Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 111. (Quelle)
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Langer, Jaroslaw (čechischer Dichter und Schriftsteller, geb. zu Bohdanec in Böhmen 12. November 1806, gest. ebenda 28. April 1846). Sein Vater war Bürger und städtischer Einnehmer zu Bohdanec. Die Schulen besuchte Jaroslaw zu Königgrätz, und dort waren es die Professoren Chmela und Klicpera, welche in der Brust des Jünglings die Liebe für seine Muttersprache nährten. Nachdem er im Jahre 1826 das Gymnasium zu Königgrätz beendet hatte, begab er sich nach Prag, wo er das Studium der Philosophie begann. Dort befreundete er sich mit einigen Collegen und Gesinnungsgenossen, und fand im Verkehre mit ihnen geistige Erhebung und Nahrung für seine literarischen Neigungen. Noch hatte er nicht das erste Jahr der Philosophie geendet, als er bereits in schriftstellerischen Arbeiten sich versuchte. Auch traf es sich für Langer so glücklich, daß ihn damals Palacky kennen lernte, durch den er in das fürstlich Kinsky’sche Haus, in welchem gerade damals Fürst Rudolph [Bd. XI, S. 302] durch geistige Anregungen den Eifer der Nationalen zu wecken begann, eingeführt wurde. Palacky, der im Kinsky’schen Archive behufs einer Familiengeschichte dieses berühmten Geschlechtes arbeitete, verwendete L. bei dieser Beschäftigung und blieb, wie es sich von selbst versteht, nicht ohne Einfluß auf Langer’s geistiges Schaffen und Streben. Um das Jahr 1829 trat L. in der Zeitschrift des böhmischen Museums (Časopis) zuerst mit einigen Gedichten in die Oeffentlichkeit. Im folgenden Jahre aber gab er bereits die „Selanky“, d. i. Idyllen (Königgrätz 1830, Pospisil), heraus, welche er mit einem sinnigen Widmungsgedichte der Fürstin Therese Mathilde von Thurn und Taxis darbrachte. Auch begann er im nämlichen Jahre in Gemeinschaft mit Franta [Bd. IV, S. 340] und Tomiček die Herausgabe der čechischen Unterhaltungsschrift: „Čechoslav“. Nun trat ein verhängnißvoller Moment ein in L.’s Leben. Sein Biograph erklärt selbst, nicht angeben zu können, was die Ursache war, daß L. plötzlich die Weisung erhielt, Prag zu verlassen. Hatte man in der Vernachlässigung seiner Studien oder in seiner entschieden nationalen Richtung die Veranlassung zu seiner Ausweisung genommen, [112] nach Einigen soll er eine Satyre oder Epigramme geschrieben haben, durch welche sich hochgestellte, einflußreiche Personen verletzt fühlten, kurz L. mußte Knall und Fall Prag verlassen und da er wirklich das Studiren, d. i. nämlich den Collegienbesuch – aufgegeben hatte – so stimmte diese Maßregel eben auch mit dem Wunsche der Eltern zusammen. So war er um die Mitte des Jahres 1830 wieder in seinem Geburtsorte, noch ganz niedergedrückt durch die Trennung von seinen Freunden, zu denen Amerling, Brauner, Franta, Pelikan, Sembera und Tomicek u. A. zählten. Die Einsamkeit und Abgeschiedenheit seines, vom Weltverkehre abseits gelegenen Geburtsortes war für sein aufgeregtes Wesen, das eben den befruchtenden Verkehr mit gleichgestimmten Freunden in einer belebten Hauptstadt genossen hatte, wenig fördernd. Sein Leben fließt nunmehr geräuschlos dahin, und sein Biograph selbst gibt nur aus Langer’s Briefen einzelne mehr literarische als biographische Mittheilungen. Von der Redaction des „Čechoslav“, der übrigens mit dem achten Hefte sein Dasein geendet, war er abgetreten, sobald er Prag verlassen hatte, und das nächste Lebenszeichen, das er von seiner geistigen Thätigkeit gab, war das früher im „Časopis“, dann aber besonders erschienene Gedicht: „Bohdanečský rukopis“, d. i. die Handschrift von Bohdanec (Prag 1831), das eigentlich mehr ein poetischer Scherz ist. Was er in der Folge schrieb, veröffentlichte er meist in der Museums-Zeitschrift, das erheblichste darunter ist die humoristische Erzählung: „Den v Kocourkove“, d. i. Der Tag in Krähwinkel. Im Uebrigen lebte er in seinem Geburtsorte ganz zurückgezogen, half seinem Vater im Schreibgeschäfte aus, erhielt manchen Besuch von gleichgestimmten Freunden und war nach und nach verschollen. In den letzten Lebensjahren geistig und körperlich verkümmert, fand er nicht einmal den Trost im Schaffen, wozu er einen so schönen Anlauf genommen, und in Verbitterung über sein verfehltes Geschick, verbrannte er seine Manuscripte. Im Jahre 1846, erst vierzig Jahre alt, starb er, wenn gerade nicht ungekannt, so doch unbeachtet und fast vergessen. Der neueren Zeit sollte es vorbehalten bleiben, sein Andenken in der Nation wieder aufzufrischen und der geeigneteste Weg war wohl die Herausgabe seiner gesammelten, freilich nur im kleinsten Theile vorhandenen Schriften, welche in dem Sammelwerke: „Spisy výtečných českých básníků novověkých“, d. i. Werke der hervorragenden čechischen Dichter der Neuzeit, in zwei Bänden unter dem Titel: „Spisy Jaroslava Langera“, d. i. Schriften des Jaroslaw Langer (Prag 1861, Kober, Taschenformat), herausgekommen sind. Der erste Band enthält die Handschrift von Bohdanec, den Tag in Krähwinkel, Gedichte, 56 čechische Krakowiaken, die Nesseln (eine Folge satyrischer Gedichte), und die Fabeln; der zweite Band: altrussische Gedichte; die čechischen Hochzeitsbräuche und Lieder, welche L. über Schotky’s Aufforderung zuerst in deutscher Sprache bearbeitet hat; andere volksthümliche Bräuche und Lieder; Marina Zaleska, ein dramatisches Gedicht in Versen. und die Idyllen (Selanky), in Prosa und in gebundener Rede. Daß Langer’s Talent und seine Bedeutung seiner Zeit selbst von deutscher Seite Würdigung gefunden, einen Beleg dafür gibt die Bemerkung in dem Werke: „Oesterreich im Jahre 1840“, in welchem es (Bd. II, [113] S. 327 und 328) heißt: „Als einen der individuellsten böhmischen Literaten müssen wir Jaroslaw Langer anerkennen, einen jungen Poeten, der bei seinem Auftreten allseitige Aufmerksamkeit erregte. Seine Idyllen und seine Satyren sind gleich gelungen, in allen seinen kleineren Dichtungen bewährt er sich als echt national und ohne Manier. Seit einiger Zeit ist er jedoch von der Oeffentlichkeit zurückgetreten, und es ist ungewiß, ob sein Wille oder seine Kraft erlahmte. Um Beides wäre sehr Schade, und wenn das Erstere der Fall sein sollte, so müßten wir Einen betrauern, der sein Vaterland, das in sein Talent die schönsten Hoffnungen setzte, so täuschen konnte.“ Schließlich sei hier bemerkt, daß das von Mikowec redigirte čechische Unterhaltungsblatt Lumír im Jahrgange 1860 in Nr. 43–48 Mittheilungen – vornehmlich Gedichte – aus Langer’s Nachlaß enthält, die aber wohl schon in die oberwähnten, bei Kober erschienenen Spisy aufgenommen sein dürften.

In den bei I. L. Kober in Prag erschienenen „Spisy Jaroslava Langera“, d. i. Schriften des Jarosl. Langer (1861, Taschenformat), befindet sich im 2. Bande derselben, S. 493 bis 621, die ausführliche ästhetisch-biographische Skizze Langer’s von V. F.Lumír, belletristický týdenník, d. i. Lumir, ein belletristisches Wochenblatt. Redigirt von Ferd. B. Mikovec (Prag, gr. 8°.) Jahrgang 1861: „Zpominka na Jaroslava Langra“, d. i. Erinnerung an Jarosl. Langer von Antonin Rybicka. – Květy, d. i. die Blüthen (čechisches Unterhaltungsblatt), redigirt von Tyl, Jahrg. 1847: „Moje poslední prochazka s dwěma umrlýma“, d. i. Meine letzten Spaziergange mit zwei Verstorbenen. Von Tyl. [Diese Verstorbenen sind Chmela und Langer.] – Jungmann (Josef), Historie literatury české, d. i. Geschichte der böhmischen Literatur (Prag 1849, F. Řiwnáč, 4°.) Zweite, von W. W. Tomek besorgte Ausgabe, S. 591. [Was Langer’s Todesjahr betrifft, so ist er nach der ausführlichen Biographie, welche sich am Schlusse des zweiten Bandes seiner von L. Kober herausgegebenen Schriften befindet (S. 561), im Jahre 1836 gestorben; nach Jungmann’s Geschichte der böhmischen Literatur wäre das Jahr 1846 sein Todesjahr; nach Rieger’s „Slovník naučný“ wäre er wohl an einem 28. April gestorben, aber in welchem Jahre, das gibt der „Slovník“ nicht an. Jedenfalls dürfte das Jahr 1846 sein Todesjahr sein, denn im Jahre 1844 hat ihn ja A. Rybicka noch in Bohdanec besucht.]