Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wenzell von Wenzelli
Band: 55 (1887), ab Seite: 25. (Quelle)
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Wenzig, Joseph (Schulmann und der eigentliche Urheber des Sprachenzwangsgesetzes in Böhmen, geb. zu Prag am 18. Jänner 1807, gest. daselbst am 29. August 1876). Die Versuche, die polnische Familie Wężyk und die böhmische Wenzig als zusammengehörig – als stammverwandt – zu erweisen, sind in keiner Hinsicht aufrecht zu erhalten. Was den nationalen Ursprung der Familie anbelangt, so ist derselbe theils deutsch, theils čechisch, aber schon der Vater Josephs bediente sich mit Vorliebe der čechischen Sprache. Letzterer, dessen Großväter mütterlicher- und väterlicherseits, dessen Oheime und Geschwisterkinder alle in der kaiserlichen Armee gedient hatten, und dessen Vater Hauptmann in einem kaiserlichen Infanterie-Regimente war, sollte eine andere Laufbahn einschlagen und dafür auch die Erziehung erlangen. Er besuchte die Hauptschule und das Gymnasium bei den Piaristen in Prag, welche in deutscher Sprache unterrichteten. Da er sich für ein Gymnasiallehramt vorbereitete, bezog er die Prager Hochschule, wo Anton Hansgirg [Bd. VII, S. 332] und Fr. Jarosl. Vacek [Bd. XLIX, S. 178] seine Collegen waren, und namentlich durch diese Beiden angeregt, begann er die čechischen Volkslieder und Sonette Kollar’s ins Deutsche zu übersetzen. Nach beendeten Studien unterzog er sich der Lehramtsprüfung für das Gymnasium und die Humanitätsclassen und ertheilte bis zur Erlangung einer Stelle Unterricht in verschiedenen Familien, so unter anderen durch sechs Jahre in jener des Grafen Chotek, damaligen Oberstburggrafen von Böhmen. Auch kam er in beständige Berührung mit den Vertretern der deutschen und čechischen Literatur in Böhmen, mit Karl Hugo Rößler, Egon Ebert, Glaser, Gerle, mit Čelakovský, Vinařický, Chmelenský, Svoboda und Anderen. Zu jener Zeit bestand noch zwischen Deutschen und Čechen kein solcher Gegensatz, nicht solch erbitterter Haß, wie derselbe in der Gegenwart beide Stämme die gebieterische Zusammengehörigkeit zu einem Gesammtstaate völlig vergessen läßt. Indeß vertrat Wenzig zeitweilig die damals bekannten Professoren Klicpera, Jungmann und Zimmermann, bis er 1833 eine Supplentur und im folgenden Jahre eine wirkliche Professur der deutschen Sprache und der Geographie an der eben neu errichteten ständischen Realschule in Prag erhielt, an welcher er durch 16 Jahre wirkte, die Muße seines lehramtlichen Berufes in literarischen Studien und praktischen Arbeiten ausnützend. Auch lernte er den Katecheten Franz Schneider [Bd. XXXI, S. 17] und den Professor B. Bolzano [Bd. II, [26] S. 35] kennen und trat zu Beiden, welche nicht unwesentlichen Einfluß auf ihn übten, in freundschaftliche Beziehungen. Im Jahre 1848 besaß er infolge seines bisherigen Verhaltens bereits in solchem Grade das Vertrauen der herrschenden Partei, daß er in den nationalen Ausschuß gewählt wurde. Um diese Zeit richtete er sein Hauptaugenmerk auf drei Punkte: auf das Schulwesen, dann darauf, daß sich die Deutschen mit der Literatur, dem Lande und der Geschichte Böhmens bekannt machten, und auf die nationale Dichtung. Was nun das Schulwesen betrifft, so wirkte er zunächst dahin und ließ es sich selbst auch angelegen sein, daß die Schüler das Čechische regelrecht schreiben und sprechen und die erforderlichen Geschäfte in dieser Sprache ordnungsmäßig ausführen lernten. In Bezug auf die Kenntniß des Landes war sein Vorbild der berühmte Geograph Ritter, und in der Geographie die Hauptquelle zur genauen Kenntniß des Landes, in dem man geboren, erkennend, bezeichnete er sie als die vorbereitende Grundlage für die übrigen Gebiete des Wissens. Er war nach dieser Richtung auch schriftstellerisch thätig, gab eine „Vorschule der Erdkunde“ und Anderes – die Uebersicht seiner Schriften folgt S. 29 – heraus und förderte diesen Wissenszweig mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Die Methodik, welche er darin einschlug, war eine so praktische, daß, als Leo Graf Thun das Ministerium des Unterrichts angetreten hatte, Wenzig’s „Vorschule der Erdkunde“ als Lehrbuch empfohlen, öfter aufgelegt und selbst ins Ungarische übersetzt wurde. Im Jahre 1849 ward Wenzig zu den ministeriellen Berathungen über die Reformen im Unterrichtswesen berufen. „Schon damals“, heißt es in einem ihm gewidmeten Nachrufe, „gehörte, wenn er auch deutsch schrieb, doch sein Herz ganz dem čechischen Volke.“ (In jenen Tagen lernte ich den Schulrath Wenzig persönlich kennen, und damals barg derselbe so vortrefflich seine čechische Gesinnung, daß ihn Jeder für einen heißblütigen Partisan der Deutschen halten mußte, wie auch seinen Zeitgenossen, den Buchhändler Kober. Beide zeigten sich dann freilich, als die Dinge sich wendeten, in ihrer wahren Farbe, und sie würden sie wohl auch wieder gewechselt haben, sobald sich die Umstände danach gestaltet hätten.) In den oben erwähnten Berathungen über das Unterrichtswesen betrieb Wenzig vornehmlich die Errichtung einer selbständigen Realschule in Prag mit čechischen Lehrkräften. Es war dies die erste čechische Mittelschule im Königreiche Böhmen, denn das Gymnasium in der Prager Altstadt wurde erst im folgenden Jahre für ein čechisches erklärt. Ueberdies hatte er damals mit nicht geringen Schwierigkeiten für die Realisirung der Pläne, die er sich gestellt, zu kämpfen, da es ebenso an geeigneten Lehrkräften, wie an den erforderlichen Lehrbüchern in čechischer Sprache fehlte. Aber diese Schwierigkeiten rasch überblickend, schaarte er sofort die geeignetsten vorhandenen Lehrkräfte um sich, und mit Krejčy, Valenta, Muzak, Dr. A. Majer, später mit Niklas, Zap, Štastný, Erben und Anderen im Vereine arbeitete er an der Durchführung seiner Zwecke. Als dann 1850 der neue Landesschulrath ins Leben trat, betraute man ihn mit der Aufsicht der Gemeinde- und Realschulen in Böhmen und übertrug ihm zugleich die Organisirung der höheren Realschulen nach eigenem Entwurfe. Zu gleicher Zeit wurde unter dem Vorsitze P. J. Šafařík’s [27] eine Commission eingesetzt zur Herstellung einer ordentlichen Terminologie für die čechischen Schulen. Um sich über den jeweiligen Stand und die stetige Entwickelung der čechischen Lehranstalten durch den Augenschein zu überzeugen, besuchte Wenzig von Zeit zu Zeit die Schulen des ganzen Landes. Auch um den Stand des Unterrichtswesens im Allgemeinen kennen zu lernen, erhielt er höheren Orts die Erlaubniß, den Lehrerversammlungen in Kösen, Braunschweig, Eisenach, Hannover, Altenburg und sonst in Deutschland beizuwohnen, wo er überall, indem er den Deutschenfreund spielte, Theilnahme und freundschaftliche Aufnahme fand und Verbindungen mit bedeutenden Pädagogen und Schulmännern anknüpfte. Nach der darauf erfolgten Aufhebung des Landesschulrathes wurde er mit dem Titel eines Schulrathes zum Director der k. k. čechischen höheren Realschulen ernannt, welches Amt er mit einer seltenen seine Čechisirungspläne fördernden und befestigenden Ausdauer versah. Bei dem nun folgenden Umschwunge in den politischen Verhältnissen des Kaiserstaates sah er seiner čechisirenden Praxis mit einem Male einen Damm gesetzt, und er konnte seine pädagogischen Pläne nur noch theoretisch verwerthen und that es auch in einer Reihe von Flugschriften, wie: „Betrachtungen eines Oesterreichers über das kais. Handschreiben vom 9. September 1857“, „Grundideen der Erziehung im nationalen Charakter“, „Sachunterricht und Sprachübung, Vorschlag zu einer anderen Betreibung der deutschen Sprache“, Ueber die Schulen Oesterreichs, mit Hinblick auf die Grundideen der Erziehung mit nationalem Charakter, welche vier Schriften als Beiträge zur Pädagogik im „Časopis českého Muzeum“ auch in čechischer Sprache erschienen. Diese Schriften aber erregten in den damals maßgebenden Kreisen nicht die von Wenzig beabsichtigte Wirkung, vielmehr wurde ihm die Veröffentlichung solcher Arbeiten, als mit seiner Stellung als k. k. Beamter unvereinbar, rügend und mit der Bemerkung vorgehalten, er trete darin weniger als Lehrer, denn als Verführer der Jugend auf. Da nun im amtlichen Berufe vorderhand seine agitatorische Thätigkeit lahm gelegt war, versuchte er es auf anderem, aber weit dankbarerem Felde: er betrat das parlamentarische Gebiet; er ließ sich 1861 im Königgrätzer und Nehanicer Wahlkreise in den böhmischen Landtag wählen und kam noch im nämlichen Jahre zu Prag in den Ausschuß der Gemeindeältesten, da und dort die čechische Sache energisch vertretend. Im Landtage agitirte er mit allen Mitteln, ebenso im Stadtverordnetencollegium. Als am 11. September 1861 in letzterem die Sprachenfrage in der Volksschule zur Berathung gelangte, eröffnete er die Debatte mit der Bemerkung: daß der Stadtrath von dem besten Willen geleitet werde, dem čechischen und deutschen Theile der Bevölkerung Prags gerecht zu werden. Wenn etwas an den Anträgen Mangelhaftes vorkomme, so liege die Schuld nicht an dem guten Willen, sondern nur vielleicht am Mangel hinreichender Einsicht, und nun brachte der Redner als Blasphemie auf das eben Gesagte den Antrag: „Es möge an sämmtlichen städtischen Pfarrhaupt- und Trivialschulen, sowie auch an der Teyner Hauptschule die böhmische Sprache als Unterrichtssprache, die deutsche als Lehrgegenstand eingeführt werden!“ In gleicher Weise agitirte er im Landtage, und nach 22 im Ausschuß [28] stattgehabten Sitzungen kam das Gesetz der sprachlichen Gleichberechtigung zu Stande, welches sich in der Folge als das Sprachenzwangsgesetz entpuppte. Wenzig konnte mit seiner parlamentarischen Thätigkeit zufrieden sein. Endlich wurde er 1864 in den bleibenden Ruhestand versetzt, den er noch zwölf Jahre, aber nur im Hinblick auf seine abgeschlossene amtliche Thätigkeit genoß, denn er that noch überall mit, wo es sich im Prager Gemeinwesen um Schule und verwandte Angelegenheiten handelte, so bei der Organisation des gemeindlichen Realgymnasiums auf der Prager Kleinseite, bei der Gründung des Gemeinde-Armenhauses zu St. Jakob, bei der Aufsicht über die Gemeindeschulen, bei der Gründung eines Unterstützungsfondes für arme Studenten an den Prager Mittelschulen u. s. w. Wenzig war unbestritten ein ungemein begabter und energischer Schulmann von umfassenden Kenntnissen. Sein pädagogisches Wirken würde gewiß allgemeine Anerkennung gefunden haben, wenn er ihm nicht selbst den Makel der Zweideutigkeit als Stempel aufgedruckt hätte. Es gab eine Zeit, wo die deutsche Kritik in anerkennender Weise sein Wirken als Schulmann, Fachschriftsteller und Dolmetsch der čechischen Nationalliteratur uneingeschränkt anerkannte, ja wo er selbst nach solcher Anerkennung deutscherseits strebte, das war jene Zeit, in welcher er in dem von ihm in Spamer’s Verlag herausgegebenen „Illustrirten vaterländischen Geschichtsbuch“, und zwar an der Stelle, da er das österreichische Schulwesen und dessen Leistungen unter Kaiser Franz Joseph darstellt, wörtlich schreibt: „Kaiser Franz Joseph schlang um alle Schulen seines Staates das gemeinschaftliche Band der deutschen Sprache, aber wie ein Band um einen Blumenstrauß, nicht wie eine Fessel“. Einige Jahre später wollte dieser nämliche Schulrath Wenzig die čechische Sprache um alle Schulen, aber nicht wie ein Band um Blumen, sondern wie einen Strick um Menschenkehlen geschlungen sehen. Es ist ihm gelungen, den Hader zwischen den Čechen und Deutschen zu entflammen. Die Saat, welche daraus auskeimt, sehen wir mit eigenen Augen; aber die Frucht ist eine andere, und der wahre Oesterreicher wird Wenzig’s Namen nie mit einem Segensworte verbinden. Die pädagogische Wirksamkeit, die Wenzig anfangs so erfolgreich übte, hat er in der Folge mit der agitatorischen vertauscht; in die Schule aber, welche die Gemüther läutern, die Geister erheben und mit der milden Flamme des Humanismus durchwärmen soll, in diese Hallen des Friedens die Brandfackel der Agitation zu schleudern, ist ein Verbrechen gegen die Jugend, welche auf verkehrte Bahnen getrieben wird, ist ein Verbrechen gegen den Staat, für den man nicht edle Bürger, sondern Rebellen erzieht. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß Wenzig fünfmal in den böhmischen Landtag gewählt wurde und Ehrenmitglied mehrerer čechischer Städte war. Im städtischen Schulausschuß führte er den Vorsitz, war pädagogischer Inspector der höheren Mädchenschule und Ausschußmitglied des Vereines zur Gründung einer Gewerbeschule in Prag; wirkliches Mitglied der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, Curator der čechischen Matice, Mitglied und Vorstand verschiedener Geselligkeits- und pädagogischer Vereine. In seinen letzten Jahren, da ihm nach Versetzung in den Ruhestand einige Muße blieb, arbeitete er an einer čechischen Ausgabe [29] seiner deutschen Gedichte, ein Unternehmen, das er sich gestatten mochte, denn möglich, daß seine Poesien in čechischer Sprache Wirkung machten, in der deutschen sind sie spurlos verhallt; an einer Selbstbiographie und an einem umfassenden naturwissenschaftlichen Lehrbuche; auch trug er sich mit einer Sammlung seiner philosophischen und ästhetischen Aufsätze. Wenzig war verheiratet, seine Frau starb 1871, die zwei Kinder aus dieser Ehe schieden vor den Eltern dahin, die Tochter im Alter von 12, der Sohn im Alter von 30 Jahren.

Uebersicht der im Druck erschienenen Werke von Joseph Wenzig. „Slavische Volkslieder übersetzt...“ (Halle 1830, Renger’sche Buchhandlung, 16°.] – „Blüten neuböhmischer Poesie. Uebertragen von...“ (Prag 1833, fürsterzbischöfliche Druckerei, 8°.). – „Die Flächenräume und Einwohnerzahlen der Welttheile und wichtigsten Länder und Städte, zum leichteren Erlernen und besseren Behalten nach Reventlow’s mnemotechnischer Methode in numerischen Ausdrücken dargestellt“ (Prag 1845, Landau, 8°.). – „Ein Wort über das Streben der böhmischen Literatur“ (Prag 1848, Řiwnác). – „Přehled oboru zemského k seznámení se s ním pomocí svobodného kreslení od ruky a z paměti“, d. i. Ueberblick der Erdoberfläche durch Kenntnißnahme derselben im Wege des freien und aus dem Gedächtniß ausgeführten Handzeichnens (Prag 1850; 2. Aufl. mit einer lithogr. Karte ebd. 1851). – „Reální školy v Čechách“, d. i. Die Realschulen in Böhmen; im ersten Schulprogramm der k. k. höheren čechischen Realschule in Prag (1852). – „O prostředcích ku vzdelaní charakteru mládeže na školách“, d. i. Von den Mitteln, den Charakter der Jugend auf den Schulen zu entwickeln; im 2. Schulprogramm der k. k. čechischen höheren Realschule in Prag (Prag 1853, 4°.). – „Blumenlese aus der böhmischen Kunst- und Naturpoesie neuerer und älterer Zeit. In deutschen Uebertragungen“ (Prag 1854, Rohliček, 16°.). – „Der „„neue Rath““ des Herrn Smil von Pardubic, eine Thierfabel aus dem 14. Jahrhunderte, nebst dessen übrigen Dichtungen und einer Auswahl aus seiner Sprichwörtersammlung. Nach dem böhmischen Originaltext zum ersten Male bearbeitet“ (Leipzig 1855, Weigel, 8°.). – „O nové radě pána Smila z Pardubic, českého spisovatele XIV. století“, d. i. Der neue Rath des Herrn Smil von Pardubic; im 3. Schulprogramm der k. k. čechischen höheren Realschule in Prag (Prag 1854, 4°.). – „Tomáš ze Štítného vůbec a jeho myšlénky o bohu zvláště“, d. i Thomas von Štítné im Allgemeinen und seine Gedanken von Gott insbesondere; im vierten Schulprogramm der k. k. höheren Realschule in Prag (1855). – „Rosmarinkranz. Eine Sammlung böhmischer Dichtungen in deutscher Uebertragung“ (Regensburg 1855, Manz, 16°.). – „Blicke über das böhmische Volk, seine Geschichte und Literatur, mit einer reichen Auswahl von Literaturproben“ (Leipzig 1855, Brandstetter, 8°.). – „Studien über Ritter Thomas von Štítné. Ein Beitrag zur europäischen Culturgeschichte“ (Leipzig 1856, Wiedemann, 8°.). – „Tomáš z Štítného spis jeho: O andělích a lidech“, d. i. Thomas von Štítné und dessen Schrift von den Engeln und den Menschen; im fünften Schulprogramm der k. k. höheren Realschule in Prag (1856). – „Die Umgebung Prags. Orographisch, pittoresk und historisch geschildert. Mit 20 physiognomischen Landschaftsskizzen und einer Karte (Prag 1857, Bellmann, kl. 4°., 2. Aufl. 1859). – „Westslavischer Märchenschatz. Ein Charakterbild der Böhmen. Mährer und Slovaken in ihren Märchen, Sagen, Geschichten, Volksgesängen und Sprichwörtern. Mit Musikbeilagen“ (Leipzig 1857, K. Lorck, 8°.). – „Literaturbild des Königreichs Böhmen aus den Jahren 1853 und 1854“ (Prag 1858, Credner, 8°.), ein Böhmen betreffender Auszug aus den im Auftrage des Ministers des Innern vom Schreiber dieses erstatteten Berichten über die literarische Bewegung in Oesterreich. – „Stručné dějiny c. k. vyšší realní školy české od roku 1849 až do nynějška“, d. i. Kurze Geschichte der k. k. höheren čechischen Realschule vom Jahre 1849 bis auf die Gegenwart (1858); im achten Schulprogramm der k. k. höheren čechischen Realschule in Prag (1858). – „Illustrirtes vaterländisches Geschichtsbuch. Bilder aus der Staaten-, Völker- und Culturgeschichte Oesterreichs, für Freunde vaterländischer Geschichte, insbesondere für die Jugend bearbeitet, zwei Bände mit 160 in den Text gedruckten Illustrationen, 6 Tonbildern“ (Leipzig 1860 und [30] 1861, Otto Spamer, gr. 12°.). – „Kränze aus dem böhmischen Dichtergarten“ (Leipzig 1860, Wiedemann, kl. 16°.), enthält Uebersetzungen von Gedichten Kollar’s und Čelakovsky’s. – „Ueber die Schulen Oesterreichs mit Hinblick auf die Grundideen der Erziehung mit nationalem Charakter“ (Leitomischl 1860, Augusta, 8°.) – „Sachunterricht und Sprachübung. Ein Vorschlag zu einer anderen Betreibung der deutschen Sprache in den Stadt-, Haupt- und Mittelschulen mit Schülern böhmischer Zunge, nebst einem Blick auf die östlichen Länder Oesterreichs“ (Leitomischl 1860, Augusta, 8°.). – „Der Böhmerwald. Natur und Mensch. Geschildert von J. Wenzig und Johann Kresči. Mit einem Vorworte von Karl Ritter in Berlin. Mit 25 Holzschnitten nach Eduard Herold“ (Prag 1860, Bellmann, 8°.). – „Grundideen der Erziehung mit nationalem Charakter“ (Leitomischl 1860, Augusta). – „Betrachtungen eines Oesterreichers über das kaiserliche Handschreiben vom 7. September 1857“ (Leitomischl 1860, Augusta, 8°.). – „Die Durchführung der Gleichberechtigung beider Landessprachen in den Schulen Böhmens (Leitomischl 1861, Augusta, gr. 8°.). – „Provedení rovnoprávností obou jazyků ve školách českých“, d. i. Einführung der Gleichberechtigung beider Sprachen in den čechischen Schulen (Prag 1862, Augusta, 8°.); mit dieser Schrift war das Signal gegeben zum stehenden Nationalitätenstreit, der sich immer mehr zuspitzend bis zur Gegenwart reicht, in welcher sich die beiden Völker, die bis dahin friedlich neben einander lebten, im blinden Völkerhasse feindlich gegenüber stehen. – Außer diesen selbständig erschienenen Werken veröffentlichte aber Wenzig sehr viel in deutschen und slavischen Zeitschriften, und zwar außer Poesien pädagogische und andere Artikel, so in Scherr’s „Bildersaal der Weltliteratur“, in A. Luksic „Südslavischen Blättern“, in der Prager Zeitschrift „Ost und West“, im Taschenbuch „Libussa“ und in anderen. Auch auf dramatischem Gebiete hat er sich wiederholt versucht und Anläufe genommen, das noch ziemlich arme čechische Theaterrepertoire zu bereichern; so brachte er zur Aufführung: „Malíř co Pygmalion“, d. i. Der Maler als Pygmalion, Lustspiel in 3 Acten; – „Koruna“, d. i. Die Krone, dramatisches Gedicht in 5 Acten. – „Snídaní a obědvání“, d. i. Gabelfrühstück und Mittagmahl. Scherz in 1 Act; – „Dalibor“, Oper in 3 Acten, von Capellmeister Friedrich Smetana [Bd. XXXV, S. 173] in Musik gesetzt; – „Básník bez látky“, d. i. Der Dichter ohne Stoff, Humoreske in 3 Acten; – „Arria a Pätus“, historisches Drama in 5 Acten. Ein Drama „Wlasta“ gelangte schon zu Anfang der Dreißiger-Jahre zur Aufführung, verschiedene Operntexte aber, wie: „Libussa“, „Žischka vor Prag“, „Der lebendige Neptun“ und andere, hat er für K. Sebor, Ambros, Dr. Procházka, Skuherský geschrieben, und ein Oratorium, „Das Labyrinth der Welt“, nach Comenius, soll Director Krejčí in Musik gesetzt haben. Noch erfahren wir, daß einige Theaterstücke Wenzig’s in zwei čechischen periodischen dramatischen Sammelwerken aufgenommen seien, und zwar in der Pospíšil’schen „Divadelní Biblioteka“ (Theaterbibliothek): „Gorilla“, eine Posse in 3 Acten, und „Nová konškripce“, d. i. Die neue Conscription ein dramatischer Scherz in 2 Acten, und im Jahrgang 1871 und 1872 der Kober’schen Sammlung: „Výbor spisův dramatických“, „Timoleon“, Trauerspiel in 5 Acten und „Doktorka medicinae“, d. i. Die Doctorin der Medicin, Lustspiel in 5 Aufzügen.
Quellen zur Biographie. Urbánek (Fr. A.). Josef Wenzig spisovatel český, pedagog a básnik. Životopisný nástin, d. i. Joseph Wenzig. čechischer Schriftsteller. Pädagog und Poet. Biographische Skizze (Prag 1872, Kober, 12°.). – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1856, Nr. 53: „Zur Geschichte der böhmischen Literatur“. – Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1860, Nr. 30, S. 269: „Ueber die Erwiderung des Herrn Wenzig“. – Dieselbe, 1861, Nr. 139, S. 1315: in der „Mosaik“. – Deutsche allgemeine Zeitung (Leipzig 1856) Nr. 39, im Feuilleton. – Dieselbe, Nr. 277, ebenda. – Prager Morgenpost (polit. Blatt) 1864, Nr. 145, im Feuilleton: „Prager Wochenskizze“. – Presse, 1861, Nr. 252: „Verhandlungen über die Volksschule in Prag“. – Seidlitz (Julius Dr.). Die Poesie und die Poeten in Oesterreich im Jahre 1836 (Grimma 1837, Gebhardt, 12°.) S. 42. – Česko moravská pokladnice. Kalendář obrázkový na rok 1862, d. i. Čecho-mährisches Schatzkästlein. Bilderkalender auf das Jahr [31] 1862 (Prag, Bellmann, schm. 4°.) S. 115, mit Porträt im Holzschnitt.
Porträt. Nach einer von Řehula aufgenommenen Photographie von A. Dirks lithographirt und bei Henry und Cohen in Bonn gedruckt. Von den Schülern der böhmischen Oberrealschule dem Director derselben dargebracht (Fol.).