BLKÖ:Treitschke, Georg Friedrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Treitl, Joseph
Band: 47 (1883), ab Seite: 101. (Quelle)
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Treitschke, Georg Friedrich (dramatischer Schriftsteller und Entomolog, geb. zu Leipzig am 29. August 1776, gest. zu Wien 4. Juni 1842). Der Vater, ein Kaufmann in Leipzig, bestimmte auch den Sohn für diesen Stand. Um ihn gründlich für das Geschäft ausbilden zu lassen, schickte er ihn im Jahre 1793 in die Schweiz. In Zürich wurde der siebzehnjährige Jüngling im Geßner’schen Hause bekannt und daselbst seine Neigung zu den schönen Wissenschaften geweckt und genährt. 1797 nach Leipzig zurückgekehrt, blieb er anfänglich in seinem kaufmännischen Berufe thätig; als er aber 1799 seinen Vater durch den Tod verlor, gab er das Handelsgeschäft auf und widmete sich ganz seinen Lieblingsneigungen, den Studien, namentlich der schönen Literatur. Schon zu dieser Zeit versuchte er sich in eigenen Arbeiten auf dramatischem Gebiete. Das kleine Lustspiel: „Die beiden Billets“ von Christian Leberecht Heyne, der unter dem Pseudonym Anton Wall Gedichte, Romane und dramatische Bagatellen schrieb, hatte eben eine ungemein freundliche Aufnahme gefunden, und obgleich der Verfasser selbst mit dem Stücke „Der Stammbaum“ eine Fortsetzung [102] brachte, machte sich doch auch Treitschke an eine solche, und diese seine dramatische Erstlingsfrucht, betitelt: „Das Bauerngut“, wurde als Fortsetzung der „beiden Billets“, und zwar unter Anton Wall’s Namen, auf vielen deutschen Bühnen mit Beifall gegeben. Im Jahre 1802 kam Treitschke auf einer Reise nach Wien, wo Freiherr von Braun [Bd. II, S. 123], welcher seit 1794 die Leitung beider Hofbühnen führte, ihn kennen lernte und bald auch in ihm den Mann erkannte, wie er ihn eben brauchte. Treitschke wurde von seinem Gönner für dessen Institut gewonnen und noch im nämlichen Jahre als Regisseur und Dichter der k. k. Hofoper angestellt. Er blieb es auch, als Freiherr von Braun, nach dreizehnjähriger Leitung des Theaters, 1807 dieselbe niederlegte. Im Jahre 1809, während der französischen Invasion, übernahm er zum ersten Mate die Vicedirection des Theaters an der Wien und als 1811 die Trennung beider Hofbühnen erfolgte, zum zweiten Male. Er wurde zu diesem Zwecke von seiner Anstellung als Regisseur beurlaubt und führte sein neues Amt mit vieler Umsicht und bestem Erfolge. 1814 auf seinen Regisseurposten .zurückgekehrt, versah er denselben, bis ihm 1822 die Stelle eines Hoftheaterökonomen mit der Aufsicht über die Casse und das Rechnungswesen verliehen wurde, in welcher Eigenschaft er bis zu seinem Tode verblieb. Als Theaterdichter schrieb er eine stattliche Menge Texte zu Opern und Singspielen. Auch zu Festspielen tummelte er seine Muse. So verfaßte er auf die Kunde von dem Einzuge der Alliirten in Paris (4. April 1814) ein einactiges Singspiel „Gute Nachricht“, das gelungenste Gelegenheitsstück aus diesem Anlaß, wozu theils[WS 1] adaptirte, theils eigens componirte Tonstücke von Beethoven, Gyrowetz, Hummell, Kanne, Mozart und Weigl verwendet wurden. Die Aufführung fand am 11. April statt, an welchem die Nachricht in Wien eintraf, und der Enthusiasmus des überraschten Publicums war ein großartiger. Gelegentlich der Feste des Wiener Congresses 1815 brachte er das patriotische Singspiel „Die Ehrenpforte“, welches, im Kärnthnerthortheater zunächst am 153., 16. und 23. Juni, dann mit angemessenen Veränderungen am 3. und am 4. October zum Namenstage des Kaisers mit Compositionen von Beethoven, Hummel, Seyfried, B. A. Weber und Weigl gegeben wurde. Der Schlußgesang war von Beethoven. Damals feierte auch Treitschke in einem patriotischen Tableau einen heute schon vergessenen Namen, den der Heldin aus den Befreiungskriegen Johanna Prohaska, welche in der Schlacht an der Gärde den Opfertod fürs Vaterland starb. (W. Lindenschmitt hat diese Scene in einem schönen Gemälde verherrlicht) . Treitschke’s zahlreiche Operntexte und Singspiele, welche er meist aus dem Französischen bearbeitete, mag sich wohl auf über ein halbes Hundert belaufen, von denen etwa über die Hälfte im Druck erschienen ist. Viele seiner Stücke haben sich, durch die Composition gleichsam veredelt, lange Zeit, einzelne davon, wie „Fidelio“, zu dem Beethoven die Musik schrieb, bis auf die Gegenwart erhalten. Eine Uebersicht dieser Singspiele, soweit sie uns bekannt geworden, folgt auf S. 104. Aber auch auf minder flüchtigem Gebiete als auf jenem der für den Tag berechneten dramatischen Muse sollte Treitschke mit glücklichem Erfolge thätig werden. An der Schwesterbühne, welche [103] zugleich mit der Oper unter Einem Directorium stand, wirkte seit 1807 ein Mime, der neben seiner Kunst auch naturwissenschaftliche Studien betrieb und als Entomolog vielleicht einen bekannteren Namen besaß denn als Schauspieler. Es ist dies der durch seine Schmetterlingsammlung und sein Werk über die Schmetterlinge Europas bekannte Ferdinand Ochsenheimer [Bd. XX, S. 474]. Mit diesem wurde Treitschke, den eine gleiche Neigung für dieses Gebiet der Naturgeschichte beseelte, bekannt, und bald vereinigten sich Beide zur Herausgabe des noch heute geschätzten Schmetterlingwerkes, dessen Fortsetzung bis zur Vollendung Treitschke allein übernahm, nachdem Ochsenheimer schon 1822 aus dem Leben geschieden war. Außerdem wirkte Treitschke auch auf schöngeistigem Gebiete als Schriftsteller, wie dies einige von ihm in Gemeinschaft mit Streckfuß und Kuhn herausgegebene Musenalmanache und eine wiederholte Sammlung eigener Gedichte bezeugen, welche, obwohl heute vergessen, doch ungleich besser sind, als zwei Drittel des lyrischen Jammers, der zur Stunde Deutschland und Oesterreich überflutet. Treitschke war kein großes schöpferisches Talent, aber er besaß seinen geläuterten Geschmack, seine Singspiele und Operntexte unterscheiden sich gründlich von den Librettos der Gegenwart, welche dem Zuhörer Dinge zumuthen, über die sich außer dem Tonsetzer, welcher dergleichen Nonsens in Noten bringt, kein Vernünftiger Rechenschaft zu geben vermag. In seinen lyrischen Gedichten erkennen wir den Freund der Natur, die ihn mit Begeisterung erfüllt und sein Talent zum Sange weckt. Wir schließen diese biographischen Mittheilungen mit einer Uebersicht seiner literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten, welchen wir in den Quellen eine solche seiner dramatischen Stücke folgen lassen. Uebrigens schrieb Treitschke auch viel für Zeitschriften und Tagesblätter, namentlich über Musik und Theater und bewährte sich darin als Kenner und Mann von gesundem Urtheil. Wie bereits erwähnt, war er auch Schmetterlingsammler; seine schöne Sammlung, bestehend aus 2582 Arten, wurde von seiner Witwe verkauft und vom königlich ungarischen Nationalmuseum in Pesth erworben, wo sie sich noch befindet. Die Titel seiner nicht dramatischen, entweder allein oder in Gemeinschaft mit Anderen theils selbständig, theils aus fremden Literaturen bearbeiteten Werke sind: „Gedichte. Mit einem Titelkupfer noch P. Mignard und Musikbeilagen“ Wien 1817, Wallishausser); – „Auswahl verschiedener Gedichte von Collin, Haug, Horn u. A.“ (Wien 1805, Degen, 8°.) gemeinschaftlich mit A. F. Streckfuß; – „Gedichte. Mit Bildniss und Facsimile“ (Wien 1841, Wallishausser, 8°.); – „Musenalmanach. Herausgegeben von Streckfuss und G. F. Treitschke für das Jahr 1805“ (Wien, Armbruster, 12°.); – „Musenalmanach. Herausgegeben von A. Kuhn und Treitschke für das Jahr 1808. Mit KK.“ Wien, Wallishausser, 12°.); – das von Ferdinand Ochsenheimer begonnene und bis zum vierten Bande incl. fortgesetzte Werk: „Die Schmetterlinge Europas“ (Leipzig 1807 u. f., Fleischer, gr. 8°.) setzte Treitschke vom fünften Bande ab bis zum zehnten (letzten) fort; dieser letzte erschien im Jahre 1835; der Preis dieses Prachtwerkes ist dreißig Thaler; – „Hilfsbuch für Schmetterlingsammler. Systematische Stellung, Naturgeschichte, Jagd, künstliche Zucht und Aufbewahrung der Schmetterlinge. Beschreibendes Verzeichniss der meisten deutschen und kürzere Erwähnung der [104] fremden Arten. Mit 4 ausgemalten Kupfertafeln“ (Wien 1834, Wallishausser, gr. 8°.), eine neue wohlfeile (wahrscheinlich herabgesetzte neue Titel-) Ausgabe erschien im Jahre 1844: – „Naturhistorischer Bildersaal des Thierreichs. Nach William Jardine bearbeitet. Herausgegeben von T...“ (Pesth 1840–1843, Hartleben); – in William Jardine’s „Naturgeschichtlichem Cabinet des Thierreiches“ (Pesth 1841 u. f., Hartleben) bearbeitete Treitschke die IX. Abtheilung: „Entomologie“ 2 Theile; und die X. Abtheilung: „Ornithologie“ 5 Theile. Als Ergänzung zu vorbenannten entomologischen Werken Treitschke’s sei hier noch angeführt das Werk: „Abbildungen zur Berichtigung und Ergänzung der Schmetterlingskunde, besonders der Mikrolepidopterologie, als Supplement zu Treitschke’s und Hübner’s europäischen Schmetterlingen von Jos. Fischer von Röslerstamm, I. Centurium“ (Leipzig 1834 bis 1843, Heinrichs, 4°.). Ueber Treitschke’s Gemalin Magdalena geborene de Caro, zu ihrer Zeit eine berühmte Ballettänzerin, vergleiche die folgende Biographie.

Uebersicht der dramatischen Arbeiten Treitschke’s. *„Das Singspiel. Ein Singspiel in einem Act. Nach dem Französischen“ (Leipzig 1800; 3. Aufl. 1810). – *„Das Milchmädchen von Bercy. Singspiel in zwei Acten“ (Wien 1803). – *„Zwei Posten. Komisches Singspiel in zwei Acten. Frei nach Dupaty bearbeitet“ (ebd. 1803). – *„Die wandernden Komödianten. Komische Oper in zwei Acten nach Picard“ (ebd. 1803). – *„Die Uniform. Oper in zwei Acten. Frei nach Caspari“ (ebd. 1803; neue Aufl. Leipzig 1805). Die Musik dazu schrieb J. Weigl. – *„Wagen gewinnt. Komische Oper in zwei Acten“ (Wien 1803). – *„Das Singspiel am Fenster. Komische Oper“ (ebd. 1803). – *„Graf Armand. Schauspiel mit Gesang in drei Acten“ (ebd. 1803; neue Aufl. Leipzig 1805). – *„Der portugiesische Gasthof. Singspiel in einem Act“ (Wien 1803). – *„Julie oder der Blumentopf. Singspiel in einem Act“ (ebd. 1803). – *„Das Admiralschiff. Singspiel in einem Act“ (ebd. 1803). – „Die Verwiesenen auf Kamtschatka. Von Alex. Duval. Oper in drei Acten“ (ebd. 1804). – „Die Neger. Oper in zwei Acten“ (ebd. 1804). – „Das Mitgefühl. Liederspiel in einem Act“ (ebd. 1804). – „Die Tage der Gefahr. Schauspiel mit Gesang in drei Acten“ (Leipzig 1805). – *„Das zweite Capitel. Singspiel in einem Act“ (Wien 1808) – *„Medea. Tragische Oper in drei Aufzügen“ (Wien 1808). – *„Alina Königin von Golkonda. Oper in drei Aufzügen“ (Wien 1808). – „Helene. Schauspiel mit Gesang in drei Aufzügen“ (Wien 1808). – *„Der Onkel in Livree. Singspiel in einem Aufzug“ (Wien 1808). – *„Milton. Singspiel in einem Aufzug“ (ebd. 1808). – *„Gabrielle d’Estrie. Singspiel in drei Aufzügen“ (ebd. 1808). – *„Das Singspiel auf dem Dache. Komische Oper in einem Aufzug“ (ebd. 1808). – *„Kalaf. Oper in drei Aufzügen“ (ebd. 1808). – *„Die Junggesellenwirthschaft. Komisches Singspiel in einem Aufzug“ (ebd. 1808). – „Marianna. Schauspiel in fünf Aufzügen. Frei nach dem Englischen des Sheridan Knowles“ (ebd. 1838, Wallishausser). – „Des Stranders Tochter. Schauspiel. Frei nach dem Englischen“ (Wien 1840). – „Zobris. Schauspiel in fünf Acten nach Gozzi“ (ebd. 1807). Die 20[WS 2] mit einem Stern (*) bezeichneten Stücke erschienen gesammelt unter dem Titel: „Singspiele. Nach dem Französischen“, fünf Bände (Wien 1808, Wallishausser, gr. 8°.). Von nicht gedruckten Bearbeitungen französischer Stücke sind mir von Treitschke noch bekannt: „Das Waisenhaus“, „Ostade“, „Nachtigall und Rabe“ und „Gute Nachricht“, überdies ist er auch der Verfasser des Textes zur Oper „Fidelio“, wozu Beethoven die unvergängliche Musik geschrieben. Noch haben wir ein französisches Stück zu verzeichnen, betitelt: „La maison des orphelius, drame lyrique en deux actes (en prose) imité d’après Fr. Moll par F. Treitschke (ohne Angabe des Druckortes, Druckers und der Jahreszahl, 8°.). Was für eine Bewandtniß es damit hat, kann Herausgeber dieses Lexikons nicht sagen. Interessant ist es, daß Treitschke, der Alles, was ihm paßte, aus dem Französischen ins Deutsche übersetzte, auch einmal die Sache umkehrte und aus dem Deutschen ins Französische übertrug. Ueberdies während es einen deutschen dramatischen [105] Dichter Christ. Hieron. von Moll gibt [vergleiche über ihn dieses Lexikon, Bd. XIX, S. 13, Qu. 4], ist ein Theaterpoet K. Moll ganz unbekannt.
Allgemeine Theater-Zeitung. Von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) 35. Jahrg. (1842), Nr. 136 und 137: „Nekrolog“. Von Weidmann. – Brümmer (Franz). (Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten; Nachtrag (Eichstätt und Stuttgart 1877, Krüll, schm. 4°.) S. 130. – Ebersberg. Wiener Zuschauer, 30. September 1837. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1844, B. F. Voigt, 8°.) XX. Jahrg. (1842) I. Theil, S 440, Nr. 145. – Neuer Plutarch oder Biographien und Bildnisse der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen und Stände u. s. w. Vierte Auflage. Mit Verwendung der Beiträge des Freiherrn Ernst von Feuchtersleben neu bearbeitet von Aug. Diezmann (Pesth, Wien, Leipzig 1838, C. A. Hartleben, 12°.) II. Theil, S. 136. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 410. – Oesterreichischer Parnaß, bestiegen von einem heruntergekommenen Antiquar (Freysing, bei Athanasius und Comp., 8°. [Hamburg, bei Hoffmann und Campe]) S. 40. [Die plumpe Charakteristik lautet: „Grauhaariger, wohlgenährter Corpus, weinglühender Oekonom des Hofburgtheaters, nur dann nicht, wenn seine Stücke gegeben werden u. s. w.“.] – Vogl (Joh. Nep. Dr.). Aus dem alten Wien (Wien 1865, Prandl und Ewald, 8°.) S. 230, im Aufsatze: „Aus dem Leben des Schauspielers und Entomologen Ochsenheimer“.
Porträte. 1) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „Fr. Treitschke“. Kriehuber (lith.) 1841. Gedruckt bei Joh. Höfelich (8°.) (selten). – 2) Auf einem Blatte zusammen mit Hugo Grotius, R. Bacon, Ochsenheimer, Lafontaine und Lesage. Stahlstich von E. Mayer’s Kunstanstalt in Nürnberg. Verlag von C. A. Hartleben in Pesth (12°.). – 3) Kriehuber lith. 1830 (Kniestück, Fol.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: theis.
  2. Vorlage: 21.