Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tompa, Ladislaus
Band: 46 (1882), ab Seite: 113. (Quelle)
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Tompa, Michael (ungarischer Poet, geb. zu Rimaszombath am 29. September 1819, fälschlich todt gesagt am 25. April 1868, gest. am 30. Juli 1868). Der Sproß einer ganz verarmten ungarischen Adelsfamilie, kam er nach dem frühzeitigen Tode der Mutter zu seinem Großvater väterlicherseits, der in Igricib nächst Miskolcz im Borsoder Comitate lebte. Dort mitten unter dem Volke von echtmagyarischem Schrot und Korn athmete er jenen originellen und echten Zug des Ungarthums ein, der aus seinen Dichtungen weht. Dort erwachte und entwickelte sich in ihm die Liebe für die eigenartige Natur, in der er lebte, und sie spricht in so anziehender Weise aus allen seinen poetischen Ergüssen, ja bildet sozusagen das Grundmotiv derselben. Nachdem Michael die Dorfschule besucht hatte, nahm sich der Lehrer derselben, Georg Bihari, des hochbegabten Knaben an, unterrichtete ihn in den Anfangsgründen der lateinischen Sprache und in anderen Gegenständen und brachte ihn endlich, freilich nicht ohne eigene Opfer, auf das Collegium in Sárospatak. Unter Mangel und Entbehrungen lag Tompa daselbst den Wissenschaften ob und ging dann, um sein Leben zu fristen, nach Sárbograd als Hilfslehrer, kehrte aber nach einiger Zeit zur Vollendung seiner Studien nach Sárospatak zurück. Hier bestand eine ungarische literarische Gesellschaft, welche [114] unter ihren Mitgliedern Namen wie Erdélyi [Bd. IV, S. 64], Gabriel Kazinczy [Bd. XI, S. 110], Szemere [Bd. XLII, S. 66], Szerelmei [Bd. XLII, S. 138] zählte. Bald wurde er als Mitglied aufgenommen und dadurch mitten in das literarische Weben und Streben eingeführt. Nach Beendigung seiner Studien trat er eine Erzieherstelle in Eperies an und befreundete sich daselbst mit Fritz Kerényi [Bd. XI, S. 177], dem unglücklichen, später in Amerika im Wahnsinn gestorbenen Poeten, und mit Petöfi [Band XXII, S. 84], mit dem er schon früher in brieflichem Verkehre gestanden. Das war ein echtes Dichterleben, das die drei führten, die nun zusammen lasen, schrieben und um die Wette dichteten. In den Werken dieser drei Poeten findet sich auch unter dem Titel „Waldquartier“ ein Lied, in welchem zur Erinnerung an jene Zeit jeder nach seiner Art denselben Stoff behandelt hat. Im Jahre 1843 ging Tompa nach Pesth, er hatte anfänglich die Absicht, die Rechte zu studiren, aber seit mehreren Jahren leidend, gab er diesen Gedanken auf. Als sein Uebel sich verschlimmerte, mußte er in das St. Rochusspital gebracht werden, wo er, in der Poesie Trost und Erhebung findend, langsam der Genesung entgegenging. Freilich tragen alle in jener Zeit entstandenen Dichtungen das Gepräge seines physischen Leidens, sie sind, wie sein Gemüth, von dem Hauche tiefster Wehmuth und Niedergeschlagenheit durchweht. Nach seiner Heilung wendete er sich dem priesterlichen Berufe zu und nahm eine Stelle als Prediger zu Beze im Gömörer Comitate an. In seiner Amtssphäre thätig und körperlich erstarkend, verlor er allmälig die trübe Stimmung, die sich während seiner Krankheit in ihm herausgebildet hatte, und wenn auch seine Amtscollegen dem begeisterten Jünger Apollos mit geringer Sympathie entgegenkamen, er fand im Dichten genügenden Trost, um ihrer gleißnerischen Theilnahme entrathen zu können, und in diesen ersten Jahren seines priesterlichen Wirkens entstanden jene poetischen Schöpfungen, die seinen Namen in weiten Kreisen bekannt machten. Wir nennen hier seine zuerst anonym erschienenen Volksmärchen und Volkssagen, welche in wenigen Wochen eine zweite Auflage erlebten – die bibliographischen Büchertitel folgen auf S. 115 – sein komisches Gedicht Matthias Szuhay, das mit dem Kisfaludy-Preise gekrönt wurde und seine Wahl zum Mitgliede der Kisfaludy-Gesellschaft veranlaßte, in welche er sich am 29. Mai 1846 mit seiner poetischen Erzählung „Der Notar von Vámosujfalu“ einführte. Im Jahre 1847 gab er einen Band seiner gesammelten kleineren Gedichte heraus, deren mehrere, darunter ganz reizende, bereits 1841 im „Atheneum“ und in anderen schöngeistigen Blättern erschienen waren. Das stürmische Jahr 1848 brachte er zur vollständigen Kräftigung seiner Gesundheit in Gräfenberg, darauf längere Zeit in Wien und Berlin zu und trat nach erfolgter Rückkehr in seine Heimat als Feldpater in die ungarische Armee ein, mit welcher er das Lager an der Leitha bezog. Nach beendigtem Kriege wurde er von der Gemeinde Kelemer zum Prediger berufen, im Jahre 1852 übersiedelte er als solcher nach Hamva und verheiratete sich daselbst auch bald danach. In diese Zeit fallen mehrere seiner Arbeiten, so in 1852 seine poetischen Märchen und Erzählungen, in 1854 seine Blumenmärchen, 1856 ein neuer Band Gedichte, ferner eine Sammlung seiner [115] Kirchenreden und ein Andachtsbuch für Frauen. Die letzte Zeit seines Lebens verbrachte er in sehr leidendem Zustande, der sich zuletzt so steigerte, daß der Dichter irrig todt gesagt wurde, wozu er jedoch selbst den Anlaß gab, indem er in einem heftigen Anfall seiner Krankheit einen Freund telegraphirte, daß er im Sterben liege. Wenige Monate danach sollte er aber in der That seinem Leiden erliegen. Kurz vor seinem Hingange empfahl er an den ihm befreundeten Cultusminister Baron Eötvös seine Frau und seine Tochter. Auch sendete er ein mit mehreren schwarzen Siegeln versehenes Packet an die Jószer Prämonstratenser Probstei mit der Verfügung, dasselbe fünfzig Jahre lang unerbrochen in ihrem Archiv aufzubewahren und erst, nach dieser Zeit das darin enthaltene Manuscript nach Pesth zum Druck zu schicken. Den Ertrag dieses Werkes hatte er der ungarischen Akademie der Wissenschaften bestimmt. Die bibliographischen Titel der Schriften Tompa’s sind: „Népregék, népmondák“, d. i. Volkssagen und Volksmärchen (Pesth 1846; 2. Aufl. drei Wochen später, 8°.); – „Versei, első kötet“, d. i. Gedichte, erster Band (Pesth 1847); – „Szuhay Mátyás, jutalm. ballada“, d. i. Matthias Szuhay, Preisgedicht (Pesth 1847, Verlag der Kisfaludi-Gesellschaft); – „Regek és beszélyék“, d. i. Erzählungen und Novellen, drei Bände (Miskolcz 1852, 8°.); – „A Vámosujfalusi jegyző“, d. i. Der Notar von Vámosujfalu (Verlag der Kisfaludi-Gesellschaft); – „Virágregék“, d. i. Blumenmärchen (Pesth 1853; 3. Aufl. 1863; 4. Aufl. 1868, VII und 320 S. mit Titelblatt in Farbendruck); – „Versei, második kötet“, d. i. Gedichte, zweiter Band (Pesth 1854), diesen zweiten Band gab Stephan Fribeisz [Bd. IV, Seite 356] heraus; – „Két halotti beszéd“, d. i. Zwei Leichenreden (Miskolcz 1855, 8°.); – „Mit örököl a haza nagy fiai után“, Leichenrede auf Joseph Grafen Teleki (Pesth 1855, und Miskolcz im nämlichen Jahre); – „Dalok és románczok“, d. i. Lieder und Romanzen (Pesth 1860, Heckenast); – „Versei. Vegyes tartalommal“, d. i. Vermischte Gedichte (Pesth 1863, Heckenast, 8°., 215 S.); – „Egyházi beszédek“, d. i. Kirchenreden, zwei Bände (Miskolcz 1864, Fränkel, 2. Aufl., 1870, 8°.); – „Ujabb költemények“, d. i. Neue Gedichte, zwei Theile (Pesth 1866, Heckenast, 12°., 215 und 214 S.); – „Legujabb költeményei“, d. i. Neueste Gedichte (Pesth 1867, Heckenast, 12°., 167 S.); – „Halotti emlékbeszédek, nehány utófohásszal“, d. Leichenreden (Miskolcz 1867, Fränkel, 8°., 210 S.); – „Olajág. Elmelkedések fohászok és imák. Hölgyek számára olvasó és imakönyvül“, d. i. Oelzweig. Ein Gebet- und Erbauungsbuch für Frauen (Pesth 1867, Heckenast, XII und 334 S., 8°.; 2. Aufl. ebd. 1869, 8°., XVIII und 358 S.). Und nach des Dichters Tode von seinen Freunden herausgegeben, erschien: „Osszegyüjtött költeményei. Kiadtak barátai: Arany János, Gyulai Pál, Levay József és Szász Károly“, d. i. Gesammelte Gedichte. Herausgegeben von seinen Freunden Johann Arany, Paul Gyulai, Joseph Levay und Karl Szász, drei Bände (Pesth 1870, Ráth, kl. 8°., Bd. I: LI und 365 S.; Bd. II: 336 S.; Bd. III: 342 S.). Die Ungarn erkennen in Tompa, neben Vörösmarty, Petöfy und Arany, ihren viertbedeutendsten Dichter der neuen Zeit, [116] und als ein besonders bezeichnendes Merkmal seiner Dichtungen erscheint seine vollkommene Eigenart, indem sich in seinen Werken der Einfluß fremder Dichter nirgends fühlbar macht. Als Lieder- wie als Märchendichter durchaus originell, besitzt er eine reiche schöpferische Phantasie, die sich mit Vorliebe in den Gefilden des Fernen, Unnahbaren zu ergehen liebt. Man hat ihn. wegen seiner Landschaftsmalerei den ungarischen Mathisson genannt, doch nicht ganz richtig, denn theilt er auch mit ihm den Ton elegischer Wehmuth, so übertrifft er Matthisson doch weit im Gedankenreichthum, und man nennt ihn darum mit Recht einen Dichter der Reflexion. Wie Petöfi unübertrefflich im Volksliede, so ist es Tompa im Märchen und in der Sage. In dieser Gattung hat er das Schönste geleistet, und ist ihm darin noch Keiner gleichgekommen. Seine Epistel an den Freund (Kerenyi), der in Amerika eine neue Heimat sucht, gehört zu den schönsten Ergüssen patriotischer Dichtung. Tompa ist, wie ihn ein Kritiker – wenn wir nicht irren Gyulai, charakterisirt – „tief und von edler Einfachheit; Wärme und Glaube kennzeichnen seine Poesien; er fühlt, was er spricht, er glaubt, was er fühlt und deshalb sind seine Bilder alle wahr und dringen tief ins Gemüth des Lesers“.

A nagy világ képekben. Kiadja Vahot Imre, d. i. Die große Welt in Bildern. Herausgegeben von Emmerich Vahot (Pesth 1855) S. 68. – Fata Morgana. Pesther Blätter (gr. 4°.) 1865, Nr. 17, S. 29: „Michael Tompa“. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1868, Nr. 149 und 215, unter den „Tagesneuigkeiten“. – Neues Fremdenblatt (Wien, 4°.) 1868, Nr. 121, 149 und 228. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Zusammengestellt von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.) Bd. I, S. 589. – Kertbeny (C. M.). Album hundert ungarischer Dichter. In eigenen und fremden Uebersetzungen (Dresden und Pesth 1854, R. Schäfer und Hermann Geibel, 12°.) S. 195, 237, 251, 302. – Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagsblätter (Pesth, 4°.) 1856, Nr. 16. – Ungarns Männer der Zeit. Biographien und Charakteristiken u. s. w. Aus der Feder eines Unabhängigen (C. M. Kertbeny) (Prag 1862, Steinhauser, gr. 12°.) S. 317. – Toldy (Ferencz). A magyar költészet kézikönyve a Mohácsi vésztől a legujabb időig, d. i. Handbuch der ungarischen Dichtung von der Schlacht bei Mohács bis auf unsere Tage (Pesth 1857, Heckenast, gr. 8°.) Sp. 809 und 810. – Zilahy (Kar.). Magyar Koszor. Alb. 1863, S. 93. – Budapesti Szemle. Uj folyam 1869, S. 137; 1878, 35. Heft: „Michael Tompa“. Von Ludwig Tolnay. – Figyelő, d. i. Der Beobachter, Monatschrift für Literaturgeschichte, redigirt von Ludwig Abafi (Pesth) 1878, 3., 4. und 5. Heft: „Tompa’s Briefe an Kazinczy“. – Magyar irók. Arczképei és Életrajzai (Pesth 1858, G. Heckenast, kl. 4°.) S. 95. – Honvéd Naptár, III. Jahrg. (1870), S. 21: Biographie von Lajos Eötvös. – Magy. Tudom. Akadem. Évkönyvei, d. i. Schriften der königlich ungarischen Akademie der Wissenschaften. XIII. Jahrg. (1872), S. 20: Biographie von K. Szász. – Válkai (Imre). Magyar irók s müvészek ismertetése (Bécs 1858, Sommer, 8°.) S. 93.
Porträte. 1) Holzschnitt in „A nagy világ képekben“, 1855, S. 69. – 2) Facsimile des Namenszuges. Lithographie ohne Angabe des Zeichners und Lithographen (Pesth, 4°.) – 3) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges. Barabás (lith.) 1855. Nyomt. Reiffenstein és Resch Bécsben. – 4) Auf dem ersten Blatte der Bildnißgruppe „Magyar irók arczképcsarnoka“, 1856, fol. lith. Barabás. – 5) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges. Barabás 1857 (gez.). J. Axmann und J. Benedict sc. 1858 (12°.).