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Artikel „Dürck, Friedrich“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 204–210, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:D%C3%BCrck,_Friedrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 21:59 Uhr UTC)
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Dürck: Friedrich D., Porträt- und Genremaler, geboren am 28. August 1809 zu Leipzig als Sohn eines sehr vermöglichen Kaufmanns. Zu seinen frühesten, von ihm selbst höchst anmuthend erzählten Jugendeindrücken gehören die Ereignisse der berühmten Leipziger Schlacht: Der eines Tages mit der Großmutter von einem Spaziergange heimkehrende Knabe fand alle Wege und Plätze mit Soldaten, Kanonen, Pulverwagen und Pferden der Avantgarde Napoleon’s gefüllt und im väterlichen Hause achtundzwanzig Mann einquartiert. Bald sah er auch vom Fenster aus den „kleinen Mann im grauen Rocke mit dem dreieckigen Hütchen“. Darauf folgte der erste Schlachttag (16. October 1813), an dessen Abend auf Napoleon’s Befehl mit allen Glocken geläutet und von den Thürmen geblasen wurde. In Dürck’s Hause lag der ganze Vorsaal voll von Kranken und Verwundeten, Deutsche, Franzosen und Kosaken durcheinander. Am nächsten Morgen riefen die Leute aber kein „Vive l’Empereur“ als der Kaiser an der Spitze seines Stabes über den Marktplatz sprengte; Einige lachten sogar, Andere ballten die Fäuste. Tags darauf, am 18. October läuteten wieder alle Glocken als (wie die „Leipziger Zeitung“ mit officieller Sinnigkeit verkündete) am Schlachtabend „die drei Allerhöchsten“ niederknieten, „um den Höchsten für den herrlichen Sieg zu preisen“, während vom Rathhause herab der Posaunen-Choral „Nun danket alle Gott!“ erscholl. Ein leicht verwundeter französischer Officier, welcher bei Dürcks einlogirt war und immer Lagerscenen, Soldaten und Pferde zeichnete, scheint dadurch großen Eindruck auf die Phantasie des Knaben gemacht zu haben, welcher nun auch in der Schule auf jedes Stück Papier Pferde und Soldaten, besonders aber Kosaken, auch den Napoleon zeichnete, zum großen Ergötzen seiner Kameraden und der Großmutter, welche ahnungsvoll diese Dinge mit dem Motto: „Es is nix, aber ’s is doch was“ sammelte und mit einem Kuß oder Apfel honorirte. Da der Vater infolge seiner durch die Zeitereignisse mißglückten Speculationen sein Vermögen verlor, so gab es schwere, bittere, harte Tage und Jahre, bis der vielgeprüfte Mann als Inspector des kgl. Jagdschlosses Hubertusburg eine Stelle erhielt. Der junge D. aber kam aus der Bürgerschule in die „Leipziger Kunstakademie“, eine höchst mittelmäßige Zeichnungsschule, welcher der alte Veit Hans Schnorr von Carolsfeld als Director vorstand. Der Knabe mußte sich indessen gut gehalten haben, weil 1822 eine Einladung von Seite seines Oheims, des kgl. bairischen Hofmalers Karl Stieler erfolgte, sich unter seiner Leitung in München weiter zu bilden. Die Reise mit dem Eilwagen (bei halber Taxe, da der jugendliche Passagier [205] nicht als voll galt) dauerte damals zweiundsiebzig Stunden in einer Tour – was unserer Generation, welche bei Courier- und Blitzzug noch Langeweile empfindet, wol ins Gedächtniß gebracht werden darf. Stieler nahm sich seines Neffen mit väterlicher Liebe und Sorge an, unterrichtete ihn selbst, da derselbe durch Peter v. Langer für den Antikensaal als nicht reif genug befunden war, und brachte ihn später doch auf die Akademie. Mit Feuereifer warf sich D. auf die Oelmalerei und das Porträt und war bald so glücklich, dem Oheim bei dessen Bildnissen helfen und Spitzen, Perlen und Stickerei malen zu dürfen. So ist beispielsweise der volle Schmuck und die überladen reichen Details auf den lebensgroßen, in ganzer Figur und im Königsornate dargestellten Bildnissen der Königin Therese und des König Ludwig I. (Schleißheim) von D., welcher dabei seinem berühmten Oheim Stieler mit nicht unerheblichen Handleistungen beistand. Das erste für ein Damenporträt erhaltene Honorar mit vier Ducaten gab, in Gesellschaft des singlustigen, wackern Wilhelm Lindenschmit aus Mainz, Anlaß zu einer Fußpartie nach Aibling und Berchtesgaden, wobei natürlich auch eine Besteigung des Watzmann erfolgte. Dann wurde zu München mit verdoppeltem Fleiße weiter gemalt, studirt und gezeichnet, auch ein Porträt Beethoven’s (nach Stieler) für Artaria in Wien auf Stein übertragen. Durch diese und ähnliche Arbeiten gewann D. die Mittel, nach vierjährigem Aufenthalte zu München wieder die Heimath zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit sah der Maler die letzte große, von König Friedrich August in Hubertusburg abgehaltene Wildschweinjagd. – Mit dem sorgfältigst durchgeführten Porträt seines Freundes und Kunstgenossen, des Malers W. Lindenschmit, eines ächt germanisch blonden, blauäugigen, geistvollen Jünglings (welchen Moritz v. Schwind in seinem „Aschenprödel“ als Prototyp der Treue verewigte), gab D. zum ersten Male im Münchener Kunstverein ein Zeugniß seiner selbständigen Kunst. D. erwarb durch diese Arbeit, ebenso durch ein darauf folgendes Genrebild die Gunst des Publicums, namentlich der höheren, kauflustigen Aristokratie, welche den Namen des Künstlers im Gedächtniß behielt und ihn mit zahlreichen Aufträgen fernerhin beehrte. Das genannte Genrebild, welches Landleute vorstellte, die vor einem beschneiten Kreuze bei winterlichem Sonnenuntergange für ein im Hintergrunde in Flammen stehendes Dorf beten, wurde 1828 vom Kunstverein angekauft und gelangte durch mehrere Hände endlich in Besitz des Baron Rothschild zu Paris. Kurz darauf antichambrirte D. als angehender Hofmaler, eingeladen von der Königin Karoline nach Tegernsee, daselbst ein Porträt König Max I. zu copiren. Der Aufenthalt an dem schönen Gebirgssee verlockte zu landschaftlichen Studien, welche D. in dem damals noch unbekannten Feldafing fortsetzte; dann aber wanderte er mit seinem Landsmann Bernhard Stange zu wochenlanger Bergeinsamkeit nach dem unter der Zugspitze gelegenen Eibsee, wo sie in einer Fischerhütte mit dem urwüchsigsten Comfort sich behalfen und D. nach Stange’s Abzug noch weiter verweilte, bis er endlich der anachoretischen Kasteiungen satt und überdrüssig, an seinem Talente zur künstlerischen Gestaltung dieser Felsenwüste verzweifelnd, in die gemäßigteren Regionen Partenkirchens zog und den ganzen landschaftmalerischen Anlauf mit einem Aufenthalte bei dem Norweger Thomas Fearnley zu Berchtesgaden und am wildromantischen Königsee beschloß. Glücklicherweise brachte Onkel Stieler unsern D. wieder in das richtige Fahrwasser mit einer Reise nach Wien (1833), wo D. nicht nur das lustige Leben der Kaiserstadt kennen lernte, sondern auch fleißig Sammetroben, Orden, Decorationen, feine Toiletten und Putz malte. In München zählte D. nach seiner Rückkehr schon zu der jüngeren Elite, welche im Hinterstübchen des Scheidel’schen Kaffeehauses Rumor zu machen [206] begann, sodaß die in der Vorderstube rauchenden und kannegießernden „Alten“ besorgt auf den Nachwuchs blickten und bisweilen die jungen Grasteufel mit ihrem Besuche beehrten. Zu diesen zahmen Titanen gehörten Wilhelm Kaulbach, der damals gerade am „Narrenhaus“ zeichnete, der heitere Philipp Foltz aus Bingen, Adolf Mende, der ebenso im Gebiete der Rechtswissenschaft, wie in der Costümkunde hochgebildete, auch als trefflicher Zeichner hervorragende Dr. Eduard Fellner[WS 1] und viele Andere, während Monten, Rottmann, Jos. Petzl u. s. w. mit olympischer Ruhe im „Herrenstübel“ eben demselben nationalen Gerstenschleim so lange opferten, bis beide Fractionen in vereinter Stärke nach dem „Café Fink“ auszogen. D., welcher nebenbei auch viel mit Studenten, namentlich edlen Kurländern verkehrte, die der Ruf der neuorganisirten Universität anzog, wagte sogar einige schüchterne Besuche in Schelling’s Auditorium, griff aber doch bald wieder nach Palette und Pinsel, um seine Freunde zu malen, darunter die Herren v. Osten-Sacken auf Dondangen, v. Derschön und v. Kleist, dessen Porträt im Kunstverein viel Aufsehen machte (vgl. Stuttgarter Kunstblatt 1834, S. 263. Raczynski 1840. II, 438). Weiteren Ruhm gewann D., welcher nun plötzlich ein gemachter Mann war, mit dem in fünf Stunden vollendeten Bildnisse des Malers Kaiser, welches nach der Meinung eines damaligen Kritikers „an die besten Werke der Venetianischen Schule zur Zeit Tizians“ erinnerte. Ein anderes Bild einer jungen und schönen Frau schien dagegen mehr mit Kügelgen’s und Ritter v. Lampi’s Manier verwandt, obwohl auch Stieler’s Einfluß unverkennbar blieb. Ebenso malte D. das Bild des Landschafters Heinlein, welches Raczynski in kleiner Copie, geschnitten von Andrew, Best und Leloir in Paris, seiner „Kunstgeschichte“ einverleibte – heute ein lehrreiches Exempel, wie nüchtern, trocken und geistlos diese damals berühmten Xylographen zu arbeiten pflegten. D. lieferte auch zeitweise einige, durch äußerste Harmlosigkeit des Inhalts, aber durch sorgfältigste Durchbildung ausgezeichneten Genrestücke: so 1830 die Scene mit einem Bruder Studio und einem Manichäer; die „Erscheinung eines Berggeistes“; eine Frau mit ihren Kindern während eines mächtigen Gewitters unter einer Felswand Schutz suchend (1834); dann folgte eine Mutter mit einem Seifenblasen machenden Kinde (1836); auch kam als Probe von Dürck’s vorübergehendem Beruf zur Landschafterei ein „See im Gebirg“ zur Ausstellung (1832). Nachdem noch die Bildnisse einiger Leuchtenberg’schen Prinzessinnen (lithographirt von Troendlin, Wölffle und Fertig) vollendet waren, rüstete sich D. mit dem Dänen Marstrand zu einer langersehnten Fahrt nach Italien. Vorerst gab es noch eine von dem damals zu München weilenden geist- und witzsprühenden Landschafter Andreas Achenbach in Sendling inscenirte Abschiedsfeier; dann ging die Fahrt mit sonnenhellem Jugendsinn durch die Schweiz, über Genua und Livorno, wo eine achtzehntägige Quarantäne abgesessen werden mußte und unter der damals üblichen Fülle von Paß-Plagereien und Zoll-Visitationen endlich über Pisa und Siena nach Rom, wo eine ganze Colonie von Künstlern, darunter Foltz, Haushofer, Aug. Riedel, Peter Schöpf, Kirner, Max Seitz u. A. den Ankömmling jubelnd in Empfang nahmen. Die Fluth neuer Eindrücke stürmte über D., der nur mit Mühe so weit sich zu sammeln vermochte, um zwei Bilder zu malen: eine junge, ihren Vogel fütternde „Albanerin“ (welches König Wilhelm von Württemberg für den Rosenstein erwarb) und ein anderes Genrebild ähnlichen Inhalts (Herzog Wilhelm von Urach). Zu ruhigem Schaffen bot das lustige Künstlertreiben keine Zeit: da gab es Weihnacht-, Neujahr- und Carneval-Feste (der große Masken-Corso fiel aus Opposition gegen die Regierung 1837 freilich aus und es kam sogar vor, daß nur der [207] Moccoli-Abend, aber auch ohne Lichter, abgehalten wurde), Colosseum-Beleuchtungen, Frühlingsfahrten, Ausflüge nach Neapel, Amalfi und Sorrent. In dieses wonnige Leben zu Neapel schlug auf einmal der Ausbruch der Cholera, welche Italien damals schon für längere Zeit unsicher gemacht hatte. Aus den dumpfen Scenen der Trauer und des Todes fuhr D. mit Gustav Jäger und Augustin Palme wiederholt und jeweilig auf längere Zeit nach dem reizenden Capri, wo sie in weltvergessener Sorglosigkeit mit den schönen Caprimädchen europäische Tänze übten und im reinsten „dolce far niente“ auf dieser seligen Insel einen glücklichen Monat verbrachten. Die Erinnerung an diese sonnigen Tage gab später noch unserem Maler die Feder in die Hand: seine „Idylle auf Capri“ bildet wirklich eine Perle unter den oft breiten, memoirenartigen Aufzeichnungen des Künstlers und liest sich, obwohl in schmuckloser Prosa, durch den activen Reiz der Unmittelbarkeit wie eine wohlklingende, abgerundete Dichtung. Die Freunde bestiegen noch den Vesuv, besuchten Ischia, Pompeji, Pozzuoli und Bajä, packten aber endlich doch zusammen und fuhren, froh dem von Quarantänen blockirten unglücklichen Neapel auf diesem Wege entkommen zu können, quer durch Italien und unangefochten von den in sichere Aussicht gestellten Briganten, nach Manfredonia hinüber, wo sie endlich, geprellt durch die im voraus bezahlte Gelegenheit mit einem Kriegsdampfer weiter zu fahren, auf einem elenden, von Korfu kommenden, Tintenpulver führenden griechischen Trabaculo nach Triest transportirt wurden. Von Venedig wendete sich D., um Versäumtes nachzuholen, furchtlos der überall spukenden Seuche trotzend, nach Parma, Florenz und Bologna, saß dann noch längere Zeit in Verona, gondelte mit seinem Freunde Eduard Arwedson auf den oberitalischen Seen, so lange die letzten Liren und Kaisergulden aushielten, bis der Maler schließlich nur durch die Bürgschaft eines gutwilligen Conducteurs per Eilwagen nach München zurückfuhr, wo zahlreiche Aufträge auf die Ankunft des Künstlers harrten, darunter die Familie des Herzogs von Leuchtenberg, Fürst Ludwig Oettingen–Wallerstein, Dr. Rohmer u. A. Bei dem Künstler-Maskenzug von 1840 (das heute noch in fröhlicher Erinnerung lebende sogenannte Albrecht Dürer-Fest) erschien D. als Anführer der Fackelträger, ging dann im Herbst desselben Jahres wieder nach Dresden und schloß mit der Frau seines verstorbenen Bruders einen sein ganzes weiteres Leben beglückenden Bund zu Hubertusburg. Sie überlebte ihren Gatten und starb 87 Jahre alt, am 5. Februar 1900. In München, wo damals Ateliers im heutigen Sinne unbekannt waren, miethete D. im zweiten Stockwerk des Odeon einen Saal – nebenan schuf der liebenswürdige Karl Schorn an seinen in der Geschichte der Münchener Kunst epochemachenden „Wiedertäufern“ – und begann, nach einer nach Venedig unternommenen Studienreise, die lebensgroßen Costümbilder des Grafen und der Gräfin Arco-Steppberg, welche damals ungetheilte Bewunderung erregten und heute noch den Schloßsaal zu Anif zieren. Von König Ludwig I. nach Berchtesgaden geladen, malte D. die Brustbilder des Freiherrn Heinrich von der Tann (Jugendfreund des Monarchen und Vater des berühmten bairischen Generals) und des Ministers Grafen Karl v. Seinsheim. Nach Vollendung des Porträts der Frau Kurfürstin Marie Leopoldine ging D. auf Schloß Kupferzell in Schwaben, um die Familie des Fürsten Hohenlohe-Waldenburg zu malen. Die Bestellungen drängten sich und verfolgten den Künstler auch in seine ländliche Sommerfrische an den damals noch weniger cultivirten Geländen des Starnberger Sees, wo zu Leoni nebenbei allerlei lustige Aufzüge, Waldfeste und Mummerei erfolgten und D. mit seinem Freunde Kaulbach und Andern die Villa des Bauraths Hiembsel mit Fresken zierte. – [208] Der Wunsch, endlich ein eigenes Heim und ein praktisches Atelier zu besitzen, verleitete D. zu einem Hausbau (das Werk des Oberbaurath Eduard Metzger 1807, † 1894), welcher der Anlaß vielseitiger Verdrießlichkeiten und Aergernisse wurde, bis D. endlich, solcher Erfahrungen müde, das Haus an Dr. v. Schanzenbach verkaufte. Hier war es, daß eines Tages ein stattlicher junger Mann von auffallender Schönheit anklopfte und nach artigster Begrüßung im reinsten Deutsch sagte: „Ich habe mehrere Bildnisse von Ihnen gesehen und komme zu fragen, ob Sie mich nicht auch malen wollen; ich bin der Kronprinz von Schweden“. Das Bild des nachmaligen Karl XV. mußte zur hohen Befriedigung ausgefallen sein, da alsbald eine Einladung des Königs Oskar an D. erfolgte. Vorerst machte unser Maler mit dem Ingenieur und Dichter Theodor Simons noch einen Ausflug nach Tirol und wagte die kühne Expedition von Fendt über die Oetzthaler Ferner ins Schnalserthal, welche zur Freude und Zufriedenheit aller Betheiligten glücklich verlief und über Finstermünz und Landeck nach Pähl zurückführte, wo D. sommerfrischelnd rastete und endlich im August 1849 über Berlin und Lübeck nach Christiania abging (1849). Die Aufnahme daselbst war eine ehrenreiche, der Maler wurde mit größter Auszeichnung behandelt. So stand ihm zu einem Abstecher nach den schönsten Wasserfällen und Bergseen Norwegens ein vierspänniger Wagen mit allem möglichen Comfort zur Verfügung. Zur Fortsetzung seiner Aufgabe nach Stockholm geladen, wohin das kgl. Hoflager übergesiedelt war, machte D., wie bei seiner Fahrt nach Norwegen, die angenehme Reise in Gesellschaft des Architekten H. E. Schirmer, über Gothenburg auf dem Trollhätta-Canal durch den Mälar-See mit dem reizenden Gewirre von Eilanden und Buchten. Auf dem Schlosse Haga malte D. die Prinzen Gustav, Oskar, die Prinzeß Eugenie und zuletzt den König. Zwischendurch gab es Ausflüge nach dem Schlosse Drottningholm (Lieblingsaufenthalt Gustav III.) und Gripsholm, wo D. viele Kostbarkeiten sah, darunter auch die erst neuestens bekannt gewordenen köstlichen Augsburger Gobelins. Zu Gripsholm war D. Augenzeuge, wie Prinz Oskar ein vierjähriges, ins Wasser gefallenes Mädchen mit kühner Geistesgegenwart vor dem Ertrinken rettete. Mit dem letzten Schiffe, welches am 9. November Stockholm verließ, dampfte der in feierlicher Abschiedsaudienz noch mit dem Wasa-Orden decorirte Maler zurück, nachdem er einen furchtbaren Seesturm vor Ystad glücklich überstanden hatte. In München häuften sich neue Bestellungen, die Porträts der Gräfin Bassenheim, der Herzogin Leuchtenberg, der Kaiserin von Brasilien mit ihrer Tochter Amalia. Im Jahre 1851 unternahm D. mit G. Flüggen eine Fahrt nach Paris und Brüssel, wo ihnen mit Ausnahme von Horace Vernet, die neuern Koryphäen gegen alles Erwarten weniger imponirten. Bald darauf finden wir ihn wieder als vielbegehrten Porträtmaler am Hofe des Fürsten von Thurn und Taxis zu Donaustauf und dann in Meran, wo D. 1852 und 1853 im Schlosse Rottenstein überwinterte und etliche Genrebilder malte, darunter den „Sonnenuntergang auf der Alpe“ (erst im Besitze der Großherzogin Mathilde von Hessen-Darmstadt, dann Eigenthum des Kaisers Wilhelm I.; eine verkleinerte Wiederholung im König-Ludwig-Album, lithographirt von Arnst), einen „Meraner Bauernknaben“ (welchen nachmals Kaiser Franz Joseph erwarb) und einen kleinen „Violin-Spieler“ (Erzherzogin Sophie). Während D. im Sommer in der vielbelobten Künstlerherberge zu Frauen-Chiemsee weilte, erging an ihn von Herzog Maximilian der Auftrag, die Kaiserbraut Elisabeth in Possenhofen zu malen – ein Porträt, welches durch Schöninger galvanographirt, in Tausenden von Exemplaren durch ganz Oesterreich flog. Nun wurde D. nach Wien entboten, wo der Maler in den sog. Alexander-Zimmern [209] (welche der Kaiser Alexander während des Wiener Congresses bewohnte) sein Atelier erhielt und seine Aufgabe mit einem Bilde des kaiserlichen Bräutigams glänzend löste. D. sah daselbst auch den Erzherzog Max Ferdinand (den nachmaligen Kaiser von Mexico), ohne jedoch dessen Bild zu malen; dagegen porträtirte er den Erzherzog Franz Carl, erkrankte aber am Typhus in bedenklicher Weise, sodaß er auf den Rath der Aerzte als Reconvalescent Wien verließ und seine Aufgaben, wozu noch ein Kaiser-Bildniß in ganzer Figur und in Feldmarschalls-Uniform kam, zu München vollendete. Im Herbst 1854 fuhr D. dann mit seinen Bildern die Donau hinab nach Wien, wo er ob eines Formfehlers unsägliche Verdrießlichkeiten und Aergernisse mit den kaiserlichen Mauthnern und Zöllnern durchzukosten hatte, bis endlich Graf Grünne den Handel schlichtete. Zu München harrte seiner schon wieder eine größere Bestellung: für eine von König Oskar zu Gripsholm erbaute Rotunde (welche die lebensgroßen Bilder sämmtlicher europäischer Monarchen vereinen sollte), das Porträt des König Otto von Griechenland zu liefern. Deshalb nach Athen zu reisen, wäre zu complicirt gewesen, D. behalf sich außer einigen Photographien mit der von Halbig nach dem Leben modellirten Büste, auch erhielt er das dazu benöthigte, prächtige griechische Costüm. Bald darauf malte D. die Königin Marie und schließlich (1858) auch den König Ludwig I., welcher für den Künstler immer eine gnädige Affection hegte, auch seiner Fürsprache gerne Gehör lieh. So war es z. B. D., welcher während einer Sitzung sich über Idee und Zweck des Künstler-Unterstützungs-Vereins weiter herausließ und als Vorstand desselben eingehenden und ausführlichen Detail-Bericht erstattete. Bald darauf erfolgte die Mittheilung, daß der greise Monarch mit der erheblichen Summe von 10000 Gulden eine Stiftung zu dieser im Stillen, namentlich für Witwen und Waisen höchst wohlthätig wirkenden Anstalt huldvollst gemacht habe. Später, kurz vor seinem Ableben, testirte der königliche Maecen abermals ein Legat von 30000 Gulden für denselben Verein. Im Jahre 1858 wurde D. an den großherzoglichen Hof nach Weimar geladen und entledigte sich seiner Aufträge ganz im Sinne eines Malers der „Haute Volée“. Als feingebildeter Sachse, kundig des guten Tons, weniger ein Meister der Rede, doch geistiger Causerie mächtig, außerdem auch gewandt mit der Feder und von anmuthender Darstellung, gewann er die hohe Aristokratie für seine Kunst. Er malte die Repräsentanten der Schönheit, einen blühenden Damenflor, Koryphäen der Wissenschaft z. B. den Kirchenhistoriker D. Hase und den Medicinalrath Dr. v. Ringseis, eine große Anzahl von Engländern und Amerikanern, die sich zeitweise geradezu in sein Atelier drängten und außer ihrem Conterfei auch Studienköpfe und Genrebilder mit in das Ausland nahmen. Was nun die letzteren betrifft, so blieb der Maler immer in einem engen Bereich des ruhigen Stilllebens: ein paar spielende Kinder, ein schönes Landmädchen, ein sanfter Engel, Schiffer- und Hirtenknaben bilden so ziemlich sein ganzes, immer salonfähiges Repertoire; dazu kam 1868 das „Brustbild einer Italienerin“, ganz umflossen von einer Morbidezza, welche den Künstler überhaupt zum beliebten Darsteller der Frauenschönheit bevorzugte. Wir, welche nun allmählich gewöhnt wurden, den Menschen entweder in nüchternster Tagesbeleuchtung mit wissenschaftlicher Pathologie behandelt zu sehen oder durch eine archaistisch gefärbte Brille betrachten zu müssen, sind häufig ungerecht in Beurtheilung dieser Maler, welche noch einen idealen Mittelweg verfolgten, an Ehrlichkeit und Wahrheit aber gewiß ebenso herzhaft hingen, wie die jüngere titanische Generation. Dürck’s ganzes Wesen war auf melodiösen [210] Wohlklang gerichtet, wie überhaupt classische Musik das ergänzende Bedürfniß seiner Seele bildete. In seinem gastlichen Hause gab es musikalische Abende, aus welchen sich später der „Oratorien-Verein“ entwickelte. Durch alljährlich wiederholte Reisen an den Rhein, nach dem Süden und der Nordsee suchte D. Herz und Auge zu erweitern. Diese Reiseeindrücke brachte er gern in Schrift, worunter der Aufenthalt auf der Insel Sylt Anlaß gab zu einem hübschen Essay. Die Gesellschaft der „Zwanglosen“, diese Elite der in München cursirenden Fülle von Kunst, Geist und Wissenschaft, dankte ihm manch angenehme Erinnerung. Die letzten, vielfach von den Leiden des Alters und einem leichten Schlaganfall getrübten Jahre benutzte der Künstler zur Ausarbeitung eines autobiographischen Rückblickes über seine Zeit; er vollendete diese Aufgabe in einem dreibändigen Memoirenwerke, welches, wenigstens auszugsweise, immer noch auf ein dankbares Publicum rechnen dürfte. D. schloß am 25. October 1884 sein an schönen Erfahrungen, Ehren und Auszeichnungen reiches, echtes Künstler-Dasein.

Vgl. Nagler 1836. III, 503. – Raczynski II, 438 ff. – Seubert 1878. I, 400. – H. A. Müller 1882, S. 149. – Nekrolog in Beil. 3 d. „Allgemeinen Zeitung“ 1885. – Pecht, Geschichte der Münchener Kunst, 1888, S. 155. – Müller-Singer, Lexikon 1895. I, 367. – Fr. von Bötticher, Malerwerke 1895. I, 243.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist der Jurist und Maler Ferdinand Fellner