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Artikel „Hutten, Philipp von“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 463–464, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hutten,_Philipp_von&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 03:23 Uhr UTC)
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Hutten: Philipp von H., Ritter, kaiserlicher Oberst und Rath, einer der Führer der Welser’schen Truppen in Venezuela, wurde um 1511 als zweiter Sohn des Bernhard v. H. (aus der steckelbergischen Linie), Amtmanns zu Königshofen, später zu Birkenfeld und der Gertrud von Ebersburg geboren, kam als Edelknabe an den Hof Kaiser Karls V., wo er, von Graf Heinrich von Nassau erzogen, Diener des Kaisers ward und ging im Alter von 25 Jahren mit den von Bartholomäus Welser ausgerüsteten Schiffen nach Venezuela (Venosala nach Hutten’s Schreibweise), wo er von 1535–38 den Zug des Gobernadors Hohermuth nach Süden mitmachte, der sie auf der Suche nach dem „reich Land“ bis in die Nähe des Aequators und bis zu Gegenden brachte, wohin vor ihnen schon vom Amazonenstrom her Weiße gekommen waren. Diese Expedition welche mit 400 Mann ausgezogen, verfehlte sich am Apure mit derjenigen des N. Federmann, welche ihr zur Verstärkung nachgesandt war und kam mit 160 meist Kranken und fast ohne Pferde nach dem damaligen Hauptorte Venezuela’s Coro zurück. H. nahm bei derselben die Stelle eines Unterbefehlshabers ein. Noch in demselben Jahre plante H. einen neuen Zug in das Innere, nach dem reichen Lande, das man jenseits der Gebirge vermuthete, und dieser Entschluß befestigte sich, als 1539 nach Coro die guten Nachrichten von Niklas Federmann gelangten, „von großem Reichthum so Federmann aufdeckt und funden hat, daß nicht allein diejenen so im Land sind nicht hinauß, sondern ganz Santo Domingo und zum Theil Hispania herzukommen bewegt sein“ (Brief Hutten’s an seinen Bruder Moriz, Dompropst zu Würzburg, vom 16. Januar 1540). Nach dem Tode Hohermuth’s, Ende 1540 wurde H. zum General-Kapitän von Venezuela ernannt (nicht von seinen Soldaten gewählt, wie Barth. Welser d. Aelt. in einer Eingabe an den Kaiser von 1547 (?) bemerkt), während als Gobernador der Bischof von Dominica eingesetzt ward. H. strebte diese letztere Stellung an, wie man aus seinen Briefen ersieht, ehe 1541 der junge Bartholomäus Welser nach Venezuela kam, scheint aber mit dem Gobernador im besten Einvernehmen [464] gestanden zu haben. 1541 bestätigte der Kaiser sein General-Kapitanat und in diesem Jahre scheint H. mit einer bewaffneten Schaar von 200 Mann und 150 Pferden einen Zug ins Innere unternommen zu haben. Der Brief vom 10. März 1541, in welchem er diese Absicht ausspricht, ist die letzte unmittelbare Nachricht, welche man von ihm besitzt. „Ich hoff“ schreibt er darin, „innerhalb drey Monath mit 200 Mann, 150 Pferd von hinnen zu ziehen im Namen Kayl. Mt. und der Herrn Welser zu conquistiren und reich Land aufzudecken, dann wir gewißlich wissen, wo es ist … alle unsere Nachbarn sind vor uns ausgezogen, hoff doch wollen ihnen vorkommen, ich fürcht mehr den Krieg mit den Christen, (denn) den Indiern, dann ich weiß wohl wir werden auf Christen stoßen aus anderen Gubernationen und vielleicht ohn Zwietracht nicht von einander kommen“. Den traurigen Rest seines Geschickes kennen wir nur aus verschiedenen Briefen seines Bruders Moriz, Bischofs von Eichstätt und Bartholomäus Welser’s d. Aelt. Diese geben an, daß in der Charwoche 1546 H. sammt Bartholomäus Welser d. J. und zwei Spaniern Alonso Ramero und Gregorio de Plassenda bei der Rückkehr „aus den Indias gegen die Provinz Venezuela“ etwa 100 Meilen von Coro von einem Spanier Juan de Caravazal (oder Caravajal) überfallen, erschlagen und der Reichthümer beraubt worden seien, welche sie nach 5jähriger Abwesenheit mit sich führten. Dieser Juan de Caravazal war, nach einer Mittheilung Bartholomäs Welser d. Aelt. an Kaiser Karl, ohne dessen und ohne Welser’s Wissen 1545 von der Audiencia zu San Domingo zum Gobernador und Generalkapitän von Venezuela ernannt worden, nachdem er bis dahin Relator gedachter Audiencia gewesen. Als die Beweggründe seiner That werden Neid und Geiz angegeben. Er wurde noch 1547 durch Urtheil des Licenciado Tolosa „geschleift und gehenkt“, aber niemals scheint weder von den Reichthümern, die diese deutsche Conquistadorenschaar gesammelt, noch von den Aufzeichnungen über neu entdeckte Länder, die, wie Moriz von H. an den römischen König schreibt, „seinem vorigen Gebrauch nach mit Fleiß beschrieben haben wird“, etwas nach Deutschland gekommen zu sein. Außer 8 Briefen, aus dem Zeitraum 1535–41 besitzen wir keine Aufzeichnungen Hutten’s. Aber aus diesen lernen wir ihn als einen tapferen, gerechten und klugen Ritter kennen, der es an Unternehmungslust und Tapferkeit mit den Conquistadoren aufnahm, und ein treues deutsches Gemüth vor denselben voraus hatte. Es ist kaum zweifelhaft, daß er als Opfer des Nationalhasses fiel, welcher allen Deutschen in der Neuen Welt ungünstig war und in der That schon 10 Jahre nach Hutten’s Tod den Heimfall ganz Venezuela’s an die Krone Spanien durchsetzte. Der Erzbischof von Eichstätt ließ seinem Bruder in der Kirche von Maria-Sondheim bei Arnstein ein Grabdenkmal setzen, dessen Inschrift in kurzen Zügen Leben, Thaten und Tod des Helden erzählt.

Zeitung aus India Junkher Philipps von Hutten. Aus seiner zum Theil unleserlich gewordenen Handschrift in Meusel’s Hist. Litt. Magazin 1785. 1. Jahresbericht der Geogr. Gesellsch. in München für 1880.