BLKÖ:Haslinger, Tobias

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Haslinger, Karl
Band: 8 (1862), ab Seite: 30. (Quelle)
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Haslinger, Tobias (Componist und Gründer der Musikhandlungsfirma, geb. zu Zell in Oberösterreich 1. März 1787, gest. zu Wien in der Nacht vom 17. zum 18. Juni 1842). Vater des Vorigen. H. kam als Sängerknabe zu dem Domcapellmeister Glöggl nach Linz, wo er nicht nur mehrere Instrumente erlernte, sondern auch in der von Glöggl neu errichteten Musikhandlung verwendet wurde. Mehr noch bildete er sich später in Fr. Eurich’s Buch- und Kunsthandlung für dieses Geschäft aus, indem ihm dessen Leitung fast ausschließlich anvertraut war. Nachdem er sich im Jahre 1810 nach Wien begeben hatte, wurde er mit dem Kunsthändler Steiner bekannt, und die Folge davon war, daß H. vorerst als Buchhalter, binnen wenigen Jahren schon als Steiner’s öffentlicher Gesellschafter in dessen Geschäfte eintrat. Im Jahre 1826 übernahm H. das Geschäft für alleinige Rechnung. Dasselbe wurde nur durch Haslinger’s unermüdete Thätigkeit und Fachkenntniß gehoben und erweitert; der vollständige Verlagscatalog, über 20.000 Platten, erreichte bald an 7000 Nummern, Zahlen, welche unter seinem Sohne Karl [s. d. Vorigen] großartige Dimensionen (110.000 Platten und 12.000 Nummern) annahmen. Darunter befinden sich höchst interessante und kostspielige Originalwerke und Pracht-Editionen, daß weder die Monarchie noch ganz Deutschland ähnliche aufzuweisen haben möchte. Darunter erscheinen: Hummel’s große Clavierschule, 3 Abthlgn. (in deutscher, italienischer und französischer Sprache); – Spohr’s große Violinschule; dessen Symphonie die „Weihe der Töne“; – Händel’s Oratorien: „Jephta“, „Belsazar“; – Musica sacra, eine werthvolle Partiturensammlung von Kirchencompositionen der bedeutendsten Componisten (17 Bde.), darunter Werke von Eybler, Hummel, Miltiz[WS 1], K. M. v. Weber; – Concertstücke von Beethoven, Hummel, Romberg, Spohr, Moscheles, Mayseder, Kalkbrenner, Lipinsky, u. s. w.; – Pianoforte-Etuden von Bertini, Cramer, Hummel, Clementi, Keßler, u. s. w.; – Mozart’s sämmtliche Clavierwerke, 38 Hefte; – Beethoven’s Sonaten, Quartetten, Concerte, Ouverturen, Symphonien, Lieder in einer neuen und correcten Ausgabe; – eine bedeutende Anzahl von Lehrbüchern und theoretischen Werken, darunter: Albrechtsberger’s Schriften; Joseph Czerny’s Clavierlehre; Beethoven’s Studien; Schulen für Violine, Flöte, Cello, Guitarre und Clavier. In der Rubrik von Unterhaltungsstücken finden sich sehr viele Opernauszüge mit Text und für Pianoforte allein und vielseitigem Arrangement, darunter die sehr beliebte Sammlung „Flore théâtrale“ (unter Tobias 70 Nummern und unter [31] seinem Sohne auf 144 angewachsen); – die musikalische Jugendbibliothek von Diabelli; – der musikalische Jugendfreund von Haslinger selbst; – die complete Sammlung Tänze von Johann Strauß’s Vater (sein Sohn verlegt die der Brüder Johann und Joseph Strauß). H.’s Geschäftsverbindungen erstreckten sich in alle Welttheile; mit seinem Etablissement verband er eine Noten-Graveuranstalt und eine Kupferdruckerei, wo immer zehn Pressen im Gange waren. Weil nun H. durch seine umsichtigen und von Erfolg gekrönten Speculationen den Musikalienhandel vom inländischen Passiv- in einen reellen Aktivstand verwandelte, so verlieh ihm Se. Majestät der Kaiser in Anerkennung seiner industriellen Verdienste den Titel eines k. k. Hof- (und priv.) Kunst- und Musikalienhändlers, und beschenkte ihn bei Gelegenheit der Ueberreichung eines Pracht-Exemplar’s des Oratoriums „Jephta“ mit einem kostbaren Brillantringe. Außerdem erhielt H. auch von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland und den Königen von Preußen und Sachsen werthvolle Geschenke. Bei der Wiener Productenausstellung erhielt H. für ein ausgestelltes Pracht-Exemplar der Beethoven’schen Cantate „Der heilige Augenblick“, die silberne Preismedaille. H. war auch Componist. Der Ertrag seiner gewöhnlich zu festlichen Gelegenheiten herausgegebenen Compositionen war meistens zu wohlthätigen Zwecken bestimmt. Auch schrieb er zwei Vocal-Messen für vier Männerstimmen, von Musikkennern geschätzte Tonwerke, welche noch immer aufgeführt werden. Die mit Musik sich beschäftigende Jugend dankt H. das lehrreiche und unterhaltende Sammelwerk: „Der musikalische Jugendfreund“, 25 Hefte von Originalcompositionen. H. war Bürger von Wien, Ehrenmitglied vieler philharmonischen Institute und der Erste seines Gremiums, welchen die königl. schwedische Akademie der Musik in Stockholm durch Uebersendung ihres Ehrendiploms auszeichnete. H. starb, erst 55 Jahre alt, sein ausgebreitetes Geschäft seinem Sohne überlassend, der es unter seinem Namen mit dem Zusatze „Quondam Tobias“ im Geiste des Vaters fortführt.

Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1844, Bernh. Friedr. Voigt, kl. 8°.) XX. Jahrgang (1842), S. 465. – Allgemeine Theater-Zeitung von A. Bäuerle (Wien, gr. 4°.) 35. Jahrg. (1842), Nr. 149: „Nekrolog von Leone (Leo Herz). – Organ des deutschen Buchhandels 1842, Nr. 27. – Hirsch (Rudolph), Gallerie lebender Tondichter. Biographisch-kritischer Beitrag (Güns 1836, Reichard), S. 45 [nach diesem ist H. am 4. März 1787 geboren, was irrig ist] – Gaßner (F. S.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in Einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex. 8°.) S. 409. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 521, u, Bd. VI u. Suppl. S. 473. – Schilling (Gust.), Das musikalische Europa (Speyer, Neidhardt, gr. 8°.) S. 151. – Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, R. Schäfer, 8°.) Bd. II, S. 337. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Suppl. III, S. 1320. – Gräffer (Franz), Kleine Wiener Memoiren (Wien 1845, kl. 8°.) Bd. I, S. 131, im Artikel: Abenteuer 1809; Bd. II, S. 75, im Artikel: Déjeuner. – Boeckh (Franz Heinrich), Wiens lebende Schriftsteller und Künstler und Dilettanten im Kunstfache (Wien 1821, Phil. Bauer, kl. 8°.) S. 97 [gibt Nachricht von H.’s reicher musikalischer Bibliothek]. – Porträt. Unterschrift. Facsimile des Namens und Charakters: Tobias Haslinger, k. k. Hof- und priv. Kunst- und Musikalienhändler. Kriehuber 1842. Gedruckt bei Joh. Höfelich (Wien, Folio, bei Tobias Haslinger).

Anmerkungen (Wikisource)