Wilhelm Löhes Leben (Band 2)/Antwort des Kirchenregiments und neue Petitionen

« Die Petitionen an das Kirchenregiment Johannes Deinzer
Wilhelm Löhes Leben (Band 2)
Die Krisis »
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Antwort des Kirchenregiments und neue Petitionen.

 Inzwischen war die langerwartete Antwort des Oberkonsistoriums auf die verschiedenen im Laufe des Jahres 1849 eingereichten Petitionen und Eingaben in einem vom 17. April 1850 datierten Reskript bekannt gegeben worden. Wir lassen sie hier folgen:


Ad Num. 246.

 Im Namen Seiner Majestät des Königs.

Die in Anregung gebrachte Frage über das
kirchliche Glaubensbekenntnis betreffend.

 Die Generalsynode vom Jahre 1849 hat sich veranlaßt gefunden, die in neuerer Zeit wieder mit großem Ernste hervorgetretene Frage über das kirchliche Glaubensbekenntnis zu einem ihrer Beratungsgegenstände zu machen. Sie hat in erfreulicher Übereinstimmung sich dahin ausgesprochen, daß sie fest auf dem Grunde des Evangeliums stehe und mit unverbrüchlicher Treue bei der Lehre der evangelischen Kirche lutherischen Bekenntnisses zu beharren gedenke. Sie hat dieser Erklärung gemäß einen ihr von Dr. Ghillany, Platner und anderen aus Nürnberg zugegangenen Antrag zur Abänderung der bestehenden Kirchenlehre in gebührender Weise von sich gewiesen, und zu gleicher Zeit in einer durch den Druck veröffentlichten Ansprache ihre Überzeugung darzulegen und zu bethätigen gesucht. Endlich hat sie auch noch in ihrer letzten Sitzung mit großer Stimmenmehrheit den Antrag an das Oberkonsistorium gestellt, es wolle dasselbe

1) alle lutherischen Geistlichen bei ihrer Ordination und alle Lehrer der Religion bei ihrer Diensteinweisung verpflichten, die geoffenbarte Lehre des Evangeliums nach dem in sämtlichen symbolischen Büchern niedergelegten Bekenntnis der Kirche treu und lauter zu predigen und
2) in allen vorkommenden Fällen streng auf die Bekenntnistreue der Pfarrer und Religionslehrer sehen, die davon abweichenden aber belehren, ermahnen, warnen und bei beharrlichem Widerstande vom Amte entfernen.

 Diesem Antrag haben sich späterhin noch andere Geistliche und Gemeindeglieder angeschlossen, deshalb gesonderte Vorstellungen bei dem Oberkonsistorium eingereicht, und sich in denselben zum Teil darauf beschränkt, nur ihre Zustimmung im allgemeinen auszusprechen, zum Teil aber haben sie dem Verlangen der Synode eine noch weitere Ausdehnung zu geben versucht.

|  Das Oberkonsistorium hat jedoch bisher schon thatsächlich bewiesen, daß es die Aufrechterhaltung des kirchlichen Glaubensbekenntnisses zu den wichtigsten seiner Pflichten zählt, und gewissenhaft bemüht ist, freches Abweichen von demselben mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu verhindern. Es bedarf daher auch nicht erst einer Aufforderung, um die ihm obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen.

 Inzwischen hat es doch sämtliche Eingaben und Verhandlungen über den fraglichen Gegenstand einer sorgfältigen Erwägung unterzogen, und erteilt darauf nachstehende Entschließung:

I. Es handelt sich in denselben zuvörderst um die Verpflichtung der Geistlichen und Religionslehrer auf das kirchliche Bekenntnis, um die Wiederholung dieses Aktes bei jedesmaligem Dienstwechsel und um seine Ausdehnung auf Nichtgeistliche, welche bei irgend einem kirchlichen Amte verwendet werden sollen.
1) daß eine Verpflichtung der Geistlichen überhaupt rätlich und notwendig sei, ist bisher schon von keiner Seite bestritten worden, und wird auch für die Zukunft einem Anstande nicht unterliegen, da sie, richtig aufgefaßt, der den Grundsätzen der evangelischen Kirche gemäß gestatteten wissenschaftlichen Forschung keinen Eintrag thut, für die Handhabung der kirchlichen Ordnung unentbehrlich ist, und noch überdies dem Verpflichteten selbst eine dringende Aufforderung zum treuen Festhalten an seiner Kirche und eine feste Stütze in den Stunden der Versuchung gewährt. Sie wird daher, wie bisher, so auch künftig bei der Ordination der Geistlichen stattfinden, das Oberkonsistorium aber außerdem noch Sorge dafür tragen, daß auch den Kandidaten schon dann, wenn sie ihre Aufnahmsurkunde durch die Dekane erhalten, das Versprechen abgefordert werde, bei allen denjenigen geistlichen Verrichtungen, zu deren Vornahme sie vermöge bestandener Prüfung berechtigt sind, nach dem von der Kirche angenommenen Bekenntnisse zu lehren.
2) Der Antrag, diese Verpflichtung bei jedesmaligem Dienstwechsel von neuem vorzunehmen,[1] kann um deswillen nicht für zweckmäßig erachtet werden, weil das bei der Ordination geforderte Gelöbnis nicht für einzelne Jahre, sondern für die ganze Zeit des kirchlichen Dienstes abgelegt wird, eine Wiederholung demnach an sich schon| überflüssig wäre, außerdem aber den Eindruck mehr schwächen als verstärken würde, ja in mancher Beziehung sogar verletzen dürfte, und ohnehin bei jeder Installation eines Geistlichen auf das früher geleistete Versprechen hingewiesen wird.
3) Auch eine Verpflichtung der Religionslehrer auf treue Wahrung des kirchlichen Bekenntnisses ist da überflüssig, wo Pfarrer oder bereits verpflichtete Kandidaten diesen Unterricht erteilen. Wo denselben aber Lehrer nicht geistlichen Standes erteilen, wird das Oberkonsistorium nicht unterlassen, das Erforderliche da anzuordnen, wo bis jetzt hiefür die nötige Sorge noch nicht getroffen worden sein sollte.
4) Noch weiter zu gehen, und wie von manchen Seiten, jedoch nicht von der Generalsynode beantragt worden ist, die feierliche Verpflichtung auf das kirchliche Bekenntnis auch auf solche Personen auszudehnen, welchen kein Lehramt anvertraut ist, sondern die überhaupt nur in kirchlichem Dienste verwendet werden, und von allen diesen die Erklärung zu verlangen, daß sie wenigstens mit dem kleinen lutherischen Katechismus und der Augsburgischen Konfession in ihrer Denk- und Sinnesweise übereinstimmen, muß für eine allzuweit getriebene, zum Teil sogar verletzende und unausführbare Vorsichtsmaßregel angesehen werden, und es ist um so mehr davon Umgang zu nehmen, als schon die Generalsynode eine Wahlordnung für solche Personen in Antrag gebracht hat, die nur gehörig in Anwendung gebracht zu werden braucht, um Unwürdige oder Ungläubige vom Dienste der Kirche fern zu halten.
5) Was endlich die Verpflichtungsformel für die Geistlichen betrifft, so lautet dieselbe gemäß eines unter dem 3. November 1841 ergangenen Ausschreibens von Seiten der obersten Kirchenstelle folgendermaßen:
„Ich gelobe, die geoffenbarte Lehre des heiligen Evangeliums nach dem Bekenntnis der Kirche rein und lauter zu predigen und die heiligen Sakramente ihrer Einsetzung gemäß zu verwalten.“
 Der Sinn dieser Worte kann nicht zweifelhaft sein. Denn jeder Geistliche weiß und muß wissen, daß die evangelische Kirche ihr Bekenntnis in ihren symbolischen Büchern niedergelegt hat, und daß man von ihm verlangt, in Übereinstimmung mit diesen zu lehren und zu predigen. Es ist daher auch kein ausreichender Grund vorhanden, dieser Formel eine andere Fassung zu geben, und| das Oberkonsistorium kann sich um so weniger dazu bewogen finden, als auch bei der genauesten Formulierung mißbräuchliche Deutungen nicht zu vermeiden sind, und es jedenfalls angemessener ist, selbst auf die Gefahr des Mißbrauchs hin dem angehenden Geistlichen Vertrauen zu schenken, als ihm gleich beim Eintritt in seinen heiligen Beruf mit kränkendem Mißtrauen entgegen zu kommen. Das Oberkonsistorium erachtet sich aber für verpflichtet, hiebei ausdrücklich zu erklären, daß es jede andere, als die oben gegebene Deutung der Worte für unzulässig erachtet, und daß es wie bisher schon, keinem Geistlichen gestatten wird, die Lehren der heiligen Schrift bei amtlichen Vorträgen und kirchlichen Handlungen willkürlich nach eigenen Mutmaßungen auszulegen.
II. Ein weiterer Antrag der Generalsynode, dahin gehend, daß das Oberkonsistorium in allen vorkommenden Fällen streng auf die Bekenntnistreue der Pfarrer und Religionslehrer sehen, die Abweichenden belehren, ermahnen, warnen, und bei beharrlichem Widerstande vom Amte entfernen möge, erledigt sich durch das so eben Gesagte von selbst.
III. Aber die kirchliche Lehraufsicht über die Geistlichen ist es nicht allein, deren Übung vom Oberkonsistorium verlangt wird, mehrere der bei der unterfertigten Stelle in Vorlage gebrachten Eingaben wollen auch den Gemeinden gegenüber eine Lehrzucht in Einführung bringen. Sie beantragen demnach, zum Teil unter den herabwürdigendsten Ausfällen gegen das von der Generalsynode in dieser Sache beobachtete Verfahren, eine von dem obersten Kirchenregimente ausgehende, von den Kanzeln zu verkündigende förmliche und feierliche Exkommunikation der Unterzeichner der bei der letzten Generalsynode eingekommenen oben erwähnten Adresse, so wie überhaupt aller offenbaren Verächter der Grundlehren des Evangeliums, so fern sie nicht widerrufen und ihre Sinnesänderung reumütig bekannt haben. Mit diesem Antrage wird nicht der sogenannte kleinere Bann, welcher in der Ausschließung von der Absolution und von dem heiligen Abendmahle besteht, sondern der sogenannte größere Bann oder die eigentliche Exkommunikation, mithin eine Ausschließung von der Gemeinschaft der Kirche, verlangt. Diese Exkommunikation soll vollzogen werden nicht bloß an einzelnen Individuen, sondern an ganzen Massen; nicht an offenbar lasterhaften, durch ihren anstößigen Lebenswandel Ärgernis gebenden Personen, sondern an solchen, die hinsichtlich der Lehre irre geleitet sind und dem kirchlichen Bekenntnisse widersprechen; nicht nach vorgängiger Anwendung der altkirchlichen, von den Reformatoren auf Grund der heiligen Schrift ausdrücklich verlangten Warnungs-| und Ermahnungsgrade, sondern mit Umgehung oder mit bloß willkürlicher Voraussetzung derselben; endlich nicht bloß an denen, welche man bereits dem Namen nach kennt, sondern auch an solchen, welche als Verächter der Grundlehren des Evangeliums erst noch ausgeforscht und namhaft gemacht werden müßten. Es leuchtet ein, daß mit einem solchen Verlangen ein Verfahren hervorgerufen werden will, das in dieser Ausdehnung und Behandlungsweise kaum jemals in der evangelischen Kirche vorgekommen sein dürfte. Es handelt sich hiebei nicht um die Frage, ob unserer Kirche überhaupt das Recht zustehe, die kirchliche Disciplin in ihren verschiedenen Abstufungen, in ihren höheren und niederen Graden zu üben. Denn dieses Recht gründet sich auf die heilige Schrift und auf die daraus geschöpften allgemein bekannten Erklärungen der symbolischen Bücher; es ist deshalb unbestritten und selbst in der Verfassungsurkunde durch die Paragraphen 40–43 des Ediktes über die äußeren Rechtsverhältnisse des Königreiches Bayern in Beziehung auf Religion und kirchliche Gesellschaften, gewährleistet. Auch ist dieses Recht in seiner ersten oder untersten Stufe, welche in der Ausschließung von der Absolution und vom heiligen Abendmahle besteht, in unserer Kirche bisher in Übung geblieben, und es soll dieselbe nach der hierüber von der obersten Kirchenbehörde gegebenen Verordnung auch ferner in unbeschränkter Geltung bleiben, womit dem Antrage der Generalsynode auf eine wiederholte Einschärfung jener Verordnung in genügender Weise entsprochen ist. Aber eine ganz andere Frage ist, ob die Ausübung dieses Rechtes in seiner obersten Stufe, in der förmlichen und feierlichen Ausschließung von der kirchlichen Gemeinschaft, unter den bestehenden Verhältnissen – und nachdem dieses Recht seit dem 17. Jahrhundert ganz außer Übung gekommen ist, als rätlich und der Kirche so wie ihren Gliedern als förderlich erkannt werden könne; denn nicht dazu kann nach den Grundsätzen und nach der übereinstimmenden Praxis unserer Kirche die Exkommunikation als förmliche Ausschließung von der kirchlichen Gemeinschaft geübt werden, daß sie als eine bloße Strafe ohne nachfolgende wirksame Frucht erscheine; vielmehr soll sie ein Heilmittel sein, das diejenigen, bei welchen es in Anwendung kommt, wieder zu der Kirche zurückführen und darum von ihnen selbst als eine Wohlthat erkannt werden soll, wie denn nach altkirchlichem Gebrauche selbst die Ausgeschlossenen noch zur Teilnahme an der Predigt berechtigt und verpflichtet waren, und so in gewisser Weise noch als Glieder der Kirche betrachtet worden sind. Wird nun| abgesehen von der Willkür des in Antrag gebrachten Exkommunikationsverfahrens, die Frage in Erwägung gezogen: welche Wirkung sich überhaupt von einer Exkommunikation oder Ausschließung aus der Kirche unter den bestehenden Verhältnissen – und wo die Fähigkeit, eine solche kirchliche Zucht als ein Heilmittel zu betrachten, fast überall verloren gegangen und nicht wieder geweckt ist, erwarten lasse? so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß diese Wirkung, wie das auch in einer sehr besonnen gehaltenen Eingabe mehrerer Geistlichen wohl anerkannt und begründet worden ist, keine der Kirche förderliche, sondern ihr höchst nachteilige und schädliche sein würde. Die von der Kirche mittelst eines förmlichen Exkommunikations-Aktes Ausgeschlossenen würden mit großer unheilbarer Bitterkeit von ihr sich abwenden, und eine Masse Unentschiedener und Irregeleiteter, die mit der Macht des göttlichen Wortes und mit der Geduld seelsorgerlicher Liebe für die Wahrheit gewonnen werden könnten, zu der Genossenschaft der entschieden Ungläubigen hinüber drängen. Bei dem Antrag einer solchen Exkommunikation ist ganz außer acht geblieben, daß die von gewissenhaften Geistlichen und Seelsorgern auf die Unterzeichner der genannten Adresse versuchten Einwirkungen nicht ohne Frucht geblieben sind, und das frühere Verhältnis sich auch in so fern geändert hat, daß mehrere Unterzeichner dieser Adresse seitdem zu den sogenannten freien Gemeinden übergetreten sind, und damit selbst von der Gemeinschaft unserer Kirche sich ausgeschlossen haben.
 Die unterfertigte Stelle beklagt die offene Verachtung, welche gegen die Grundlehren des heiligen Evangeliums auch im Schoße unserer Kirche an manchen Orten hervortritt, und spricht hierüber ihren tiefen Schmerz und ihre gerechte Mißbilligung mit demselben Ernste aus, wie dies von der letzten Generalsynode in einmütigem Beschlusse geschehen ist. Aber indem sie mit allen treuen Gliedern der Kirche wünscht, daß diesem drohenden Übel mit erfolgreichem Nachdrucke begegnet werde, muß sie das hiezu vorgeschlagene Mittel der Exkommunikation als ein unzeitiges, zweckloses und höchst bedenkliches eben so entschieden zurückweisen, als auch die vereinigte Generalsynode für ein solches Mittel sich auszusprechen unterlassen hat. Mit vollem Vertrauen wendet sich dagegen die unterfertigte Kirchenstelle an den Eifer und an die bereits vielfach erprobte seelsorgerliche Thätigkeit der Geistlichen, und ermahnt sie mit väterlichem Ernste, in dieser von vielen Gefahren und Versuchungen bedrohten Zeit ihres heiligen Amtes mit um so größerer Sorgfalt und Treue in Wort und Wandel zu pflegen, in der Einigkeit des Glaubens sich gegenseitig zu stärken und zu fördern, immer| nur darauf bedacht zu sein, daß das Evangelium in seiner vollen, Geist und Leben erweckenden und erneuernden Kraft dem christlichen Volke gepredigt werde, die Wankenden und Irrenden in den Gemeinden mit Geduld und mildem Ernste zu belehren und zu vermahnen, und die Hoffnung nicht aufzugeben, daß es ihnen unter dem Beistande Gottes gelingen werde, auch diejenigen wieder mit der Kirche zu versöhnen, die in Gefahr sind, sich von ihr abzuwenden. Und wie in Mitte der Gemeinden noch überall treue Bekenner der evangelischen Wahrheit gefunden werden, so ist mit Zuversicht zu hoffen, daß die in unserer Kirche vorhandenen Glaubenskräfte sich mehr und mehr vereinigen und stärken, und dem wachsenden Strome des Unglaubens in immer wirksameren Erfolgen begegnen werden. Die stärkste und unverrückteste Zuversicht aber ruht auf den niemals fehlenden und alle Widersacher bewältigenden Schutz dessen, der als Haupt seiner Gemeinde bei ihr sein wird alle Tage bis an der Welt Ende, und sie auf den unerschütterlichen Fels seines Wortes selbst wider der Hölle Pforten gebauet hat.

 Das Königliche Konsistorium wird beauftragt, das Erforderliche zu verfügen, damit der Inhalt des Vorstehenden den Geistlichen sowohl, als den übrigen Mitgliedern der Generalsynode in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht werde.

 München, 17. April 1850.

Königliches protestantisches Oberkonststorium
v. Arnold.


 Löhe und seinen Freunden schien hiemit „Wesentliches erreicht und Boden gewonnen zu sein für weiteren Kampf.“ Abgesehen von dem in dem Erlaß waltenden „Geist der Unbußfertigkeit und mangelnden Wahrhaftigkeit“ (da alles bleiben solle „wie bisher“) enthalte er im einzelnen viel Erfreuliches und Dankenswertes: einmal die offene und unumwundene Anerkennung der Notwendigkeit und Heilsamkeit einer Verpflichtung auf das Bekenntnis der Kirche, ferner das Versprechen, daß die Verpflichtung nicht nur auf die zu ordinierenden, sondern auch auf die erst aufzunehmenden Kandidaten sich erstrecken solle; drittens eine ziemlich befriedigende, authentische Interpretation der an sich zweideutigen bisherigen Verpflichtungsformel der Ordinanden; viertens die Anerkennung des Rechts der| kirchlichen Zucht und Disciplin als durch Schrift, Symbole und Kirchenrecht begründet und insbesondere die Erklärung, daß die Übung des kleinen Bannes auch ferner in unbeschränkter Geltung bleiben solle.

 Dagegen beklagte man als Übelstände den Mangel eines bestimmten Befehls zur Zuchtübung (bei aller Anerkennung des Rechts dazu), sowie einer demselben erst Nachdruck und Maß gebenden Zuchtordnung etc.; auch glaubte man sich gegen Mißdeutungen verwahren und gegen irrige Behauptungen wie die, daß grobe Lästerer nicht in die Reihe der öffentlichen Sünder gehörten, Widerspruch einlegen zu müssen.

 So wurde denn in einer bei Gelegenheit des Missionsfestes in Nürnberg abgehaltenen Versammlung der Gesinnungsgenossen Löhes – derselben, bei welcher auch die inzwischen gegründete Gesellschaft für innere Mission durch einen gottesdienstlichen Akt in der Ägydienkirche in die Öffentlichkeit eingeführt wurde, eine neue Eingabe an die oberste Kirchenbehörde beraten. Die vom 20. Juni 1850 datierte Eingabe, welche unter Nr. 4 im Anhange mitgeteilt ist, enthält zunächst eine Danksagung für das in der Entschließung des Oberkonsistoriums vom 17. April gewährte „Geschenk der Verpflichtung auf die Bekenntnisse der lutherischen Kirche, Lehrzucht und Zucht im allgemeinen“ und stellt hierauf die Bitte „um völlige Trennung der Lutheraner und Reformierten in der bayerischen Landeskirche.“

 Der Fortschritt von den vorigen zu dieser Petition war ein naturgemäßer und innerlich berechtigter. War dem Grundsatz nach das Recht der lutherischen Kirche in Bayern anerkannt, so durfte auch die Konsequenz der That nicht fehlen. Eine solche kirchliche That verlangte man denn in der Petition vom 20. Juni 1850. Daran mußte der Wert und die Bedeutung der in dem Oberkonsistorialerlaß vom 17. April gegebenen Zusicherungen sich offenbaren.

|  Löhe war eigentümlich zu mute. Der Freude über das Erreichte und der Hoffnung, in der bayerischen Landeskirche bleiben zu können, mischte sich doch auch ein Gefühl tiefer Trauer bei über so viele noch vorhandene Übel. Er sehnte sich nichtsdestoweniger aus Zuständen weg, die durch Worte ja nicht geändert werden.“ „Auf alle Fälle – schreibt er an P. Eichhorn – gehört mein Herz mehr den freieren Bildungen der lutherischen Kirche als der Landeskirche.“ P. Eichhorn kämpfte damals einsam seinen Kampf, der mit seinem Austritt aus der badischen Landeskirche endigte. Die Ähnlichkeit seiner Lage mit der Löhes – bei aller Verschiedenheit der kirchlichen Zustände in Baden und in Bayern – verdoppelte die innige, brüderliche Teilnahme, mit welcher Löhe seinen guten Kampf für die Wahrheit begleitete. Der Jubel, in welchen er bei der Kunde von dem erfolgten Austritt Eichhorns aus der Union ausbrach, und die begeisterten Worte, mit welchen er den „edlen Konfessor“ selig pries, daß er „der Ehre der Schmach Christi“ gewürdigt worden, lassen einen Blick in sein Herz thun und ahnen, wie ihm zu mute gewesen wäre, wenn ihm damals die Stunde der Befreiung aus dem Jammer landeskirchlicher Zustände geschlagen hätte. „Nun ist – schreibt er in jenen Tagen an P. Eichhorn – Ihr Ja ein Ja, und nicht zugleich ein Nein, wie bei den Unierten und die Posaune giebt einen deutlichen und klaren Klang. Nun sind sie ein Diener Dessen, der Treu und Wahrhaftig heißt – und die größte Ehre eines Mannes, seiner Überzeugung völlig zu leben, ist auf Ihrem Haupte. Wenn Sie nun predigen, heißt es: „Ich glaube, darum rede ich.“ Wenn Sie nun zum Altare gehen, Gottes Sakrament zu halten und zu nehmen, wird es sein, wie wenn die Hüllen weggenommen würden, und die Klarheit des HErrn wird um Sie leuchten. Kurz, ich freue mich und bin gewiß, daß sich alle Brüder freuen und daß auch im Himmel Freude darüber ist, daß wieder einmal die Wahrheit gestählt hat alles zu verleugnen, und| daß das Verhältnis zum König der Wahrheit die Fesseln aller anderen Verhältnisse zerbrach. Wenn Sie über diesen Schritt Ihr ganzes zeitliches Glück verlören, so wäre der ganze Verlust Gewinn, denn wer sein Leben verliert um Seinetwillen, der wirds finden. Ein einziges Wörtchen versüßt alles, das Wörtchen „Kreuz“, denn was ist das Kreuz, wenn nicht das Leiden, das wir um Christi und Seiner Wahrheit willen tragen können. Sie haben gethan was Sie thun mußten, um Seinetwillen mußten; wohlan, so möge Sie das Gute nicht gereuen und keine Klage verdunkle Ihr tatsächlich Bekenntnis zu Jesu und Seiner heiligen Kirche. Ich bin aber auch der guten Zuversicht, daß es Ihnen, je mehr Ihr Herz seines Ganges erfreut wird, desto weniger an irgend einem Gute fehlen wird. – Ich finde Ihre Aufgabe nicht leicht, aber herrlich. Sie sind nicht ein einsames Käuzlein in verstörten Stätten, sondern das Morgenrot ist auf Ihrer Stirne und Christus ist mit Ihnen. Ich kann mir ja unmöglich denken, daß Ihr treues Zeugnis nicht von den Tausenden, die ein Raub der Union geworden sind, wenigstens etliche wieder brächte. Der HErr gebe Ihnen zur Thräne im Auge gesegneten Samenwurf. „Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen; Sie kommen mit Freuden und bringen Garben.“

 Auch folgende Stelle aus einem späteren Brief an P. Eichhorn, in welchem er diesem zu seinen „Banden in Christo“ gratuliert, darf hier wohl mitgeteilt werden, weil aus ihr ersichtlich wird, daß der innerste Beweggrund zu Löhes Kampf gegen Union und unionistisches Wesen nicht orthodoxistischer Starrsinn und konfessionelle Borniertheit, sondern die Liebe und Wertschätzung des heiligen Sakramentes war, in welchem er das Kleinod der lutherischen Kirche erkannte.

 „Die Sache, welche Sie führen, ist klar – schreibt er am 27. Mai 1851 an Eichhorn – schon am Punkt des heiligen Mahls.| Während wir Lutheraner uns anbetend neigen, wenn uns die himmlische Gabe gereicht wird, wenn wir den Leib genießen, des Anschauen die Auserwählten selig macht, und das Blut, das – nach dem Ebräerbrief – alle Himmel reinigt, versichert die reformierte Kirche den Ihrigen, sie empfingen nur Brot und Wein, per accidens eine himmlische Tröstung etwa, die man metaphorice mit dem Namen Leib, Blut Christi bezeichnen kann. Es ist eine Kluft, um einen ganzen Himmel unterschieden. Und diese Kluft achtet die unierte Kirche für klein, indifferenziert, wo der größte, der mächtigste Unterschied im Vorhof des ewigen Abendmahls obwaltet, lullt recht absichtlich den Christen in Gleichgiltigkeit ein über die größten Güter, welche Christus zurückließ. Wenn wir schwiegen, müßten Steine schreien. Auch wenn wir fehlen und Schwachheit uns hie und da befällt, wir wissen doch, daß wir die Brüder und alle Christen lieben, weil wir ihnen den ewigen Hort retten wollen. Leiden wir dafür, so sind wir selig.“
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 Überhaupt war es der Blick auf die da und dort sich zeigenden Anfänge freikirchlicher Bildungen, der Löhe über dem Jammer landeskirchlicher Übelstände tröstete und seine Seele aus ihrer Niedergeschlagenheit hob und mit froher Hoffnung erfüllte. Er sah in ihnen die edelsten Regungen und die kräftigsten Beweise noch vorhandenen Lebens in der lutherischen Kirche. Ihnen galt sein teilnehmendstes Interesse, seine Unterstützung mit Rat und That. Auch hatte er an der Entstehung der meisten separierten Gemeinden im westlichen und nördlichen Deutschland (Köln, Nassau, Hamburg etc.) oder doch an der Pflege ihrer Anfänge mehr oder minder großen Anteil. „Er war – schrieb dem Verfasser einmal ein Beteiligter – für uns wie ein Bischof, zu dem wir uns – wenn der Vergleich erlaubt ist – in einem ähnlichen Verhältnis wußten, wie ein Titus oder Timotheus zu Paulus.“ Wie gar nicht er – selbst zur Zeit des heißesten Kampfes – in lokalkirchlichen Interessen aufgieng,| wie frei und das Ganze überschauend, wie wahrhaft ökumenisch sein Standpunkt war und zugleich welch weite Horizonte seiner Thätigkeit zum Besten der lutherischen Kirche sich eröffneten, mag folgende Stelle aus einem Briefe an Baron v. Maltzan vom 26. November 1850 zeigen. Löhe erstattet dort dem von ihm hochverehrten Landrath F. v. Maltzan über eine Reise in das nordwestliche Deutschland Bericht. „Für Hamburg – schreibt er – war meine Reise nicht ohne Folgen. Ich kündigte den Leuten meinen Freund, Schloßprediger Meinel von Bundorf, zum Pfarrer an. Er war seitdem dort und ist nur zurückgekehrt, um seine hiesigen Verhältnisse zu lösen. In Essen, wo eine meist aus Frauen bestehende, sehr kleine und doch im Wachsen begriffene lutherische Gemeinde zu finden ist, denkt man eifrig an den Bau einer lutherischen Kapelle. Achtzehn bis neunzehn Seelen bauen eine Kirche. Ich predigte der kleinen Schar. In Köln wächst die Gemeinde (der Löhe in P. Rüger einen treuen Seelsorger gegeben hatte) sehr heran. Ich freute mich dortselbst sehr und predigte auch dort. Wie Köln, so wäre vielleicht jede Stadt am Rhein bald der Sitz einer lutherischen Gemeinde, wenn man Prediger dorthin setzen könnte... Am meisten freute ich mich in Nassau. Ebert war schon vor meiner Reise Brunn zu Hilfe gereist. Ich kam nun gerade recht, um mit Brunn, Rudel und Rüger ihn zu ordinieren und freute mich des Lebens, das unter den dortigen Gliedern Christi ist. Wenige Tage nach meiner Heimkehr reiste mein teurer Schwestersohn J. Fronmüller ab und ist nun bereits Pfarrer einer dritten Gemeinde am Westerwald... In Steeden kam ich mit denjenigen hessischen Geistlichen zusammen, welche zum Austritt gedrängt sind. Sie haben meines Erachtens keine andere Wahl und ich bin sehr begierig, was die nächste Zukunft bringt. Ist erst alles noch etwas mehr erstarkt, so werden sich wohl freie lutherische Gemeinden zusammenschließen zu lutherischen Diöcesen und zugleich freierer und festerer Organisation. Da ich| nahe Heidelberg eine teure Schwägerin besuchen mußte, so konnte ich auch ein Stündchen bei Pfarrer Eichhorn in Nußloch zubringen. Ich kam grade recht, um die letzten Bedenklichkeiten in Betreff seines Austritts aus der badischen Union zu beseitigen. Er ist seitdem ausgetreten und wird hoffentlich ein Sammelpunkt für viele Badenser, welche den letzten Trübsalen widerstanden. – Eben laborieren wir daran, einen Missionar nach London zu senden, der unter den 40,000 dortigen Deutschen, von denen nur 3000 versorgt sein sollen, Arbeit suchen soll. Ein anderer Reisender, der bei mir ist, soll Frankreich durchreisen. Wunderlich macht es sich, daß ich eine Mission nach Kalifornien zu leiten habe. Dort hofft man unter Deutschen und Chinesen zu wirken... Vielleicht gilt es mir, im Frühjahr eine kleine Gemeinde in Verona zu organisieren; wenigstens zeigen sich kleine Anfangsspuren. Dann zöge mich wohl einmal der Süden. Es zieht mich aber auch das liebe Rothenmoor“ etc.

 Doch ist es Zeit, von dieser Abschweifung wieder zur Darstellung der kirchlichen Verhältnisse in Bayern zurückzukehren.

 Über ein Jahr war verflossen, seit die letzte Eingabe Löhes und seiner Genossen an die oberste Kirchenbehörde abgegangen war. Noch war keine Bescheidung derselben erfolgt. Für Löhe wurde das Ausharren in solchen konfessionell verwirrten Verhältnissen immer drückender. Am meisten beschwerte ihn die fortdauernde Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern und Reformierten, die in gewissen Gegenden Bayerns bestand und „von der Kirchenbehörde nicht bloß geduldet, sondern z. B. auf den bayerischen Moosen sogar angestrebt wurde.“ Hier Wandel zu schaffen hielt Löhe für eine ebenso unzweifelhafte Befugnis (weil die Union ja kein verfassungsmäßiges Recht im Lande habe), als für eine dringende Pflicht der obersten Kirchenbehörde. Sein Kampf gegen das unionistische Wesen im Lande konzentrierte sich jetzt für ihn mehr und mehr auf die Frage der reinen und ungemischten Abendmahlsgemeinschaft.| Traf das Kirchenregiment keine ernsten Maßregeln zur Abstellung dieser „Sünde der Abendmahlsmengerei“, so schien ihm der Beweis geliefert, daß die lutherische Kirche als solche kein Recht zur Existenz in Bayern habe.
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 Man konnte Löhe einwenden, daß er mit seiner Gemeinde von diesen Übelständen ja nicht direkt berührt sei. Allein dieser Trost verfieng bei ihm nicht. In der schon mehrfach erwähnten Schrift: „Unsere kirchliche Lage“ etc. begegnet er diesem Einwande mit folgenden ernsten Worten: „Wenn man uns davon überzeugen könnte, daß uns nichts angehe, als einen jeden die Arbeit in seiner Gemeinde, daß wir Kains Wort: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ mit gutem Gewissen nachsprechen könnten: man thäte uns einen Dienst, man brächte uns zur Ruhe, die wir sehnlich wünschen. Aber es ist nichts mit diesem Rate. Wir sind Glieder am Leibe und Knechte im Hause des HErrn; durch beiderlei unzweifelhafte Beziehung wird uns nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der Liebe und Mitsorge für den ganzen Leib, für das ganze Haus des HErrn übergeben... Es ist unsre Bruderpflicht und überdies unsre Amtspflicht, für das Ganze zu leben. Und dann – – ist denn nicht die einzelne Gemeinde, an der ein jeder arbeitet, ein Teil des Ganzen? Krankt und leidet sie doch mit, hat sie doch Last und Übel der Gesamtheit zu tragen. Wir können die einzelne Gemeinde nicht als ecclesiola in ecclesia, so losgerissen vom Ganzen, so völlig ohne Rücksicht und Beziehung aufs Ganze betrachten, so ganz ohne Einfluß des Ganzen leiten und weiden, daß sie gleich einer glücklichen Oase in der Wüste, wie eine auserwählte, abgesonderte Schar ihr eigenes seliges Schicksal hätte. Wir können nicht und ob wirs wollten oder thäten, wie schnell würde man uns mit vollem Rechte wehren! So kommts denn, daß wir, ein jeder in seiner Gemeinde, mitten in den Übeln sitzen. Jede Gemeinde ist von der allgemeinen Not berührt, vom allgemeinen Verderben ergriffen –| und es wird mit ihr, so lange sie im Komplex des Ganzen ist, nicht durchgreifend besser werden, wenn nicht das Ganze besser wird.“

 Von solchen Anschauungen aus erklärt es sich, daß Löhe jetzt (es war im Jahre 1851) nicht länger ohne Sünde in der bayerischen Landeskirche verharren zu können glaubte, falls von Seiten des Kirchenregimentes nicht ernstliche Schritte zur Abstellung des ihn am meisten beschwerenden Übelstandes der gemischten Abendmahlsgemeinschaft geschähen. Darum bat er denn in einer Eingabe vom 2. Juli 1851 – in seinen Briefen „Mein Ultimatum“ genannt, die ebenso gemäßigt in der Form als entschieden im Inhalt war und der es der vorurteilsfreie Leser wohl abfühlen wird, daß sie wirklich war, als was sie sich bezeichnete: der Ausdruck der Gewissensnot der Petenten und ihrer letzten Hoffnung auf Menschenhilfe.

 Löhe war bereits auf das Ernsteste gefaßt, aber auch bereit, was da komme über sich ergehen zu lassen. An dem Tage, an welchem er die erwähnte Eingabe an das Konsistorium unterzeichnet hatte, schloß er einen Brief an Wucherer mit den Worten: „Gott mache und erhalte uns wacker in Seinem Streit und müssen wir siegend (‚besiegt‘ wird man sagen) vom Platze gehen, so gebe er uns ein fröhlich Herz und edlen Frieden, daß wir ihm nicht seufzend und traurig Opfer bringen. Was haben wir denn schon um Seinetwillen Großes gelitten? Ich meinerseits bin ein armer Sünder und will mich in meinen Staub legen und Gott loben, wenn ich um Seines Abendmahls, Seines Leibes und Blutes willen ein wenig leide.“

 Wir lassen um ihrer Wichtigkeit willen die Eingabe, die außer von Löhe nur noch von Stirner und Wucherer unterschrieben war, hier im Kontext folgen.


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Neuendettelsau, den 2. Juli 1851.
Königliches protestantisches Oberkonsistorium!
 Gehorsamste Vorstellung der unterzeichneten Geistlichen, Aufhebung der kirchlichen Vereinigung und Abendmahls-gemeinschaft mit den Reformierten und Unierten betreffend.
 Bereits ein Jahr ist es, seit wir unterthänigst gehorsamst Unterzeichneten in Gemeinschaft mehrerer anderen mittelst einer Eingabe vom 20. Juni 1850: „unterthänig gehorsamste Danksagung mehrerer Geistlichen und Gemeindeglieder, betreffend das Geschenk der Verpflichtung auf die Bekenntnisse der lutherischen Kirche, Lehrzucht und Zucht im allgemeinen infolge Entschließung des königlichen Oberkonsistoriums vom 17. April 1850, desgleichen Bitte, betreffend die nötige Trennung der lutherischen und reformierten Kirchen in der bayerischen Landeskirche“, mit warmem Vertrauen die Bitte an ein Königliches protestantisches Oberkonsistorium gestellt haben, bei der bevorstehenden Revision der Staatsverfassung auf Aufhebung der kirchlichen Gemeinschaft der Lutheraner und Reformierten in Bayern hinzuwirken. Bei den beiden letztvergangenen Sitzungen des Landtages ist keine Vorlage in diesem Betreff erfolgt, und auch für die nächste Zukunft steht unter den obwaltenden Umständen keine solche Vorlage in Aussicht; vielmehr scheinen wir mit unseren Wünschen und Hoffnungen auf eine ungewisse Zukunft verwiesen. Schon bei mehrfachen Gelegenheiten hat Ein Königliches protestantisches Oberkonsistorium wahrgenommen, wie viel Beschwerendes der gegenwärtige Zustand des protestantischen Kirchenwesens in Bayern für uns und manche andere unter unsern Glaubensgenossen hat. Der lutherischen Kirche, welcher wir zugethan sind, ist ihr altes Recht durch die Staatsverfassung und die aus ihr folgende Praxis so vielfach verkümmert, daß uns dieser Zustand je länger je mehr als unerträglich erscheint, und zwar in gleichem Maße, als die Liebe zur Kirche zunimmt, als der Drang und das Bedürfnis erstarkt, das Band, welches uns an die lutherische Kirche der früheren Zeiten sowohl als der Gegenwart fesselt, auch an der äußeren Gestalt der Landeskirche und ihren Einrichtungen unzweideutig zu erkennen. Dennoch würden wir, sei es auch mit noch so schwerem Herzen, in Geduld eine vielleicht zu hoffende allmähliche Entwickelung der Verhältnisse zum Besseren abwarten, wenn wir uns der Überzeugung erwehren könnten, daß das Verbleiben in dem gegenwärtigen Zustande nicht allein gewissensbeschwerend, sondern auch für die Gewissen gefährlich und verantwortungsvoll| ist. Sind wir doch nicht bloß verfassungsmäßig kraft bestehender Dokumente eine protestantische Gesamtgemeinde mit denjenigen, mit denen wir es nach Gottes Wort weder sein können noch, sollen; steigt uns doch, so oft wir zum Altare treten, der uns tief bekümmernde Gedanke in der Seele auf, daß die Kirche, zu der wir gehören, Abendmahlsgemeinschaft mit Reformierten und Unierten hält; daß diese Abendmahlsgemeinschaft bei Gelegenheit der Verpflanzung pfälzischer Regimenter herüber und fränkischer Regimenter hinüber über den Rhein gewissensbeschwerender als je hervorgetreten ist.

 Diese, so wie andere Gebrechen, welche der sichtbaren Darstellung einer lutherischen Kirche in Bayern im Wege stehen, wurzeln in der Vereinigung beider protestantischer Konfessionen zu einer Gesamtkirche mit gemeinschaftlichem kirchlichen Organismus. Die Aufhebung dieser Vereinigung und zunächst die hochbeschwerlichen Folgen derselben in der Abendmahlsgemeinschaft ist und bleibt unter den jetzigen Umständen unser hohes kirchliches Anliegen. Würde uns sichere Aussicht auf baldige Erledigung gegeben, so würden wir mit dem status protestationis, in welchem wir uns fühlen und befinden, unser Gewissen beruhigen; bleibt uns die trostlose Aussicht in eine ungewisse Zukunft, so tritt uns die Erwägung gebieterisch vor die Seele, ob es noch ein anderes Mittel gäbe, den Gewissen zu helfen, als die Landeskirche zu verlassen. Wie viele andere gleich uns zu solcher Erwägung sich werden gedrungen fühlen, vermögen wir nicht zu ermessen. Wir haben es für angemessen gehalten, von dieser unserer unterthänigsten Vorstellung nicht viel Mitteilung zu machen, niemand weiter zur Teilnahme einzuladen. In jedem Falle hoffen wir den Ausdruck unserer Gewissensnot von unseren Kirchenoberen mit väterlichem Herzen aufgenommen zu sehen. Zu solchen nehmen wir diese unsere letzte Zuflucht und bitten mit flehendem Aufblick zu dem, der unsere Oberen zu Vätern seiner Kirche, ihr zu gut, gesetzt hat:

Ein Königliches protestantisches Oberkonsistorium wolle gnädigst geruhen, in väterlicher Berücksichtigung unserer Gewissensnot baldigst darüber Aufklärung zu uns herab gelangen zu lassen, ob dasselbe eine völlige Aufhebung der kirchlichen Vereinigung und Abendmahlsgemeinschaft der Lutheraner mit den Reformierten und Unierten erstrebt, und dies Ziel nach Maßgabe der gegebenen Mittel und in möglichster Bälde zu erreichen sucht.
Wir fühlen es wohl, daß in dieser Bittstellung etwas unter anderen Umständen durchaus Unstatthaftes und Ungehöriges liegt, und wir würden eine Nichtbeachtung| derselben formal wohl begreifen können; es entschuldige uns aber die Not und die Wichtigkeit der Sache. So wie es nun einmal ist, hatten wir keine Wahl, als entweder einfach zu gehen, oder durch diese kühne Bitte zu beweisen, wie schwer es uns wird, die Kirchengemeinschaft, der wir seit 1818 angehören, zu verlassen, und wie sehr es uns anliegt zu bleiben.

 Mit schuldigster Ehrerbietung verharren

Eines Königlichen protestantischen Oberkonsistoriums 
unterthänigst gehorsamste 
etc. etc. 


 Löhe erwartete auf diese Eingabe kaum mehr eine Antwort des Oberkonsistoriums. So kam es, daß er dem Entschluß des Austritts wieder ebenso nahe trat als er demselben nach dem Schluß der Generalsynode des Jahres 1849 gestanden hatte.

 In einem Brief an Baron v. Maltzan vom 15. Juli 1851 sagt er: „Ich schreibe Ihnen fürs erste keine Specialia, weil ich so ziemlich voraussehe, daß ich Ihnen bald unsern Austritt aus der bayerischen Landeskirche werde anzeigen müssen. Wir können nicht anders. Daß unser Schritt in weiteren Kreisen Folgen des Widerspruchs und der Nachahmung haben und an ihm der Gegensatz zwischen Landeskirche und Kirchenfreiheit, Volkskirche und Bruderkirche sich entwickeln wird, daß vielleicht an ihm die uniert gesinnte Allerweltskirche wie die stille Bruderkirche sich entwickeln wird – fürchte ich weniger als ich es in Ruhe ahne. Die ganze Kirchengeschichte hinauf von Luther bis auf die Apostel steht im Mittelpunkt der christlichen Richtungen die Bruderkirche unter mancherlei Namen. Sie mündete in der Reformation und verlor sich in ihr wie ein Fluß im Strom. Wenn nun einerseits Rom, andrerseits eine unierte Allerweltskirche und mitten innen eine dorngekrönte Braut Christi heranwächst, so sei gelobt der allerheiligste Name. Die römische und die (unierte) Weltkirche sind Vermittelungen der Kirche mit der Welt, nicht im Mittelpunkt, sondern in der Peripherie| gelagert, dienend, hindernd nach Umständen. Es muß aber, damit (nicht?) alles im Wogen von Licht und Finsternis aufgehe, ein stiller Mittelpunkt wieder kommen, von dem, seinem Lichte, seinem Thun und Leiden rings umher Heil gespendet werde... Wird uns die Obrigkeit nicht hindern, so wird es wenigstens nicht an kleinen Gemeinden fehlen. Die trübe Aussicht, welche ich in betreff des Zeitlichen nach dem Urteil mancher habe, weil ich von dem Amt der Landeskirche gehen muß, habe ich selbst nicht. Ich freue mich manchmal, daß mein zeitlich Leben etwas dunkel wird... Zwei meiner Bauern haben (übrigens) erklärt, daß sie ganz allein einen Pfarrer nach Würden erhalten können.“

 Ähnlich spricht er sich in einem nur wenig später geschriebenen Brief an Bauer aus: „Ich warte sehr, daß es mit der Antwort von München nicht gar so spät zugehe. Wunderlich, daß man auch keinen Hauch von Wind vernimmt. Meine Zehntbauern und K. sagen: der kommt nicht fort; der geht ,von seim Eckele nit‘. Und ich wäre so gerne los. St. Petri Kettenfeier am Freitag (1. Aug.) ist mir eine Art Fest der Sehnsucht. Ich soll Abendmahl halten und kann nicht. Ich habe in Baumgarten, in Porta, in Balduin Gutachten von Theologen und Fakultäten gefunden, die mir ganz beistimmen. Ach, daß ich frei wäre von dieser Abendmahlsgemeinschaft, daß ich in einem Winkel säße und stille zu meinen Brüdern gehörte!“

 Vollends in den Thesen, welche er zu einer am 30. Juli 1851 in Bamberg abgehaltenen Pastoralkonferenz stellte, nahm Löhe zu der Frage des Austritts aus der bayerischen Landeskirche eine so entschlossene Stellung ein, daß die faktische Ausscheidung aus dem landeskirchlichen Organismus als ein unvermeidlicher, demnächst zu erwartender Schritt erschien. Er suchte hier nachzuweisen, daß die bayerische Landeskirche keine lutherische sei, und daß Lutheraner – namentlich er und seine Gesinnungsgenossen – ohne Sünde nicht in ihr bleiben könnten.

|  Die bayerische Landeskirche – führte er hier näher aus – ist nicht lutherisch, weder dem Rechte nach, noch der Praxis nach. Nicht dem Rechte nach, denn sie darf den Namen „lutherisch“ nicht führen, und sie ist – nach der Verfassung – eine Komplexion zweier Konfessionen und einer konfessionslosen Union zu Einem kirchlichen Organismus. Aber auch nicht der Praxis nach, wie sich das am frappantesten an der thatsächlich zwischen Lutheranern, Reformierten und Unierten bestehenden Abendmahlsgemeinschaft zeigt. Darum können Lutheraner ohne Sünde nicht in dieser Kirche bleiben, schon aus Gründen einfacher Ehrlichkeit nicht und weil sie dadurch aufhören würden Lutheraner zu sein und der lutherischen Kirche dreier Jahrhunderte ins Angesicht schlagen würden. „Wir schelten auf diese Weise die Treue der Reformatoren, den Reformierten gegenüber erzeigt, und unser Patron wird Philipp von Hessen, unsre Fahne die Klugheit, nicht die Wahrheit. Wir widersprechen aber nicht nur der lutherischen Kirche, wie sie drei Jahrhunderte hindurch gewesen, sondern wir widersprechen auch der heiligen Schrift, denn wir dulden Sauerteig und nicht bloß wenig, wir hüten weder uns noch die Herde vor falschen Propheten, wir meiden oft ermahnte ketzerische Menschen nicht, wir machen uns teilhaftig fremder Sünden, wir trennen das „Ein Glaube“ von „Ein Leib“ (Eph. 4), wir machen die Kirche zu einer discordia statt zu einer communio etc. etc. Hiemit sündigen wir wider Gott und Sein Wort, aber auch wider die rechtgläubigen Gemeinden hin und her, welche Wahrheit und rechte Liebe dem Heuchelschein einer nicht mehr lutherischen Kirche vorzogen; wider unsere Gemeinden, die so alle Wahrheit gleichgiltig achten lernen; wider die Gegner, die durch unser Reden nicht zur Einsicht kommen, so lange unser Bleiben beweist, daß wir selbst nicht innerlich halten, was unser Wort bezeugt; wider unsere Seligkeit, denn wir verleugnen die Wahrheit, Christum, die Kirche, die Liebe etc.
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|  Wir können nichts mehr thun. Es ist alles – und überflüssig geschehen. Wir können nichts mehr hoffen. Die Verhältnisse herrschen. Eine Entwicklung der lutherischen Kirche aus dem Chaos kann es geben, aber keine Entwicklung dieses Chaos zur lutherischen Kirche. Wir können nicht warten, bis man uns jagt. Das Princip ist „nicht jagen“. Durch Warten treten wir in dasselbe ein und erfahren seine tötende Kraft. Wir haben von dem Grundsatz aus gehandelt, daß die lutherische Kirche als solche (in Bayern) das Recht habe zu bestehen – und darin irrten wir uns. Es bestehen lutherische Ansichten, aber keine lutherische Kirche. So müssen wir, nach gewonnener Gewißheit, gehen.“

 „Ich will – so schließt Löhes Aufzeichnung – zu meinen Brüdern gehen von der großen Separation von der lutherischen Kirche, die da wurde, als die Leute schliefen, zu den Erben alter Wahrheit und Verheißung. Der Friede sei mit mir! Sein heiliger Geist heilige meine Seele und führe mich auf ebener Bahn! Amen.“

 Diese Thesen fanden auf der Pastoralkonferenz zu Bamberg von Seiten der „befreundeten Gegner“ Löhes wenigstens in Einem Punkt entschiedenen Widerspruch. Man bekämpfte auf jener Seite namentlich die Behauptung Löhes, daß die lutherische Kirche in Bayern kein verfassungsmäßiges Recht der Existenz habe. Löhe konnte, wie es scheint, auch dem Gewicht dieser Einwürfe sich nicht völlig entziehen; er bekannte, etwas Neues in Bamberg gelernt zu haben“. Das „Neue“ war die Entdeckung, daß an den – von den Gegnern zu Gunsten der Landeskirche angeführten – Paragraphen des Religionsedikts (von den drei anerkannten öffentlichen Kirchengesellschaften) zwar nicht die gegenwärtige Landeskirche, die vielmehr zu einer „protestantischen Gesamtgemeinde“ vereinigt, also uniert sei, wohl aber eine im Lande neu sich bildende wahrhaft lutherische Kirche den verfassungsmäßigen Rechtsboden haben werde.| Löhe gab damit seinen Gegnern wohl nicht Recht, machte ihnen aber doch ein halbes Zugeständnis. Denn wenn zugegeben werden mußte, daß verfassungsmäßig eine lutherische Kirche in Bayern das Recht des Bestehens habe, so war ja die Hoffnung nicht unberechtigt, daß bei Erstarkung des konfessionellen Sinnes und kräftigem Willen der kirchlichen Oberen, allerdings noch eine „Entmischung“ und „Desunierung“ der bayerischen „Konfusionskirche“ und ihrer konfessionell verwirrten Verhältnisse möglich sei. Indessen gab Löhe dieser vermeintlichen Entdeckung und dem eine Weile ventilierten Plan, auf dieselbe einen neuen modus procedendi in der kirchlichen Frage zu bauen, keine weitere Folge. Andrerseits freilich hatte er damals auch – wie wir sahen – die Hoffnung fallen lassen, daß „eine Entwicklung dieses Chaos zu einer lutherischen Kirche“ noch denkbar sei, und die nun schon über ein Jahr andauernde Verzögerung der Antwort des Kirchenregiments auf seine und seiner Gesinnungsgenossen Eingaben mußte ihn in dieser Anschauung bestärken. Unter solchen Umständen wurde ihm das Verharren in der Gemeinschaft der Landeskirche immer unerträglicher. Er glaubte ohne vorhergehende Bereinigung der konfessionswidrigen Mißstände innerhalb der bayerischen Landeskirche das heilige Abendmahl weder nehmen noch reichen zu können.

 Als während dieser Zeit ein Sterbender in Neuendettelsau das heilige Abendmahl begehrte, wußte Löhe sich und ihm nicht anders zu raten, als daß er seinen Amtsnachbar um Aushilfe bat. Er war innerlich und äußerlich damals so sehr zum Aufbruch gerüstet, daß bereits zwischen ihm und einem befreundeten Pfarrer, seinem tapferen Kampfgenossen Volck, von einer gemeinsamen Reise nach Bamberg die Rede war, zu dem Zweck, dort eine passende Wohnung zu mieten.

 In diese Zeit peinlicher Spannung fiel die Versammlung der lutherischen Konferenz in Leipzig. Dort sollte – wie Ehlers an| Löhe schrieb – auch Löhes Sache, sowie das künftige Verhältnis der separierten Lutheraner in Preußen zur bayerischen Landeskirche zur Sprache gebracht werden. Löhe aber protestierte von vornherein gegen die Zumutung, in der ihn so ernst bewegenden Austrittsfrage von einer Versammlung, die vermöge ihrer Zusammensetzung „ein focus des landeskirchlichen Luthertums“ sei, Recht und Urteil zu nehmen und erklärte seinen bestimmten Entschluß, an der Leipziger Konferenz nicht teil zu nehmen.

 Wie sich erwarten ließ, war die bayerische Frage zwar nicht in öffentlicher Versammlung, aber in kleineren Zirkeln und Sonderkonferenzen der Gegenstand ernstester Beratungen. Es ergab sich dabei das bemerkenswerte Resultat, daß die zahlreich vertretenen Lutheraner aus der separierten Kirche Preußens sich mit den bedeutendsten Repräsentanten der lutherischen Landeskirchen in der Überzeugung begegneten, daß bei der eigentümlichen rechtlichen Lage der lutherischen Kirche Bayerns die Frage des Austritts aus derselben noch nicht zur Entscheidung reif und zum Austritt selbst jedenfalls noch keine Nötigung vorhanden sei. Wie die preußischen separierten Lutheraner über diesen Punkt dachten, geht aus einem auch sonst vielfach interessanten Brief Dr. Bessers vom 11. September 1851 hervor, den wir seinem Hauptinhalt nach hier mitteilen. Besser schreibt an Löhe: „Ihre und Ihrer kirchlichen Freunde Lage nimmt natürlich unser innerstes gliedliches Miterleben in Anspruch, und sie war in Leipzig das Thema ernster Brudergespräche und Gebete. In einer kleinen Sonderkonferenz legte Huschke die betreffenden Dokumente, Ihren Brief an Ehlers, Ihr Ultimatum, einen Bericht des jüngeren Kellner über die Bamberger Konferenz vor und referierte aus Hommels jüngster Schrift. Auf Grund dieser Information haben wir hernach mit Volk und Gademann sowohl, wie mit Delitzsch und Thomasius vielfach und eingehend gesprochen. Lassen sie mich offen den Eindruck aussprechen, den ich von dem Stande der Dinge empfangen habe.

|  Wie Sie selbst, dünkt mich, in Bamberg sich ausgedrückt haben – der Rechtspunkt mag noch zweifelhaft sein und in utramque partem disputiert werden können. Hommel scheint mir nicht ganz der historischen Lage unsrer Kirche gerecht zu werden, wenn er den Ausdruck „protestantische Gesamtgemeinde“ zur Basis seiner Anklage auf Union macht. Offenbar war im Jahre 1818 das Bewußtsein des gemeinsamen Gegensatzes dessen was geschichtlich Protestantismus heißt gegen die römische Kirche bei Ihnen sehr überwiegend im Vergleich mit dem Bewußtsein des Gegensatzes zwischen Luthertum und reformiertem Wesen. Sollte nun, bei den übrigen antiunionistischen Ausdrücken der Verfassungsurkunde, jenes: „protestantische Gesamtgemeinde“ nicht eine erträgliche Auslegung zulassen? Dem sei aber wie ihm wolle; unsre Kirche hat (nach meiner Anschauung) in Bayern wenigstens ein gut Teil feste Rechtspunkte mehr als in Preußen, und während hier bei uns eine Desunierung beinahe eine historische Unmöglichkeit sein dürfte, erscheint es bei Ihnen ungleich einfacher, daß die in den kirchlichen Organismus vom Zeitgeist eingesäten Weltmomente ausgeschieden werden. Doch Ihnen fällt der ganze Schwerpunkt auf die Praxis, auf die faktischen Zustände, und ich muß bekennen, daß ich das für durchaus biblisch halte, für recht pastoral und theologisch. Denn wie vermöchte ein etwa vorhandener Rechtsparagraph unser Gewissen zu trösten über Teilnahme an faktischer Ungerechtigkeit? Jedoch auf den modus procedendi dürfte die Rechtslage nicht ohne entscheidenden Einfluß sein. Ich kann nicht anders sagen – der HErr vergebe mir, wenn ich unwissentlich fehle – eine aktive Lossagung Ihrerseits von der geschichtlich gewordenen Institution der lutherischen Kirche Ihres Landes will mir als nicht recht erscheinen. Sollten Sie nicht vielmehr die Position fassen können: Antwortet die Behörde auf Ihr äußerst mildes Gesuch ablehnend, so behaupten Sie Ihr von unierten Verbindlichkeiten freies lutherisches Pfarramt, aber brechen mit der| in sündlichen Synkretismus verstrickten Behörde die Kirchengemeinschaft ab – abwartend, ob sie dann mit Gewalt von Neuendettelsau entfernt werden. Dies dünkt mich die ultima ratio zu sein. Dekan Gademann teilte mit, daß im Oberkonsistorio eine neue Ordnung der reformierten Gemeinden vorbereitet werde – ist dies wirklich der Fall, so würde man Ihrem Austritt unfehlbar das Stigma der Ungeduld aufdrücken... Meinen Sie (übrigens) nicht, teurer Bruder, daß was ich in diesen Zeilen Ihnen sage, von der Anschauung ausgehe, nach welcher die Landeskirche das Primäre, die Kirche das Sekundäre ist. Die Mission, welche (in dieser Beziehung) unsre preußische ecclesiola vom HErrn hat, möge kein fleischliches Gelüst uns je verdunkeln. Aber nicht das Fleisch, sondern der Geist ists, der uns sagt, daß wir das irgend Erträgliche ertragen sollen um den Preis, redliche im kirchlichen Fortschritt begriffene Gemüter durch das Festhalten des Gemeinschaftsbandes zu stärken. Leugnen kann ich nicht, daß der Gedanke an Ihren (aktiven) Austritt mich ängstigt, und nur der Blick auf den treuen Hirten und König, der diese affaire de haute politique in Seiner Hand hält, gibt mir Ruhe und Freude. Bitte, bitte nehmen Sie diese Aussprache eines Bruders, der Ihr dankbarer Schüler ist, nicht als unberufen auf – wahrlich: nostra res agitur!
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 Verstehe ich recht, so haben Sie Ihre Differenzen mit Höfling über Kirche und Amt bei der Frage: ob bleiben, ob gehen? ganz bei Seite gelassen. Höflings wirklich nahe ans ärgerliche streifende Theorie hat in Leipzig einen tüchtigen Stoß bekommen. Münchmeyer stellte inhaltreiche, gediegene Thesen auf (ziemlich in Ihre Anschauung eingehend), die – ich glaube gewiß zu siebenachtel der Mitglieder – die Konferenz acceptierte. Mein Vortrag über Disziplin war so gehalten, daß ich auf Entrüstung etlicher à tout prix Landeskirchlicher gefaßt war. Es hat uns alle beschämt und mit Hoffnung erfüllt, daß auf Harleß’ Antrag (unterstützt von Thomasius)| die Konferenz die Prinzipien des Vortrags und die Verpflichtung, darnach zu verfahren, sich aneignete. Es kamen da herzzerschneidende Seelsorgerklagen – ganz wie aus Ihrem Munde – zu tage. – Der dritten Besprechung: „Festhalten der Landeskirchen“ lag ein Brief Catenhusens zu grunde, worin die Not, „die Mutter alles Segens im Reiche Gottes“ als Schoß des landesherrlichen Kirchenregiments apologisiert ward. Es wird Sie aber freuen zu hören, daß die Besprechung abschloß mit einer gediegenen, die Geister züchtigenden und zwingenden Rede Huschkes, deren Refrain war: daß eben die Not dermalen die Kirche antreibe, die Emanzipation vom landesherrlichen Kirchenregiment, welchem das frühere Fundament im Volksleben gebreche, fest als Ziel ins Auge zu fassen – obwohl ohne „Stürmen und Selbstmachen“. Ebendahin sprach sich Kahnis aus, den überhaupt „der Heugeruch der Landeskirchen“ (wie er sich ausdrückt) noch nicht betäubt hat. Auch in Nagels wahrhaftiger Missionspredigt werden Sie Klänge finden, die Ihnen die Aufbruchstellung Ihrer preußischen Brüder – und nicht nur dieser – bezeugen.“
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 Inzwischen waren über Löhes letzte Eingabe an das Oberkonsistorium wieder einige Monate vergangen, ohne daß eine Antwort erfolgt wäre. Eine Privatmitteilung aus München klärte die Ursache dieser Verzögerung dahin auf, daß seit Monaten durch Abwesenheit einzelner Räte das Oberkonsistorium nicht vollständig gewesen sei und erst in einigen Wochen, nach wieder eingetretener Vollzähligkeit des Kollegiums, Löhes Angelegenheit zur Entscheidung gebracht werden könne. Übrigens sei von Seiten des Oberkonsistoriums – nach den Äußerungen eines Rats – keine Nachgiebigkeit zu erwarten, da man dort der Ansicht sei, daß Löhe innerlich mit dem Kirchenregimente bereits gebrochen habe und doch, wenn man in einem Stücke ihm nachgäbe, sofort wieder mit einer andern Forderung kommen würde. Auch halte das Oberkonsistorium eine| Änderung der konfessionellen Verhältnisse in der protestantischen Diaspora Oberbayerns etc. für unmöglich und bei der Lage der protestantischen Kirche Bayerns gegenüber den Katholiken gar nicht einmal für wünschenswert.
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 Diese Aussicht war wenig versprechend. Indessen nahte die Zeit der regelmäßigen Herbstkommunionen, an die Löhe schon seit langem „mit einer Art von Schauder“ gedacht hatte. Er seufzte nach Klärung und Entscheidung seiner schwebenden Lage. So bat er denn noch einmal im Verein mit seinen nächsten Freunden in einer Vorstellung vom 16. September 1851 um Bescheidung seiner Eingabe vom 2. Juli 1851. Er führte aus, daß ihm und seinen Gesinnungsgenossen während ihrer mühseligen Wartezeit die Bedeutung derjenigen Bibelstellen, welche die Gemeinschaft mit Fremdgläubigen verbieten, mit immer steigender Gewalt auf die Seele gefallen sei, daß mehrere von ihnen unabhängig von einander zu dem Entschluß gekommen seien, das heilige Abendmahl in der bayerischen Landeskirche weder mehr zu geben, noch zu nehmen, um auf alle Fälle das Gewissen zu retten. Bis jetzt sei es dabei ohne Aufregung abgegangen, aber wie solle es werden, wenn nun mit dem Erntefest die Herbstkommunionen begännen und er mit seinen Freunden – in der Schwebe zwischen Bleiben und Gehen, in der Überzeugung der lutherischen Kirche treu zu sein, und in der Gewißheit, daß eben damit den Gemeinden die schuldige Treue erwiesen werde – vom Altare zurückträte? Im weiteren Verlauf der Eingabe wird dann die flehentliche Bitte ausgesprochen, daß die oberste Kirchenbehörde den die Bittsteller beschwerenden Mißstand, dessen Abstellung ganz in ihrer Kompetenz läge, nämlich die Union am Altare, die sakramentliche Zusammenfassung derer, die, in Lehre und Sakrament nicht einig, nach Aug. art. VII keine Kirche bilden können, aufheben möge. „Falls aber – so schließt die Eingabe – die Bitte um Aufhebung der Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft| mit der fremdgläubigen Diaspora, mit Gliedern der reformierten und unierten Kirche nach Ansicht des Kirchenregiments unerfüllbar sein sollte, „so bitten wir wenigstens um Entscheid, weil wir gerne in Stille, ohne Aufregung unsern Lauf vollendeten, weil wir keine Freude an Aufregung haben, weil wir – unser Unterschied von anderen Bewegungen dieser Tage, ein Unterschied und Ruhm, den wir festhalten – immer nur unsern Gewissen raten, den andern aber gerne die äußere Stille wahren wollten, die für die Beurteilung unseres Thuns denselben so nötig und ersprießlich ist.“

 Indessen erfolgte – jedenfalls noch bevor Löhes erneuerte Eingabe in Vorlage gekommen war – der Bescheid des Oberkonsistoriums. Das wichtige Aktenstück verdient hier vollständig mitgeteilt zu werden.


 Im Namen etc.

 Die Pfarrer Wilhelm Löhe in Neuendettelsau, Eduard Stirner in Fürth und Friedrich Wucherer in Nördlingen haben in einer unmittelbar hierher gerichteten, am 3. Juli d. J. eingelaufenen Eingabe vorgestellt, wie die nach ihrer Meinung in der bayerischen Landeskirche bestehende kirchliche Vereinigung und Abendmahlsgemeinschaft der Lutheraner mit den Reformierten und Unierten für ihr Gewissen höchst beschwerend sei, und wie sie nur dann, wenn die Aufhebung derselben in nahe und sichere Aussicht gestellt werden könne, noch länger in der Landeskirche zu bleiben vermöchten. Sie haben deshalb die Bitte gestellt:

„Ein Königliches Oberkonsistorium wolle gnädigst geruhen, in väterlicher Berücksichtigung ihrer Gewissensnot baldigst darüber Aufklärung zu ihnen herabgelangen zu lassen, ob dasselbe eine völlige Aufhebung der kirchlichen Vereinigung und Abendmahlsgemeinschaft der Lutheraner mit den Reformierten und Unierten erstrebe, und dieses Ziel nach Maßgabe der gegebenen Mittel und in möglichster Bälde zu erreichen suche.“
 Die Bittsteller haben selbst gefühlt, und in ihrer Vorstellung ausdrücklich zugestanden, daß die von ihnen bei der obersten kirchlichen Stelle in solcher Formulierung angebrachte Bitte, etwas durchaus „Unstatthaftes und Ungehöriges“ enthalte, und daß sie eine Nichtbeachtung derselben formal wohl begreifen könnten. Zugleich aber haben sie das Vertrauen ausgesprochen, daß diese ihre Bitte mit| der Wichtigkeit der Sache und mit der bei ihnen stattfindenden Gewissensnot genugsam entschuldigt werden dürfte.

 Ohne auf die von den Bittstellern selbst zugestandene Unstatthaftigkeit der angebrachten Bitte hier näher einzugehen, will das K. Oberkonsistorium nach genaurer Würdigung der Sache im nun vollständig wiederversammelten Kollegium den Bittstellern Nachstehendes eröffnen.

 Die Landeskirche diesseits des Rheins ist, die verhältnismäßig nur sehr geringe Zahl der Reformierten und Unierten ausgenommen, eine auf dem geltenden Bekenntnisse ruhende, diesem in Lehre, Ritus und Verfassung treu anhängende evangelisch-lutherische Kirche. Eine Union und eine daraus hervorgehende Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern, Reformierten und Unierten besteht in ihr weder grundsätzlich, no[c]h verfassungsmäßig, noch faktisch. Es ist von Seiten der kirchenregimentlichen Organe in keiner Weise ein Schritt geschehen, der die lutherische Kirche zu einer Union mit der reformierten hinführen wollte, oder zu einer derartigen Vermutung gegründeten Anlaß geben könnte. Wenn auch in einzelnen Orten Lutheraner, Reformierte und Unierte miteinander das heilige Abendmahl genießen, so ist diese gemeinschaftliche Feier nicht aus einer Union hervorgegangen, bezweckt auch durchaus keine Union, sondern ist als ein durch unvermeidliche Verhältnisse hervorgerufener und in allen protestantischen Ländern in und außer Deutschland überlieferter, ausnahmsweiser Zustand zu betrachten. Durch diese Ausnahmsfälle ist der lutherische Charakter der vaterländischen Kirche in seinem wesentlichen und grundsätzlichen Bestande in keiner Weise aufgehoben, und es muß als ein Irrtum der Bittsteller erscheinen, wenn sie dies annehmen, und ihren Austritt aus der Kirche damit rechtfertigen wollen. Das Oberkonsistorium hat sich, wo es not thut, stets bemüht, die obschwebenden Verhältnisse einzelner Gemeinden im Interesse beider Kirchen, der lutherischen und der reformierten, zu regeln, und es wird hierin, unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände und nach Maßgabe der gegebenen Mittel fortfahren; aber es leuchtet von selbst ein, daß sich eine solche Regelung ausnahmsweiser Verhältnisse nicht mit einem male durchführen, am wenigsten deren Zustandekommen der Zeit nach im Voraus berechnen läßt.

 Noch näher und spezieller in den hier bezeichneten Thatbestand einzugehen, muß nach der oben ausgesprochenen Erklärung des Kirchenregiments als überflüssig erscheinen, und das um so mehr, als die Bittsteller selbst nur eine solche Erklärung sich erbitten, und die hier gegebene das volle Vertrauen erwarten und für sich in Anspruch nehmen kann.

|  Es ist nach dem Gesagten schwer zu begreifen, wie jene durch unvermeidliche Umstände herbeigeführten, ausnahmsweisen Verhältnisse, welche weder den Rechts- und Lehrbestand der lutherischen Kirche, noch überhaupt ihre konfessionelle Eigentümlichkeit im mindesten alterieren können, für die Gewissen Einzelner in der Art beschwerend sein sollten, daß sie zum Austritt aus der Landeskirche und zur Separation von ihr gebieterisch hindrängen müßten. Die Gewissensnot, welche die Bittsteller bezeichnen, wurzelt einesteils in einer irrtümlichen Auffassung der bestehenden Verhältnisse, andernteils in einer Verkennung des verfassungsmäßigen und kirchenregimentlichen Standes, in welchem sich die lutherische Kirche in Bayern befindet.

 Diese irrtümliche Auffassung und die Verkennung des rechten Standpunktes hat bereits Verwirrung der Gewissen, Mißtrauen und Beunruhigung in einzelnen Gemeinden, Verdächtigung wohlgesinnter, bekenntnistreuer Geistlichen, Verdächtigung sogar der ganzen Landeskirche nach außen zur Folge gehabt. Das kirchliche Regiment hat den fühlbaren Schaden, welcher daraus der Kirche erwuchs, mit großem Bedauern wahrgenommen und sieht sich nun dringend verpflichtet, an die Bittsteller die ernste und väterliche Ermahnung zu richten, in Erwägung der dargelegten Verhältnisse von ihrer irrtümlichen Auffassung der obwaltenden Zustände zur rechten Beachtung und Würdigung derselben umzukehren, ihre bisherige Stellung zur Kirche aufzugeben und sich in Treue und Gehorsam wieder mit ihr zu versöhnen, die ihnen von dem Herrn verliehenen Kräfte dem Dienste der Kirche mit voller und freudiger Hingabe zu widmen und unter ernstlichem Gebete vor Gott wohl zu bedenken, wie mahnend die gegenwärtige Zeit zur Einheit und Zusammenhaltung aller Gaben und Kräfte zum besten der vielfach bedrängten Kirche auffordere.

 Die unterfertigte Stelle glaubt sich der Erwartung hingeben zu dürfen, daß sich die Bittsteller diesem väterlichen Worte ihrer Oberen nicht verschließen, sondern daraus Anlaß nehmen werden, die ihnen auf ihren Gewissen liegende Sorge vor dem Angesichte des Herzenskündigers weiter zu prüfen und den Entschluß, den sie fassen wollen, der ernstlichsten Erwägung von neuem zu unterwerfen.

 Das K. Konsistorium hat vorstehende Entschließung den Bittstellern unverzüglich bekannt zu geben.

 München, den 19. September 1851.

Königliches protestantisches Oberkonsistorium
v. Arnold.


|  „Wenig Erfreuliches – und doch nicht ohne alle neue Basis für Lutheraner“, in diese Worte faßte Löhe den Eindruck, den er von diesem Schriftstück empfieng. Lag in dieser Bemerkung eine leise Hoffnung auf ferneres Verbleiben in der Landeskirche ausgesprochen, so mußte Löhe in dieser Richtung der Gedanken noch mehr bestärkt werden durch einen fast gleichzeitig eintreffenden Brief des alten Konfessors P. Kellner aus Hönigern, der im Resultat – nämlich in der Warnung vor freiwilligem Austritt – mit Besser, Huschke, Ehlers übereinstimmend, Löhe zugleich eine Art Feldzugsplan für weiteres, kräftiges Vorwärtsgehen anriet und in der That auf Löhes nächste Schritte von Einfluß gewesen zu sein scheint. Unsre Leser werden uns die Mitteilung dieses originellen Briefes danken. Kellner schreibt unter dem 16. September 1851 an Löhe:

 Die eigentliche Veranlassung zu diesen Zeilen, die ich ganz in der Nähe der russisch-polnischen Grenze im östlichsten Winkel meiner aus mehr denn acht Quadratmeilen zerstreuten Parochie in einer Wassermühle schreibe, ist meines Sohnes jüngst und letzt erhaltener Brief: Ihre Separation von der bayerischen Landeskirche werde vielleicht schon Ende dieses Monats ins Leben treten, und sein Wunsch, ob ich Ihnen, geehrter Herr Amtsbruder, nicht was noch vorher zu schreiben hätte, zumal sich viele jetzt von Ihnen zurückziehen und Ihnen nicht mehr die frühere und gebührende Liebe und Wertschätzung Ihrer Bestrebungen schenkten. Ich folge dem Winke meines Sohnes, obgleich schüchternen Sinnes, denn der Herr, von dem alle guten und alle vollkommenen Gaben kommen, hat Ihnen ein viel reicheres Maß Seiner Begabung gegeben denn mir. –

 Ich kann und will mich daher nur mehr auf geschichtliche Notizen aus unserm Kampf in Preußen zur Erhaltung des lutherischen Zions gegen den Weltgeist und Weltmachts-Strömung der Union beschränken. Wir Pastoren nämlich haben keiner – Scheibel ausgenommen – unser Pfarramt in der Landeskirche niedergelegt,| sondern wir haben uns absetzen und verjagen lassen, indem wir alles Unierte von unsern Parochieen abwehrten, und indem wir in allem streng lutherisch handelten und zwar nicht bloß gegen unsere ursprünglichen Parochieen, sondern gegen alle andern auswärtigen Kirchspiele, die gleichfalls das Falsche der Union erkannten und nicht mehr teil haben wollten an ihren Ortsaltären und Taufsteinen, weil dieselben durch unierte Handlungen unlutherisch geworden wären. Und als man uns meist wegen dieser Übertretung der Parochialgrenzen durch Urteil kassiert hatte, so erklärten wir: wir müßten unsern so zerstreuten Glaubensgenossen gewissenshalber auch ferner dienen, zumal wir unsere Amtskassation, als von gemischter unierter Behörde ausgehend und nicht von lutherischer, nicht anzuerkennen vermöchten – z. B. nur ein preußisches Kriegsgericht könne einen preußischen Offizier rechtskräftig kassieren. – Da wir also fortfuhren, den von den unierten Thaten sich lossagenden Protestanten Taufe, Abendmahl und Predigt zu gewähren, so blieb den Behörden nichts übrig, als uns leiblich gefangen zu setzen, z. B. ich habe viereinviertel Jahr im Breslauer Inquisitoriat deshalb gesessen, weil ich nicht unterschreiben wollte: meinen Glaubensgenossen nicht mehr mit meinem Amte zu dienen, da ein guter Hirte sein Leben für die Schafe lassen müsse. Und während dieser Jahre hat in hiesiger polnischer Gegend, die niemand polnisch bedienen konnte, der heilige Geist durch alte gedruckte Bücher so gepredigt, daß ich zehnmal mehr Lutheraner fand, als ich endlich frei gelassen wurde, als wie ich sie verlassen hatte. Ich kenne zwar Ihre bayerischen Verhältnisse nicht ausreichend, muß mich also um so mehr bescheiden; dennoch scheint es mir, daß ich in Neuendettelsau an Ihrer Stelle etwa eben so handeln würde. Die gesamten Familienväter, ja alle stimmberechtigten und stimmfähigen Glieder würde ich in die Kirche oder in eine große Stube rufen und ihnen alle die Thatsachen aufzählen, die in Bayern für die Union mit| den Reformierten sprechen, und zweitens würde ich ihnen die Gründe geläufig machen, aus welchen die Lutheraner seit dreihundert Jahren die reformierte Lehre für eine ketzerische gehalten haben, und drittens wie oft und wann die lutherische Kirche bereits eine Union mit diesen im Kultus, Symbol und Regiment abgewehrt hat. – Diese mündlichen oftmaligen dogmatischen und historischen Wahrheiten würde ich auch gedruckt, möglichst plan und in Fragen und Antworten jedem in die Hände geben. Ferner würde ich ihnen erklären: wer damit nicht übereinstimmt, wer das heilige Abendmahl auch bei solchen Predigern und Altären, die mit unierten Thaten befleckt sind, nehmen wolle, dem würde ich es nicht mehr in Neuendettelsau reichen.

 Viertens: Allen den Pastoren, die mit Reformierten und Unierten Sakramentsgemeinschaft hielten, würde ich öffentlich erklären, daß ich sie als ketzerische Menschen kirchlich fliehen müsse, und keine Sakraments- und Diözesangemeinschaft mit ihnen halten könne.

 Fünftens: Ich würde mit den Pastoren, die gleich mir vor allen reformierten und unierten Thaten sich zu hüten versprächen, ein geistliches Schutz- und Trutzbündnis schließen.

 Sechstens: Würden die also zu lutherischen Kirchthaten konföderierten Pastoren ihren Dekanen zu erklären haben, daß sie laut westfälischen Friedens gegen ihre Visitation protestieren müßten, und gegen ihre Installationen und Ordinationen.

 Siebentens: Der Landesherr müßte daher von diesen lutherisch Konföderierten gebeten werden, die ihm gratas personas aus der Zahl dieser lutherisch Konföderierten ihnen zu ihren Dekanen und Konsistorialräten zu ernennen. – Aber ehe es noch dahin kommen würde, würde gewiß das Münchener Oberkonsistorium gegen Sie eingeschritten sein, und ihre Amtsentsetzung in allen scheinbaren Formen des Rechts ausgesprochen haben, und nach Jahr und Tag würde man dann auch bei Ihnen genötigt sein, Sie gefangen zu| setzen, und gerade diese äußeren Leiden für des Herren Kirche sind der Dünger für diese. In der Verfolgung wächst sie, und die Gebete werden dann brünstiger, folglich wird dann auch mehr Geist ausgegossen, die Geister platzen auf einander, und die Toten stehen auf, und die Totengebeine fangen an für das Lob Jesu zu grünen, und die Juden bringen dann alle alten lutherischen Kernschriften an den Tag, wie das alles Stufe für Stufe bei uns in Preußen stattgefunden hat. – Ich bin immer vielmehr dafür, daß man sich absetzen und gefangen nehmen läßt, als daß man dem Feind das Feld, wenigstens den Ortsaltar räumt. Daß biblische Kirchenzucht damit Hand in Hand gehen muß, versteht sich von biblischen Lutheranern von selbst. Ich habe mich nie mit Scheibels Amtsniederlegung und seinem Nicht-aktiv-sein in und außer Preußen befreunden können. Wo dieser teure Mann Gottes das Amt niedergelegt, dahin ließ ihn der Herr der Kirche nicht wieder kommen; wir amtierten schon alle freudig und reich in Gott seit 7. Juni 1840 öffentlich in Preußen, und er bettelte an der Landesgrenze und wurde bis zu seinem freilich seligen Tode 1843 nicht in das Land gelassen. – Im ganzen dürfte behauptet werden, daß der Herr die einfachsten, nächstliegendsten Wege von den Seinen gegangen wissen will. Also: bin ich nach Breslau oder nach Neuendettelsau zu einem Pastor der lutherischen Kirche berufen, so mache ich an diesem Ort alles lutherisch, und wehre alle nicht lutherischen Einflüsse und Thaten ab; denn an dem Haushalter wird nicht mehr erfordert, als daß er treu (in der ihm angewiesenen Stellung) erfunden werde. Mir hat immer eines gewissen ungarischen Festungskommandanten Zriny Exempel im Kriege gegen die Türken vorgeschwebt. Diese hatten die christlichen Heere rings um ihn her geschlagen, die Christen waren geflohen, aber er übergab die vom deutschen Kaiser ihm anvertraute Position nicht, er verpallisadierte sich immer mehr in seiner Festung und erklärte den monatelang stürmenden| Türken: er weiche nicht, sondern würde bis auf den letzten Mann sich wehren und seinem Eide treu sein, und sollten die Türken endlich doch die Mauern erklettern, so würde er sich in den Pulverthurm noch verschanzen, und sich samt den Anstürmenden, ehe sie ihm die Hellebarde ins Herz stießen, in die Luft sprengen. Wie gesagt, so gethan. Es erbleichten so viele Türkenschädel vor der Festung, und der Verlust und die Verzögerung derselben war so groß; auch als zuletzt alle Stürmenden mit dem Zriny in die Luft flogen, so mußten sich zuletzt die türkischen Heere zurückziehen, und das Kreuz statt des Halbmondes blieb in Ungarn Panier. – Ich habe immer allen unierten Konsistorien und meinen Hönnigernschen Bauern erklärt: ich weiche nicht, bis nicht blanke Waffen kommen und mich in das Gefängnis führen, bloß um meiner lutherischen Thaten willen, aber dann würde ich auch so ruhig gehen wie ein Lamm zur Schlachtbank. Als dann endlich, und zwar grade heute, den 16. September, jetzt zehn Uhr sind es 17 Jahre, (am Geburtstag Scheibels) ein Oberregierungsrat und Landrat und Gensdarm mit dem Verhaftsbefehl kam nach Hönnigern, so ließ ich mich binnen zwanzig Minuten gefangen nach Breslau abführen, mit dem Regierungsrat und Landrat im Wagen sitzend und der Gensdarm am Wagen reitend, und als wohl hundert alsbald zusammengelaufene Gemeindeglieder meinen Reisekoffer nicht sogleich auf den Gefängniswagen wollten aufpacken lassen, so rief ich sogleich: ich bleibe keinen Augenblick Pastor von Rebellen, d. i. von Leuten, die nur einen Finger wider die Polizei aufheben, und wenn sie zusehen müßten, daß mir die Unierten den Kopf abhieben, und ich würde nur eine lutherische Hand sich dagegen erheben sehen, so würde ich sie alle noch mit abgehacktem Kopf anspucken.
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 Sie, hochgeehrter Freund und Bruder wissen, wie diesen passiven Ortswiderstand der Herr bei Hönnigern gesegnet hat. So wie die Türken in Ungarn verspielt hatten, als Zriny mit einem guten| Teil von ihnen in die Luft flog, so hat auch die Union in Schlesien verspielt, als sie sich mit 500 bewaffneten Soldaten gegen mich und meine Mitbekenner und Mitbeter umgeben mußte. Die Treue im Kleinen, im Anvertrauten, segnet Gott der Herr. Luther wollte durchaus nicht ein Kirchenreformator werden, sondern wollte bloß sein Gewissen und seinen anvertrauten Beichtstuhl mit dem Anschlag der 95 Thesen retten. Ich kann Ihnen an Ihrem Teil auch nur raten: im Kleinen treu zu sein, d. i., daß jeder von Ihnen drei konföderierten Pastoren, Löhe, Wucherer, Stirner ihre Altäre, Kanzeln und Taufsteine zu lutherischen Festungen à la Zriny machen, und die Folgen Ihrer Treue mag dann der Herr leiten und segnen, denn an Seinem Segen ist doch Alles gelegen. Seine Gedanken und Seine Wege sind doch um so höher und anders als die unsrigen, um so viel höher der Himmel ist als die Erde. – Ich muß Ihnen, teuerster und in meinem Innern hochgeehrter Bruder Löhe gestehen, daß mir bei der Stelle 1 Kor. 1, 26–27: das Verachtete, und was da von Natur nichts ist, hat Gott erwählet, daß er zu nichte mache was da etwas ist, immer etwas bange bei Ihnen wird, weil Ihnen von Natur, von Mutterleibe an, so vielerlei geistige Gaben gegeben sind, die Sie zu einer hervorragenden, andern imponierenden Persönlichkeit machen, und derlei Art von Kreaturen erwählet der ewige Mann des bluttriefenden Golgatha selten in seinen Kriegen gegen der Welt Goliath, auf daß sich vor Ihm kein Fleisch rühme, weil Er nämlich auch das noble Fleisch, die nobeln hochbegabten Kreaturen selig machen will; denn gebraucht Er derlei, so würden diese gar leicht den Segen in sich sehen und also an ihrer eigenen Seligkeit Schiffbruch leiden, und das will der treue Hohepriester an keinem seiner Teuererkauften, Er will sie nicht in Versuchung bringen, darum hat Er auch durch den so schüchternen, sich mißtrauenden Augustinermönch die dreifache Krone stürzen lassen, und die so in schönen Worten gleißende| preußische Union mit allen sie stützenden 30 Professoren und 7000 Pastoren durch den zwar tief blickenden, aber nicht drei Sätze zweckmäßig schreibenden Scheibel. Eben wegen Ihrer mancherlei Begabungen kann der falsche Lichtengel 2 Kor. 11, 14 Ihnen eher noch als den andern ein X für ein U machen, weil manchem es schwerer werden muß, ein Kind zu werden, und doch nur wenn wir wie Kinder werden, kann Er uns bei Seinen Bauten brauchen. Ein wirkliches (das ist den Jahren nach), also ein wirkliches, kürzlich konfirmiertes Kind sagte, als es von Ihrer beabsichtigten Amtsniederlegung hörte: der Lutheraner Scheibel hat ja Sakramentsgemeinschaft mit der bayerischen Kirche gehabt, ist es denn mit derselben schlimmer geworden? und zu diesem etwa Schlimmeren dürften sich ja die Scheibelschen Jünger nicht zwingen lassen. Pastor Besser aus Pommern schreibt mir in seinem letzten Briefe: „Die bayerische Sache drückte bei der Leipziger Konferenz und drückt noch die Gemüter; der Herr Jesus leite diese affaire de haute politique zu einem Ende, das Ihm Ehre bringt.“ – Huschke schreibt mir: wegen der bayerischen Sache ist in Leipzig nichts entschieden worden, es war mir eben sehr lieb, Pauls (nämlich meines Sohnes) Mitteilungen zu besitzen, um den Erlangern, die in Thomasius und Delitzsch vertreten waren, etwas einheizen zu können. Sie hatten auch außerdem als Vertreter der Höflingschen Amtsansicht einen schweren Stand und erhielten eigentlich eine Schlappe – ohne daß jedoch damit das frühere Löhesche (Grabausche) Extrem adoptiert worden wäre.“ In einem dritten Brief über die Leipziger Konferenz, der mir vorliegt, heißt es: „eine Privatverhandlung über die bayerische Landeskirche resp. Löhes Separation wurde auch abgehalten, an der unsere Pastoren teil genommen haben. Das Resultat war, daß sich entschieden niemand für Löhe unter den jetzigen Umständen ausgesprochen hat, am meisten noch für Löhes Austritt Huschke, aber auch nicht apodiktisch; aber entschieden dagegen Pistorius und Besser.“
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|  Verzeihen Sie nun, mein teurer Freund, daß ich Ihnen dies alles mitteilte, und noch in solcher Eile und erschwerender Schrift und Sprachform, es soll Ihnen bloß dienen, alles nochmals an die Schrift zu halten. Es muß Sie doch in der That etwas bedenklich machen, daß zu Ihrer Amtsniederlegung selbst uns preußischen Lutheranern die rechte Freudigkeit und Gewißheit fehlt, da uns der Herr im Kampf gegen die betrübende Weltunion so viele Jahre in die vordere Reihe getrieben hat. Ich habe zwar Ihre wackere Schrift: „Die wahre Gestalt der bayerischen Landeskirche“ gelesen, dessen ohnerachtet wünschte ich, wenn die unlutherischen Data und Facta innerhalb der bayerischen Landeskirche noch überblicklicher und faßlicher aufgezählt würden. Bei allen derlei Kämpfen geht nach Gottes Ordnung immer das Leben, die Praxis der Theorie voraus, nach dem bekannten Spruch Johannes 1, 4.: In Ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen, d. h. erst entwickelt sich die Wahrheit Gottes in den Führungen Gottes in der Praxis, und auf das Erscheinen dieses neuen lutherischen Lebens folgt dann das Licht, die Erkenntnis, die Theorie, die Verfassung. Mich beschleicht (den freilich Fernstehenden) die Besorgnis, als wenn Sie, geehrter Bruder, mit Ihrem Erkennen und Wissen und Theorie voraneilten, ehe noch der heilige Geist das lutherische Leben gerufen und geschaffen hat. Es schallte zwei Jahre lang im Politischen das ominöse „zu spät“, und wenn ich an Sie, teurer Bruder und Vorkämpfer denke, so flüstert es mir zu „zu früh“. Freilich weiß ich schon seit meinem lieben Lehrer Scheibel, daß ich mit Recht zu den Galatern, zu den Lauen von Natur gehöre,[2] die gerne für das Fleisch Frieden und weniger des Streites und Haders hätten; aber zu Speners Zeit, ja schon zu Arndts Zeiten, machten die Orthodoxen doch wohl zu viel Hader, und wenn die Fürsten nicht eingeschüchtert und gedämpft hätten, so hätte die Welt| wohl gar wieder Synoden à la Ephesus erlebt. Das sage ich wahrlich nicht aus Furcht Ihretwegen, nur aus Furcht in betreff Ihrer etwaigen späteren Jünger.

 Nun sollte mein ganzes eilfertiges russisch-polnisches Grenzgeschreibsel nichts Wertvolles – weil zu viel Verzagtes – enthalten, nun so sehen Sie wenigstens meine Liebe und Wertschätzung des Geistes, der Sie streiten und die Schmach Christi selbst von Brüdern tragen heißt, und daß unsere Liebe hier auch für Sie und Ihr Land, das alte teure Frankenland mit seinem Markgrafen Georg, betet, seien Sie versichert. – – –

 Ach wie ellenhoch wollte ich mit David vor der Bundeslade her springen, sollte ich in Jahren hören: Neuendettelsau ist zu einer lutherischen Festung geworden, und seinen Zriny haben die Kinder dieser Welt nur durch Säbelkommando scheinbar tot und unschädlich gemacht, um nach etlicher Zeit desto mehr aufzustehen. Nach 17 Jahren reut es mich noch nicht und wird mich in Ewig nicht reuen, daß ich ein wasserpolakischer lutherischer Zriny in Hönnigern geworden bin. – Freilich aus purer Gnade, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit! Amen.

 Ewig Ihr in Christo und seinem Zion mitverbundener Mitstreiter

Kellner. 

 Schwirtz bei Mangschütz in Schlesien,
 den 16. September 1851.


 Ebenso wie dieser Brief war auch die Wahrnehmung, daß er nicht vergebens kämpfe und sein Zeugnis nicht völlig fruchtlos sei, geeignet, Löhe von vorschneller Verwirklichung seiner Austrittspläne zurückzuhalten. Daß in der That auf seinen Weckruf hin da und dort sich konfessionelles Gewissen regte, und man wenigstens teilweise sich genötigt sah ihm zuzustimmen, bewies die am 23. September| 1851 in Kulmbach abgehaltene Konferenz, deren Thesen als der Ausdruck der Überzeugung der lutherisch gesinnten Mittelpartei in der bayerischen Landeskirche gelten konnten. Hier wurde ausdrücklich anerkannt, daß der Rechtsbestand der lutherischen Kirche Bayerns in den Bestimmungen der Verfassungsurkunde nicht zum klaren Ausdruck und zur völligen Durchführung gekommen sei; daß die zwar nicht gesetzlich aber faktisch an einzelnen Orten bestehende Abendmahlsgemeinschaft zwischen Mitgliedern der lutherischen Kirche und denen anderer Konfessionen da, wo sie nicht durch einen wirklichen Notfall entschuldigt werden könne, als durchaus verwerflich erscheine und auch da, wo Entschuldigungsgründe stattfänden, als ein Übelstand angesehen werden müsse, dessen Beseitigung auf alle Weise anzustreben sei; daß aber, da in Bayern die lutherische Kirche rechtlichen Bestand habe, von einer Pflicht, aus derselben auszuscheiden nicht die Rede sein könne, und es daher die Versammlung mit tiefstem Schmerz erfülle zu sehen, daß teure Brüder sich in ihrem Gewissen gedrungen fühlten diese Scheidung zu vollziehen. Freilich war die Kluft zwischen diesem vermittelnden, von Halbheiten nicht freien – und dem kräftig entschiedenen Standpunkt Löhes immer noch breit genug. Die von Löhe verfaßte „Erwiderung auf die Sätze der Kulmbacher Konferenz“ bringt diesen Gegensatz in seiner vollen Schärfe zum Ausdruck. Hier wird zunächst der Rechtsbestand einer lutherischen Kirche in Bayern in Frage gestellt und behauptet: was in Bayern verfassungsmäßig bestehe, sei eine „protestantische Gesamtgemeinde, zu welcher zwei Konfessionen und ehemalige Kirchengesellschaften mit Verwischung ihrer Grenzen zusammengefaßt seien, zwei Konfessionen, welche wegen ihrer Zusammenfassung Recht und Kraft sich gegenseitig zu negieren und auszuschließen verloren und damit aufgehört hätten, rechte Konfessionen zu sein. „Unser Amtssiegel und unsre pfarramtliche Unterschrift beweisen uns, so oft wir sie sehen und brauchen, daß wir eigentlich doch nicht lutherisch sind.“ Doch wird zugestanden,| daß die Lutheraner in Bayern „noch nicht alle Aussicht verloren haben, zu ihren kirchlichen Rechten zu gelangen.“ Sowie sie zur vollen kirchlichen Treue zurückkehren, wird ihnen wohl ihre kirchliche Treue gesegnet werden; die Kombination und die aus ihr kommenden synkretistischen und unierten Mißgebilde werden aufhören und die Konfessionen nach gesicherten Grenzen friedlich wohnen.“ Sodann wird nachgewiesen, wie die Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern mit Reformierten und Unierten, deren Vorhandensein auch die Kulmbacher Konferenz nicht in Abrede stellte, in weit größerem Maße herrsche, als man von Seiten der Konferenz erkannt und zugestanden habe. Lutherische Soldaten aus dem diesseitigen Bayern würden, wenn sie in der Pfalz in Garnison lägen, zur Teilnahme am unierten Abendmahl kommandiert, unierte Pfälzer, welche diesseits des Rheines garnisonierten, giengen in lutherischen Kirchen zum Sakrament, Geistliche, welche in der unierten Pfalz oder in den preußischen Enklaven in Bayern das Amt bekleidet hätten, könnten ohne Übertritt zur lutherischen Kirche wieder in den bayerischen Kirchendienst eintreten, die reformierte oder unierte Diaspora in den katholischen Provinzen Bayerns gehe einfach zum lutherischen Abendmahl etc. Man spreche wohl von Notständen, allein bei gutem Willen seien diese nicht unüberwindlich. Ja angesichts des göttlichen Worts, welches Abendmahlsgemeinschaft mit Fremdgläubigen verbiete (Röm. 16, 17; 1 Tim. 6, 3 ff.; 2 Joh. 10 ff.) dürfe man überhaupt von Notständen als Entschuldigungsgründen konfessionell verwerflicher Praxis nicht reden. Was man Notstand zu nennen beliebe, sei – „einfach Sünde, Sünde wider Christi Wort, Sünde wider das heilige Mahl, Sünde wider diejenige Kirche, die in ihrer Eigentümlichkeit sich erst durch den Abendmahlskampf ausgebildet hat, die all das Ihre verliert, wenn sie ihr teures Kleinod verliert, Sünde wider das Bekenntnis der Kirche, das heilig ist in seiner Antithesis wie in seiner Thesis, Sünde wider die bessere| Praxis unserer Väter, Sünde gegen die Gemeinden, welche auf diesem Wege zur Schätzung des heiligen Mahles nicht kommen können, Sünde gegen die Fremdgläubigen, denen so das rechte Zeugnis vom h. Abendmahl fehlt, Sünde gegen unsere eigenen armen Seelen, weil wir ohne Seelenschaden nicht in so viel Sünde bleiben können, wenn wir zumal wissen was wir thun.“ „Es kann nichts Unwürdigeres geben als Ja und Nein am Altare, Spaltung über das Sakrament beim Sakrament. Hier ist der Hauptpunkt des ganzen Kampfes. Union am Altare ist Union über alle Union.“

 Zum Schlusse wird noch die Erklärung abgegeben, daß man auf Seiten Löhes und seiner Gesinnungsgenossen zwar solche meistenteils aus entschieden landeskirchlichen Elementen zusammengesetzte Konferenzen, wie die von Leipzig oder Kulmbach, nicht als Schiedsgerichte über die Frage nach der Berechtigung einer Separation von der Landeskirche anzuerkennen vermöge, daß man aber dennoch keinen Schritt mehr zu thun beabsichtige als durchaus erforderlich sei. „Da uns nun – so schließt das Schriftstück – auf unser sehnliches Bitten um Trost das bayerische oberste Kirchenkollegium die Versicherung gegeben hat, daß die lutherische Kirche in ihrem wesentlichen Bestande nicht angegriffen sei, daß man hingegen fortfahren werde zur Regelung der konfessionellen Verhältnisse das Mögliche zu thun; so gestehen wir zwar frank und frei, daß wir nicht im stande sind die Lage der Sachen so anzusehen, wie unsere Obern; aber wir betonen jene Worte von der Regelung der Verhältnisse und entnehmen der ganzen Antwort die Mutmaßung, daß wir recht thun, uns völlig als lutherisch-konfessionell zu fühlen und darnach zu handeln. Wir wollen also, damit wir zu Narren werden vor denen, die sich weise dünken, noch einmal hoffen und harren was die nahe Zukunft besseres bringt; aber unser Bleiben ist von Einem bedingt, nämlich daß wir

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1) alle berührten Übelstände der Abendmahls- und Kirchengemeinschaft als für uns nicht vorhanden,
2) diejenigen, welche an ihnen d. i. an den kirchlichen Sünden der bayerischen Protestanten teil nehmen, nicht für lutherisch
3) und in unsern amtlichen Verhältnissen jede Kirchen- und Altargemeinschaft mit ihnen für aufgehoben ansehen.

Dürfen wir innerhalb der bayerischen Landeskirche lutherisch sein, so müssen wir lutherisch handeln dürfen; dürfen wir das nicht, so erringen wir nichts und wenn sich alles andere gäbe... Man sagt uns: Gemischte Abendmahlsgemeinschaft findet ihr allenthalben in den lutherischen Landeskirchen! Unsre einfache Antwort ist: „Wo sich gemischte Abendmahlsgemeinschaft findet, ists Unrecht; überall greift sie den Grund an; nirgends ist sie zu loben und nirgends sei sie gelobt! Es brennt uns nicht nach Streit und Unruhe; ach, wie sehnen wir uns nach Ruhe! Aber es sei ferne einen Grundsatz zu verhalten, den mit allem uns zustehenden Ernst zu bekennen und zu befolgen unsre Pflicht uns dringt. – Werfe man uns Hochmut vor, wir liegen doch im Staub vor Gott. Schelte man uns, wie man will; wir schelten uns selbst, wenn auch mit andern Worten; aber wir handeln darum doch nicht anders. Wir harren im Gegenteil durch böse und gute Gerüchte hindurch auf Anerkennung von uns bekannter Wahrheiten. Wir werden mit unsern Gemeinden das Osterlamm des neuen Bundes ferner essen, aber unter feierlichem Protest gegen falsche Abendmahlsgemeinschaft – und wenn es sein muß, stehend, aufgeschürzten Gewandes, den Stab in der Hand.“

 Man möchte es dieser Erklärung beim erstmaligen Lesen nicht abmerken, daß sie bei der Entschiedenheit, ja Schärfe, mit welcher namentlich die conditio sine qua non des Bleibens in der Landeskirche formuliert ist, doch einen gewissen Wendepunkt in dem bayerischen| Kirchenkampf bezeichnet, ein Einlenken Löhes von dem bisherigen, konsequent verfolgt, zur Separation führenden Weg zu dem Versuch, sich eine Stellung innerhalb der Landeskirche zu erringen, bei welcher er ohne Sünde wider das Gewissen, wenn auch allzeit zum Aufbruch bereit, „aufgeschürzten Gewandes, den Stab in der Hand“ bis auf weiteres noch in ihrem äußeren Verband bleiben konnte. Hierin liegt der Schlüssel zum Verständnis seiner von da an lebenslänglich behaupteten Stellung zur bayerischen Landeskirche; hier aber auch der Anlaß zu all den Vorwürfen, welche ihm – wegen seiner „auf halbem Wege stehen gebliebenen Inkonsequenz“ von den missourischen Epigonen in Deutschland und ihren Ahnen in Amerika bis zu dieser Stunde gemacht werden. Und in der That, wenn der äußerlich kirchenregimentliche Zusammenhang mit einem landeskirchlichen Organismus, der an dem Übel einer zwar nicht rechtlich, aber doch faktisch, zwar nicht als Regel, aber doch als häufige Ausnahme bestehenden Abendmahlsmengerei krankt, an sich und unter allen Umständen verdammliche Sünde ist und es keinen andern Weg gibt, um sich der Teilnahme an solchen „fremden Sünden“ zu erwehren, als die Separation, dann bleibt dieser Vorwurf auf Löhe lastend. Wir geben zu, daß für den, der erst im Begriff steht in einen solchen Organismus einzutreten, die Frage anders liegt, als für einen, der sich – beim Erwachen von Gewissensbedenken bereits in demselben vorfindet. Letzteres war Löhes Fall, und wir kennen seine Überzeugungen von der Heiligkeit des zwischen dem Hirten und der ihm anvertrauten Gemeinde bestehenden Verhältnisses. Mit Rücksicht hierauf formulierte sich ihm sein kirchliches Programm, dem er zeitlebens treu blieb, von da an folgendermaßen: „Keine aktive Teilnahme an den Unionssünden des Ganzen, Übung konfessioneller Treue und streng lutherisches Handeln in dem göttlich angewiesenen Berufe, Protest und Zeugnis mit Wort und That gegen die Sünden der Gesamtheit und Ergebung in alle| daraus erwachsenden Leidensfolgen.“ Daß dieser Weg ein „dornenvollerer sei als der des einfachen Austritts“ sagte Löhe schon damals voraus. Und in der That hat seine lebenslang eingenommene Kämpferstellung gegen alles unionistische Wesen und sonstige landeskirchlichen Sünden ihm Mühsal und Bitterkeit genug eingetragen und sein amtliches Leben ihm zu einer Art langwierigen Martyriums gemacht. Warm und wohl ist ihm auf seinem königlich bayerischen Pfarrerssitz nicht geworden. Ein Jahrzehent später noch sah er sich aufs neue vor die Frage des Austritts gestellt. Er aß Seines HErrn Passah in der Landeskirche als ein „Hinwegeilender“, allezeit, wenn nötig, zum Aufbruch bereit.

 Nach diesen Vorbemerkungen wird die erneute Eingabe Löhes und seiner Gesinnungsgenossen d. d. Schwabach den 9. Oktober bei unseren Lesern eine richtigere Würdigung erfahren, als sie seiner Zeit – freilich nicht ohne Schuld ihres Verfassers – bei der obersten Kirchenbehörde Bayerns fand. Wir lassen die Eingabe hier folgen:


Schwabach, am 9. Oktober 1851. 
Königliches Oberkonsistorium!
Betreff:

 Unterthänigst gehorsamste Danksagung und Bitte der Unterzeichneten, die Aufhebung der Abendmahlsgemeinschaft verschiedener Konfessionsverwandten betreffend.

 Die unterthänigst gehorsamst Unterzeichneten erkennen hiemit voll innigen Dankes die väterliche Mildigkeit, mit welcher das Königliche Oberkonsistorium ihre Eingabe vom 2. Juli l. J. zu bescheiden geruhte; und sie können weder, noch wollen sie es unterlassen, ihre ungeheuchelte Danksagung andurch vor ihren Obern laut werden zu lassen.

 Zwar können und dürfen sie nicht verbergen, daß sie in diejenige Auffassung der bayerischen kirchlichen Zustände, welche ihnen das Königliche Oberkonsistorium kund gegeben hat, wegen vieler und wichtiger Gründe nicht eingehen können, daß sie eine andere Überzeugung haben. Sie äußern dieses mit Ehrerbietung| und Bescheidenheit, weil sie glauben, daß sie vor allen Dingen ein aufrichtiges Herz ihren Obern entgegenbringen müssen. Aber sie nehmen die gnädige Behauptung ungekränkten Bestandes einer lutherischen Kirche in Bayern als eine Bürgschaft für die lutherisch kirchliche Entschlossenheit ihrer Oberen – und die Verheißung unablässigen Bemühens, eine rein konfessionelle Partikularkirche herzustellen, begrüßen sie mit der fröhlichen Überzeugung des Gelingens und schönsten Sieges. Im Vertrauen auf jene Behauptung und diese Verheißung erklären sie hiemit, auch noch fernerhin im Komplex der Landeskirche verharren, der Besserung warten, der Kirche und ihren Gemeinden mit der altbewährten Treue und dem alten Gehorsam dienen zu wollen, dessen sie sich allerdings bewußt sind.

 Nur Ein Stück ist es, in welchem wir unaufhaltsam gedrängt werden, welches in der alten Weise zu tragen unser Gewissen auf das tiefste verletzen würde. Es ist die Abendmahlsgemeinschaft mit den Unierten und Reformierten. Diese erkennen wir für keinen bloßen Not- oder Ausnahmszustand, auf unserem Gewissen lastet sie als Sünde, mit der kein Bund zu schließen, welcher abzusagen ist so bald als möglich und in jeder Weise. So entschieden unser Wille ist, der weiteren Entwickelung einer wahrhaft lutherischen Kirche Bayerns mit Vertrauen auf das Königliche Oberkonsistorium ferner zu harren und zu warten, ebenso entschieden müssen wir unsern väterlichen Oberen bekennen:

Daß wir keine Abendmahlsgemeinschaft mit Reformierten und Unierten anzuerkennen vermögen,
daß wir keinen Pfarrer oder anderen Christen, welcher bewußtermaßen in solcher Abendmahlsgemeinschaft steht, für lutherisch halten,
daß wir in allen unseren „amtlich-praktischen“ Verhältnissen dieser unserer Überzeugung Folge geben müssen, so schwer, seufzer- und thränenreich für uns selbst dies hie und da werden kann.
 Das Wort Gottes, welches jede Gemeinschaft mit falscher Lehre und deren beharrlichen Anhängern, also vor allem die Abendmahlsgemeinschaft verbeut, – die Symbole und ihr reprobamus, – die alte Praxis der Kirche, – das geistliche Wohl der Gemeinden, welches durch eine gemischte Abendmahlsgemeinschaft getrübt und gefährdet wird, – das Heil unserer eigenen Seelen drängt uns, unsere gnädigen Oberen anzuflehen, diesen schwärzesten Fleck in unsern kirchlichen Verhältnissen, für den uns keine Not entschuldigen kann, gegen den unsere eigene Not die Sprache so laut erhebt, nach der Vollmacht, welche sie durch die ihnen von Gott gegebene Stellung haben, – aufzuheben.|  Irren wir nicht, so wird auch manche Stimme aus den Gemeinden, welche durch die traurige Lage ihrer Hirten aufmerksam zu werden beginnen, sich mit unsern Stimmen vereinen. Wie viel Danksagung würde nicht bloß den Oberen entgegenkommen, sondern auch zu Gott aufsteigen, wenn die traurige Vereinbarung des Zwiespältigen am Altare geschwunden wäre.

 In tiefster Ehrfurcht verharren
 Eines Königlichen protestantischen Ober-Konsistoriums

unterthänigst gehorsamste
W. Löhe Pfarrer zu Neuendettelsau
E. Stirner  " in Fürth
F. Wucherer  " " Nördlingen
Fischer  " " Aufseß
Volk  " " Rügland
Rödel  " " Mengersdorf
Fischer  " " Artelshofen
Bauer, Katechet  " " Nürnberg
Semm, Verweser  " " Memmingen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 Auch der Kirchenvorstand der Pfarrgemeinde Neuendettelsau und der beiden Filialgemeinden reichten gleichzeitig Separateingaben ein, in welchen um Aufhebung der Abendmahlsgemeinschaft der zur protestantischen Gesamtgemeinde Bayerns gehörigen verschiedenen Konfessionsverwandten gebeten wurde. Diese Eingaben waren zwar von Löhe verfaßt, aber keineswegs in agitatorischer Weise von ihm hervorgerufen. Aus der Mitte der Gemeinde selbst waren ihm in der Zeit des drohenden Austritts aus der Landeskirche Vorstellungen gemacht worden, daß er Unrecht thue die Gemeinde zu verlassen, weil er ja nicht wissen könne, ob sie nicht Eines Sinnes mit ihm sei; es sei jedenfalls seine Schuldigkeit, die Gemeinde zu belehren. Diese Pflicht erkannte Löhe an und so unterrichtete er denn die Gemeinde über die Sachlage. Darauf hin erklärte der Kirchenvorstand dem Pfarrer seine Zustimmung und seine Bereitwilligkeit, durch eine gesonderte Eingabe die Bestrebungen des Pfarrers zu unterstützen. Eine große Anzahl von Familienvätern unterschrieb dieselbe.| Bei dieser Gelegenheit war es, wo ein alter Schäfer von B., als ihm die Feder zur Unterschrift gereicht wurde, äußerte: eine solche Eingabe müsse man nicht nur mit Tinte, sondern mit seinem Blute unterschreiben.

 Für Löhe war diese thätige Teilnahme seiner Gemeinde an seinem kirchlichen Gang von Wert, er wußte nun, daß er bei seinen weiteren Schritten an ihr einen Rückhalt habe. „Darin ist – schrieb er um diese Zeit – meine Gemeinde Eins, daß eine Gemeinschaft mit andern Konfessionen am Tisch des HErrn nicht statthaben solle. Mit aus diesem Grunde halte ich die hiesige Gemeinde für eine lutherische im Komplex der Landeskirche und stehe ihr vor.“





  1. Dieser Antrag war unsers Wissens von Löhe nicht gestellt worden.
  2. Scheibel nämlich klassifizierte die Galater mit den Laodicäischen.


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Die Krisis »
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