BLKÖ:Wallishausser, J. B.

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Walisz, Baron
Band: 52 (1885), ab Seite: 273. (Quelle)
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Wallishausser, J. B. (Buchdrucker und Buchhändler, Ort und Jahr seiner Geburt wie seines Todes unbekannt). Er begründete in dem letzten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts zu Wien eine Buchdruckerei und Buchhandlung, welch letztere sowohl durch den ernsten wissenschaftlichen Verlag, als später durch den umfassenderen dramatischer Werke eine nicht ungewöhnliche Bedeutung erlangte, welche insbesondere durch die Stellung erhöht wird, die er dem großen Dichter und Dramatiker Oesterreichs Franz Grillparzer gegenüber einnahm. Was nun den wissenschaftlichen Verlag der Wallishausser’schen Firma betrifft, so zählt [274] derselbe bis Ende 1854 wohl kaum mehr als 300 Nummern. Diese Zahl ist jedoch einerseits in Berücksichtigung der wissenschaftlichen Stagnation, welche vor den Märztagen im Kaiserstaate waltete, andererseits hinsichtlich der Wichtigkeit und Bedeutenheit der verlegten Werke, die in verschiedene Disciplinen einschlagen, immerhin eine nicht geringe. Philosophie, Theologie, Mathematik, Medicin, Naturwissenschaft und schöne Literatur sind in eminenter Weise darin vertreten; so die Mehrzahl der philosophischen Schriften des nachderhand gemaßregelten Philosophen Anton Günther [Bd. VI, S. 10], mehrere Andachtsschriften Silbert’s [Bd. XXXIV, S. 291] und Eckartshausen’s berühmtes Andachtsbuch: „Gott ist die reinste Liebe“ mit ihren zahlreichen Auflagen und noch zahlreicheren Nachdrucken; die Annalen der Sternwarte in ihrer neuen Folge vom Jahre 1840 an, Littrow’s „Astronomie“; Joendl’s kostbare bauwissenschaftliche Werke, des Prinzen Ernst von Arenberg „L’art de la fortification“; fast sämmtliche Werke des durch seine Schriften über Staatsarzeneiwesen und Medicinalpolizei anerkannten Arztes Dr. J. Bernt [Bd. I, S. 331]; des; Grafen Stolberg „Geschichte der Religion Christi“ und ihre Fortsetzungen von Kerz und Brischon; „Oesterreichs Flora“ von Dr. Schultes; die Prachtwerke von J. E. Pohl [Bd. XXIII, S. 28] über die Reise, die Gebirge, Pflanzen und Insecten in Brasilien; Auenbrugger’s [Bd. I, S. 85] epochemachendes Werk über die Auscultation; Bartsch’s „Kupferstichkunde“; endlich von schönwissenschaftlichen das durch seine prächtigen Stahlstiche von Fr. John berühmte und in schönen Exemplaren heute höchst seltene Taschenbuch „Aglaja“ in 18 Jahrgängen (1815–1832), worin man unter Anderem Arbeiten von Grillparzer, Hammer, Zacharias Werner, West, begegnen, und Zedlitz’s berühmte „Todtenkränze“ zuerst erschienen. Weiter zurück als der strengwissenschaftliche Verlag reicht der dramatische, der bereits bis in den Anfang der Siebenziger-Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückgeht, wo wir das Jahr 1771 mit dem Stücke „Hanchen nichts weniger als ein Original-Lustspiel“ vertreten finden, welchem dann „Eher den Tod als Sclaverei“ von Caselli 1771, „Der Murrkopf“ von Goldoni 1772, „Merope“ 1772, „Die Folter“ 1773, beide von Weidmann, „Der dankbare Sohn“ von Engel 1773, „Die „Hausplage“ von Pelzel 1774, „Der Eigensinnige“ von Stephanie 1774 u. s. w. bis Bauernfeld und Nestroy in der Neuzeit folgten. Allmälig consolidirte sich der dramatische Verlag, und wir finden in demselben, der wohl an die 1300 Nummern faßt, die Matadore der österreichischen Bühne mit ihren besten Werken vertreten, vor Allen Castelli mit seinen „Dramatischen Sträußchen“, welche 1809, dann, mit einer Unterbrechung von sieben Jahren, von 1817 bis 1835 in vollen zwanzig Jahrgängen erschienen; ferner Baumann, Collin, Deinhardstein, Feldmann, Gleich, Hafner, Herzenskron, Hensler, Holbein, Hopp, Huber, Jünger, Kaiser, Körner, Nestroy, Perinet, Stoll, Treitschke, Weissenthurn, Werner, Ziegler und schließlich Oesterreichs größten Dramatiker, der sich anGoethe und Schiller anreiht, Franz Grillparzer, bei dem wir aber des Verlegers wegen noch ein paar Augenblicke verweilen wollen, um dessen Verdienstlichkeit ins rechte Licht [276] zu stellen und das berüchtigte Wiener Phäakenthum in minder greller Beleuchtung zu zeigen. Als nämlich 1871 die Grillparzer-Feier stattfand, wurde die bis damals erschienene Gesammtausgabe der Werke des Dichters bemängelt und als eine wenig würdige bezeichnet. Dieser Vorwurf traf natürlich den Verleger, welcher eben Wallishausser ist, und zwar um so tiefer, als man zu den Gründen der Abgeschlossenheit und Zurückgezogenheit Grillparzer’s auch noch den einen hinzufügte, daß der Poet gegrollt, weil er nicht eine würdige Ausgabe seiner Werke erlebt habe. Das aber ist den Thatsachen entgegengehalten durchaus unrichtig. Die Dinge stehen nämlich so: Grillparzer weigerte sich beharrlich, eine Gesammtausgabe seiner Werke zu veranstalten, aber nicht, wie es hie und da hieß, weil er seinem Verleger grollte, sondern aus Motiven, die nicht hieher gehören. Er hatte ja gar keinen Grund, mit seinem Verleger zu schmollen, welcher den Dichter in einer Weise werth gehalten, wie Aehnliches bei Verlegern jener Tage wohl kaum oft sich wiederholt haben dürfte. Wallishausser hat an Grillparzer an sechszehntausend Gulden Honorar gezahlt; für drei Auflagen seines Werkes „Sappho“ erhielt der Dichter 344 Ducaten und 500 fl. C.-M.; für die letzte Auflage des Trauerspieles „Die Ahnfrau“ (1844) 500 fl. C.-M.; für „Ottokar“ 2000 fl.; für die zweite Auflage letzteren Stückes wieder 2000 fl., obgleich zwischen der ersten und zweiten Auflage ein volles Vierteljahrhundert verflossen; für „Das goldene Vließ“ 500 Ducaten und 250 fl. C.-M.; dann aber erlebte weder letztere Dichtung seit 1822, noch „Ein treuer Diener seines Herrn“ seit 1830 eine neue Auflage, und in der Wallishausser’schen Buchhandlung befanden sich noch in den Vierziger-Jahren als „Ladenhüter“ mehrere hundert Exemplare Grillparzer’scher Stücke. Dies sind Thatsachen, ganz im Einklange mit dem Honorar, welches Wallishausser für die John’schen Stiche in der oben erwähnten „Aglaja“ zahlte, und das sich auf 12.600 Ducaten belief. Um schließlich diese Wallishausser’schen Honorare an Grillparzer noch in die richtige Beleuchtung zu stellen, sei erwähnt, daß Mosenthal für je eines seiner Stücke hundert Thaler, Laube für die seinigen nicht viel mehr erhielt. Diese Thatsachen, vereint mit der knappen Uebersicht seines nicht uninteressanten Verlags, mögen die Denkwürdigkeit des alten Wiener Verlegers und dessen Aufnahme in dieses Lexikon rechtfertigen, da sie einen nicht unwichtigen Beitrag zu Oesterreichs Cultur- und Literaturgeschichte bilden. – Ein J. B. Wallishausser findet sich in Joseph Kürschner’s „Deutschem Literatur-Kalender für das Jahr 1884“ (Berlin und Stuttgart, Speemann, 32°.) unter den Schriftstellern angeführt, und lebt derselbe in Wien.

Verlags-Katalog von J. B. Wallishausser, Buchhändler und k. k. Hoftheater-Buchdrucker in Wien, August 1854 (J. B. Wallishausser’s k. k. Hoftheater-Buchdruckerei, 8°.). – Vollständiges Verzeichniß von Theaterstücken aus dem Verlage von J. B. Wallishausser... in Wien (am hohen Markt Nr. 541, neben dem Kaffeehause) Jänner 1854, 8°., 50 S.