ADB:Geßner, Salomon (Theologe)

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Artikel „Geßner, Salomon“ von Adolf Schimmelpfennig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 121–122, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ge%C3%9Fner,_Salomon_(Theologe)&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 18:43 Uhr UTC)
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Geßner: Salomon G., lutherischer Theologe, geb. den 8. November 1559 in Bunzlau, † den 7. Februar 1605 als Professor der Theologie in Wittenberg, verlor seinen Vater, einen in Bunzlau amtlos lebenden Geistlichen, im sechsten Lebensjahre und empfing den für höhere Studien vorbereitenden Unterricht in den Schulen zu Troppau und Bunzlau. Nachdem er alsdann noch das Breslauer Elisabethan mehrere Jahre besucht hatte, machte er sich 1576 zu Fuße nach Straßburg auf und war so glücklich, alsbald in die Prima des Wilhelmscollegiums und nicht lange darauf unter die Alumnen desselben aufgenommen zu werden. Damit war seine Zukunft gesichert. Nach beendeten Studien erwarb er sich 1583 die Würde eines Magisters der Philosophie und kehrte mit Urlaub des Straßburger Raths in die Heimath zurück, wo er in Breslau im Hause Andreas Dudiths’, des früheren Bischofs von Fünfkirchen, als Erzieher alsbald ein Unterkommen fand, aber schon das Jahr darauf vom Rathe in Bunzlau zum Rector an die dortige Schule berufen wurde. Ihr Aufblühen machte G. als Pädagogen über Schlesiens Grenzen hinaus bekannt und trug ihm 1589 einen Ruf nach Stettin in das vacante Rectorat des dortigen Gymnasiums ein; er nahm ihn mit Freuden an und verhielt sich, in Treue seines Amtes wartend, anfangs still und friedfertig; als aber 1591 nach dem Tode des Kurfürsten Christian von Sachsen die lutherische Orthodoxie den Kanzler Crell gestürzt, die Philippisten aus Wittenberg vertrieben und den vollständigsten Sieg davongetragen hatte, hielt G. die Gelegenheit für günstig, auch in Pommern die Fahne der Concordienformel zu erheben. Mit einer Disputation über die Sacramente warf er den Zankapfel in die bisher friedliche Kirche. Die beiden Geistlichen an der Marienkirche in Stettin waren Melanchthonianer, sie hoben den hingeworfenen Fehdehandschuh auf; bald wurde der Streit vom Katheder auf die Kanzeln gebracht und selbst der Altar durch denselben entweiht; denn als G. in der Marienkirche zum heiligen Abendmahl ging, reichte ihm der Diacon Stygius mit den Worten: „Der Herr sei Richter zwischen mir und Dir“ das Brot mit der linken Hand. Um dem von ihm angezündeten Brande zu entrinnen, nahm G. 1592 im September einen Ruf nach Stralsund als Adjunkt des dortigen Pastors und Professor am Gymnasium an. Auf Erlösung aus dieser untergeordneten Stellung brauchte er nicht lange zu warten; die theologische Facultät in Wittenberg bedurfte Professoren, G., als Bekenner vor allen anderen würdig, wurde 1593 im Mai berufen, empfing am 10. August das Doctorat der Theologie ex cathedra Lutheri und 1595 die Hofpredigerstelle an der Schloßkirche. Seine Gönner hatten sich in ihm nicht getäuscht; er blieb bis an sein Lebensende der geschworne Feind der Calvinisten, spürte ihnen überall nach und hatte in Schlesien zu ihrer Entdeckung durch seine Bekannten, welche ihm die erforderlichen Notizen lieferten, ein förmliches Spionirsystem organisirt Schlesien stand unter kaiserlicher Regierung und die Calvinisten waren in Wien übel beleumundet; so konnte seine 1601 erschienene Denunciationsschrift „Treuherzige Warnung an die löblichen Stände in Schlesien, daß sie sich für einreißendem Calvinischen und Sacramentirerischem Irrthum mit allem Fleiß hüten und vorsehen wollen“, der Kirche seiner Heimath nur Unheil bringen. Auch der gelehrte und fromme Martin Moller in Görlitz [122] gehörte zu den Denuncirten, er habe, heißt es in der obengenannten Schrift, in seiner praxis evangelica dem Calvinismus nicht blos die Fenster, sondern Thüren und Thore geöffnet. Auf Moller’s Apologie und Verantwortung, Görlitz 1602, antwortete G. in einer heftigen Streitschrift „Gründliche und ausführliche Widerlegung der nichtigen und ganz calvinischen apologiae Martini Molleri“; dieser war so verständig, den Streit durch Schweigen zu beenden. G. starb im 46. Lebensjahre an den Folgen eines Blutsturzes, nur von seinen Gesinnungsgenossen betrauert. Sein „Compendium doctrinae coelestis“ und sein „Commentarius in Davidis psalmos“, beide erst nach seinem Tode 1606 erschienen, würden seinen Namen nicht unsterblich gemacht haben.

Leonh. Hutteri oratio parentalis de vita et obitu D. Salomonis Gessneri. Vitebergae 1605. Ehrhardt III, 2, 460. cf. III, 1, 380. Gillet, Crato von Crafftheim II, 407–9.