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in sündlichen Synkretismus verstrickten Behörde die Kirchengemeinschaft ab – abwartend, ob sie dann mit Gewalt von Neuendettelsau entfernt werden. Dies dünkt mich die ultima ratio zu sein. Dekan Gademann teilte mit, daß im Oberkonsistorio eine neue Ordnung der reformierten Gemeinden vorbereitet werde – ist dies wirklich der Fall, so würde man Ihrem Austritt unfehlbar das Stigma der Ungeduld aufdrücken... Meinen Sie (übrigens) nicht, teurer Bruder, daß was ich in diesen Zeilen Ihnen sage, von der Anschauung ausgehe, nach welcher die Landeskirche das Primäre, die Kirche das Sekundäre ist. Die Mission, welche (in dieser Beziehung) unsre preußische ecclesiola vom HErrn hat, möge kein fleischliches Gelüst uns je verdunkeln. Aber nicht das Fleisch, sondern der Geist ists, der uns sagt, daß wir das irgend Erträgliche ertragen sollen um den Preis, redliche im kirchlichen Fortschritt begriffene Gemüter durch das Festhalten des Gemeinschaftsbandes zu stärken. Leugnen kann ich nicht, daß der Gedanke an Ihren (aktiven) Austritt mich ängstigt, und nur der Blick auf den treuen Hirten und König, der diese affaire de haute politique in Seiner Hand hält, gibt mir Ruhe und Freude. Bitte, bitte nehmen Sie diese Aussprache eines Bruders, der Ihr dankbarer Schüler ist, nicht als unberufen auf – wahrlich: nostra res agitur!

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 Verstehe ich recht, so haben Sie Ihre Differenzen mit Höfling über Kirche und Amt bei der Frage: ob bleiben, ob gehen? ganz bei Seite gelassen. Höflings wirklich nahe ans ärgerliche streifende Theorie hat in Leipzig einen tüchtigen Stoß bekommen. Münchmeyer stellte inhaltreiche, gediegene Thesen auf (ziemlich in Ihre Anschauung eingehend), die – ich glaube gewiß zu siebenachtel der Mitglieder – die Konferenz acceptierte. Mein Vortrag über Disziplin war so gehalten, daß ich auf Entrüstung etlicher à tout prix Landeskirchlicher gefaßt war. Es hat uns alle beschämt und mit Hoffnung erfüllt, daß auf Harleß’ Antrag (unterstützt von Thomasius)

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/377&oldid=- (Version vom 1.8.2018)