BLKÖ:Chotek von Chotkowa und Wognin, Karl Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 2 (1857), ab Seite: 360. (Quelle)
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Chotek von Chotkowa und Wognin, Karl Graf (Staatsmann, geb. 23. Juli 1783).[BN 1] Begann seine Rechtsstudien in Wien und vollendete sie in Prag 1803, wo sein Vater Joh. Rudolph (s. d. Folg.) Oberstburggraf in Böhmen war. In demselben Jahre trat er in den Staatsdienst, kam 1806 nach Wien zur Hofkammer und wurde dort 1807 Hofsecretär. Er verlegte sich mit Eifer auf das Studium der Staatswirthschaft, und bereiste zu diesem Zwecke von 1807–1810 sowohl die Monarchie, als auch die wichtigsten Länder des Continents. 1811 wurde er Gubernialrath in Brünn, 1812 Kreishauptmann des Prerauer Kreises in Mähren. In diesem Dienstverhältnisse zeichnete er sich in dem denkwürdigen Kriegsjahre so aus, daß er das für jene Epoche gestiftete silberne Civilehrenkreuz erhielt. Nun berief ihn Graf Saurau als bevollmächtigten Einrichtungs-Commissär der wiedererworbenen illyrischen Provinzen zu sich nach Triest, um das Triester Kreisamt zu organisiren. Graf Ch. bereiste das ganze Gebiet, lernte dadurch die eigentlichen Bedürfnisse dieses damals ganz verwahrlosten Landes kennen und sorgte für geistige und physische Communicationsmittel, für Schulen und Straßen, und führte den dort noch unbekannten wohlthätigen Kartoffelbau ein. Auch der Ausgrabung und Erhaltung antiker Denkmäler in Pola und Aquileja widmete er seine vorzügliche Aufmerksamkeit. Als 1815 eine östr. Expeditionsarmee unter Bianchi gegen Neapel gesendet wurde, ward Ch. zum Generalgouverneur des Königreichs Neapel ernannt. Bianchi’s schneller Siegeszug und die bald darauf erfolgte Rückkehr des Königs Ferdinand aus Sicilien machten diese Maßregel überflüssig, und er folgte nun der Armee Bianchi’s als Generalintendant nach Süd-Frankreich. 1816 wurde Ch. Hofrath bei dem Gubernium in Triest, dessen Leitung er nach dem Tode des Gouverneurs, Freiherrn von Rosetti, übernahm und bis 1818 führte. Die Einführung eines Armen-Institutes zur Abstellung des in Triest bis zum höchsten Mißbrauche getriebenen Gassenbettelns, die Gründung eines Frei- und Zwangs-Arbeitshauses, die in einem Jahre entworfene und ausgeführte Erbauung eines schon lange gewünschten großen Leuchtthurmes an der Küste von Istrien ohne alle Belastung der Staatscassa; die Ordnung des sehr verwirrten städtischen Vermögenszustandes; die Einrichtung einer neuen Wasserleitung zur Steuerung des oft eintretenden Wassermangels; die Anlegung zweier neuen Spaziergänge und Fahrten, an welchen es in Triest ganz fehlte, an den beiden entgegengesetzten Puncten der Stadt; der regelmäßige Curs eines Dampfbootes zwischen Triest und Venedig, des ersten in der österr. Monarchie; die Einrichtung eines neuen Strafhauses in Capo d’Istria; die Einleitung zum Bau der großen und wichtigen Straße Optschina, bezeichneten seine dortige Verwaltung. Im J. 1818 wurde Graf C. zum Vicepräsidenten des Guberniums in Tyrol und schon im folgenden Jahre zum Gouverneur von Tyrol und Vorarlberg ernannt, welche Stelle er bis zum Jahre 1825 bekleidete. Auch hier entfaltete der Graf eine ebenso ersprießliche als großartige Thätigkeit. Er sicherte der Provinz eine bewaffnete Landwehr von 20,000 Mann, regulirte [361] die Landesschuld und traf Anstalten zur Tilgung der früheren Kriegsschuld; begründete das Tyroler National-Museum; bewirkte die Erhebung des Innsbrucker Lyceums zu einer Universität; die Stiftung eines geregelten Armeninstitutes; einer Sparcassa in Innsbruck und einer öffentlichen Heilanstalt für die Irren in Hall; die Einführung einer Feuerassecuranz; die Herstellung wichtiger Straßenstrecken und Umbauung der Straße über den Arlberg; die Regulirung der Etsch, in Folge welcher die Austrocknung sehr bedeutender versumpfter Landesstrecken möglich geworden. Auch die Verbesserung der Pferdezucht und noch viele andere wohlthätige Anstalten sind des Grafen Chotek Schöpfungen und sichern ihm ein dankbares Andenken in diesem Lande. Der Kaiser berief ihn im Jahre 1825 als Hofkanzler und Präsidenten der Studien-Hofcommission nach Wien, und vertraute ihm 1826 die oberste Verwaltung des Königreichs Böhmen an, die er aus den Händen des Grafen Kolowrat übernahm. Auch hier war seine Wirksamkeit – im Geiste seines Vorgängers fortgesetzt – eine segensvolle und griff in alle Zweige der Verwaltung kräftig ein. Insbesondere sind aber anzuführen die Maßregeln zur Hebung der böhmischen Industrie; der Bau der Eisenbahnen; die zahlreichen Verbesserungen und Anstalten in den böhmischen Badeörtern; die neuen Anlagen und Verschönerungen in und bei Prag; die Organisirung der Armeninstitute Böhmens; die Gründung des Arbeitshauses und die zweckmäßige Einrichtung des allgem. Krankenhauses zu Prag u. s. w. In Würdigung so vieler Verdienste ward dem Grafen C. 1833 das Großkreuz des Leopoldordens von Sr. Majestät dem Kaiser verliehen. Die Stadt Prag aber überreichte am 30. Dec. 1843 als Zeichen ihrer Verehrung dem edlen Staatsmanne eine Silbervase [3 Fuß hoch, 16¾ Zoll im Durchmesser, im Gewicht 35 Mark 10 Loth]. Das Postament ein mit Laubwerk gezierter Würfel zeigt die Inschrift: „Sr. Excellenz dem Herrn Grafen von Chotek und Wognin“. Auf der Rückseite: „Die dankbaren Bürger der Hauptstadt Prag“. Die Seitenflächen zeigen allegorische Figuren des Straßen- u. Brückenbaues. Die Jahreszahl 1832 unter der Figur des Straßenbaues deutet auf die Anlage der herrlichen Kunststraße und des Volksgartens, die Jahrzahl 1841 unter der Figur des Brückenbaues auf den großartigen Bau der Kettenbrücke. Auf der Vase selbst deuten greise Männer und Frauen um die Büste des Grafen gruppirt mit der Jahrzahl 1828 auf das reorganisirte Armeninstitut; das zweite Relief, eine fröhliche Kindergruppe von einem Engel überwacht, mit der Jahrzahl 1830, auf die erste von ihm gegründete Kinderbewahranstalt. Um beide Gruppen rankt sich Epheu als Rahmen. Die Handhaben bilden die zwei Nymphen der Flüsse Elbe und Moldau.[BN 2]

Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur. In vier Bänden (Leipzig 1832, Brockhaus, gr. 8°.) I. Bd. S. 437. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1853, Bibl. Inst., Lex. 8°.) VII. Bd. 2. Abtheil. S. 498 und II. Suppl. Bd. S. 998 b. [führt ihn im VII. Bde. 2. Abth. als Karl, im II. Suppl. Bde. aber als Wilhelm auf]. – Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.), 1844, S. 43: „Eine silberne Vase.“ – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 538. – (Kneschke, Ernst Heinrich Dr.) Deutsche Grafenhäuser der Gegenwart (Leipzig 1852, Weigel, gr. 8°.) I. Bd. S. 156.[BN 3]

Berichtigungen und Nachträge

  1. EChotek von Chotkowa und Wognin, Karl Graf [Bd. II, S. 360, und Bd. XI, S. 381] (gest. zu Wien 29. December 1868).
    Neue freie Presse 1868, Nr. 1557. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1868, Beilage zwischen Nr. 101–107. – Bohemia 1868, Nr. 312, im Feuilleton. – Wiener Zeitung 1869, Nr. 257, S. 486 [über eine ihm errichtete Gedenktafel). – Fremden-Blatt. Herausg. von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 135. – Světozor (Prager illustr. Blatt) 1869, Nr. 3 [mit Bildniß auf S. 21]. [Band 23, S. 375]
  2. E Chotek von Chotkowa und Wognin, Karl Graf [s. d. Bd. II, S. 360]. Am 23. Juli 1863 beging der Graf seinen achtzigsten Geburtstag, welchen die „Bohemia“ [siehe die Quellen] durch eine Erinnerung an die Verdienste feiert, die sich der edle Graf, der seit 3. October 1826 bis 29. Juli 1843 Oberstburggraf von Böhmen gewesen, um die böhmische Nation, vornehmlich aber um die Stadt Prag erworben. „Seinen Namen“, schreibt die Bohemia, „hat man zwar nur dreien seiner Schöpfungen beigelegt, der als Zufahrt zur Kettenbrücke nothwendig gewordenen Choteksgasse, der Kunststraße durch den Hirschgraben und den Choteksanlagen; erinnert wird man aber an ihn fast auf Schritt und Tritt in unserer Hauptstadt“. Das Nähere über den Grafen bringt die angeführte Nummer der „Bohemia“.
    Bohemia (Prag, 4°.) 1863, Nr. 170, S. 186 u. 187. [Band 11, S. 381]
  3. E Chotek von Chotkowa und Wognin, Karl Graf [Bd. II, S. 360; Bd. XI, S. 381; Bd. XXIII, S. 375].
    Wolf (Adam), Karl Graf Chotek, geheimer Rath und Oberstburggraf von Böhmen (1783 bis 1868). Ein Lebensbild (Prag 1869, Gottl. Haase Söhne, 8°., 32 S.). [Band 28, S. 328]