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der Wichtigkeit der Sache und mit der bei ihnen stattfindenden Gewissensnot genugsam entschuldigt werden dürfte.

 Ohne auf die von den Bittstellern selbst zugestandene Unstatthaftigkeit der angebrachten Bitte hier näher einzugehen, will das K. Oberkonsistorium nach genaurer Würdigung der Sache im nun vollständig wiederversammelten Kollegium den Bittstellern Nachstehendes eröffnen.

 Die Landeskirche diesseits des Rheins ist, die verhältnismäßig nur sehr geringe Zahl der Reformierten und Unierten ausgenommen, eine auf dem geltenden Bekenntnisse ruhende, diesem in Lehre, Ritus und Verfassung treu anhängende evangelisch-lutherische Kirche. Eine Union und eine daraus hervorgehende Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern, Reformierten und Unierten besteht in ihr weder grundsätzlich, no[c]h verfassungsmäßig, noch faktisch. Es ist von Seiten der kirchenregimentlichen Organe in keiner Weise ein Schritt geschehen, der die lutherische Kirche zu einer Union mit der reformierten hinführen wollte, oder zu einer derartigen Vermutung gegründeten Anlaß geben könnte. Wenn auch in einzelnen Orten Lutheraner, Reformierte und Unierte miteinander das heilige Abendmahl genießen, so ist diese gemeinschaftliche Feier nicht aus einer Union hervorgegangen, bezweckt auch durchaus keine Union, sondern ist als ein durch unvermeidliche Verhältnisse hervorgerufener und in allen protestantischen Ländern in und außer Deutschland überlieferter, ausnahmsweiser Zustand zu betrachten. Durch diese Ausnahmsfälle ist der lutherische Charakter der vaterländischen Kirche in seinem wesentlichen und grundsätzlichen Bestande in keiner Weise aufgehoben, und es muß als ein Irrtum der Bittsteller erscheinen, wenn sie dies annehmen, und ihren Austritt aus der Kirche damit rechtfertigen wollen. Das Oberkonsistorium hat sich, wo es not thut, stets bemüht, die obschwebenden Verhältnisse einzelner Gemeinden im Interesse beider Kirchen, der lutherischen und der reformierten, zu regeln, und es wird hierin, unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände und nach Maßgabe der gegebenen Mittel fortfahren; aber es leuchtet von selbst ein, daß sich eine solche Regelung ausnahmsweiser Verhältnisse nicht mit einem male durchführen, am wenigsten deren Zustandekommen der Zeit nach im Voraus berechnen läßt.

 Noch näher und spezieller in den hier bezeichneten Thatbestand einzugehen, muß nach der oben ausgesprochenen Erklärung des Kirchenregiments als überflüssig erscheinen, und das um so mehr, als die Bittsteller selbst nur eine solche Erklärung sich erbitten, und die hier gegebene das volle Vertrauen erwarten und für sich in Anspruch nehmen kann.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/381&oldid=- (Version vom 1.8.2018)