ADB:Gerhard, Johann
Johann Arndt, dem Verfasser des wahren Christenthums, Trost und geistlichen Zuspruch empfangen hatte, zum Studium der Theologie, genoß seine wissenschaftliche Vorbildung auf den Schulen seiner Vaterstadt und in dem benachbarten Halberstadt, bezog 1599 die Universität Wittenberg, studirte hier zunächst philosophische Fächer, hörte auch bereits theologische Vorlesungen bei Hutter und Gesner, ging dann aber auf den Wunsch eines vornehmen Verwandten, des sächsischen Prokanzlers Rauchbar, zum Studium der Medicin über. Erst nach dem Tode des letzteren vertauschte er, seinem früheren Gelübde und den Rathschlägen seines geistlichen Vaters Joh. Arndt folgend, das medicinische Studium wieder mit dem theologischen und die Universität Wittenberg mit Jena, wo er jedoch weniger durch Hören von Vorlesungen (bei Georg Mylius und A. Raudenius) als durch angestrengtes und umfassendes Privatstudium, besonders Lesen der Schrift und der Kirchenväter, nach einer brieflichen Anweisung Arndt’s (s. den Brief aber auch die dagegen stehenden kritischen Bedenken bei Fischer a. a. O. S. 23 ff.) seine theologische Ausbildung vollendet. Nachdem er 1603 die Magisterwürde zu Jena sich erworben, begann er Vorlesungen zu halten – erst philosophische (über Logik, Politik und Metaphysik nach den Compendien des Helmstädter Aristotelikers C. Martini), später mit Erlaubniß der theologischen [768] Facultät auch theologische. Nach Genesung von einer tödtlichen Krankheit, in der er bereits sein Testament aufgesetzt hatte (s. dasselbe bei Fischer S. 29 ff. nach dem in Gotha befindlichen Original), übersiedelte er mit einem seiner Leitung anvertrauten Zögling nach Marburg (1604), dessen Facultät damals durch Männer wie Mentzer und Winkelmann im Ruf besonderer Rechtgläubigkeit und Gelehrsamkeit stand. Er betheiligte sich nicht blos an ihren Lectionen und Disputationen, sondern genoß auch ihre persönliche Freundschaft und Förderung und begleitete 1605 den ihm besonders befreundeten Mentzer auf einer Gelehrtenreise durch Süddeutschland, die ihm zur Erweiterung seiner litterarischen Kenntnisse wie seiner persönlichen Beziehungen diente. Nachdem dann aber durch Landgraf Moriz von Hessen der reformirte Lehrtypus (die sogenannten 4 Verbesserungspunkte) in Marburg eingeführt, die lutherische Facultät nach Gießen übergesiedelt war, kehrte G., nachdem er noch einige Städte Norddeutschlands und der Niederlande besucht und an eine Niederlassung in Gießen, Tübingen oder Rostock gedacht hatte, endlich auf Wunsch seiner Mutter 1605 nach Jena zurück und hielt hier als Adjunkt der theologischen Facultät mit Beifall theologische Vorlesungen. Aber schon im nächsten Jahre sah er sich fast wider Willen genöthigt, auf das Andringen des Herzogs Joh. Casimir von Sachsen-Coburg den akademischen Beruf, zu dem ihn Neigung und Begabung hingezogen, mit dem praktischen zu vertauschen und im J. 1606, obwol erst 24 Jahre alt, das Amt eines Superintendenten zu Heldburg anzunehmen, nachdem er zuvor noch von der Jenenser Facultät die theologische Doctorwürde erhalten. – Auch im praktischen Amt bewährte er seine Gaben und seine gewissenhafte Treue besonders durch eine von ihm ausgeführte kirchliche Landesvisitation sowie durch Redaction und Einführung einer neuen Kirchenordnung im J. 1615, während er durch die ihm obliegende Leitung monatlicher theologischer Disputationen an dem Gymnasium Casimirianum zu Coburg sowie durch eine Reihe von schriftstellerischen Arbeiten fortwährend auch wissenschaftlich sich bethätigte. – Seine Sehnsucht stand nach dem akademischen Lehramt; dennoch schlug er wiederholt in den Jahren 1610 ff. an ihn gelangende Berufungen nach Gießen, Altorf, Helmstädt, Jena, Wittenberg aus, weil sein Fürst ihn nicht entlassen wollte und ihn durch die Ernennung zum Generalsuperintendenten von Koburg (Febr. 1615) dauernd festzuhalten suchte. Zuletzt aber, als im Sommer 1615 durch den Tod des Seniors der Facultät Reuden wiederum eine theologische Lehrstelle in Jena erledigt war, vermochte G. dem Andrängen der Jenenser wie dem eigenen Zug zum akademischen Lehramt nicht länger zu widerstehen: er erbat und erhielt auf specielle Verwendung des sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. seine Entlassung aus koburgischen Diensten und übersiedelte 1616 nach Jena, um dieser Universität fortan bis zu seinem 1637 erfolgten Tode, trotz der zahlreichen und glänzenden von allen Seiten her an ihn gelangten Anfragen und Vocationen treu zu bleiben – als glänzendster Stern in der damaligen s. g. Trias Johannea, d. h. der aus Johann Major, Johann Himmel und Johann G. bestehenden durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Milde gleich ausgezeichneten Jenenser Theologenfacultät. Außerordentlich vielseitig, eifrig und erfolgreich war fortan Gerhard’s akademische –, viel ausgedehnter und einflußreicher noch seine persönliche, briefliche, litterarische, kirchenpolitische Wirksamkeit. Er hielt zahlreiche Vorlesungen und Disputationen aus den verschiedensten Disciplinen, sorgte mit großer Treue für die ihm bekannten oder speciell empfohlenen Studenten, verwaltete viermal das Rectorat, war bedacht auf Vermehrung der Universitätseinkünfte, und wußte insbesondere auch während der Drangsale des Krieges die Existenz, Frequenz und Blüthe der Universität Jena sogut als möglich zu erhalten. Dabei sammelte er, trotz seiner mäßigen Besoldung, durch fürstliche [769] Freigebigkeit und weise Sparsamkeit, durch das Heirathsgut seiner beiden Frauen (1. Barbara geb. Neumeier aus Weimar, † 1611, 2. Marie geb. Mattenberg aus Gotha, † 1660) wie durch eigenen Erwerb, durch Honorare und Donative für Schriften, Gutachten und andere Dienstleistungen sich selbst ein nicht unbeträchtliches Vermögen, sodaß er sich ein Landgut in Roßla kaufen und Geldanlehen an Fürsten und Magistrate machen konnte. Die Kriegszeiten brachten ihm freilich auch große Verluste durch Einquartirung, Plünderung und Verwüstung seines Hauses und Gutes: dennoch besaß er kurz vor seinem Tode wieder mehr als zuvor. Dabei erfreute er sich der allgemeinen Achtung und des Vertrauens seiner Collegen wie seines Landesherrn und auswärtiger Fürsten, Staats- und Kirchenmänner in solchem Maß, daß er wiederholt zu kirchlichen und selbst zu politischen Berathungen und Verhandlungen beigezogen wurde. Eine hervorragende Rolle spielte er insbesondere bei den damals auf Veranlassung des kursächsischen Hofpredigers Hoe von Hoenegg 1621 ff. in Sachsen veranstalteten lutherischen Theologenconventen, wo die wichtigsten theologischen und kirchlichen Zeitfragen zur Besprechung und Entscheidung kamen und so für die deutschlutherische Kirche ein – freilich niemals allgemein anerkanntes – oberstes kirchliches Tribunal aufgerichtet werden sollte. So wirkte G. mit bei einem Gutachten über die Helmstädter Theologie und Philosophie 1621, bei der sogenannten decisio Saxonica über den christologischen Streit der Gießener und Tübinger Theologen 1624, bei dem Gutachten über den sog. Rathmann’schen Streit 1628, bei den Verhandlungen über die Rechtsgiltigkeit der Augsburgischen Confession und des Religionsfriedens gegenüber den Dillinger Jesuiten 1628–30 etc. Aber auch zu politischen Berathungen, z. B. über die im Krieg zwischen Schweden und Oesterreich zu ergreifende sächsische Politik 1631, über den Beitritt zum Prager Frieden 1638 etc., zur Berathung neuer Kirchen- und Schulordnungen u. dgl., sogar zu fürstlichen Heirathsangelegenheiten wird der erfahrene, kluge und friedliebende, nur in politischen Fragen oft allzu ängstliche und übermäßig conservative Mann mehrfach beigezogen: kurz, nach allen Seiten hin wird sein Rath, seine Vermittelung, seine Hülfe in Anspruch genommen, sodaß es wahrhaft unbegreiflich erscheint, wie sein kurzes Leben, seine schwächliche Körperkraft dieser Masse der verschiedenartigsten Arbeiten gewachsen war. Er erlag denn auch, nicht volle 55 Jahre alt, einer scheinbar unbedeutenden Krankheit: „komm Herr, komm!“ waren seine letzten Worte. Seine Gebeine ruhen in der Stadtkirche zu Jena. Sein College J. Major hielt die Leichenrede, Glassius und Dilherr in Jena, Schneider in Wittenberg, Feuerborn in Marburg eigene Gedächtnißreden auf ihn (sämmtlich gedruckt 1637–38 und neben dem Programm seines Collegen J. Himmel Quellen für Gerhard’s Lebensgeschichte). – Sein litterarischer Ruhm beruht hauptsächlich auf zwei größeren theologischen Werken, einem dogmatischen und einem polemischen. Ersteres sind seine „Loci theologici, cum pro adstruenda veritate tum pro destruenda quorumvis contradicentiom falsitate per theses nervose solide et copiose explicati“, zu Heldburg von dem 27jährigen Jüngling begonnen, 1621 zu Jena beendigt, gedruckt in 9 Quartbänden, Jena 1610 bis 1622, eine Ergänzung des ersten Theils bildet die 1625 zu Jena erschienene „Exegesis s. uberior explicatio articulorum“. Ein reformirter Nachdruck erschien zu Genf 1639; eine neue Ausgabe 1657 zu Frankfurt und Hamburg in Folio (besorgt von dem Sohn Johann Ernst G.); eine mit werthvollen Zusätzen und Excursen ausgestattete Ausgabe veranstaltete 1762/89 in 22 Quartbänden der Tübinger Professor und Kanzler J. Fr. Cotta; ein neuer Abdruck des ursprünglichen Werkes ist 1863/76 zu Berlin bei Schlawitz erschienen. Ueber die wissenschaftliche Bedeutung des Werkes und die ihm gebührende Stellung in der Geschichte der protestantischen Dogmatik vergl. die von Fischer a. a. O. S. 392 ff. [770] beigebrachten Notizen und Zeugnisse, Cotta’s Praefatio zu seiner Ausgabe, von Neueren besonders Gaß, Geschichte der Dogmatik I, S. 259 ff. In der Mitte stehend zwischen den älteren Werken von Chemniz und Hutter, den späteren von Calov und Quenstedt bezeichnen Gerhard’s Loci durch die Solidität der biblischen Grundlegung, die Correctheit des orthodoxen Standpunktes, durch die Reichhaltigkeit des gelehrten Materials, die Durchsichtigkeit und Uebersichtlichkeit der Anordnung, die durchgängige Verbindung der wissenschaftlichen und praktischen Gesichtspunkte den Höhepunkt der orthodoxen altlutherischen Dogmatik. Und trotz einer gewissen Aeußerlichkeit der wissenschaftlichen Methode, eines gewissen Mangels an eigenen dogmatischen oder speculativen Gedanken, einer zu großen Werthlegung auf Auctoritäten gilt das Werk immer noch mit Recht als das opus palmare der lutherischen Dogmatik, als vielbenützte und unerschöpfte Fundgrube theologischer Gelehrsamkeit, als gründlichste und umfassendste Verarbeitung des dogmatischen Schatzes der lutherischen Kirche des 16. und 17. Jahrhunderts. – Durchgearbeiteter noch und vollendeter als die Loci ist das zweite theologische Hauptwerk Gerhard’s, die „Confessio catholica“, – oder wie der Titel vollständiger lautet: „Doctrina catholica et evangelica, quam ecclesiae Augustanae Confessioni addictae profitentur, ex Romano Catholicorum scriptorum suffragiis confirmata“, Jena 1633–37. 4°. 2 Bücher in 4 Theilen; neue Ausgabe, besorgt von dem Sohne Joh. Andreas G., Frankfurt 1679. 4°. Dieses Werk, worin der Verfasser nach dem Vorgang von Flacius’ testes veritatis die Stimmen katholischer Schriftsteller zur Vertheidigung der evangelischen Lehre sammelt und die evangelische Kirche als die wahrhaft katholische darstellt, gilt neben Chemnitz’ Examen concilii Tridentini als die bedeutendste Rechtfertigungsschrift des orthodoxen Lutherthums gegenüber der alten Kirche und trug ihm daher ebensoviel Lob und Dank von Seiten seiner Glaubensgenossen ein als Angriffe von Seiten der Gegner. – Schon früher hatte G. in besonderen Schriften den Jesuiten Bellarmin und einige andere katholische Gegner bekämpft und auch an Streitschriften wider Calvinismus, Socinianismus, Chiliasmus ließ es der streng orthodoxe Lutheraner nicht fehlen. Nicht minder bedeutend als die dogmatisch-polemischen erschienen wenigstens seinen Zeitgenossen auch die exegetischen Leistungen Gerhard’s: vor Allem die von ihm auf vielseitigen Wunsch unternommene Fortsetzung und Vollendung der großen, von M. Chemniz begonnenen. von P. Leyser fortgesetzten Evangelienerklärung, der sogenannten Chemnitio-Lyseriana, wozu G. 1626/27 die Leidens- und Auferstehungsgeschichte in 3 Quartbänden hinzufügte, sodaß dann das Ganze zuerst in einem Genfer Nachdruck 1628 Fol., dann in einer aus Gerhard’s Handschrift revidirten Gesammtausgabe Hamburg 1652 und 1704 in 3 Foliobänden erscheinen konnte. Außerdem erschienen von ihm nach seinem Tode eine Reihe von Commentaren und Annotationen zu verschiedenen biblischen Büchern Alten und Neuen Testamentes, zu Genesis, Deuteron., Psalmen, Paulinischen und Petrinischen Briefen (1637. 41. 58 etc.), und endlich betheiligte er sich noch in den letzten Jahren seines Lebens bei der Herausgabe des auf Herzog Ernst des Frommen Wunsch veranstalteten populären Bibelwerkes (der sogenannten Weimarer oder Nürnberger, auch Kurfürsten- oder Ernstbibel), dessen Redaction er eine Zeitlang besorgte und wozu er selbst Genesis, Daniel und Apokalypse geliefert hat. – Seine reichen kirchen- und dogmenhistorischen Kenntnisse hat G. meist in seinen beiden Hauptwerken, den Loci und der Conf. Cath. niedergelegt, minder bedeutend ist die nach seinem Tod von seinem Sohn Joh. Ernst G. Jena 1653 herausgegebene „Patrologia“. – Dagegen ist für die Kenntniß seiner theologischen Gesammtanschauung und zur Charakteristik des damaligen theologischen Studienbetriebes von Werth die gleich zu Anfang seiner Jenenser Professur 1617 und öfter herausgegebene isagogische Schrift: „Methodus studii [771] theologici“, ausgezeichnet besonders durch die ächtevangelische Betonung des Schriftstudiums als der theologischen Fundamentalwissenschaft sowie durch entschiedene Hervorhebung der praktischen Abzweckung des theologischen Studiums. Noch stärker tritt diese praktische Tendenz, die durch alle wissenschaftlichen Arbeiten des großen Theologen sich hindurchzieht, hervor in seinen Predigten, von denen wir mehrere Sammlungen (z. B. „Festpredigten“, Jena 1607, „Homilien über das Leben Jesu Christi“, 1609, „Postille“, 1613, „Postilla Salomonea“, 1631 u. ö., „Homiliae in pericopas evang.“ 1634 und 1636) und eine Reihe einzelner Casualpredigten besitzen, die durch Einfachheit der Form und Fülle schriftmäßiger Gedanken sich auszeichnen; sowie endlich in mehreren praktisch-erbaulichen Schriften, in denen er nach dem Vorbild seines väterlichen Freundes Joh. Arndt ein Bild und Förderungsmittel der wahren christlichen Frömmigkeit zu geben versucht, die ihm aber auch ebenso wie jenem den Vorwurf des Mysticismus, Weigelianismus und anderer Ketzereien von Seiten der fanatischen Orthodoxen zugezogen haben. Dahin gehört vor Allem seine Jugendarbeit, die „Meditationes sacrae“, eine Reihe von frommen Betrachtungen, theils an Stellen der heil. Schrift, theils an die ältere ascetische Litteratur, an Augustin, Anselm, Bernhard, Thomas von Kempen sich anschließend, schon während seiner Studienzeit zum Zweck eigener Erbauung niedergeschrieben und 1606 erstmals erschienen, nachmals in unzähligen Ausgaben (zu Jena, Leipzig, Frankfurt, Straßburg, Leyden, Amsterdam etc.) wieder abgedruckt, und fast in alle europäischen Sprachen übersetzt (neueste Ausgaben z. B. von Scholz 1863, von Mayer 1864 etc.). Vorsichtiger aber auch kühler und nüchterner ist seine zuerst 1622–23 zu Jena erschienene, dann gleichfalls öfter wiederholte „Schola pietatis, d. i. christliche und heilsame Unterrichtung zur Gottseligkeit etc.“, worin er zu Vermeidung des Vorwurfs des Mysticismus und Weigelianismus streng an die heilige Schrift sich halten und dem Arndt’schen Wahren Christenthum ein streng orthodoxes Seitenstück gegenüberstellen will. Außerdem hat G. noch eine Reihe von kleineren Tractaten, Aphorismen, Orationen, Präfationen, Disputationen, Gutachten über verschiedenerlei theologische, kirchliche, auch sogar politische Fragen (z. B. „Centuria quaestionum politicarum“, Jena 1604) geschrieben und eine wahrhaft colossale Correspondenz geführt: über 10000 Briefe sollen von ihm existiren, einzelne gedruckt bei Fischer, Tholuck (Spicilegium ex commercio epist. J. Gerhardi 1864. Progr.) u. A., viele handschriftlich auf der Hamburger, Straßburger (?), Gothaer u. a. Bibliotheken. Sein gesammter handschriftlicher Nachlaß in mehr als 30 Bänden kam auf die herzogliche Bibliothek zu Gotha, ist aber nicht mehr vollständig vorhanden.
Gerhard: Johann G., lutherischer Theolog und Erbauungsschriftsteller des 17. Jahrhunderts, geb. den 17. Octbr 1582 in Quedlinburg, gest. den 17. Aug. 1637 in Jena – der Architheologus, Meister und Musterdogmatiker der lutherischen Orthodoxie, unter den Heroen des orthodoxen Lutherthums wol der bedeutendste und einflußreichste durch seltene Vereinigung polemischer Gelehrsamkeit und friedlicher Gottseligkeit, umfassender litterarischer, akademischer und kirchenpolitischer Wirksamkeit; ein protestantischer Kirchenvater und Lebenszeuge der evangelischen Kirche Deutschlands in den Zeiten der Verwüstung und orthodoxen Erstarrung. – Geboren aus einer angesehenen Familie in der Stadt Quedlinburg, Sohn des dortigen Senators und Rathskämmerers Barthol. G., entschloß er sich schon in seinem fünfzehnten Lebensjahre, in Folge einer schweren Erkrankung und melancholischer Anwandlungen, worin er von dem damaligen Prediger- Eine ausführliche Biographie J. Gerhard’s schrieb mit Benützung älterer gedruckter Notizen und der reichen handschriftlichen Schätze der Gothaer Bibliothek der Coburger Diakonus Erdmann Rudolf Fischer unter dem Titel „Vita Jo. Gerhardi ad illustrandam hist. eccl. etc.[WS 1], Leipzig 1723. 8.; zweiter Abdruck unter dem Titel Historia eccl. saeculi XVII in vita J. G. illustrata, Leipzig 1727. Von neueren Arbeiten sind zu nennen: J. Fr. Cotta’s Praefatio de vita scriptisque auctoris in seiner Ausgabe der Gerhard’schen Loci Tübingen 1762. Bd. I; Schröckh, K.-G. seit der Reformation IV, S. 355 ff.; H. Döring bei Ersch u. Gruber; Tholuck in seiner Vorgeschichte des Rationalismus Bd. I; in seinen Lebenszeugen aus dem 17. Jahrhundert S. 177; Wittenberger Theologen S. 143; und bei Herzog, Theol. R.-E. V, S. 40 ff.; G. Frank in seiner Gesch. der Jenaischen Theol., seiner Gesch. der protest. Theol. I, S. 371 und in Piper’s Zeugen der Wahrheit IV, S. 227 ff.; Gaß, Geschichte der protestantischen Dogmatik I, S. 259 ff.; Dorner, Geschichte der protest. Theologie S. 529 ff. etc.
Anmerkungen (Wikisource)
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