BLKÖ:Koubek, Johann Pravoslav

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kouba, Joseph
Band: 13 (1865), ab Seite: 54. (Quelle)
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Koubek, Johann Pravoslav[WS 1] (čechischer Dichter und Schriftsteller, geb. zu Blatná in Böhmen 4. Juni 1805, gest. ebenda 28. December 1854). Sohn wohlhabender Eltern, erhielt er den ersten Unterricht in der Schule seines Geburtsortes, dann bezog er das Gymnasium in Pisek, wo Dlabacz, später jenes zu Prag, wo Jungmann auf den strebenden Jüngling besonderen Einfluß übten. Die Philosophie hörte er 1825–1826 in Pilsen, wo ihn seine Liebe für die Muttersprache mit Sedlaček befreundete. Alsdann begab er sich nach Prag, wo er die Rechte studirte, zugleich aber mit mehreren gleichgesinnten Collegen zur Belebung der verwahrlosten heimischen Sprache und Literatur sich verband. So wurden Franta [Bd. IV, S. 340], bekannter unter dem Namen Sumavsky, Vacek, der sich nach seinem Geburtsorte Kamenicky nannte, Langer und Tomicek seine Freunde, und Hanka’s vielbesprochenes Auffinden der Königinhofer Handschrift[WS 2] [Bd. VII, S. 301], Kollars [55] Sonette [Bd. XII, S. 325] und Čelakovsky’s Sammlung čechischer Volkslieder [Bd. II, S. 315] boten der Nahrung genug für ihre Begeisterung. Neben der emsigsten Pflege des heimischen Idioms betrieb K. eifrig noch philosophische und historische Studien; die übrigen slavischen und romanischen Sprachen eignete er sich so tüchtig an, daß er sich einiger derselben in schriftstellerischer Weise bedienen konnte. Auch in der Musik war er nicht unbewandert und, mit seltenen Kenntnissen und Geistesgaben ausgestattet, ein beliebter Gesellschafter. Des Studiums der Rechte als Fachwissenschaft überdrüssig geworden, übernahm er im Jahre 1831 durch Vermittlung Hanka’s eine Erzieherstelle inder Familie des Grafen Romer in Galizien. Sein Erziehergeschäft ließ ihm Zeit genug zu literarischen Studien, vornehmlich der russischen und polnischen Literatur, mit deren Ergebnissen er seine Landsleute bekannt machte. Als er seine Stelle im gräflich Romer’schen Hause aufgab, besuchte er den durch seine Vorliebe für Literatur und durch ihre Förderung in Galizien bekannten Edelmann Rosciszewski in Zoravice, der den jungen kenntnißreichen Mann bald so lieb gewann, daß er ihm die Stelle eines Musik- und Gesanglehrers in der Familie Rosnowski zu Hrejovice verschaffte. Nach Jahresfrist gab Koubek auch diese Stelle auf und begab sich nach Lemberg, wo er als Supplent der lateinischen und griechischen Sprache am dortigen Gymnasium eintrat, zugleich aber aus verschiedenen Gegenständen in Herrschaftshäusern Privatunterricht ertheilte. In Lemberg lernte er mehrere polnische Schriftsteller, und unter diesen den gediegenen Augustin Bielowski [Bd. I, S. 390] kennen, mit dem er sich auch befreundete. Im Jahre 1837 kehrte K. in seine Heimat zurück und trat als Secretär bei Kaspar Grafen Sternberg ein, auf dessen Schlosse Brzezina er bis zu des Grafen (am 20. December 1838 erfolgten) Tode blieb. Nun bewarb er sich um ein Lehramt und erhielt 1839 dasselbe aus der böhmischen Sprache und Literatur an der Prager Hochschule, welches seit seiner Gründung im Jahre 1793 ein außerordentliches, erst im Jahre 1847 in ein ordentliches umgewandelt wurde. K. behielt es auch als solches. Nun folgten aufeinander seine Ernennung zum Mitgliede der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, zum Ehrenmitgliede des kön. böhmischen Museums, zum Translator für polnische und russische Sprache, und, nachdem Šáfařík das Amt niedergelegt, zum Censor. Ueberdieß gab er noch Privatunterricht aus der böhmischen Sprache und Literatur in mehreren Familien des hohen böhmischen Adels. Im Jahre 1848 erhielt K. von der Prager Hochschule die philosophische Doctorwürde. An den Bewegungen des genannten Jahres nahm er nur in soferne Antheil, als er in der akademischen Legion die Stelle eines Tribuns der philosophischen Kohorte bekleidete. Auch wählte ihn die Stadt Pisek als Abgeordneten in den Wiener Reichsrath, wo er seinen Platz, wie auch später in Kremsier, auf der äußersten Rechten (Sitz 28) einnahm und in der Zeitung „Národne Noviny“ 1848, Nr. 140, sein politisches Glaubensbekenntniß niederlegte. Als im genannten Jahre an der Prager Hochschule eine Lehrkanzel für die polnische Sprache und Literatur eingeführt wurde, erhielt K., als bewährter Kenner beider, auch diese. Obgleich K. nun schon damals zu kränkeln begann, so mäßigte er doch seinen Eifer nicht und mochte sowohl sein Leiden verschlimmert [56] als überhaupt sein Ende beschleunigt haben. Im Herbste 1854 vermälte er sich mit Franziska Binder und übersiedelte mit seiner Gattin in seinen Geburtsort, dort im Hause seiner Eltern, an heimischer Stätte, Genesung hoffend. Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht; K. war in sein Vaterhaus sterben gegangen; denn nur wenige Wochen darnach war er, im kräftigen Alter von 49 Jahren, eine Leiche. Er wurde auf dem Friedhofe seines heimischen Dörfchens begraben; ein schönes Denkmal zeigt die Stätte, wo die sterblichen Reste des zu früh hingeschiedenen Dichters ruhen. Bei Lebzeiten sind K.’s Arbeiten nur in Zeitschriften und Almanachen zerstreut erschienen. Er selbst hegte eine eigene Scheu, etwas drucken zu lassen. Nichtsdestoweniger arbeite er sehr fleißig und dichtete nicht nur, sondern verfaßte auch wissenschaftliche Arbeiten, welche jedoch meist Handschrift geblieben sind. Erst nach seinem Tode fiel einem seiner Schüler und Freunde die lohnende Aufgabe zu, Koubek’s poetische und prosaische Schriften gesammelt herauszugeben, und so erschienen, von F. L. Vorliček redigirt, die Werke des Dichters unt. d. Tit.: „Jana Pravoslava Koubka sebrané spisy versem i prosou. Dil 1–4“ (Prag 1860, Bellmann, 12°., mit Portr.). In diesen vier Theilen sind enthalten, im ersten: Gelegenheitsdichtungen, dann das lyrisch-epische Gedicht „Die Gräber slavischer Poeten“, in welchem K. die polnischen Dichter Joseph Dunin-Borkowski, Dominik Magnuszewski, Johann und Peter Kochanowski, Ignaz Krasicki; die russischen: Michael Lermontow und Alexander Bestuszew-Marlinsky[WS 3]; die böhmischen: Karl Hynek Macha, Johann Kollar, Franz Ladislaus Čelakowsky und Joseph K. Chmelensky feiert; einen Anhang bildet die im Jahre 1850 geschriebene Elegie auf Lenau, welcher deutsche Dichterfürst bei den slavischen Poeten hohe Geltung besitzt und viel nachgeahmt wird; im zweiten: die Ruinen von Zvikov, der Wappenkundige, die drei Schwestern, Schriftsteller und Recensenten, die Sylvesternacht, der Mann einer Frau, Rokoko und mehrere andere Kleinigkeiten; im dritten: das komisch-heroische Epos: die Dichterfahrt in die Hölle, in vier Gesängen und einige prosaische Aufsätze; im vierten: Uebersetzungen aus dem Polnischen, Russischen, Deutschen und Französischen, und eine freie Bearbeitung des polnischen Lustspieles von Alex. Graf Fredro: „Die Misanthropen und der Dichter“. Von Kennern der böhmischen Literatur wird K. als origineller Dichter bezeichnet. Er holte aus der Tiefe des menschlichen Geistes die schönsten Gedankenperlen; aber auch was im Herzen Düsteres liegt, das sah er; ein echter Humor, der rührt und der erheitert, weht in seinen Dichtungen, er hatte „noch Thränen im Gesichte und schon die Freude im Auge“. Seine Gedichte gehören zu dem Eigenthümlichsten und Vorzüglichsten, was die neuere böhmische Poesie besitzt. Zu seinen schönsten Arbeiten zählen aber die vorerwähnten „Hroby básniků slovanských“, d. i. Gräber slavischer Poeten.

Česko-moravská Pokladnice, d. i. Čechisches Schatzkästlein (Prag, bei Bellmann, 4°.), Kalender auf das Jahr 1858, S. 83: „Jan Pravoslav Koubek“. Biographie von F. L. Vorliček. [S. 84 enthält eine Abbildung von K.’s Grabmal; nach Vorliček ist Koubek am 4. Juni 1805 geboren.] – Slovenské Noviny, d. i. Slovenische Zeitung, redigirt von Daniel Lichard (Wien). VIII. Jahrg. (1855), Nr. 14 [nach dieser geb. 9. Juli 1807]. – Posel moravsky, d. i. der Bote aus Mähren (Brünn, Gastl). Mährischer Kalender auf das Jahr 1856 [enthält [57] K.’s Biographie]. – Obzor, d. i. der Horizont. Ein von Jaroslav Pospíšil redigirtes čechisches Literaturblatt (Prag, gr. 8°.) I. Jahrg. (1855), S. 16. – Poutník od Otavy, Časopis, d. i. der Pilger von der Otava, Zeitschrift (Pisek). Jahrg. 1860, Heft 5, Nr. 3, S. 32: „Koubkův náhrobek v Blatné“ [mit Abbildung des Grabdenkmals]. – Příloha k Lumíru. Redaktor Ferdinand B. Mikovec, d. i. Beilage zum Lumír, 1855, Nr. 1, S. 1 [gibt die erste Todesnachricht, worin K. „učenec věhlasný, skvěle nadaný, spisovatel a básník výtečný, ucitel vůbec milovaný“, d. i. ein berühmter, glänzend begabter Gelehrter, ein ausgezeichneter Schriftsteller und Dichter und ein allgemein beliebter Lehrer, genannt wird]. – In der von Franz Lad. Vorliček besorgten Ausgabe von Koubek’s gesammelten Schriften befindet sich seine von K.(arl) S.(abina) verfaßte Biographie. –Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský i konversačný, d. i. Kleines Taschen-Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) Theil II, S. 290 [nach diesem geboren am 9. Juni 1807). – Jungmann (Josef), Historie literatury české, d. i. Geschichte der böhmischen Literatur (Prag 1849, F. Řiwnáč, 4°.) Zweite, von W. W. Tomek besorgte Ausgabe, S. 367, Nr. 8 g; S. 374, Nr. 146 a; S. 391, Nr. 496 h, i, k, m; S. 404, Nr. 588 i; S. 405, Nr. 597 k; Nr. 599 f u. m; S. 457, Nr. 1173 g; S. 488, Nr. 1704, u. S. 578. [Bei Jungmann erscheint er mit a, als Kaubek, geschrieben und wird der 9. Juni 1807 als sein Geburtstag[WS 4] angegeben.] – Tagesbote aus Böhmen (Prager polit. Blatt) 1857, Nr. 98. – Erinnerungen (Prager Monatschrift, 4°.) 1857, S. 190. – Truska (Heliodor), Oesterreichs Frühlings-Album. In einem jener wenigen Exemplare, denen biographische Notizen über die einzelnen Poeten beigegeben sind [nach diesem geb. am 7. Juni 1809]. – Koubek’s Grabdenkmal. Dasselbe ist nach dem Entwurfe des Prager Malers Soll von dem Bildhauer Anton Summ aus Prag verfertigt. Es ist aus Granit, etwa 4 Fuß breit und etwas über eine Klafter hoch. Es besteht aus vier Theilen, den zwei die Basis bildenden, in der Größe nur unmerklich verschiedenen Grundsteinen, aus dem Steine mit der Schriftplatte und aus dem gethürmten, mit einem Kreuze versehenen Dache. Die Schriftplatte enthält zu oberst in goldener Schrift die Worte: „Na shledanou“ (d. i. auf Wiedersehen), darunter steht auf schwarzer Tafel folgende Inschrift:
Zde odpočívá dne 4. června 1805 narozený
a dne 28. prosince 1854 v Pánu zemřelý
Jan Pravoslav Koubek,
,
Doktor filosofie, c. k. řádný Professor řeči
a literatury české i polské na vysokých
školách pražských, člen vícera učených
společností a t. d., a t. d., jsa oplakáván
rodičema a věrnou chotí.

Tu víru naše srdce chová,
Z našeho že někdy popelu
Vzejde plémě, v němžto naše slova
Najdou falanx vyznavatelů;
Víra ta mi rukojemstvím jest,
Lepšího že výbor plemene
Také o mně někdy zpomene,
Že jsem miloval vlast i čest,
I že plamenných slov jiskra malá,
Byla částí ohně svátého,
Na němž jasná pochodeň se žnala
Vyšších směrů rodu slávského.

(Hier ruht der am 4. Juni 1805 geborne und am 28. December 1854 im Herrn entschlafenen Johann Pravoslav Koubek, Doctor der Philosophie, k. k. ordentl. Professor der böhmischen und polnischen Sprache und Literatur an der Hochschule zu Prag, Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften u. s. w., beweint von seinen Eltern und seiner treuen Gattin. Unser Herz hält an dem Glauben fest, daß dereinst aus unserer Asche ein Stamm sich erheben werde, in welchem unsere Worte eine Phalanx von Bekennern finden werden. Dieser Glaube ist mir Bürge, daß auch mir die Edelsten eines besseren Geschlechtes bezeugen werden, ich habe das Vaterland und die Ehre geliebt, und der kleine Funke meiner Flammenworte sei ein Theil jenes heiligen Feuers gewesen, an dem sich die Fackel eines höheren Strebens des slavischen Stammes entzündete.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Zu dieser Person gibt es schon Band 11, S. 40 f., unter Kaubek, Johann Prawoslaw einen Artikel.
  2. Vergleiche dazu Königinhofer Handschrift (Wikipedia).
  3. Alexander Alexandrowitsch Bestuschew (Wikipedia).
  4. Vorlage: Geburtsort.