BLKÖ:Sedlaczek, Joseph Adalbert

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Sedlaczek, Wilhelm
Band: 33 (1877), ab Seite: 279. (Quelle)
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Sedlaczek, Jos. Adalbert (gelehrter Prämonstratenser, geb. zu Czellakowitz im Kaurczimer Kreise Böhmens am 24. Februar 1785, gest. zu [280] Pilsen am 2. Februar 1836). Sein Vater, Seifensieder und Ortsvorsteher, die Mutter eine Brauerstochter aus Prag, ließen sich die sorgfältige Erziehung ihres Sohnes angelegen sein. Der Czellakowitzer Schullehrer Johann Baßler und der Schulkatechet Worljczek leiteten den Unterricht des Knaben, der sich auch auf Musik, Piano, Orgel und Gesang erstreckte. Als der Sohn erst 11 Jahre alt war, verlor er seinen Vater und nun, 1796, sollte er das Seifensiederhandwerk erlernen, aber der Katechet erhob dagegen Einwendungen und als sich die Aussicht zeigte, eine Stiftung als Gesangsknabe bei den Karmelitern auf der Prager Kleinseite für S. zu erlangen, blieb er den Studien erhalten und kam zunächst in die Versorgung seines Oheims väterlicherseits, der Superior in einem Franzikanerkloster war. Mit ausgezeichnetem Erfolge beendete er am Gymnasium auf der Prager Kleinseite im Jahre 1803 die Studien und wurde nun als Candidat für das Prämonstratenserstift Tepl eingeschrieben. Als im Jahre 1804 zu Pilsen das philosophische Institut errichtet wurde, erklärte sich S. bereit, nach Vollendung seiner Studien die Mathematik zu übernehmen. Mit einem wahren Feuereifer lag er nun in den Jahren 1803 und 1804 unter Bolzano, Mikan, Meißner, Nemeczek, Schmidt und Titze den philosophischen Studien ob, machte in den Jahren 1806–1810 die philosophischen Rigorosen und während er zugleich die theologischen Studien beendete, überstand er das Noviciat und Clericat und übernahm 1810 in Pilsen die Professur der Mathematik am philosophischen Institute, bald darauf jene der griechischen Sprache, dann der lateinischen Philologie, seit 1817 den außerordentlichen Unterricht in der böhmischen Sprache, und blieb in dieser Art bis zu seinem i. J. 1836 im Alter von erst 51 Jahren erfolgten Tode thätig. Der bekannte Philantrop Franz de Paula Graf Deym, der aus seinen Studienjahren her sich zu Professor Sedlaczek besonders angezogen fühlte, nahm S. mit Vorliebe auf seinen Reisen mit, und so besuchte S. in der Ferienzeit innerhalb der Jahre 1826–1829 die Provinzen Mähren, Ober- und Niederösterreich, Ungarn, Bayern, Württemberg, wodurch er nicht nur den Kreis seiner Anschauungen erweiterte, sondern durch Kenntnißnahme der deutschen Literaturerscheinungen, denen bei den österreichischen Censurverhältnissen jener Tage der Eintritt in’s Land versagt war, auch seine ästhetischen Anschauungen klärte und läuterte. Seine schriftstellerische Laufbahn betrat er bereits im Jahre 1816 und wurde er vorzugsweise dazu angeregt, als ein Exemplar der von Hromadko redigirten Zeitung in seine Hände kam und er darin mit den neuen Leistungen seiner Muttersprache bekannt wurde. Nun vertiefte er sich auch mit allem Eifer in die Lectüre der älteren und neueren Werke der čechischen Literatur, studirte gründlich den Geist und Charakter der Sprache und trat in literarischen und freundschaftlichen Verkehr mit den damaligen Chorführern auf dem Gebiete der nationalen Literatur, wie mit Hnewkowsky, Hromadko, Kinsky, den Brüdern Nejedly[WS 1], Jungmann, Puchmayr, Palković, Ziegler u. A. und versuchte sich selbst als Schriftsteller. So geschah es denn auch, daß S. im Jahre 1817 aus eigenem Antriebe und unentgeltlich die čechische Sprache in das Programm seiner Vorlesungen aufnahm und die empfänglichen Gemüther der Jugend durch seinen lebendigen Vortrag und die Begeisterung, mit welcher er den Gegenstand behandelte, für dieselbe gewann. [281] Aber auch noch in anderer Weise förderte S. den nationalen Sinn. Als um diese Zeit das böhmische Museum begründet wurde, war er einer der beharrlichsten und entschiedensten Förderer des einer großen Zukunft entgegengehenden Institutes. Noch mehr in Pilsen, dieser vorherrschend deutschen Stadt, regte er im dortigen Stadtrathe immer von Neuem die Errichtung einer čechischen Trivialschule an, und so geschah es denn, daß schon im Jahre 1819, also vor mehr denn einem halben Jahrhundert daselbst eine čechische Schule errichtet wurde, in welcher die Zahl der besuchenden Kinder bald auf 200 und heute auf 500 anwuchs, welche in der Religion und in den anderen Elementargegenständen in čechischer Sprache unterrichtet werden. Ferner war es seine Veranstaltung, daß in dem Theater in Pilsen čechische Stücke gespielt wurden und sich einzelne čechische Lesegesellschaften bildeten, deren eine zu Brennporutsch er im Jahre 1816 selbst begründete. In Gemeinschaft mit seinem Freunde, dem k. k. Kriegscommissär Willibald Schießler [Bd. XXIX, S. 284], begründete er in Pilsen im Jahre 1834 die erste Kleinkinder-Bewahranstalt in Oesterreich. Durch seine zu wohlthätigen Zwecken und zum Besten für Humanitätsanstalten gewidmeten Schriften, brachte er ansehnliche Summen zu deren Unterstützung zusammen, so z. B. durch seine Bartholomäi-Predigt dem Pilsener Militär-Knaben-Erziehungshause; durch seine Elegie auf den Tod des Grafen Deym den durch die Cholera verwaisten Kindern in Arnau; durch sein Gedicht auf den Pilsener Thurmbrand der Pilsener Kleinkinder-Bewahranstalt u. s. w. In den Jahren 1816 bis 1826 war S. einer der thätigsten Förderer und Mitarbeiter der National-Literatur in Böhmen und die Titel seiner in dieser Zeit anläßlich besonderer Gelegenheiten oder als Beiträge zur Literatur in čechischer Sprache herausgegebenen Schriften sind: „Svátečni kazani“, d. i. Festpredigten, gehalten in Pilsen bei Gelegenheit des Festes des h. Bartholomäus (Prag 1816); – „Paměti Plzeńské“, d. i. Pilsener Denkwürdigkeiten (Pilsen 1821). – „Základové meřictví čili geometrie“, d. i. Lehre von der Meßkunde oder Geometrie (Prag 1822), das erste Handbuch der Geometrie in čechischer Sprache; – „Základové přirodnictvi aneb fysiky a mathematiky smišené“, d. i. Grundzüge der Naturwissenschaft oder Physik und angewandte Mathematik, 2 Thle. (Prag 1825 und 1826); – außerdem noch mehrere poetische Gelegenheitsschriften und dann gab er Puchmayer’s „Rýmovník“, d. i. čechisches Reim-Lexikon heraus, welchem er die Biographie desselben voranschickte. In den letzteren Jahren vornehmlich, seit er mit Graf Deym die Reisen nach Deutschland gemacht und dort die Köstlichkeiten der deutschen Literatur und nicht wenige ihrer bedeutenderen Vertreter kennen gelernt hatte, widmete er die Begeisterung, mit welcher er bis dahin die nationale Literatur gefördert, der deutschen Sprache und Literatur. Selbstständiges hat er in derselben wohl nicht herausgegeben, aber um so fleißiger arbeitete er an den besten belletristischen und wissenschaftlichen Blättern und Almanachen jener Tage mit und im Hormayr’schen „Archiv für Geschichte“, in Schickh’s „Wiener Zeitschrift“, Bäuerle’s „Theater-Zeitung“ u. s. w. begegnet man in den Jahren 1826–1836 oft seinen prosaischen und poetischen Arbeiten. Bei der gründlichen classischen Bildung, die er sich angeeignet, geschah es auch zuweilen, daß er den Pegasus in lateinischer Sprache tummelte [282] und außer etlichen Festreden, einem lateinischen Kirchenliede, stammt aus seiner Feder die lateinische Uebersetzung des österreichischen Volksliedes. Dem so strebsamen, nach so verschiedenen Richtungen und in so ersprießlicher Weise thätigen Manne fehlte es auch nicht an mannigfachen Auszeichnungen und von hohen und höchsten Personen wurden ihm kostbare Andenken, wie Tabatièren, Brillantringe, Becher u. s. w. zu Theil. Se. Majestät der Kaiser verlieh ihm aber mit ah. Cabinetsschreiben vom 11. September 1835 die mittlere goldene Civilverdienst-Medaille und der Magistrat von Pilsen ernannte ihn zum Ehrenbürger. Bereits etwas leidend, hatte sich S. bei einem Festmahle der Schützen, welchem er dessen ungeachtet beiwohnte, verkühlt, das Leiden nahm einen tödtlichen Charakter an und raffte ihn nach mehrwöchentlichem Krankenlager im Alter von erst 51 Jahren dahin. Sedlaczek’s Andenken, das im Laufe der Jahre verblichen war, erneuerte im Jahre 1864 ein H. Kretnicky in der čechischen „Pilsener Zeitung“ (Plzeňske noviny 1864, Nr. 17), indem er die Pilsener, für welche S. bei Lebzeiten so viel gethan, auffordert, das vergessene zerfallene Grab ihres Wohlthäters zu erneuern.

André (Christian Karl), Kalender, XII. Jahrg. (1822), S. 124. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, fortges. von Mühlfeld (Wien, 4°.), 1829, S. 41, Nr. 2. – Krikel (J. A.) Wanderungen durch einen großen Theil von Mähren, Preußisch-Schlesien, fast ganz Böhmen u. s. w. (Wien 1832), im Artikel: „Tepl“. – Lederer (Ignaz), Erinnerungen aus und an Pilsen (Pilsen 1862, 32°.) S. 11 [nach diesem geb. am 27. Februar 1785]. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften u. s. w. (Leipzig 1863, Jos. Ambr. Barth, gr. 8°.), Bd. II, Sp. 888. – Oesterreichischer Zuschauer. Von Ebersberg (Wien, 8°.) 1838, Bd. I, S. 152. – Květy. Národnj zábawnjk pro Čechy, Morawany a Slowaky, d. i. Blüthen. Nationales Unterhaltungsblatt für Böhmen, Mährer und Slovaken (Prag, 4°.) Jahrg. 1836, Heft 4, S. 13. – Přecechtel (Rupert M.). Rozhled dějin českoslovanské literatury etc., d. i. Uebersicht der Geschichte der čechoslavischen Literatur (Kremsier 1872, 12°.) S. 193. – Lumír, belletristicky tydeník, d. i. Lumir, belletristisches Wochenblatt (Prag, gr. 8°.), VII. Jahrg. (1857), Nr. 44, S. 328 u. 353: Pomůcky k životopisům starších i novějšich spisovatelů českoslovanských, d. i. Beiträge zu Biographien älterer und neuerer čechoslavischen Schriftsteller. Von A. Rybicka. – Boleslavan 1862, Nr. 30 und 31.

Anmerkungen (Wikisource)