BLKÖ:Kanne, Friedrich August
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
---|---|---|---|
korrigiert | |||
<<<Vorheriger
Kanka, die Familie |
Nächster>>>
Kanne, Johann Arnold | ||
Band: 10 (1863), ab Seite: 438. (Quelle) | |||
[[| bei Wikisource]] | |||
Friedrich August Kanne in der Wikipedia | |||
Friedrich August Kanne in Wikidata | |||
GND-Eintrag: 116044578, SeeAlso | |||
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
| |||
|
[439] Unabhängigkeit ihr Dasein in einen beständigen Kampf mit dem Leben und den Verhältnissen verwickeln und von den Sysyphusqualen eines nicht zu löschenden Durstes zum Trunke getrieben, das Göttliche, das sie in sich tragen, theils verläugnen, theils, wenn nicht gänzlich vernichten, so doch verwischen und unkenntlich machen. Schon als er den Studien oblag, fand sein Alles umfassender Geist an Nichts ein Genügen und so geschah es, daß er zu Leipzig die Medicin, zu Wittenberg die Theologie studirte und endlich beides aufgab, um sich den ästhetischen Träumereien, mit denen ihn Kunst und Poesie erfüllten, ganz hinzugeben. Ein Jahr lang war er Secretär in Diensten des Herzogs von Anhalt-Dessau gewesen, nun aber trieb er Musikstudien, theils allein, theils unter Leitung des Gesangsdirectors Weinlein[WS 1]. Im Jahre 1801 begab er sich nach Leipzig, wo er seine Studien fortsetzte und Unterricht ertheilte; dort blieb er bis 1808, und ist über seinen 7jährigen Aufenthalt in dieser Stadt nichts bekannt, nur scheint er schon dort mit seinen ökonomischen Angelegenheiten in solche Verwickelung gerathen zu sein, daß er Leipzig, wie Laun schreibt, verlassen mußte; im letztgenannten Jahre übersiedelte er nach Wien, welches seine zweite Heimat wurde und wo er 25 Jahre bis an seinen Tod lebte und ebenso durch seine literarische und künstlerische Thätigkeit als durch seine Sonderlingsnatur sich bekannt gemacht hatte. In Wien fand er an dem kunstsinnigen Joseph Fürsten von Lobkowitz einen Mäcen, der ihm in seinem Hause Aufenthalt und Verpflegung gab. Zugleich ertheilte er Unterricht in der Musik, und war als Schriftsteller vornehmlich als Kritiker thätig. Allmälig aber gab er seinem fast unheimlichen Freiheits- und Unabhängigkeitsdrange, welchem zu genügen ihm jedoch die Mittel fehlten, so sehr nach, daß er alle Stunden, die er hatte – und er war seiner Gründlichkeit wegen als Musiklehrer gesucht – vernachlässigte und von dem lebte, was eben der Tag brachte, und zuletzt durch das Intelligenzblatt dem Publikum sich als Geburtstags-, Hochzeits- und Leichendichter anbot, denn diese schrieb er eben dann, wenn er Laune dazu hatte. Um dieses eigenthümliche Vermeiden der regelmäßigen Uebung einer übernommenen Pflicht ganz zu würdigen, muß man wissen, daß K., als ihm eine Capellmeisterstelle mit 1200 fl. Gehalt angetragen wurde, diese ablehnte und lieber von dem Freunde, der sie ihm anbot, 2 fl. auslieh, als jene Stelle annahm. Bei einem reichen Russen, der Unterricht im Pianospiel nehmen wollte und die Stunde mit einem Ducaten zählte, eingeführt, gab er drei Lectionen, dann blieb er aus. Jede regelmäßige Verpflichtung erschien ihm eine unerträgliche Last. J. N. Vogl gibt, Vieles Gräffer nacherzählend, in dem in den Quellen angeführten „Volkskalender“ ein treues Bild dieses genialen Sonderlings und berichtet eine Menge Züge aus seinem Leben, welche ihn ganz und treffend charakterisiren. Als Schriftsteller schrieb er Gedichte, Kritiken und Dramen. Selbstständig sind erschienen: „Miranda oder das Schwert der Rache. Heroische Oper in 3 Aufzügen (Wien 1811, Wallishausser, 8°.); – „Habsburgs Geist über Wiens Freudenflammen“ (Wien 1815, Gerold, 4°.); – „Podmann, Trauerspiel, in 5 Aufzügen. Mit einer Vorrede von Jos. v. Hammer“ (ebd. 1818, Wallishausser, 8°.); – „Vier Nächte oder romantische Gemälde der Phantasie“ (Leipzig 1819, Brockhaus, 8°.), mit einer Vorrede von Jean Paul; – „Humoristisches Panorama von Wien, oder der frohe Zuschauer an der [440] Donau. Eine Unterhaltungsschrift in zwanglosen Heften“ (Brünn 1820, Traßler, 8°.), davon sind nur 3 Hefte erschienen; – „Die Spinnerin am Kreuze. Romantisches Schauspiel in 4 Aufzügen nebst einem Vorspiele: Das Lösegeld“ (Brünn 1822, Traßler, 8°.); – „Ludwig van Beethoven’s Tod, den 26. März 1827“ (Wien 1827, Tendler, gr. 8°.); – „Der Prater und das Lob des Wieners. 2 Lieder im Volkstone“ (Wien o. J., Gerold, 8°.), letzteres in der Form von Schiller’s Glocke behandelt. Von seinen in Zeitschriften erschienenen Abhandlungen und größeren Aufsätzen, mit Ausschluß seiner, freilich höchst geistvollen Kritiken, sind anzuführen in der Allgemeinen musikalischen Zeitung in Wien: „Beitrag zur Musikgeschichte des Mittelalters. Troubadours (Ménéstriers, Jongleurs, Giullari). Minstrels, Minnesängers, Meistersänger, Fiedler, Spielleute, Thürmer, Musikanten, Schnurenter u. s. w.“ (1817, Nr. 25, 26, 27); – „Ueber die deutschen Volkslieder zu Karl’s des Großen Zeit (1819, Nr. 37, 38, 40, 41); – „Ueber die musikalische Malerei“ (1818, S. 373–380; 385–391; 393–395: 401–405); – im (Wiener) Conversationsblatt: „Ueber die Privat-Concerte in Wien“ (1820, Nr. 57); – „Ueber die Schönheit einer wahren Tenorstimme“ (1820, Nr. 106 und 107); – „Ueber die Harmonie in der Tonkunst in Beziehung auf ihre Verwandtschaft mit der Malerei, Plastik und Dichtkunst“ (1821, Nr. 65–70). Auch arbeitete er längere Zeit für Seyfried’s „Wanderer“, für die „Theater-Zeitung“ von Ad. Bäuerle, oft sich ärgernd, daß er dessen „Hausknecht (als das erschien ihm der besoldete Musikreferent) abgeben“ mußte; für die Schikh’sche „Wiener-Zeitschrift“ und übernahm für einige Zeit die Redaction der „Wiener musikalischen Zeitung“. Seine Leistungen als Musikkritiker finden weiter unten die gebührende Würdigung. Fruchtbarer, wenngleich weniger bedeutend, ist Kanne’s Thätigkeit als Compositeur. Dr. Leopold Sonnleithner zählt von ihm folgende Opern auf: „Orpheus. Grosse Oper in 2 Acten. Text und Musik von Kanne“ (gegeben im Kärnthnerthor-Theater 10. November 1807); – „Miranda oder das Schwert der Rache. Heroische Oper in 3 Acten. Text und Musik von Kanne“ (gegeben im Theater an der Wien 14. September 1811); diese Oper wurde so beliebt, daß ein Costumstück Anlaß einer Mode, der sogenannten „Mirandahäubchen“, wurde; – „Deutscher Sinn. Vaterländisches Schauspiel in 1 Act von Deinhardstein, mit Ouverture und Chören von K.“ (gegeben im Theater a. d. Wien 28. September 1813); – „Die Belagerten. Militärisches Schauspiel, mit Gesang in 3 Acten von Ludwig Wieland. Gesänge und Chöre von Bernard, Musik von K.“ (gegeben im Theater a. d. Wien 13. December 1813); – „Die gute Nachricht. Singspiel in 1 Act von Friedr. Treitschke, Musik von Mozart, Beethoven, Hummel, Gyrowetz, Weigl und Kanne“ (gegeben im Kärnthnerthor-Theater 11. April 1814); – „Das Schloss Tabor oder der Kampf der FIussgötter. Zauberspiel in 2 Acten. Text und Musik von Kanne“ (gegeben im Theater a. d. Wien 28. December 1818); – „Die eiserne Jungfrau. Melodram in 4 Acten von Freiherrn von Biedenfeld. Musik von Kanne“ (gegeben im Theater a. d. Wien 20. Juni 1822); – „Malvina. Zauberspiel mit Gesang in 2 Acten von Albin Pfaller. Musik von Kanne“ (gegeben im Theater a. d. Wien 19. März 1823); – „Lindane oder die Fee und der Haarbeutelschneider. Zauberspiel mit Gruppirungen in 3 Acten von Ad. Bäuerle. Musik von Kanne“ (gegeben im Theater in der Leopoldstadt 27. März 1824); – „Die Zauberschminke oder das [441] Land der Erfindungen. Zauberposse in 3 Acten von Ad. Bäuerle. Musik von Kanne“ (gegeben im Theater in der Leopoldstadt 28. October 1825); – „Philipp und Suschen oder der falsche Jupiter. Mythologisches Zauberspiel mit Gesang in 2 Acten von Joseph Schickh. Musik von Kanne“ (gegeben im Theater in der Leopoldstadt 21. October 1832). Außer diesen in Wien gegebenen Opern und Singspielen kamen außerhalb Wien zur Aufführung: „Der Cyklop“, „Die Elfenkönigin“, „Sappho“, „Der Untergang des Feenreichs“, „Die Mainacht oder der Blocksberg“, deren Aufführung in Berlin bald nach Kanne’s Tode stattfand. Ueberdieß schrieb er viele Lieder, Balladen, darunter das bei vielen Theaterproductionen als Einlage verwendete „Rolandslied“, Schiller’s „Taucher“ und „Erwartung“, Sonaten, Trio’s für das Piano, zwölf Duo’s für Sopran und Tenor, die Cantate „Cäcilia“, eine Messe und eine Symphonie. Kanne’s Compositionen, zu seiner Zeit beliebt, sind lange verschollen und verdienten, daß ein vorurtheilsloser Kenner das Gute wieder an’s Tageslicht zöge. Die letzten Jahre brachte K. mehr in der Schenke und im Kaffeehause, als irgendwo anders zu, daher ihn auch seine Freunde scherzweise „Kannegießer“ und das Gasthaus „Zum goldenen Pfau“ in der Kärnthnerstraße, wo er am meisten zu weilen pflegte, „Kanne’s Kaffeehaus“ nannten. Wie schon bemerkt worden, mehrten sich Kanne’s Bedrängnisse durch sein regelloses Leben und seinen Hang zum Trinken immer mehr und schon längst hatten sich seine Freunde, die ihn sonst aufzusuchen pflegten, von ihm zurückgezogen, als die Nachricht laut wurde, er liege bereits im Sterben. Thatsache ist es nun, daß K. auf dem Todtenbette liegend, dasselbe mit seinen letzten Kräften in kalter Winternacht verlassen, in ein benachbartes Weinhaus (in der Leopoldstadt zur Sonne) sich begeben, dort eine Halbe Wein getrunken habe und dann nach Hause sterben gegangen sei. Die gräßlich klingenden Worte in Fétis’ „Biographie universelle des Musiciens“ welche lauten: „Il est mort au moment, ou il venait de sortir du cabaret“, sind also wahr. In seinem Nachlasse befanden sich einige musikalische Skizzen und von Jean Paul’s Aesthetik der zweite Theil. Wohin seine beiden vollendeten größeren Gedichte: „der Winter“ und das „Weltmeer“, welche zwar ein Verleger honorirt hatte, aber nicht druckte, gerathen sind, ist nicht zu ermitteln, wie es mir auch nicht gelang, ein Exemplar seines didaktischen Gedichtes „Die Jahreszeiten“, welches gedruckt worden sein soll, in den Büchercatalogen aber nicht aufgeführt erscheint, zur Einsicht zu bekommen. So starb K. verlassen und fast vergessen – nur eine weibliche Hand schmückte sein Haupt, als er im Sarge lag, mit einem Lorberkranze – und Johann Langer, nicht Schilling, wie Fr. Laun meint, schreibt treffend: „Kanne war ein wunderliches Genie, ein kräftiger Centaur, in dem Geist und Menschlichkeit in stetem Ringen begriffen, der, obgleich von den Göttern reich begabt, doch stets das Ende eines Camoens[WS 2] und Kepler vor Augen sah“. Vogl aber erblickt in ihm „das Spiegelbild Grabbes“. Kanne starb im Alter von 54 Jahren. Keine ärztliche Hilfe annehmend, lag er sterbend mit dem Stocke in der Hand auf dem Bette und drohte jedem, der sich ihm nähern würde, mit der Bastonade. Wie lebensüberdrüssig mußte der Mann gewesen sein, der Jeden, welcher ihm den Tod streitig machen will, mit der Waffe bedroht! Diesen merkwürdigen, ebenso eigenthümlichen als höchst charakteristischen [442] Zug Kanne’s hat Vogl zu erzählen vergessen.
Kanne, Friedrich August (Dichter und Tonsetzer, geb. zu Delitsch in Sachsen 8. März 1778, gest. zu Wien 16. December 1833). Eine jener merkwürdigen Gestalten im menschlichen Leben, welche in ungezügeltem Drange nach- Dr. Joh. Nep. Vogl’s Volkskalender für das J. 1862 (Wien, Tendler, kl. 8°.) S. 163 bis 185: „Von einem Verschollenen. Ein Stück aus Altwien. Von Dr. J. N. Vogl“. [Alles, was bisher über Kanne, namentlich von Gräffer, erschienen, ist in dieser Skizze in sehr ansprechender Weise zusammengestellt und ein treues Charakterbild dieses Sonderlings.] – Gräffer (Franz), Kleine Wiener Memoiren u. s. w. (Wien 1845, Fr. Beck, 8°.) Bd. II, S. 70; Bd. III, S. 80: „Kanne’s Kaffeehaus“. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Ilmenau, B. F. Voigt, kl. 8°.) XI. Jahrgang (1833), S. 804 [nennt ihn irrig K. A. Kanne. Vielleicht findet man in folgenden Worten des „Nekrologs“ eine Erklärung über Kanne’s Sonderlingsnatur und tragischen Lebensausgang: „Wenn Kanne in den gewöhnlichen Lebensverhältnissen abstoßend erschien, so war daran sein Unglück Schuld und manche Theaterdirectoren in Deutschland werden wissen, was dieß sagen will. Kanne, wenn er nach allem Aufwand an Geist, Zeit und Kosten eine Partitur verschickte, um ein Werk zur Aufführung zu bringen, und irgend ein dirigirender Schlendriansmensch nicht gleich bei dem ersten Blicke den Werth oder Unwerth der Composition herausfinden konnte, erhielt weder Antwort noch die Partitur zurück; und wer es weiß, was nur etwa zehn Abschriften einer Opernpartitur kosten, der wird begreifen, daß Kanne, der wenig oder gar kein Vermögen hatte, in Noth gerathen mußte. Eine seiner ersten Compositionen, „Orpheus und Euridice“, hatte er nach vieler Anstrengung in Wien auf die Bühne gebracht und sie erhielt mäßigen Beifall. Kanne ließ sich indessen nicht ermüden, componirte weiter unter Kummer und Entbehrung, noch in letzter Zeit die Oper: „Der Blocksberg“. Man sprach abermals von Talent, das aus dem Werke hervorleuchtete. Er verschickte Abschriften der Partituren und – starb, ehe das Werk zur Aufführung kam. Daß er unter solchen Erfahrungen menschenfeindlich wurde u. s. w.“]. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrg. 1840, Nr. 75: „Aehrenlese auf dem Felde der Memoiren“, von Friedrich Laun. – Der Gesellschafter, herausg. von Gubitz (Berlin, 4°.) 1834, Nr. 6 [gibt die besten Aufschlüsse über Kanne’s Sonderlingsnatur]. – Realis, Curiositäten- und Memorabilien-Lexikon von Wien (Wien 1846, Lex. 8°.) Bd. II, S. 92. – Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 497: „Kanne“, von Gräffer. – Allgemeine Theater-Zeitung, herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) Jahrg. XLI (1848), Nr. 48: „Beethoven und Kanne“ [aus Laube’s „Reisenovellen“). – Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Eduard Bernsdorf (Dresden, Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 563 [nach diesem geb. 8. März 1778. Ein Musik-Lexikon wäre wohl gehalten, etwas Entsprechenderes als die 20 nachgeschriebenen Zeilen zu bringen, welche dieser gehaltlose Artikel enthält]. – Schilling (Gustav), Encyklopädie der musikalischen Wissenschaften (Stuttgart 1833). Bd. IV. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 473 [nach diesem geb. 8. März 1778, gest. 6. December 1832]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 152 [nach diesem geb. 8. März 1778[WS 3]]. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, 1850 et seq., 8°.) Tome XXVII, p. 406 [nach dieser geb. 8. März 1788]. – Ersch (Joh. Samuel), Handbuch der deutschen Literatur seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bis auf die neueste Zeit (Amsterdam und Leipzig 1814, Kunst- und Industrie-Comptoir, gr. 8°.) II. Bd. 3. (des ganzen Werkes 7.) Abtheilg. Nr. 3022, 3075, 3328, 3388, 3459, 3515, 3700, 3714. – Der im Verlage bei Tobias Haslinger erschienene, von I. F. Castelli redigirte „Allgemeine musikalische Anzeiger“ (Wien, gr. 8°.) Jahrg. 1829, gibt S. 41 im „musikalischen Erinnerungskalender“ den 8. März 1779 als Kanne’s Geburtsjahr an. – Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (Wien, gr. 8°.) 1833, S. 1281: „Kanne starb“. Gedicht von Manfred. – Porträt. Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen in Vogl’s Volkskalender für das Jahr 1862, S. 164. – Kanne als Schriftsteller. „Der Einfluß Kanne’s als musikalischer Schriftsteller und kritischer Beurtheiler war in einer Zeit, wo die musikalische Kritik in Wien so wenig gepflegt wurde, ein auf die Zustände der Musik und auf die hiesigen (Wiener) musikalischen [443] Verhältnisse nachhaltig anregender. Er war nicht nur begründet in der Berechtigung, als allseitig durchgebildeter Musiker, geachteter Componist, und umsichtiger Capellmeister, das kritische Schwert führen zu dürfen; K. hatte sich denselben auch erzwungen durch die Objectivität seiner kritischen Anschauung, durch die Schärfe und Gediegenheit seines Urtheils, vor allem aber durch die Prägnanz und Eindringlichkeit des Ausdruckes gegenüber einer nicht unbedeutenden Menge indolenter Ansichten, vor dem Forum deren Oeffentlichkeit zu verfechten. Seine musikalische Kritik hat noch vor den meisten Urtheilen seiner Zeitgenossen den Vorzug voraus, daß sie nicht mit den Errungenschaften ihrer Zeit zufrieden, sich von den Bestrebungen der Neuzeit eigensinnig abschloß, sondern die Uebergangsperiode mit anbahnend vor Allem auf das richtige Verständniß der Beethoven’schen Meisterwerke beim musikalischen Publikum nach besten Kräften und mit allem Nachdrucke hinzuwirken suchte. In Kanne ehrt die Kunstgeschichte einen jener „nächtigen Herolde, welche dem Erscheinen des großen Tonheros kühn vorangingen, zu einer Zeit, als noch nicht das Volk die Blumen unbedingter Anerkennung auf seine Wege streute. Er erklärte bei der von Beethoven selbst im Jahre 1824 im Redoutensaale und später im k. k. Hof-Operntheater veranstalteten ersten und zweiten Aufführung seiner großen Symphonie, dieses Tonwerk als „eine der größten Erscheinungen des Jahrhunderts“, unbekümmert um das mitleidige Lächeln so mancher seiner Collegen, die sich nicht entblödeten, diese Symphonie, sowie überhaupt alle Werke, in welchen sich Beethoven von der Mozart’schen Richtung entfernte, für „Narrenmusik“ zu erklären. Mit offener Stirne trat Kanne dem Kastengeiste der Musiker entgegen, wo er ihm nur immer aufstieß, öffentlich erklärte er dem Zopfthum in der Tonkunst den Krieg und brach vollständig mit der starren Scholastik, die nicht den Geist und das Gemüth zu ihren Zunftgenossen zählt.“ – Was Kanne’s Compositionen betrifft, so werden dieselben von Musikkennern, als im Mozart’schen oder Haydn’schen Style gehalten, einfach, melodienreich und originell bezeichnet. –
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Weinlig, Christian Ehregott (ADB).
- ↑ Luís de Camões (Wikipedia).
- ↑ Vorlage: 1878.