Meine Erklärung gegen das, was Herr Hofrath Seuffert zu Wirzburg über mein Urtheil, das Industrie-Wesen im Hochstifte Wirzburg betreffend, im Magazin zur Beförderung des Schulwesens im katholischen Teutschlande, 1ten B. ersten Hefte S.15 erinnert hat

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Autor: Anonym
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Titel: Meine Erklärung gegen das, was Herr Hofrath Seuffert zu Wirzburg über mein Urtheil, das Industrie-Wesen im Hochstifte Wirzburg betreffend, im Magazin zur Beförderung des Schulwesens im katholischen Teutschlande, 1ten B. ersten Hefte S.15 erinnert hat
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 3, S. 169–204
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
s. a. An die Herausgeber des Journals von und für Franken
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II.
Meine Erklärung gegen das, was Herr Hofrath Seuffert zu Wirzburg über mein Urtheil, das Industrie-Wesen im Hochstifte Wirzburg betreffend, im Magazin zur Beförderung des Schulwesens im katholischen Teutschlande, 1ten B. ersten Hefte S. 15 erinnert hat.
Mein Gott! dachte ich, als ich Herrn Hofrath Seufferts Aufsatz las, wenn nur nicht über Industrie-Wesen dem gütigen und| menschenfreundlichen Fürsten so referirt wird, als hier in diesem Schulmagazin widerlegt werden will! Wehe sonst den vielen rechtschaffenen Männern, deren Herzensangelegenheit es ist, den Absichten ihres gnädigsten Landesvaters gemäß, im Stillen zu arbeiten, den eigentlichen Quellen des Elendes nachzuspüren, und, so weit das Locale es zulässet, sie nach Kräften zu verstopfen. Wehe den Wirzburgischen Patrioten, die christlich und edel, ohne allen Eigennutz und Nebenabsichten wirken, froh des Glaubens des wahren Christenthums: daß ihr Vater im Himmel ins Verborgene blickt: die bey allen ihren ungerühmten guten Handlungen sich freuen, zu wissen, daß ihre Namen in das Buch des Lebens eingeschrieben sind. Wehe denen, welchen es im Ernste darum zu thun ist, im Stillen gut und rechtschaffen zu handeln, ganz unbekümmert, ob sie hier das feile Lob so mancher Zeitungsschreiber und Journalisten erhaschen oder nicht; ob sie in öffentlichen Blättern paradiren oder nicht. Von vielen dieser mit so vieler Parade darin Aufgeführten wird es doch dereinst vor dem allsehenden Richter aller Menschen heißen: receperunt mercedem suam! Sie haben ihren Lohn dahin!
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| Ich konnte, bey aller mir angethanenen Gewalt, diese unwillkürlich sich mir aufdringenden Vorstellungen nicht unterdrücken. Dem unbefangenen Publicum muß ich es aber dabey überlassen, beyde Aufsätze, meinen im Journal von und für Franken und den des Hrn. HR. Seufferts, mit einander zu vergleichen und unparteyisch zu entscheiden: ob auch, – was doch die allererste Pflicht eines Mannes hätte seyn müssen, der mich widerlegen und der Unwahrheit bezüchtigen wollte – Herr Hofrath Seuffert nur den Statum controversiae richtig einzusehen sich bemühet habe.

Wo steht im Journal von u. f. Fr. und namentlich in dem Aufsatze, zu dem ich mich als Verfasser bekenne, nur einmahl etwas, (ich bin so frey und bediene mich Ihrer eigenen Worte)

„Von dem als ausgemacht angenommenen Nichtbestand der Industrie-Schulen“ S. 16 Z. 3. v. oben. oder,

„Daß der gnädigste Landesherr nicht durch Industrie und Betriebsamkeit sein Land glücklich zu machen sich bestrebe,“ S. 18 Z. 6–8 von unten.

Wo wird geläugnet:

| „Daß die aufgeklärte Fürstl. Schul-Commission ihrer Seits die Ausführung der Landesherrl. Absichten nach ihren Kräften zu unterstützen suche“ S. 19 Z. 7–10 v. unten; oder

„Daß durch belehrende Verordnungen, gewisse Mißverständnisse berichtiget, und gewisse Vorurtheile bestritten worden sind, daß man die Thätigkeit mancher geistlichen und weltlichen Vorsteher anzufachen und manche erst gehörig aufzuklären gesucht habe?“ S. S. 21. Z. 13–17 v. oben.

Wo steht ein Wort davon:

„Daß der Umfang des Industrial-Unterrichts sich nicht auf Nähen, Stricken, Klüpfeln, Spinnen u. dgl. auch auf den Gartenbau und die Baumzucht, wie auch auf andere gewissen localen Verhältnissen angemessene Anstalten sich erstrecke.“ S. S. 2. Z. 1–5 von unten hinauf.

Wo habe ich mir beygehen lassen zu behaupten:

„Daß Industrie ohne sichtbaren Nutzen sey.“ S. S. 32.

Fragen Sie, mein Herr Hofrath, jeden unbefangenen Leser des Journals: ob er etwas| von dergleichen Behauptungen darin gefunden habe. Er wird gewiß mit Nein antworten müssen.

Was mir am allerschwersten auf dem Herzen liegt, ist, daß die Frage sowohl, als die Beantwortung derselbigen immer noch für unbescheiden und beleidigend gehalten werden will. Sie wäre es gewiß nur dann erst in dem Sinne, den ihr der Herr Hofrath unterzulegen für gut befunden hat, nach dem er annimmt, als ob gegen mich erst erwiesen werden müßte:

  1. daß Industrie-Schulen im Hochstifte Wirzburg entstanden seyen.
  2. Daß manchfache Mittel angewendet worden seyen, dieselbigen auf dem Lande zu errichten.
  3. Daß gegenwärtig wirklich Industrie-Schulen bestehen und
  4. daß dieselben sichtbaren Nutzen stiften.
Von allen dem war aber gar nicht die Rede, und konnte bey Leuten, welche die Stadt Wirzburg und die gesammten hochstiftischen Lande kennen, die eingeschlagenen Mittel zur Beförderung der Industrie wissen, und in die Wirzburgischen Zeitungen nur hineingesehen haben, ja ganz und gar die Rede nicht seyn.| Unbescheiden und beleidigend würde alsdenn die Frage in dem ihr von Herrn Hofrath Seuffert untergelegten Sinne nicht nur gewesen seyn; sondern auch sinnlos und thöricht. Es wird aber, was jeder Wirzburger ohnedem weiß, und Herr Hofrath noch zum Überfluß mit der ihm eigenen Bündigkeit erwiese, gar nicht gefragt: ob Industrie Schulen in Wirzburg seyen oder nicht, ob die Industrie Schulen schon sichtbaren Nutzen gestiftet haben oder nicht, sondern

„warum es bey den besten Landesväterlichen Absichten des Herrn Fürstbischoffs zu Wirzburg und bey dem rastlosen Eifer der Armen-Commission demungeachtet mit den Industrie-Anstalten keinen gedeihlichen Fortgang gewinnen wolle?“

Das vorzügliche Gewicht der Frage liegt also auf dem Beyworte gedeihlich d. i. was zur bleibenden Wohlfahrt und Glükseligkeit gereicht. So sagt der gemeine Mann noch von den Hunger-Jahren 1771 und 72: es wäre zwar genug gewachsen, aber es war kein Gedeihen dabey. Das war der Gedanke des Mannes, der die Anfrage that, und in diesem Sinne antwortete ich:

| „es sey einige Decennien zu früh auf die vorgelegte Frage zu antworten“
.
Was mir ja die Ertheilung zu dieser und keiner andern Antwort für Erinnerungen vorgeschwebt haben, die mich zu diesem Bescheid determinirten, waren die vor einigen Decennien auf der Rhön so bekannten Ereignisse. In dieser Gegend ist bekanntlich wenig Feldbau. Man wollte also durch Errichtung von Strumpfwirkereyen, Tuchmachereyen, Wollenspinnereyen den armen und dürftigen Einwohnern neue Nahrungs-Quellen eröffnen. Die hochfürstl. Hofkammer schaffte zur Beförderung der Industrie mit ungemeinem Aufwande, Tuchmacher- und Strumpfwirker-Stühle und andere dahin einschlagende Sachen. Die Überbleibsel dieser mit vielen Kosten getroffenen Einrichtungen sind noch zu sehen; und wenn der Hr. Hofr. seine Belehrung hierüber aus ächten Quellen schöpfen will, so wird der alte und erfahrne Herr Hofkammer-Rath Körner gar nicht entstehen, ihm alles recht deutlich zu machen und umständlich zu erklären. Was von diesen kostspieligen Anstalten im eigentlichsten Verstande noch übrig ist, findet man zu Bischoffsheim und Stockheim,| wo aber, wohlgemerkt, dergleichen Arbeiten auch schon zuvor getrieben wurden. Das Übrige ist dahin, es war nicht gedeihlich.

Wenn nun Jemand in den damahligen Zeiten, wo mit so vielem Aufwand die neuen Industrie-Anstalten auf der Rhöne getroffen wurden, eine Frage gethan hätte, die der im Journal gleich gewesen wäre, und der Gefragte hätte geantwortet: es ist mit der Beantwortung ihrer Frage noch um einige Decennien zu frühe, sagen Sie mir doch um aller Welt willen, wer hätte Unbescheidenheit und Beleidigung daraus schließen können?

Ich setze hier der Kürze wegen nur einen einzigen Fall. Es würde mir ein leichtes seyn aus meinen Erinnerungen und leidigen eigenen Erfahrungen mehrere inn- und ausländische Beyspiele der Art aufzugreifen, wo man, ohne gegen den Respect zu fehlen, auf ähnliche Fragen nichts anders sagen konnte, als es mit der Beantwortung noch um einige Decennien zu früh!

Durchgehen Sie ausser dem bemerkten Fall, der sich in unserm eigenen Vaterlande zutrug die Geschichte der Menschheit, die große, wichtige Lehrmeisterin aller derjenigen, die mit| Nutzen an Beförderung menschlicher Glückseligkeit arbeiten wollen. Können Sie aus ihr behaupten: daß je Gesetze, Sitten oder kirchliche Andachtsverordnungen wahre Frömmigkeit herzustellen im Stande waren? So, dünkt mich, werden nie Verordnungen Strümpfe zu stricken, Bäume zu pflanzen, die innere Betriebsamkeit, den einzigen Grund wahrer Industrie und wahrer Glückseligkeit eines Staates, erzeugen können.

Die große Menge der Gesetze in einem Staate ließ noch nie mit Grund auf wahre Sittlichkeit schließen. Sie waren redende Beweise der Unsittlichkeit: sonst hätten Regenten und Gesetzgeber sie zu ertheilen, sich nicht gedrungen gefunden. Sie besserten im Grunde nicht, sie hielten nur einen Theil aus Furcht der Strafe zurück; der anders dachte auf Mittel durch Wortklaubereyen und Deutungen oder durch Hinterlist und Ränke dem gegebenen Gesetze eine Nase zu drehen.

Kirchliche Andachtsverordnungen machen auch meistens nur Heuchler. Da sie bey dem schlechtesten Herzen und den verabscheuungswürdigsten Sitten doch immer als Heilige erscheinen,| wenn sie nur fasten, wallfahren, und die vorgeschriebenen Andachten pünctlich mit machen.

Endlich nehme man dieß als die letzte allgemeine Bemerkung, die ich hieher setzen will: was den Menschen nichts einträgt, – Beamten und Seelsorger können natürlicherweise keine Ausnahme machen – das wird nur bloß zum Schein betrieben. Der gefällige oder kurzsichtige Seelsorger bequemt sich da, je nachdem es fällt, nach dem Beamten, oder umgekehrt.

Nun, nur noch einige Worte zur Erläuterung der sieben Puncte, die ich meinem Freunde auf seine Frage vor Ablauf einiger Decennien zu bemerken gab.

ad 1) Herr Hofrath S. gesteht S. 21. seiner Widerlegung selbst von dem Industrie Wesen ein:

„Man that bald zu wenig bald zu viel. – Manches geschah oder unterblieb aus Mißverständniß, aus Vorurtheil, aus Mangel an zweckmäßiger Thätigkeit oder aus Unkunde. Es wurde demnach Bedürfniß durch eine neue belehrende Verordnung, gewisse Mißverständnisse zu berichtigen, gewisse Vorurtheile zu bestreiten,| die Thätigkeit mancher geistlichen und weltlichen Vorsteher anzufachen, und manche erst gehörig aufzuklären“ und S. 24 dieser gute Erfolg ward auch ohne Zwang durch die Erfahrung bewährt. Wogegen aber in manchen Ortschaften in welchen der Beamte von seiner Amtsstube aus die Industrie-Anstalten einführen wollte, und wohl gar die Einführung derselbigen bey Strafe gebot, der Seelsorger aber die Kinder weder belehrte, noch selbst Hand an das gute Werk legte, Widersetzlichkeit und Unthätigkeit wahrgenommen wurde.

Das sagte der Herr Hofrath, als Schriftsteller, und ich als Schriftsteller sagte:

Nicht alle diejenigen, welchen die Ausführung dieser gemeinnützigen Einrichtung aufgetragen ist, haben die gehörige Erkenntniß von der Landesverfassung und dem in jedem Orte verschiedenen Zustande der Einwohner. Man kann ein gelehrter, abgeschliffener und religiöser Mann seyn, ohne daß man hievon gehörig unterrichtet ist. Das lernt man nicht auf der Studir-Stube und vom Katheder herab.“

Bey genauer Zusammenhaltung beyderseitiger Aussagen, wird sich also leicht ergeben: daß ich weiter nichts Unbescheidenes und Beleidigendes| vorgebracht habe; da der Herr Hofrath sich noch stärker darüber ausdrückt, und daß also der Herr Hofrath mit seiner Widerlegung, gleich der Cervantes Helden gegen Windmühlen gestritten habe.

     Was ich zum
2ten vorbrachte, erweiset gewiß: daß ich die gnädigst niedergesetzte Commission achte. Welchem Rath ist es zu verdenken, daß er sich immer um tiefere Erkenntniß seines Faches bekümmere? Möchten nur immer alle von diesem Geiste belebt seyn; anstatt daß vielleicht einer und der andere thöricht wähnt, seine erlangte Wissenschaft sey keines Zuwachses mehr fähig. Ehe die bestimmten Decennien abfließen, wird es sich schon auch zu Tage legen, warum manche ihren Beyfall in so hohem Tone anstimmten.

     Bey dem

3ten Punct finde ich, nach reifer Überlegung der Sache, nicht eine einzige Behauptung, die ich, ohne der Wahrheit zu nahe zu treten, zurück nehmen könnte. Ich stelle es vielmehr höhern Ermessen anheim, was der Bauer, bey den rastlosen Bemühungen, den Accis immer höher zu sprengen, denken muß?| oder was er, dem man schlechterdings nicht alle Empfindung und alles Nachdenken absprechen darf, bey sich, wenn es auch nicht einmahl laut wird, denkt: Wenn die Hofkammer zum Anbau der Brache öffentlich auffordert und die nämliche Hofkammer zu gleicher Zeit die Schäfereyen verpachtet?

Ich muß es unverhohlen gestehen, es ist auch noch einige Decennien zu früh, den Schaden eines solchen Verfahrens anzugeben. Als man in Hessen zum Anbau der Brache ermunterte, verfuhr man anders. Man gab nicht mit der einen Hand und nahm mit der andern, um Regenten und Unterthanen zu compromittiren; man gab freywillig gleich anfangs alle Schäfereyen auf. Das war eine Ermunterung zur Industrie!

Der Bauer muß freylich stillschweigen, aber um so tiefer empfindet er den Despotismus und die Kniffe des Eigennutzes, die so ungescheut vor seinen Augen sich so oft mancher Beamte erlaubet, der sich demungeachtet vielleicht hernach zu einem ganz uneigennützigen Beförderer des Industrie-Wesens großsprecherisch aufwirft. Ich berufe mich aus vielen Beyspielen nur auf eines, auf die Gemeinde-Rechnungen,| die unter Aufsicht der Beamten in Gegenwart der Bauern abgelegt werden sollen. Ich rede hier nicht bloß in Bezug aufs Hochstift, sondern im Allgemeinen. Beym Himmel, welchen Unrath bemerkt da nicht oft im Stillen der einfältige Bauer! Amtmann und Amtsschreiber haben sich oft wider Recht und Billigkeit etwas herausgenommen. Der Schultheiß ist verlegen, unter welchem Titel er den eigennützigen Kniff in Anschlag bringen soll. Indessen der Wille der hochgebietenden Obrigkeit muß schlechterdings vollzogen werden. Fiat igitur voluntas eorum, es klinge, wie es möge. Sie werden aus hoher habender Macht und Gewalt, dem, welchem es zu widersprechen gelüstet, schon den Daumen aufs Maul zu halten wissen. Der Schultheiß griffe bißweilen auch gern weiter, als es sich gebühret. Was sollte ihn hindern nach dem Vorgang seiner Vorgesetzten zu handeln. Ein Dienst ist des andern wehrt. Ein gleiches gelüstet den Gerichtsmännern, dem Bauermeister, und so gehts abwärts bis zum Schäfer, Amtsboten und Gerichtsdiener. Ein jeder nimmt seinen Brief und schreibt flugs Funfzig! Diesem gräulichen Unwesen des Eigennutzes und schändlichen Betrugs| sehen ehrliche und unbefangene Gemeindglieder mit zu und – schweigen; aber verdenken muß man es ihnen nachher nicht, wenn sie ihr Zutrauen verlieren: denn der Bauer schließt von einem auf alle, oder wenn sie bey jeder neuen Einrichtung, ehe sie klar sehen, argwöhnisch sind, oder, wenn sie von eigennützigen und ungerechten Vorstehern das Schlimmste erwarten und befürchten.

Der 4te Punct ist bereits durch das Gesagte erledigt und gehört auch dahin, wo ich mich über die Decennien erklärt habe. Meine

5te Bemerkung enthält sicherlich nichts, was ein Unbefangener als unbescheiden und beleidigend mit Recht erklären könnte. Vielmehr sagt Herr Hofrath Seuffert selbst S. 30: daß ein jedes Amt in seiner Industrie-Schulen-Einrichtung etwas Eigenes haben sollte, und verweiset deßwegen auf die Ämter Aub, Bütthard, Ebern, Grünsfeld, Hartheim, Heydingsfeld, Hofheim, Homburg am Mayn, Iphofen, Karlstadt, Kißingen, Kitzingen, Lauda, Marktbibart, Neustadt an der Saale, Oberschwarzach, Proselsheim, Rottenfels, Schlüßelfeld, Volkach etc. und ferner: in vielen Gegenden scheint es fast nicht einmahl| nöthig, besondere Industrie-Schulen anzulegen. In Gegenden nämlich, wo schon ein jedes Haus fast eine Industrie-Schule ist. – Nun bitte ich Sie, mein Herr Hofrath, um alles in der Welt willen, sagen Sie mir doch, wie Sie öffentlich drucken lassen können S. 17. „ich suche schiefe und irrige Ideen über das Industrie-Wesen zu verbreiten“? Was noch bey der höchsten Billigkeit gegen Sie gesaget werden kann, ist: Sie haben mich nicht verstanden, oder widerlegt und nicht gelesen.

     Zu meiner
6ten Bemerkung, wo ich besonders die mit gröberer Schrift gedruckten Worte zu beherzigen bitte, habe ich nur noch folgendes hinzu zu fügen.

Innere Betriebsamkeit muß den Menschen in Thätigkeit versetzen. Der Grund zur wahren Betriebsamkeit ist aber Moralität. Nur Religion kann die wahre Moralität bewirken. Ich denke nicht, daß einer meiner Leser hierüber weitern Beweis fordern werde. Nun vergleiche man aber hiemit folgende unläugbare Ereignisse beym neuen Industrie-Wesen. In öffntlichen Prüfungen sowohl, als in Schulen beym Unterrichte in Religions- Lebens-Pflichten| Pflichten und der biblischen Geschichte fand ich und andere, daß unabläßig gestrickt wurde. Muß nicht das Kind, das ohnedem ganz sinnlich ist, dadurch gegen den Religions-Unterricht so gleichgültig werden, als es bey der Erzählung anderer gleichgültigen Dinge ist? Lauft man dabey nicht Gefahr, daß die Kinder die Religions-Wahrheiten bey dieser getheilten Aufmerksamkeit nur für das Gedächtniß, und nicht fürs Herz erlernen werden? Werden sie nicht dadurch gleichsam eingeleitet, in früher Jugend Religions-Handlungen maschinenmäßig zu treiben, ohne daß sie dabey etwas denken und in der That empfinden? Ein Fehler bey Erwachsenen, wogegen aufmerksame Religions-Lehrer ohnedem nicht genug arbeiten können. Ich habe also das, was ich selbst bemerkte, und auch von vielen andern bemerken hörte, nicht umsonst gesagt. Es verdient in der That die vorzüglichste Beherzigung, wenn wahrer Religions-Unterricht in christlichen Jugend Schulen der Hauptzweck ist, und der Hauptzweck bleiben muß; und wenn sich auf Religion allein nur wahre Moralität, und auf diese wieder allein nur wahre Betriebsamkeit gründen läßt. Überdieß fiel mir auch Folgendes auf: den| Schul-Candidaten wird immerzu nur eingeprägt, daß sie sich vorzüglich dadurch empfehlen würden, wenn sie guten Unterricht im Baum-Belzen, Oculiren etc. geben würden. Sie sollen nur zum Stricken, Nähen, Klüpfeln ermuntern. Wenigstens erringen sie sich durch eingeschickte Verzeichnisse der Arbeiten dieser Art das allervorzüglichste Lob. Ist nun nicht mit Grund zu befürchten, daß junge Lehrer sich das Neben-Geschäfft als ihr Haupt-Geschäffte denken? Daß sie also auf jenes mehr Zeit und Fleiß verwenden, als auf dieses? Daß diesem zu Folge nun Lehrer und Schüler ermüdet und also, wo nicht ganz verdrossen, doch weniger aufgelegt an ihr Hauptwerk kommen? Allein alles dieß für jetzt bey Seite gesetzt, muß ich doch auch unsere lieben Vorfahren und treuen Alten in Schutz nehmen. Ich kann mich ein für allemahl nicht davon überzeugen, daß sie so gar unwissende und träge Leute gewesen seyn sollen, als sie, nach den Vorstellungen mancher Neuerer, jetzt abgeschildert werden wollen, die von dem jetzigen Spinnen, Stricken, Klüpfeln, Baumbelzen, Oculiren etc. so gar viel Aufhebens machen. Auch unsere Vorfahren haben gestrickt, und unsere| noch lebenden Alten stricken, spinnen, weben, oculiren, machen ihre Kleider, flicken ihre Schuhe, binden ihre Besen, machen sich Schänzen und Körbe etc. – Man rede doch nur nicht aus seinem Studirzimmer, oder nach seinen angestellten Betrachtungen über ein oder das andere Dorf. Man durchgehe – wo nicht alle, doch gewiß die allermeisten Orte unsers Fränkischen Vaterlandes. Man wird den größten Theil unserer Jugend von ihren Müttern in häuslichen Arbeiten, als Kochen, Spinnen, Nähen, Stricken, vielleicht auch Weben, unterrichtet finden, wie es ihr Stand und ihre Haushaltung erfordert, der Feldbau und die Viehzucht es erlaubt. So bald mehr geschieht, und das mehr muß auf Kosten des Feldbaues und der Viehzucht geschehen: so bald ist es kein Glück mehr für uns, sondern ein wahres und bleibendes Unglück, wie ich unten zeigen werde.
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Man durchgehe unser Vaterland und untersuche: ob sich nicht an jedem Orte Leute vorfinden, die längst belzten, oculirten, Küchenkräuter pflanzten, öde Plätze urbar machten? Unsere Voreltern thaten nach Zeit, Ort und Umständen dieses alles; und zugegeben, daß| sie hierin nicht so viel thaten, so thaten sie es gewiß mit weit mehr Sorgfalt und Genauigkeit, als manche unserer Jüngern, die beynahe, gleich den Pharisäern, bey jeder gemeinen Handlung Posauner vor sich auftreten lassen. Denn sieht man die von den Alten gesetzten Bäume, so findet man gewiß immer, daß eine strenge Auswahl von tüchtigen Setzlingen getroffen worden ist; daß der Boden allzeit hiezu sorgfältig vorbereitet wurde. Man durchgehe aber jetzt die Gegend, wo am meisten Industrie herrschen soll. Nicht selten wird man auf alte Storren stoßen, die gebelzt worden sind, oder noch gebelzet werden sollen, die zu diesem Geschäffte ganz unbrauchbar sind; oder man sieht, daß die jungen Bäume ohne Auswahl des Bodens nur hingesetzt wurden, damit sie da stehen; oder man wird wohl gar gewahr, daß die Löcher, worein schöne junge Stämme gesetzt wurden, nur 11/2, höchstens 3 Fuß tief sind. Vieles zeugt von Übereilung, gar manches ruft dem aufmerksamen Beobachter zu: es geschah; weil es geschehen sollte, ganz eilfertig, und wie sind durch das erhaltene Lob belohnt. Wie wird es aber mit dergleichen Arbeiten nach einigen Decennien aussehen?| Hoffentlich wird sich ihr Wehrt oder Unwehrt alsdann ganz gewiß deutlicher zeigen.

Es ist also aus dem bereits Gesagten gewiß ersichtlich, daß ich so wenig an den Nichtbestand der Industrial-Schulen glaube, oder bey gesunden Sinnen daran glauben konnte, wie es dem Herrn Hofrath Seuffert vielleicht aus Begierde eine Widerlegung zu schreiben, vorgekommen ist; daß ich vielmehr die Arbeiten der wirklich bestehenden Industrial-Schulen nicht aus Zeitungen und Berichten, sondern aus dem genau genommenen Augenschein selbst kenne. Ich bin auch, was vielleicht wieder jemand aus Mißverstand annehmen könnte, wenn ich es nicht ausdrücklich erklärte, ganz und gar kein Feind von Industrie. Ich schätze vielmehr mein Vaterland recht glücklich, wenn es ihm nicht nach seinen verschiedenen Lagen, Gegenden und Bedürfnissen an zweckmäßigen Ermunterungen zur Arbeitsamkeit und zum Fleiß fehlt, und Regenten und mildthätige Reiche durch ausserordentliche Belohnungen denselbigen immer mehr ermuntern: aber das kann ich nicht oft genug erklären und wiederhohlen:

daß meinem wenigen Bedünken nach alle diese uns vorgezählten Arbeiten, wie sie im| Schul-Magazin S. 28 und 31. angegeben worden sind, ohne wahre innere Betriebsamkeit nur Blendwerke seyen, und daß dieser Industrie keine lange und vortheilhafte Dauer zu versprechen seyn werde.

Was endlich den angegebenen

7ten Punct betrifft, so ists aus dem Vorhergesagten begreiflich, warum der Grund des Verderbens tiefer liege: weil nämlich durch dergleichen getroffene Industrie-Anstalten noch nicht innere Betriebsamkeit befördert wird, oder weil die Triebfedern der Industrie nur zufällig und manchfachen Abänderungen unterworfen sind, die innere Betriebsamkeit aber auf unabänderlichen vesten Gründen beruht; und diese noch im Allgemeinen fehlen. Es scheint beynahe, wenn man die jetzige Verfahrungsweise genau prüft, als sollten die Triebfedern edler und gemeinnütziger Handlungen, die Jesus Christus bey seinem Wandel auf Erden angab, nicht mehr für wirksam erachtet werden. Man greifet nach jenen Mitteln, die Christus bey den Pharisäern verwarf, wenn er ihnen sagte: nolite tuba canere. Den Seinen gebeut er vielmehr: thut Gutes im Stillen. Achtet nicht das so oft sich umstimmende Lob der Welt,| sondern den Beyfall eures himmlischen Vaters, der in das Verborgene sieht, für eure höchste Glückseligkeit. Jetzt scheint man seinen uns vorgezeichneten Weg verlassen zu wollen.
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Wenn alles dasjenige, was mit Posaunenton und betäubenden Lobeserhebungen dem geduldigen Publicum verkündiget worden ist, gerade sich so wohlthätig in seinen Folgen geäussert hätte, als es angegeben worden ist; so müßte die Menschheit seit 30 Jahren zu einem ausserordentlichen Grad von Glückseligkeit emporgestiegen seyn. Zum Beweis meiner Behauptung berufe ich mich nur auf unsere Philanthropine. Was machten nicht die Ankündigungen aus Marschlins, Heidesheim, Dessau etc. für Aufsehen in der Welt? Was sollte nicht geleistet werden, und was ist geleistet worden? Welchen biedern Teutschen ergreift nicht der äusserste Unmuth, wenn er in D. Bahrdts Leben lieset, wie es in Marschlins und Heideshein aussah, und wie da die Teutsche Gutmüthigkeit an der Nase herumgeführt worden ist, bis die in mancherley Farben so schön spielende Seifenblase endlich zerplatzte. Es kommt mir nicht anders vor, als ob alle diese Leute aus keinem andern Grundsatze handelten, als jene, die den Babylonischen| Thurm errichteten und sich mit den Worten aufmunterten: Kommt, laßt uns einen Namen machen. Am Ende wurde nach allen den großen Zurüstungen und Versprechungen ein wahres Babel, eine Stadt der Verwirrung. Gesetzt aber auch das Industrie-Wesen habe immerzu und ohne Unterlaß seinen gedeihlichen Fortgang, so wie ich es von Herzen wünsche und meine Behauptungen gern dahin schwinden sehen will, so verdienet doch wohl das auch Beherzigung: wer soll denn unterm weiblichen Geschlechte den Dienst auf Bauerhöfen verrichten, wenn unsere Mädchen alle spinnen, stricken, nähen, klüpfeln und dadurch ihr Brod reichlich verdienen? Wer wird ferner Knechtsdienste annehmen? Wer wird als Taglöhner oder Taglöhnerin arbeiten mögen? Der Bauer und seine Frau kann nicht alles allein thun, und doch soll und muß das Feld bestellt werden; Ackerbau und Viehzucht sind wichtiger und von bleibendern Wehrt, als alle Fabriken und Manufacturen. Nun wird aber bekanntlich nichts geringer belohnt, als die Bauernarbeit, und sie ist die härteste. Bey den ermüdendesten Arbeiten dient eine Magd auf dem Lande oft nicht höher, als höchstens| auf 6–8 fl. Fränkisch. So bald sie lernen wird, ihr Brod bequemer und nicht immer der Sonne, dem Wind und dem Wetter ausgesetzt zu verdienen: so bleibt sie lieber für sich, sollte sie auch mit schlechterer Kost bisweilen vorlieb nehmen müssen. Der erste Nachtheil der so geflißentlich beförderten Industrie wird sich also beym Bauernstand offenbaren. Sie werden zu ihrer unumgänglich nothwendigen Arbeit keine Dienstboten und Taglöhner mehr erhalten, oder wenigstens mit unendlich mehrerer Mühe und schwerern Kosten. Das heißt gewiß im staatswirthschaftlichen Betrachte nicht wohl gethan. Die sitzende Lebensart, durch die nun das Leben leichter und bequemer fortgebracht wird, entzieht nicht nur mehrere Hände der Feldarbeit, sondern sie wird auch die Quelle manchfachen körperlichen und sittlichen Verderbens. Die immerwährende Stubenluft, das tägliche Sitzen entzieht sie der freyen Luft, und ist also, zumahl bey der Jugend, dem Wachsthum und Gedeihen des Körpers hinderlich; sie werden frostig, können sich bey dem geringsten Winde, der sie anweht, kaum erwärmen, und sind über| dieses allen Unfällen einer beständig sitzenden Lebensart ausgesetzt. Statt der ehemahligen Spinnstuben werden Strick- Näh- und Klüpfel-Stuben entstehen. Das Nachtheilige solcher häufigen Zusammenkünfte der beyden Geschlechter liegt jedem Einsichtsvollen zu Tag. Durch allgemeine Eröffnung solcher Nahrungs-Quellen, als die Industrie-Anstalten angeben, müssen nothwendigerweise ungemein viel sogenannte Eigenzimmer entstehen. Nun nehme man – von unserer Hauptstadt an bis auf das geringste Dörfchen des Hochstiftes – wo am meisten sittliches Verderben herrscht? Man wird es sicherlich bey den Eigenzimmern finden. Es fällt mir da immer ein, was ich eigentlich mit den Worten des Simo in Terenzens Andria sagen will:

Primum haec pudice vitam parce ac duriter
Agebat, lana ac tela victum quaeritans:
Sed postquam amans accessit, pretium pollicens,
Unus et idem alter, ita vt ingenium est omnium
Hominum a labore proclive ad lubidinem,

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Accepit conditionem, dein quaestum occipit.

Ich darf endlich hier nicht unerwähnt lassen, daß durch Stricken und Klüpfeln das Wohl eines Landes unmöglich befördert werden könne. Das Gesind, welches ich von jeher hinter den Hecken herbergen sahe, sahe ich nie ohne Gestrick in der Hand: und wo ist ihr Wohlstand? Im Zuchthause selbst sind gewiß wenige des Strickens unkundig! –

Noch habe ich zwey Stücke auf meinem Herzen. Das erstere betrifft den Herrn Dom-Prediger, P. Winter, das andere einen unmaßgeblichen Vorschlag an den Herrn Hofr. und Prof. Seuffert, uns noch genauer, als hier geschehen konnte, zu verständigen.

Im Magazin S. 36 heißt es:

„Wenn also der Verfasser des obgedachten Aufsatzes in dem Journale von und für Franken mit dem angeblichen Ausspruche des Hrn Dom-Prediger Winters ein Verdammungs-Urtheil über die Wirzburgischen Industrie-Anstalten sprechen will: so muß ich ihm noch einmahl den Vorwurf machen: daß er unser Industrie-Wesen im Ganzen nicht kenne, ihm aber übrigens überlassen, sich dem Hrn. Dom-Prediger,| welcher den obgedachten Ausspruch nicht gethan zu haben behauptet, folglich den Verfasser für einen Lügner erklärt hat, zu setzen.“

Ob ich das Industrie-Wesen im Ganzen kenne oder nicht, entscheidet weder meine Behauptung, noch der Ausspruch des Herrn Hofraths, aus dem bereits Gesagten mögen nun competente Richter entscheiden. Nach dem, was gesagt worden ist von beyden Theilen, halte ich jetzt die Acten für geschlossen. Ich will mich gern verdammen lassen, wenn nur die gute Sache dadurch gewinnt, und das Industrie-Wesen nicht dem Kürbis des Jonas ähnlich wird. Er war nur übernächtig; vielleicht verursachte der Wurm, der in seinem Innern wütete, daß er schöner und früher reifte, aber auch geschwinder dahin war. Wenn nur den so schön von aussen glänzenden Industrie-Anstalten der Abgang der Moralität nicht wird, was der Wurm des Jonas Kürbis war!

Den Ausspruch des Hrn. Dom-Predigers P. Winter wollte ich auch gar nicht als ein Verdammungs-Urtheil anführen. Das sey ferne, daß ich gegen dergleichen Anstalten mit Machtsprüchen fechten wollte. Machtsprüche sind keine Waffen, die man da gebrauchen darf,| wo es einzig und allein um Wahrheit zu thun ist. Daß dieß mein einziger Zweck sey, bezeuge ich vor Gott dem Allwissenden, und meinem gnädigsten Fürsten und Herrn, dem ich mit Pflichten mancherley Art zugethan bin, durch den feyerlichsten Eid. Der Winterische Ausspruch sollte nur ein Beleg zu der im 7ten Puncte ausgeführten Wahrheit werden: daß der Grund des Verderbens und der immer weiter um sich greifenden Armuth viel tiefer liege, als daß er durch die gemachten Industrie-Anstalten allein gehoben werden könnte.

Indessen ist es mir erfreulich zu vernehmen gewesen, da Herr Hofrath S. zweifelsohne die Behauptungen aus den ächtesten und sichersten Quellen geschöpft hat: daß die Summe der Ausschatzungen vom Anfange des J. 1779 bis Ende 1783 mit der Summe der Concurse vom Anfange des Jahrs 1784 bis Ende 1788 verglichen, erstere zur leztern sich verhält wie 1103/254 : 1. Gott gebe, daß in den nächstfolgenden 5 Jahren die Anzahl der Ausschatzungen immer mehr vermindert werde!

Was meinen unmaaßgeblichen Vorschlag betrifft: so muß ich den Herrn Hofrath gehorsamst| bitten, doch die Memoiren des Maximilian de Bethune, Duc de Sully nochmahls recht aufmerksam und angelegenst in seinem Buche: oeconomies royales de l’êtat de Henry le grand zu studiren, wir werden uns alsdann gewiß eher verstehen. Dieser große Mann findet sich nach seinen Grundsätzen durch das jetzige bedauernswürdige Schicksal Frankreichs auf das augenscheinlichste gerechtfertiget. Frankreichs aufs höchste getriebene Fabriken und Manufacturen konnten bey vernachläßigtem Feldbau, und wahrer innerer Betriebsamkeit, die sich auf Religion und Sittlichkeit gründen muß, doch vor der gänzlichen Verarmung nicht schützen. Diese Noth und das drückende Elend zündeten zunächst die Mordfackel des Aufruhrs an, dessen schaudervollen Auftritten das übrige Europa nicht ohne inniges Mitleiden und ängstliches Warten der Dinge zusieht.
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Aufrechthaltung reiner Sitten, die nur aus wahrer Überzeugung der Religion entspringen, Veredlung der Feldwirthschaft in allen ihren Zweigen, Begünstigungen des Landmannes zu diesem Ende sind der Schatz eines Staats. Alles Übrige ist Blendwerk! Das sind Sullys| Grundsätze, die die Zeit so bewährt erfunden hat.

Bey allem diesem Spiegelgefechte geruhen nun der Herr Hofrath den Verfasser des gedachten Aufsatzes einen unberufenen und Namenlosen Scribenten zu betiteln, dem, wie Sie hoffen, das in- und ausländische Publicum gewiß nicht mehr Vertrauen schenken werde, als Ihnen. Ja Sie setzen so gar hinzu, aus welchen Gründen werden Sie wissen, daß ich vielleicht?? das Industrie-Wesen des Hochstiftes Wirzburg nur von einem oder dem andern Orte kenne, und in einer Aufwallung übler Laune dasselbe mit Unglimpfe zu beurtheilen für gut gefunden habe. (S. 16 in der Mitte des Blatts.)

Bey diesen Behauptungen verkennen Sie mich in der That völlig. Ich tröste mich eines bessern Zeugnisses bey Männern, die mich und meine Handlungsweise kennen, und was noch mehr ist, bey Männern, welche die Landesbeschaffenheit nicht aus eingegangenen schriftlichen Berichten, sondern aus genauen über die Sachen an Ort und Stelle angestellten Beobachtungen kennen, und sie seit ihrer Entstehung gewissenhaft zu würdigen sich bestrebten.| Der Himmel weiß es, daß ich nicht schrieb, um einer so lobenswürdigen Sache einen bösen Namen zu machen, oder wie Sie sich ausdrückten, Sie mit Unglimpf zu beurtheilen. Mein Bestreben geht unabläßig dahin, mich als einen wahren Patrioten zu erweisen. Ich bin stolz auf mein Vaterland; stolz darauf, daß ich ein Bürger des Hochstifts bin, das noch zu allen Zeiten Männer hervorgebracht hat, die, weil sie Grund, Boden und Clima ihres Vaterlandes kannten, nicht in die Classe gesetzt werden durften, über die Horaz ausruft: o servum imitatorum pecus!
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Wandelt einen biedern Patrioten jezuweilen üble Laune an, so geschieht es nur dann, wenn er sieht, wie Heuchler oder schwache Köpfe aus unreinen Absichten große Dinge vorspiegeln, und Zeitungsschreiber Ausposauner rerum non apparentium werden. Beherzigen Sie ja, wenn Sie nicht vorsetzlich aus Mißverstand mit mir hadern wollen, was ich in meinem Aufsatze S. 198 Z. 4–8 von oben schrieb: „daß man mit den Befehlen eines so verehrungswürdigen Bischoffs, als Franz Ludwig ist, nicht spielen soll, um ihn, der wirklich| ernstlich Gutes stiften möchte, bloß mit Projecten zu amüsiren.“ Nur dann, wann ich sehe und erfahre, daß man eigentlich gegen jenen gewiß patriotischen Versatz mit allem Bewustseyn handelt, wandelt mich erst üble Laune an. Die Nachwelt wird erst unparteyisch entscheiden, ob nicht diese Menschen-Classe ihr Vaterland verunglimpfe, und denjenigen Schaden zufüge, dessen Sie mich ohne allen Beweis, (und als Rechtslehrer wissen Sie ja, was solche Behauptungen sind,) nur so gerade zu bezüchtigen wollen.
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Sie wissen sich auch, wie es scheint, viel darauf zu gut zu thun, daß Sie mich einen Namenlosen Scribenten nennen können, und setzen deswegen Ihren Namen und Ihre Charaktere unter den Aufsatz, durch den Sie mich widerlegen wollen. Hierüber muß ich Ihnen folgendes eröffnen: Mein Schreiben war gar nicht für das große Publicum bestimmt, sondern ein Privat-Gutachten, das ich einem meiner vornehmen Gönner nach meinem besten Wissen und Gewissen auf die vorgelegte Frage erstatten sollte. Dieser fand es mit dem, was er nahe an der Hauptquelle selbst sieht und hört, so übereinstimmend, daß er für gut fand,| einstweilen ohne Namen (denn es kommt ja bey Thatsachen, die vor aller Augen geschehen, nicht auf Namen an,) mein Gutachten vors Publicum zu bringen, ehe ich noch die letzte Hand an dasselbe legen konnte. Da ich mich aber gar nicht schäme, mich als Urheber desselben zu bekennen, so mußte ich hinterher ihm noch die nöthige Ausbildung zu geben bemüht seyn, damit es mir vor Kennern und billigen Richtern keine Schande mache. Freylich muß ich bekennen, daß ich es mit dem Firlefanz im neuesten Ton und Geschmack nicht auszustaffiren vermochte: das hinderte mein Alter und meine gänzliche Geschmacklosigkeit. Doch habe ich, nach meiner altteutschen biedern Art gethan, was ich als Vater zum Besten meines Kindes vermochte.
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Auch auf das Beywort unberufen, wodurch mich Herr Hofrath und Professor bezeichneten, scheint ein gewaltiges Gewicht gelegt zu seyn. Meine so eben gethanene Erklärung über die Entstehung des kleinen Aufsatzes erweiset freylich, daß ich im eigentlichen Verstande des Wortes nicht dazu berufen war, fürs Publicum in Betreff des Industriewesens zu schreiben. Indessen habe ich nichts gesagt,| was nicht buchstäblich wahr ist, und was ich mir nicht stündlich zu erweisen getraute.
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In einem andern etwas seltnern Sinn des Wortes, wo es oft so viel als gedungen heißt, bin ich freilich unberufen. Bekanntlich geschieht gewöhnlich der Beruf bey manchen Zeitungsschreibern und Journalisten durch Tractamente, Wein oder Geldgeschenke. Jesus sagte bey seinem Wandel auf Erden: wehe der Welt der Ärgerniß halben. Wenn er heut zu Tag lebte, würde er vielleicht sagen: wehe der Welt der berufenen Zeitungsschreiber und Journalisten halben, die im Sold so vieler unserer Projectmacher stehen, und also schreiben und drucken lassen, wornach ihnen die Ohren jücken. Sie nennen mich dabey immer einen Scribenten und suchen durch diese Benennung, nach dem Sprachgebrauch besonders in unserm Fränkischen Vaterlande, eine etwas geringfügige, vielleicht auch in Ihren Augen verächtliche Neben-Idee rege zu machen, da bey uns Scribent so viel als eine jede Schreibmaschine ist. Vielleicht sollte der Ausdruck auch den Contrast andeuten, den wir gegen einander machen, da Sie Ihre volle Titulatur beysetzten, um in propria causa zu zeugen.| Ohne Zweifel ist das bloße Äusserung Ihrer Bescheidenheit!