerordentlichen Maßregeln zur Herstellung friedlicher Zustände verkannte er auch für sein deutsches Reich so wenig, daß er schon 1043 aus eigenem Antriebe reformatorisch vorging. Wesentlich im Einklange mit den Wünschen und Mahnungen, welche er kurz zuvor aus dem Munde Wipo’s in einem hochpolitischen Lehrgedichte, dem Tetralogus, vernommen hatte, verkündete er zu Constanz im Anschluß an eine Synode zunächst eine Amnestie für Majestätsverbrechen, für Vergehen, die gegen ihn begangen waren; dann bewog er die Anwesenden, sich durch gegenseitigen Schulderlaß (Indulgenz) unter einander zu versöhnen, und verallgemeinerte diesen Vorgang mittels eines gesetzlichen Versöhnungsgebotes, welches bei den einzelnen Stämmen durch besondere Edicte eingeführt wurde. Ja noch mehr: von Zeit zu Zeit wiederholte er derartige Amnestien oder Indulgenzen in besonders bedeutungsvollen Momenten seiner Regententhätigkeit, so 1044 unmittelbar nach dem großen Siege über die Ungarn noch auf dem Schlachtfelde selbst und Ende 1046 nach der Kaiserkrönung zu St. Peter in Rom, von neuen Edicten verlautet jedoch nichts. Auch ist der beabsichtigte Zweck, die Verminderung von Unfrieden und Verbrechen, nur momentan und in größerem Umfange, wie es [392] scheint, nur das erste Mal erreicht worden. Immerhin aber sind diese Indulgenzen Heinrichs III. eine merkwürdige Erscheinung und charakteristisch für sein Streben, das Reich christlich-theokratisch zu regieren. Die Verbindung des Königs mit allen reformatorisch-gesinnten Elementen der Geistlichkeit, vornehmlich mit Cluny und mit den französischen, wie den deutschen Cluniacensern, gewann noch an Festigkeit durch seine Wiedervermählung, durch seine Ehe mit Agnes, einer Tochter jenes Herzogs Wilhelm von Guienne und Poitou, der bei dem Tode Heinrichs II. für seinen Sohn die Krone von Italien erwerben konnte, sie aber ausschlug, weil er sich nicht mit den weltlichen Großen zur Vergewaltigung der Bischöfe verbinden wollte. Die eminent kirchliche Gesinnung des Vaters hatte die Tochter geerbt und so fiel es ihr leicht, die Beunruhigung, welche das neue Heirathsproject wegen angeblich zu naher Verwandtschaft zwischen H. und Agnes in rigoros frommen Gemüthern hervorgerufen hatte, zu beschwichtigen. Diese Ehe, welche erst Heinrichs Tod löste, war reich an Kindern: auf drei Töchter Mathilde, Judith (Sophie), Adelheid folgten zwei Söhne Heinrich und Konrad und noch eine Tochter Gisela. Als der erste Sohn, lange ersehnt, am 11. November 1050 geboren wurde, war die Freude groß und nicht blos am Hofe, aber die Ehre, den künftigen König und Kaiser aus der Taufe zu heben, fiel keinem deutschen Prälaten zu, sondern dem Abte Hugo von Cluny, unter dem überhaupt der Einfluß der Congregation im deutschen Reiche am höchsten stieg.
In theokratischer Richtung bewegte sich nun auch König Heinrichs bedeutsamste und folgenreichste Unternehmung, sein Römerzug September 1046 bis Mai 1047. Die Sachlage in Rom war so, wie sie in der Ottonischen Epoche mehrfach gewesen war: die Ceremonie der Kaiserkrönung und die Neubefestigung der deutschen Herrschaft waren nicht das Einzige, worauf es ankam. Die nächste Aufgabe, welche der Erbe der Kaiserkrone in Rom zu lösen hatte, bestand in der Regenerirung des Papstthums. War dieses doch ein Mal wieder zum Spielball der römischen Adelsfactionen herabgesunken und neuerdings im Mai 1045 durch Simonie von Benedict IX. aus dem Hause der Grafen von Tuskulum auf einen römischen Erzpriester Namens Johannes Gratian übergegangen, an ihn geradezu verkauft worden. Als Papst Gregor VI. trat Gratian an die Spitze der Kirche, obgleich nicht bloß der frühere Papst Benedict IX., sondern auch dessen Nebenbuhler in den letzten Factionskämpfen, Papst Silvester III., noch neben ihm existirte und obgleich die entschieden antisimonistische Haltung des deutschen Hofes schon damals klar am Tage lag. H. ließ sich denn auch nicht beirren, weder durch einige Erfolge, die Gregor VI., in seinem Privatleben ehrenwerth und wohlmeinend wie er war, in Italien und Frankreich davontrug, noch durch eine persönliche Begegnung auf einer Zusammenkunft in Piacenza. Begleitet von den vornehmsten und tüchtigsten Prälaten seiner Reiche, die der König zum größeren Theile schon auf einer Synode zu Pavia Ende October 1046 um sich hatte, erschien er mit starker Heeresmacht vor Rom, um als Richter über alle drei Päpste und als Reformator des Papstthums aufzutreten, und er erreichte diesen Zweck auf zwei Synoden, die beide in seiner Gegenwart tagten, die eine in Sutri am 20., die andere in Rom selbst am 23. December. Wurden in Sutri Silvester und Gregor abgesetzt, so verfuhr die römische Versammlung in derselben Weise mit Benedict, dann erhob sie in einem Wahlacte nach dem Sinne und Willen des Königs einen deutschen Kirchenfürsten auf den päpstlichen Thron, den Bischof Suidger von Bamberg, und aus dessen Händen, von Papst Clemens II., empfingen H. III. und Agnes am 25. December im Dome von St. Peter die Kaiserkrone. Den Römern aber und dem neuen Kaiser war hiermit noch nicht genug geschehen, sie wollten rechtliche Bürgschaften haben gegen die Wiederkehr von Unregelmäßigkeiten, wie sie unter Benedict IX. [393] vorgekommen waren, und schufen deshalb ein kaiserliches Recht zur Papstwahl. Unter dem Titel der altkaiserlichen, aber zuletzt nur usurpirten Würde eines Patricius der Römer, welche H. auf Verlangen der Römer jetzt annahm, erwarb er damals den Principat, d. h. die erste und entscheidende Stimme bei der Papstwahl, während Clerus und Laien von Rom sich wie jedes andere Stift und Capitel im Reiche zunächst mit dem Rechte des Vorschlages oder der Bitte begnügen mußten. Ueberhaupt war das Kaiserthum Heinrichs anfänglich überaus machtvoll in geistlichen wie in weltlichen Dingen. Noch ehe er Rom verließ, in den ersten Tagen des J. 1047 hielt Papst Clemens II. eine Synode, deren Hauptbeschlüsse einen allgemein reformatorischen Charakter trugen: Simonie wurde der Häresie gleich gestellt, simonistische Geistliche sollten excommunicirt werden. Bei dem Aufbruch aus Rom entließ der Kaiser einen großen Theil des Heeres in die Heimath, mit dem Reste führte er zunächst einen kleinen und erfolgreichen Krieg gegen rebellische Herren der Campagna; dann zog er, vom Papste begleitet, südwärts bis Capua, um hier die Huldigung und Unterwerfung der unteritalischen Fürstenthümer entgegenzunehmen. Es präsentirte sich ihm hier ein buntes Gemisch von Volkstheilen und Machthabern und ein Gewirre von widerstreitenden Interessen, von verwickelten Verhältnissen, welche schwer zu ordnen waren. Dennoch gelang dem Kaiser wenigstens momentan Ruhe und Frieden zu schaffen, vorzüglich dadurch, daß er in Capua die Herrschaft des früheren, von Konrad II. abgesetzten Fürsten Pandulf IV. wiederherstellte und die neuen normannischen Herren des Landes, den Grafen von Aversa, wie die Eroberer von Apulien, mit ihren Gebieten belehnte, sie zu unmittelbaren Reichsvasallen machte. Beides war ein harter Schlag für den Fürsten Waimar von Salerno, den letzten Besitzer Capuas und bisher alleinigen Lehnsherrn der apulischen Normannen. Aber an Widerstand war fürs erste nicht zu denken und Waimar fügte sich vorläufig in die neue Ordnung der Dinge, wie die Capuaner sich fügten, obgleich Pandulf bei ihnen außerordentlich verhaßt war.
Auch der Respect, welchen der Kaiser den Römern eingeflößt hatte, war von bedeutender Wirkung. Als nach dem Tode von Papst Clemens II. – er starb schon am 9. October 1047 – das kaiserliche Wahlrecht zum ersten Male praktisch werden sollte, da war es doch nur eine Minderzahl, die sich bereit finden ließ, den abgesetzten und verjagten Benedict IX. mit Hülfe des mächtigen Markgrafen Bonifacius von Tuscien zurückzuführen. Die Mehrzahl hielt an der neuen Constitution fest und dem Markgrafen gegenüber genügte die Drohung des Kaisers, daß er selbst kommen würde, wenn jener nicht nachgäbe. Am 17. Juli 1048 bestieg Bischof Poppo von Brixen, vom Kaiser ernannt und von Bonifacius nach Rom geführt, als Papst Damasus II. den päpstlichen Thron, indessen nur, um ihn schon nach wenigen Wochen wieder zu verlieren. Bereits am 9. August starb Damasus und während der neuen Vacanz wurde in Rom nicht ein Mal der Versuch eines Schisma oder einer Usurpation gemacht. Einmüthig und ruhig harrten die Römer Monate lang der Entscheidung des in Deutschland weilenden Kaisers und diese fiel im Einverständniß mit der Gesandtschaft, welche die Römer an den Hof geschickt hatten, zum dritten Male auf einen deutschen Bischof, Bruno von Toul, als Papst Leo IX. Mit dem fünfjährigen Pontificate dieses nicht blos ascetisch frommen, sondern auch weltklugen und thatkräftigen Papstes (12. Februar 1049 bis 19. April 1054) beginnt in der Geschichte des Papstthums, wie der mittelalterlichen Kirche überhaupt eine neue Epoche, eine Zeit hierarchischer Reform und politischer Machtentfaltung, wie man sie seit dem neunten Jahrhundert nicht erlebt hatte. Was Wunder, wenn die bedeutende Persönlichkeit und weltumfassende Politik des neuen Papstes auch in das Leben unseres Kaisers mächtig und gemäß ihren bisherigen [394] Beziehungen harmonisch eingriff. Wiederholt, drei Mal im Laufe von vier Jahren, begab sich der Papst von Italien nach Deutschland, um mit dem Kaiser zusammenzutreffen, mit ihm länger oder kürzer Hof zu halten und sowol wegen ihrer Dauer als wegen der Mannichfaltigkeit der dabei verhandelten Angelegenheiten wurden diese Begegnungen der beiden Herrscher ungemein bedeutsam und als Mittel und Merkmal ihrer Eintracht ebenso wichtig, wie die Uebereinstimmung, welche in Bezug auf wesentliche Regierungsgrundsätze unter ihnen herrschte. Auf der Synode zu Mainz, October 1049, wurde der Kampf gegen die Simonie von ihnen gemeinsam fortgesetzt. Aber bei alledem war Papst Leo IX. durchaus kein bloßes Werkzeug des Kaisers. Mit großem Entgegenkommen verband er einen hohen Grad von Selbständigkeit, er zeigt zuweilen ein Streben, das Papstthum von der kaiserlichen Gewalt wieder zu emancipiren. Dahin zielte schon Leo’s Verhalten im Wahlacte. Wie vor dem Kaiser, so machte er auch in Rom zur Bedingung seiner Thronbesteigung, daß die Römer seiner Wahl ausdrücklich zustimmten und ohne daß der Kaiser oder dessen Bevollmächtigter ihn gehindert hätte, ließ er sich dort noch ein Mal wählen. Ferner die Besitznahme von Benevent für die römische Kirche (1051), desselben Benevent, welches der Kaiser 1047 vergeblich belagert, Papst Clemens II. vergeblich in den Bann gethan hatte, war recht eigentlich ein Werk besonderer päpstlicher Politik; den Krieg, den Leo IX. 1053 gegen die Normannen führte, um sie aus Italien zu vertreiben und der ihm durch die Niederlage bei Civitate so verhängnißvoll wurde, unternahm er mit Vorwissen des Kaisers, aber ohne dessen persönlichen Beistand, auf eigene Gefahr, und es war nur ein Schritt weiter auf der ein Mal betretenen Bahn, wenn er noch kurz vor seinem Ende (19. April 1054) sogar das schismatische Ostrom zu einem Bündnisse gegen die Normannen zu bewegen suchte. Zum Nachfolger Leo’s erhob der Kaiser nach eingehender Berathung mit römischen Gesandten den Bischof Gebehard von Eichstädt, Papst Victor II. Wenn aber ein italienischer Geschichtschreiber aus der Zeit des Investiturstreites, Bonitho von Sutri, erzählt, daß H. III. in den Verhandlungen, welche der Erhebung Victors vorhergingen, auf den Patriciat verzichtete, daß er den Römern ihr früheres Wahlrecht wieder zugestanden hätte, so verdient diese Angabe keinen Glauben, weil sie mit älteren Quellen unverträglich ist. Ein nur wenig älterer deutscher Bericht, wonach der neue Papst dem Kaiser im Momente seiner Einsetzung das Versprechen abnahm, daß er dem h. Petrus zurückgeben wollte, was ihm gehörte, ist zu unbestimmt, um einen sicheren Schluß zu gestatten auf das, was wirklich vorging. Indessen so viel ist gewiß: H. machte von der großen Gewalt, welche ihm über das Papstthum rechtlich zustand, wie in seinen Beziehungen zu Victor II. so überhaupt maßvollen Gebrauch. Von despotischen Einwirkungen, wie solche in früheren Jahrhunderten römische Päpste von griechischen Kaisern erfahren hatten, war er weit entfernt und hätte er je Neigung zum Cäsaropapismus gehabt, so würden ihn nicht blos die charaktervollen Persönlichkeiten der neuen von ihm selbst eingesetzten Päpste davon zurückgebracht haben. Die stärkste Schranke bildeten für ihn die schweren Einbußen, welche seine Macht mittlerweile auf anderen Gebieten erlitten hatte, und zwar vorzugsweise auf solchen, wo er früher große und anscheinend dauerhafte Erfolge erzielte, in Ungarn und in Lothringen.
Hier wie dort wurde die Herrschaft Heinrichs schon in der Epoche der Kaiserkrönung und im ersten Jahre seines Kaiserthums plötzlich, fast mit dem jähen Ungestüm einer Naturkatastrophe, bis auf den Grund erschüttert. In Ungarn geschah es, weil König Peter viel zu schwach war, um einem wilden Aufruhr, der im Spätsommer 1046 ausbrach und nicht blos von einigen nationalgesinnten Magnaten, von Anhängern der verjagten Arpaden, sondern auch von [395] dem gemeinen und meistens noch fanatisch heidnischen Volke ausging, irgendwie erfolgreich die Spitze zu bieten. Und in Lothringen erfolgte der Umschwung, weil Gotfried, nur scheinbar versöhnt, in Wahrheit tief mißvergnügt, wie er war, die Wirren der ungarischen Umwälzung benutzte, um den Kampf für seine Ansprüche auf ganz Lothringen noch ein Mal zu wagen und als er im Herbste 1047 die Feindseligkeiten mit einem Verwüstungszuge gegen die kaiserlichen Besitzungen und die Herrschaften der kaiserlich gesinnten Bischöfe eröffnete, nicht mehr allein stand: mächtige oder doch unternehmende Laienfürsten, wie Balduin V. von Flandern, Dietrich von Holland, Hermann von Mons standen ihm als Bundesgenossen zur Seite und gaben seinen Angriffen stärkeren Nachdruck. Im Gegensatze hierzu hielten allerdings andere linksrheinische Große: die Luxemburger, das Geschlecht der rheinischen Pfalzgrafen, die Grafen vom Elsaß treu zum Kaiser und vollends auf die geistlichen Fürsten konnte er sich überall im Reiche und unbedingt verlassen. Aber um gleichzeitig im Osten gegen Ungarn und dessen neuen Herrscher, den Arpaden Andreas, und im Westen mit Gotfried und dessen Verbündeten Krieg zu führen, dazu reichte selbst bei aller Energie und Dienstwilligkeit der Bischöfe die Macht des Kaisers nicht aus. Der Austrag der ungarischen Sache wurde deshalb verschoben, bis die lothringischen Rebellen sich wieder unterworfen hatten.
Dieses Ziel glaubte der Kaiser Ende des J. 1049 erreicht zu haben. Nachdem er von Papst Leo begleitet und von den nordischen Königen Edward von England und Svend (Estridson) von Dänemark mit ihrer Seemacht unterstützt seine Widersacher hart bedrängt hatte, da unterwarf sich zuerst Gotfried, dann Balduin, und kaum war dieses geschehen, so begannen noch im Winter 1049 auf 1050 deutscher Seits die Feindseligkeiten an der ungarischen Grenze. Bischof Gebehard von Regensburg, des Kaisers Oheim, unternahm einen Streifzug in das Nachbarreich, und dafür übten die Ungarn auf der Stelle Vergeltung durch Verwüstung deutschen Grenzgebietes. Es folgten im Sommer 1050 Kämpfe um das deutsche Trutz-Preßburg, die feste Hainburg, welche ein baierisches Aufgebot aus Trümmern wiederherstellte und mit glänzender Tapferkeit gegen ungarische Heeresmassen vertheidigte; endlich im Spätsommer 1051 sammelte sich ein gewaltiges Reichsheer, um von dem Kaiser selbst gegen König Andreas geführt zu werden. Inzwischen waren nun aber die Erfolge, welche jener zwei Jahre zuvor in Lothringen erzielt hatte, fast ganz zu nichte geworden. Balduin von Flandern, schon 1050 mit dem Kaiser wieder der Art zerfallen, daß er ihn als Feind in seinem Lande sah und nur durch einen neuen Unterwerfungsact zum Abzuge bewog, ging dessenungeachtet in seinen Herausforderungen weiter: er benutzte den kürzlich erfolgten Tod des Grafen Hermann von Mons, Herrn des Hennegau, um seine Dynastie eigenmächtig in Lothringen emporzubringen, und während Balduins gleichnamiger Sohn Balduin VI. sich mit Hermanns Wittwe Richilde vermählte, wurde der Hennegau von beiden Balduinen in Besitz genommen, Mons, die Hauptburg des Landes, von ihren Mannen besetzt. So mußte der Kaiser, wenn anders er überhaupt in Lothringen Herr bleiben wollte, von Neuem zum Schwerte greifen und wie groß die Verlegenheit war, welche ihm die letzten flandrischen Usurpationen bereiteten, mag man daraus entnehmen, daß er Gotfried die Freiheit und einige Besitzungen wiedergab und mit der Vertheidigung des Landes betraute. Er selbst setzte den Kampf gegen Ungarn energisch fort, aber alle Anstrengungen, die er machte, um König Andreas zu besiegen und die verlorene Oberherrschaft mit Gewalt wiederzugewinnen, waren vergeblich. Weder der Feldzug von 1051, der durch Kärnthen ging und mit einem fluchtartigen Rückzuge des kaiserlichen Heeres endete, noch die Belagerung der festen Grenzstadt Preßburg im J. 1052 führten zum Ziele und, was mindestens [396] ebenso gefährlich war, wie diese Nachtheile im auswärtigen Kriege: im Anschluß daran entwickelte sich eine heftige innere Fehde zwischen den Häuptern der baierischen Großen, dem Herzog Konrad und Bischof Gebehard von Regensburg. Das Fürstengericht, welches der Kaiser um Ostern 1053 zu Merseburg hielt, entschied gegen Konrad, es verurtheilte ihn zur Absetzung, aber, da er sich nicht fügte, so hatten nur die Feinde des Reiches Vortheil von dieser Sentenz, welche auch bei wohldenkenden, dem Kaiser ergebenen Zeitgenossen Anstoß erregte. Konrad ging in der Unbotmäßigkeit so weit, daß er mit den Ungarn gemeinschaftliche Sache machte und sie in ihrem Widerstande gegen den Kaiser nach Kräften bestärkte. Im Laufe des J. 1053 waren H. und König Andreas durch Vermittelung Gebehards von Regensburg über die Friedensverhandlungen endlich einig geworden, da vermochte Konrad den König noch im letzten Augenblicke den schon beinahe fertigen Vertrag zu verwerfen und die Feindseligkeiten mit einem Angriffe auf Kärnthen wieder zu beginnen. Während des Sommers 1054 zog der Kaiser mit großer Heeresmacht wider Balduin, drang ziemlich tief in Flandern ein und trug einige militärische Erfolge davon, zu denen unter anderen ein siegreiches Treffen vor Lille, der Hauptstadt des Grafen, und die Einnahme des festen Tournay gehörten, aber politisch war mit diesen Vorgängen nur wenig gewonnen. Trotz der Niederlagen that Balduin keinen Schritt, um Frieden zu schließen, seine Widerstandskraft war ungebrochen, im nächsten J. 1055 rückte er vor, um Antwerpen zu belagern und zurück zu erobern.
Wenn der Kaiser in dieser üblen Sachlage nur auf die Ergebenheit und den Beistand Gotfrieds hätte rechnen können. Aber auch das war nicht der Fall, weil Gotfried bereits zur Zeit des flandrischen Feldzuges von 1054 heimlich, ohne Vorwissen des Kaisers nach Italien gegangen war und sich durch Vermählung mit Beatrix, der Wittwe des 1052 verstorbenen Markgrafen Bonifacius, in den Besitz des größten Fürstenthums von Nord- und Mittel-Italien gesetzt hatte, ein Besitz, um so werthvoller, je näher bei Rom und dem päpstlichen Hofe, wo Gotfrieds Bruder Friedrich schon unter Leo IX. zu den einflußreicheren Cardinälen gehörte. Der Kaiser wurde denn auch durch diese überraschende Wendung der Dinge lebhaft beunruhigt, eine solche Macht in den Händen eines Mannes, der wie kein Anderer ihm die Regierung erschwert hatte durch Ansprüche, Umtriebe und Aufruhr, erschien ihm als eine Gefahr von äußerster Dringlichkeit. Hauptsächlich um Gotfrieds ehrgeizige Pläne zu durchkreuzen und zu vereiteln, unternahm er im Frühjahr 1055 wieder eine Heerfahrt nach Italien. Er verweilte dort beinahe drei Vierteljahre von Ende März bis Mitte November und ohne Zweifel geflissentlich fast nur auf dem Gebiete der Markgräfin von Tuscien, welche als Schwestertochter der im J. 1043 verstorbenen Kaiserin Gisela seine Cousine war. Ueber Florenz scheint er dieses Mal nicht hinausgekommen zu sein. Aber in dieser räumlichen Beschränkung entfaltete der Kaiser eine bedeutende Macht und erreichte vieles. Gotfried, der zunächst nur schwachen Anhang besaß, bei der städtischen Bevölkerung geradezu verhaßt war, zog sich vor ihm zurück nach Lothringen und schloß sich Balduin an. Beatrix folgte dem Kaiser als Gefangene nach Deutschland und Papst Victor II., mit dem er in Florenz ein Concil zur Unterdrückung der Simonie gehalten hatte, blieb, mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet, in Italien zurück, um die Regierung des Landes im Sinne und Interesse des Kaisers weiterzuführen. Und wie bei den höchsten kirchlichen Gewalten, so suchte und fand der Kaiser eine Stütze auch bei dem mächtig aufstrebenden, nach communaler Selbständigkeit trachtenden Bürgerthum der fürstlichen Städte. Heinrichs Schutz- und Freiheitsbriefe für die Stadt Ferrara und für die Arimannen von Mantua sind denkwürdige Merkmale einer beginnenden bürgerfreundlichen Politik, sie bezeichnen [397] den Antheil, den jener an dem ersten Emporkommen der italienischen Communen gehabt hat.
Unterdessen hatte die Feindseligkeit, womit Balduin und Gotfried den Kaiser in Lothringen bekämpften, noch andere Kreise und Genossen des deutschen Fürstenthums ergriffen. Sogar Bischof Gebehard von Regensburg fiel von ihm ab und trug kein Bedenken im Einverständniß unter anderem mit Herzog Welf von Kärnthen eine Verschwörung anzustiften, welche nichts Geringeres bezweckte, als den Kaiser umzubringen und Konrad, den abgesetzten Baiernherzog, Gebehards früheren Feind und Verbündeten der Ungarn, auf den Thron zu erheben. Zum Glück für H. ereilte der Tod mehrere Hauptverschwörer, ehe sie ihre verbrecherischen Pläne ausführen konnten. Konrad und Welf starben rasch nacheinander, der letztere nicht ohne zuvor seine Schuld bekannt und den Kaiser um Verzeihung gebeten zu haben. So gelang es H. den übrigen Verschworenen, namentlich seinem Oheime, ohne Mühe den Proceß zu machen. Als er im November 1055 nach Deutschland zurückkehrte, stellte er sie unverzüglich vor ein Fürstengericht und dieses verurtheilte sie zu schweren Strafen, zu Haft und Gütereinziehung. Dem zunehmenden Abfall der lothringischen Großen wirkte der Kaiser in anderer Weise entgegen. Während er im Frühjahr 1056 das jüngst vacant gewordene Erzbisthum Cöln einem hervorragenden und ihm unbedingt ergebenen Hofkleriker, dem Propste Anno von Goslar, übertrug, hatte er Ende Mai hart an der deutsch-französischen Grenze zu Ivois am Chiers, wo er schon wiederholt mit König Heinrich I. zusammengetroffen war, eine neue Zusammenkunft mit ihm. Zwar in Bezug auf den nächsten Zweck, eine neue Verständigung der Herrscher, verlief diese Begegnung resultatlos. Der König warf dem Kaiser Vertragsbruch vor oder, wie es in einem anderen, minder glaubwürdigen Berichte heißt, er verlangte von ihm den größten Theil des Frankenreichs als ein Erbgut seiner Ahnen, der Kaiser antwortete darauf mit einer Herausforderung zum Zweikampf, aber der König stellte sich nicht, im Dunkel der Nacht zog er heimlich ab. In anderer Hinsicht scheint nun aber der Tag von Ivois nicht nutzlos gewesen zu sein. In einer der besseren Quellen wird zu 1056 berichtet, daß Gotfried zum Kaiser kam, um sich zu unterwerfen. Wenn hier kein Irrthum vorliegt, so liegt es nahe, diese Sinnesänderung des Fürsten mit dem festen und sicheren Auftreten des Kaisers gegen Frankreich in Verbindung zu bringen, sie darauf zurückzuführen. Balduin von Flandern setzte den Kampf allerdings noch fort, aber der Angriff, den er 1055 gemeinschaftlich mit Gotfried auf Antwerpen gemacht hatte, war gescheitert, ein Heer von reichstreuen Lothringern hatte die Stadt entsetzt. Ueberhaupt neben alten Widerwärtigkeiten und neuen Unglücksfällen, wie es z. B. der Ausbruch eines erbitterten Grenzkrieges zwischen Sachsen und Wenden (Liutizen) war, stehen Ereignisse, aus denen deutlich hervorgeht, daß die Hülfsmittel des Kaisers im Kampfe mit jenen noch lange nicht erschöpft waren. Charakteristische Erscheinungen der Art sind die Königsweihe des vierjährigen Heinrich IV. zu Aachen am 17. Juli 1054 und die Uebertragung des baierischen Herzogthums auf Konrad, den jüngeren Sohn des Kaisers; ferner die Unterwürfigkeit, womit der dänische König Svend dem Kaiser zu Merseburg Ostern 1053 begegnete, das Bündniß, welches sie mit einander schlossen, und die Lehnshuldigung, welche ein französischer Kronvasall, Thietpald (Thibaut) von Champagne, ihm ein Jahr später in Mainz leistete, endlich das ungetrübt gute Verhältniß zu dem neuen Papste Victor II., der sein Bisthum Eichstädt und damit seine Stellung als deutscher Reichsfürst beibehielt. Bei aller Verschiedenheit von seinem Vorgänger Leo war Victor ihm doch darin ähnlich, daß er dem Verlangen des Kaisers nach persönlicher Berathung willig entsprach. Im Juli 1056 noch als Herzog von Spoleto und [398] Markgraf von Camerino in Mittelitalien thätig, erschien der Papst zwei Monate später bei dem Kaiser, als dieser in der Hauptpfalz von Sachsen, zu Goslar, Hof hielt. Man sieht: trotz dem Verluste von Ungarn und trotz den letzten Rebellionen deutscher Fürsten lag eine Wendung zum Besseren, Wiederherstellung der kaiserlichen Herrschaft zu neuer Macht und Kraft durchaus im Bereiche der Möglichkeit, aber gerade in diesem Momente, wo umfassende und angespannte Thätigkeit nothwendiger war als je, versagten H. die Körperkräfte.
Eine Unglücksbotschaft aus dem wendischen Kriege, die Kunde von einer vernichtenden Niederlage, welche ein sächsisches Heer am 10. September bei Prizlawa am Einflusse der Havel in die Elbe von den heidnischen Liutizen erlitten hatte, erreichte ihn zu Botfeld im Harze und erschütterte ihn so, daß er bald darauf schwer erkrankte. Seine Gesundheit war wol niemals besonders stark gewesen, wiederholt hatte er schon in früheren Jahren krank darniedergelegen, ein Mal, im Herbste 1045, stand es so schlimm, daß man sein Ende gekommen glaubte und die Fürsten bereits über die Wahl eines Nachfolgers unterhandelten. Damals erholte er sich wieder, aber jetzt, elf Jahre später, genas er nicht mehr. Umgeben von den Seinigen, von dem Papste, mehreren Bischöfen und zahlreichen weltlichen Großen, ließ er, im Bewußtsein des nahenden Todes und mit Sorge der Zukunft gedenkend, das Nachfolgerecht seines Sohnes, des unmündigen Heinrich IV., noch ein Mal feierlich anerkennen, dann, nachdem er öffentlich gebeichtet und auch noch eine letzte Amnestie für Majestätsverbrechen nach Art seiner früheren Indulgenzen verkündet hatte, starb er am 5. October 1056. Die Leiche des Kaisers wurde nach Speier gebracht und in dem von ihm geförderten, aber noch unfertigen Dome von St. Marien den Eltern zur Seite beigesetzt.
Ein volksthümlicher Regent, wie Konrad II., ist H. nicht gewesen, für den gemeinen Mann und dessen Beschwerden war er nicht leicht zugänglich. Die persönliche Beliebtheit, deren er sich noch um die Zeit des Römerzuges in weiten Kreisen erfreute, hatte er nächst den Erfolgen der Politik seinen Verdiensten um die Aristokratie des Reiches, seiner ernsten, fast mönchisch-strengen Frömmigkeit, seinem regen Sinn für gelehrte Bestrebungen und litterarische Erzeugnisse zu verdanken. Auch hielt diese Verehrung nicht Stand, sie schlug später in der Zeit der Gefahr um in eine tiefe Mißstimmung, welche sich, wie unverdächtige Zeugen berichten, weit verbreitete, bei Vornehm und Gering hervortrat. Sie läßt sich nicht blos auf das Mißgeschick Heinrichs in Krieg und Politik zurückführen, sondern scheint auch in einer veränderten persönlichen Haltung des Herrschers, in einer ihm früher fremden Härte und Willkür ihren Grund gehabt zu haben. Nichts desto weniger wurde sein Tod viel betrauert und beklagt, die Aussieht auf eine vormundschaftliche Regierung erfüllte alle tiefer Blickenden mit schwerer Sorge und als der gefürchtete Verfall des Reiches unter Heinrich IV. wirklich eintrat, als der große Principienkampf zwischen Kaiserthum und Papstthum ausgebrochen war und das Reich in seinen Grundlagen erschütterte, da erschien den Geschichtskundigen die Persönlichkeit wie die Zeit Heinrichs III. in glänzendem Lichte: beide Parteien, nicht blos die kaiserliche, sondern auch die päpstliche ließen ihm Gerechtigkeit widerfahren und erkannten an, daß er sich um Reich und Kirche, um Recht und Frieden, um Studien und Künste hohe Verdienste erwarb.
Für die Erforschung der Lebensgeschichte des Kaisers ist freilich den historischen Werken aus der Zeit des Investiturstreites nur noch wenig zu entnehmen. Als Hauptquellen dienen nächst den Urkunden, Briefen und anderen Akten zeitgenössische Aufzeichnungen, wie sie uns vorliegen, z. B. in den größeren Annalen von Hildesheim und St. Gallen, in der Chronik Hermanns von Reichenau, in [399] den Annalen von Nieder-Altaich. Es fehlt in unserem Vorrath gleichzeitiger Quellen eine biographische Darstellung, welche das Leben Heinrichs in Verbindung mit den Thaten seines Vaters behandelte, die Gesta Chuonradi et Heinrici imperatorum, welche Hermann von Reichenau zugeschrieben wird. Sie scheinen verloren zu sein, werden uns aber einigermaßen ersetzt durch die auf H. III. bezüglichen Abschnitte in Wipos Gesta Chuonradi und Hermanns Chronik. Wipo hatte die Absicht, sein Werk zu eigenen Gesta Heinrici fortzusetzen, indessen wurde er hieran verhindert, vermuthlich durch zu frühen Tod. – In der neueren Litteratur hat zuletzt W. v. Giesebrecht mit seiner Geschichte der deutschen Kaiserzeit auch für H. III. Epoche gemacht, Band II. Buch V. ist ihm und seiner Zeit gewidmet und dadurch ist unter anderem auch völlig antiquirt die einzige Monographie: W. A. van Hengel, Keizer Hendrik de derde, Leyden 1844. Seitdem sind erschienen: Fr. Steinhoff, Das Königthum und Kaiserthum H. III., Göttingen 1865; E. Steindorff, Jahrbücher des deutschen Reichs unter H. III., 1. Bd., Leipzig 1874. Abhandlungen über einzelne Abschnitte aus Heinrichs Geschichte: M. Perlbach, Die Kriege Heinrichs III. gegen die Böhmen, Forsch. zur Deutschen Gesch., Bd. X. S. 429 ff.; E. Strehlke, De Heinrici III imperatoris bellis Ungaricis, Berolin. 1856, Diss.; J. G. Meyndt, Kaiser H. III. und K. Andreas (auch u. d. T. Beiträge zur Geschichte der älteren Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn), Leipzig 1870; Th. Mittler, De schismate in ecclesia Romana sub pontificatu Benedicti IX orto, Turici 1835; J. Schirmer, De Hildebrando subdiacono ecclesiae Romanae, Berol. 1860, Diss., wichtig für die Geschichte der Synode von Sutri; F. Weineck, Der Patriciat Heinrichs III., Jena 1873, Diss. Von bedeutendem Interesse ist auch jetzt noch die politische und verfassungsgeschichtliche Würdigung Heinrichs III. bei K. Hagen, Der Wendepunkt der deutschen Reichsverfassung unter den Kaisern H. III. und H. IV. (Zur politischen Geschichte Deutschlands, Stuttgart 1842).