Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Hauptfluß Kanaans
Band IX,2 (1916) S. 19031907
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Jordanes. 1) Der Name des Hauptflusses Kanaans‚ daher bei Joseph. ant. Iud. V 1, 22 ὁ ποταμός. Im Alten Testament heißt er הַיַּרְדֵּן‎ (meist mit dem Artikel) hajjarden; so auch im Chaldäischen jardena, aber auch jordena (Levy Chald. Wörterb. 1867, 344). Die früher beliebte Ableitung des Namens von יָרַד‎ ,hinabsteigen‘ ist, wie jede andere Ableitung aus dem Semitischen (Gesenius Thesaurus ling. Hebr. II 625f.), bedenklich, da ein Fluß Ἰάρδανος auch auf Kreta und in Elis und ein Heros gleichen Namens in Lydien vorkommt (Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I² 1908, 701); der Name ist dann vielleicht nichtsemitischer Herkunft (Kittel Gesch. d. Volkes Israel I² 1912, 52) und tritt neben gleichfalls nichtsemitische Städtenamen in Palästina wie Damaskus, Gilboa, Ziklag, Jerusalem u. a. Schon den Ägyptern war der J. bekannt (zu seiner Benennung vgl. W. M. Müller Asien und Europa 1893, 196). Unsere Aussprache Jordan geht auf die LXX ὁ Ἰορδάνης, lat. Iordanes‚ seltener Iordanis (Plin. n. h. V 15) zurück. Auch das Syrische (jurdnan) und Arabische (urdun) hat nicht als ersten Vokal a, sondern u (= o). Bei den Arabern heißt aber der Fluß gewöhnlich esch-scherîʿa ‚die Tränkstelle‘, bezw. esch-scherîʿat el-kebîre ‚die große Tränkstelle‘ (Gesenius-Buhl Hebr. Handwörterb.15 1910, 314f.).

Der J. entsteht aus drei vom Hermon kommenden Quellflüssen, 1. dem nahr el-chasbâni, ½ Stunde nördlich von Chasbêja am Hermon, 520 m kommend, und das wâdi et-teim durchfließend (vgl. Guthe Bibelatlas 1911 nr. 20); 2. dem wasserreichsten Quellfluß nahr el-leddan oder dem kleinen J. (Joseph. ant. Iud. V 7, 1. VIII 8, 4), entspringend bei dem heutigen Tell el-qâdi, d. i. dem alten Dan, dem nördlichsten Grenzort Palästinas, früher Lajisch, Jos. 19, 47. Richt. 18, 29; 3. dem kristallhellen nahr bânijâs, so benannt nach dem Ort Banijas (פנייס‎ im Talmud, Levy Neuhebr. Wörterbuch IV 1889, 65), d. i. Πανεάς oder Πανιάς, der selbst seinen Namen der dem Pan geweihten tiefen Grotte, Πανεῖον genannt, verdankt (Polyb. XVI 18. XXVIII 1). Aus dieser Grotte sprang die J.-Quelle hervor, Joseph. ant. Iud. XV 19, 3; bell. Iud. I 21, 3. III 10, 7. Neben der Grotte stand der von Herodes dem Augustus zu Ehren erbaute Tempel. Philippus‚ der Sohn des Herodes, baute den Ort um zu der ansehnlichen Stadt Καισάρεια (-ρεα) ἡ Φιλίππου, Matth. 16, 13. Marc. 8, 27. Joseph. ant. Iud. XVIII 2, 1; bell. Iud. II 9, 1 (im Talmud קסריון‎), doch hat sich weder dieser noch der spätere Name Neronias (ant. Iud. XX 9, 4) gegenüber Πανεάς halten können. Die ehemalige große Panshöhle ist durch Naturereignisse zerstört (Benzinger-Bädeker Paläst. u. Syrien⁷ 1910, 244ff.).

I. Der Oberlauf.

Etwa eine Meile südlich von Tell el-qâdi, noch 43 m über dem Meeresspiegel, vereinigen sich die drei Quellflüsse zu dem J., der die 25 km lange, wasserreiche und ungesunde Ebene ʿard el-chûle (= Ουλαθα Joseph. [1904] ant. Iud. XV 10, 3. XVII 2, 1 = חולתאSchlatter Die hebr. Namen bei Josephus 1913, 46) durchströmt, um dann in den noch 2 m über dem Meer gelegenen, 8–5 m tiefen birnenförmigen Chûle-See zu treten. Die Fläche desselben ist gegenüber den Angaben des Josephus bell. Iud. IV 1, 1 stark verringert. Bei Josephus heißt der See Σεμεχωνίτιδος λίμνη ant. Iud. V 5, 1 (סמכוLevy Neuhebr. Wörterb. III 546), wohl nach einem Ort oder einer Landschaft dieses Namens. Die frühere Gleichsetzung des Chûle-Sees mit den ,Wassern von Merom‘, Josua 11, 5. 7 ist aufzugeben, da Merom in dem obergaliläischen, südlich am dschebel Sâfed gelegenen mêrôn zu suchen ist. Vom Chûle-See bis zum Gennesaretsee sind es etwa 16 km. Nachdem der J. den Chûle-See verlassen hat, durchbricht er die vom Mittelmeer und zwar von Akka oder Haifa nach Damaskus ziehende uralte Verkehrsstraße, die Via maris, Jes. 8, 23. Den Übergang über den J. bildet hier die Jakobsbrücke, dschisr benât jaʿqûb ‚Brücke der Jakobstöchter‘. Unterhalb derselben beginnt die starke Depression des J.-Laufes. Nachdem der J . die etwa zwei Stunden lange Schlucht verlassen hat, tritt er in die Ebene el-baṭîcha (el-ebṭêcha) ein, etwa ¾ Stunden oberhalb des Gennesaret-Sees. Am Nordrande dieser Ebene liegen die Ruinen et-tell, in denen man das alte Bethsaida (Fischhausen), Luc. 9, 10. Joh. 1, 44. 12, 21, sucht, die Heimat des Petrus, Andreas und Philippus, von dem Tetrarchen Philippus, dem Sohn des Herodes ausgebaut und zu Ehren der Iulia, der Tochter des Augustus und Gemahlin des Tiberius, Iulias genannt (andere wollen das neutestamentliche Bethsaida oder ein zweites neutestamentliches Bethsaida bei Chân Minje am nördlichen Westufer des Gennesar(et)-Sees suchen). Der Gennesar-See, in den der J. dann mündet, hat eine Länge von 21 km und eine höchste Breite von 12 km. Sein Wasserspiegel liegt bereits 208 m unter dem Meer; die größte Tiefe ist ca. 45 m. Der Name des Sees ist im Alten Testament יָם כִּנֶּרֶת‎ (jam Kinnéreth) Num. 34, 11. Jos. 13, 27, oder יָם כִּנְרַוֹת‎ Jos. 12, 3. Gewöhnlich leitet man den Namen von einer Stadt (Jos. 19, 35), oder einer Landschaft (I Könige 15, 20) gleichen Namens ab. Andere wollen den Namen durch die harfen-(כִּנּיֹר‎) artige Form des Sees erklären. Bedeutsamer als im Alten Testament ist der Gennesaret-See im Neuen Testament. Seine Gestade bilden den Schauplatz der galiläischen Wirksamkeit Jesu. In der Zeit der Makkabäer und des Neuen Testaments heißt der See bereits Gennesar- oder Gennesaret-See, I Makk. 11, 67 Γεννησάρ; Luc. 5, 1 Γεννησαρέτ d. i. גִּנֵּיסָר‎ oder גִּנּוֹסָר‎ bei den Juden in der Zeit der Mischna (Schlatter Die hebräischen Namen bei Josephus 38). Es ist fraglich, ob Gennesaret nur eine Veränderung von Kinnereth oder ein neuer Name ist, in dessen erstem Bestandteil man das Wort גַּן‎ (Gan ‚Garten‘) und in dem anderen einen Eigennamen vermuten möchte. Die Matth. 14, 34. Marc. 6, 53 genannte γῆ Γεννησαρέτ entspricht der von Josephus (bell. Iud. III 10, 7f.) als Paradies beschriebenen χῶρα Γεννησάρ, auf der Westseite des Sees, etwas nördlich von Tiberias beginnend und bis zum Chan Minje reichend, und deckt sich mit [1905] der heutigen Ebene el-Ghuwēr, d. i. das kleine ghōr. Im Neuen Testament heißt der Gennesaret-See auch ἡ θάλασσα τῆς Γαλιλαίας‚ Matth. 4, 18 u. ö. Endlich kommt auch der Name ἡ θάλασσα τῆς Γαλιλαίας τῆς Τιβεριάδος (Johann. 6, 1) oder bloßes ἡ θάλασσα τῆς Τιβεριάδος (Johan. 21, 1) vor; letzteres entspricht dem talmudischen ימה של תבריא‎ und dem heutigen arabischen bachr ṭabarîja. Das Wasser des Sees ist trinkbar; bei den heißen Quellen südlich von Tiberias hat es einen fauligen Beigeschmack. Wie schon in der Zeit des Neuen Testaments ist auch jetzt noch der See reich an Fischen. Im allgemeinen eine ruhige blaue Fläche, von sanften Höhen umgehen, kann der See durch die von Norden, Westen und Süden hereinbrechenden und in dem tiefen Kessel kollidierenden Stürme in eine wilde Flut sich verwandeln, Marc. 4, 35ff.

II. Der Mittel- und Unterlauf.

Der J. verläßt den Gennesaret-See an der Südwestecke. Die ganze Strecke zwischen Galiläischem und Totem Meer beträgt in der Luftlinie etwa 105 km, durch die vielen Windungen, die der Fluß aber macht, ist sein Lauf über dreimal so lang. Während der J. in seinem Oberlauf feste und felsige Ufer hat, ist jetzt sein Bett loser Mergel- und Tonboden, wodurch das Wasser des Flusses alsbald schmutzig gelbliches Aussehen annimmt. Bis zum Toten Meer hin beträgt die Depression 394 m. Die ganze durch Einsturz der Erddecke entstandene Senke nördlich vom Gennesaret-See anhebend bis zum Toten Meer heißt el-ghōr d. i. die Einsenkung oder der J.-Graben. Das Flußbett selbst mit der nächsten, zum Teil üppigen Uferlandschaft, heißt ez-zôr. Mit diesem grünen Ufersaum läßt man gewöhnlich auch Sacharja 11, 3 die גאון הירדן‎ ‚die Pracht des J.‘ gemeint sein. Nach Jerem. 49, 19. 50, 44 hausten einst dort u. a. auch Löwen. Den Mittellauf des J. rechnet man etwa auf die ersten 2/3 der ganzen Strecke zwischen Galiläischem und Totem Meer, ungefähr bis zum qarn Ṣarṭabe oder der dschisr ed-dâmije. Abgesehen von vereinzelten Oasen wird die Landschaft im Unterlauf des J. öder. Die ganze öde Gegend nördlich und südlich vom Toten Meere heißt im Alten Testament הָעֲרָבָה‎ ‚die Steppe oder Wüste‘. Gelegentlich wird der Name auch auf die weiteren nördlichen Uferlandschaften des J. übertragen. Da und dort ist die ʿAraba von Oasen durchsetzt. Für die Steppe um den J. findet sich im Alten Testament auch der Name הַכִּכָּר‎ oder כִּכַּר הַיַּרְדֵּן‎ d. i. der J.-Kreis, Genes. 13, 10ff. Matth. 3, 5 ἡ περίχωρος τοῦ Ἰορδάνου, genauer scheint es die Gegend von der Mündung des Jabboq bis zur Südspitze des Toten Meeres zu sein. Die Gebirge treten im Unterlauf des Flusses weiter zurück, so daß die Ebene breiter wird. Im Westen liegt hier das Gefilde von Jericho, ערבות יריחו‎ Jos. 4. 13. 5, 10. II Kön. 25, 5; im Osten das Gefilde Moab, ערבות מואב‎ Num. 22, 1 u. ö. Als westliche Nebenflüsse des J. zählt Guthe Realenc. f. prot. Theol. u. Kirche³ XIV 575 folgende fünf auf: wâdi feddschās (bald nach dem Austritt des J. aus dem Galiläischen Meer), wâdi el-bîre (unterhalb dschisr el-mudschâmiʿ), nahr dschâlûd (bei Bêsân mūndend), wâdi ed-dschôzele = wâdi fâria (unterhalb [1906] ed-dâmije) und endlich wâdi el-kelt (bei Jericho). Davon sind der wâdi fâria und der nahr dschalud die bedeutenderen. Auf der Ostseite ist der größte Nebenfluß und zugleich der nördlichste der Jarmûq (Plin. V 18, 74 Hieromices) oder scherîʿat el-menādire (so nach einem dort zeltenden Beduinenstamme genannt), bei dschisr el-mudschâmiʿ mündend, mit einem weit verzweigten System von Zuflüssen aus dem Norden, Osten und Süden bis von weither. Im Alten Testament direkt nicht genannt, wollen manche Forscher den Jarmûq vielleicht mit Recht Genes. 31, 21 und II Sam 8, 3 sehen in dem dortigen namenlosen Fluß. Kleinere Nebenflüsse des J. sind dann der wâdi el-jâbis und wâdi ʿadschlûn. Von größerer Bedeutung ist erst wieder der nahr ez-zerqâ d. i. der Jabboq, an dem die Legende von Jaqobs Ringkampf mit dem ihm den Übergang über den Fluß nicht gewährenden nächtlichen Dämon (Gen. 32, 23ff.) haftet. Der Jabboq mündet etwa 40 km nördlich vom Toten Meere in den J. bei der Furt ed-dâmije. Südlich vom Jabboq kommen noch Wâdi nimrin und wâdi-el-kefrên in Betracht. Die wichtigsten, freilich sehr von der Jahreszeit abhängigen Übergänge über den J. zwischen Galiläischem Meer und Totem Meere sind: 1. Dschisr el-mudschâmiʿ; sie liegt an der Straße von Jerusalem und Sichem über Besan nach Gilead und Basan. Heut führt über die aus sarazenischer Zeit noch stammende Brücke die Eisenbahn von Haifa nach Damaskus. Hier zog Judas Makkabäus, vom Ostjordanland kommend, über den Fluß, I Makk. 5, 52. Vielleicht spielen hier auch die II Kön. 5, 14. 7, 15 erzählten Dinge. 2. Die Verbindung zwischen Sichem und es-salṭ im Ostjordanland stellt her die Furt ed-dâmije (= I Kön. 7, 46 מעבר האדמה‎ nach verbessertem Text?). Hier könnte die Geschichte Richt. 12, 5f. herverlegt werden. Diese Furt benützten nach manchen Forschern die galiläischen Juden im Zeitalter Jesu, wenn sie, das verhaßte Samaria meidend, durch das Ostjordanland zogen und dann auf das rechte J.-Ufer herüberkamen. Hier könnten auch die nach der Zerstörung Jerusalems nach Pella flüchtenden Christen den J. überschritten haben. Von Jericho aus gehen zwei Furten nach dem Ostjordanland. 3. Die nördliche machâdet-chadschle nach es-salṭ. Sind hier die Ereignisse Jos. 3 und I Sam. 13, 7 anzusetzen? Desgleichen sind hier lokalisiert die Legende von Elia, II Kön. 2, 8, und vom heiligen Christoph mit dem Jesuskind. Jetzt auch der Badeplatz der Pilger, gilt die Stelle als Ort, wo Jesus getauft wurde, Marc. 1, 5ff. Da in der Nähe die zwei Johannesklöster (qaṣr Jehûd und dêr mâr Juchannâ chadschle, Bädeker-Benzinger Palästina u. Syrien⁷ 121. 124) liegen, so ist auch das Johan. 1, 28 (statt Βηθανια gelesene) Βηθαβαρα früh hier gesucht worden. 4. Die südliche el-chenu führt nach Chesbon.

Das Meer, in das schließlich der J. sein Wasser führt, hat verschiedene Namen. Im Alten Testament heißt es 1. יָם הַמֶּלַח‎ Gen. 14, 3 u. ö. ‚das Salzmeer‘ (so auch im Talmud) LXX ἡ θάλασσα ἡ ἁλύκη Num. 34, 3 u. ö., oder ἡ θάλασσα τῶν ἁλῶν. 2. יָם הָעֲרָבָה‎ Deut. 3, 17 ‚das Meer der Wüste‘, LXX θάλασσα Αραβα. 3. הַיַּם הַקַּדְמוֹנִי[1907] Ez. 47. 18 ‚das östliche Meer‘ im Unterschied zum Mittel- oder dem Westmeer. Bei Josephus begegnet ἡ Ἀσφαλτίς λίμνη bell. Iud. IV 8, 3f. Plin. V 16. ‚Totes Meer‘ sagen Iustinus und Pausanias. Bei den Arabern heißt es bachr luṭ ,Lotsee‘, weil hier die biblische Lotsage spielt (Genes. 19); vgl. ‚See von Sodom‘ im Talmud. Was die Größenverhältnisse anbetrifft, so ist das Tote Meer etwas umfänglicher als der Genfersee; es mißt in der größten Länge 78 km und in der größten Breite bei Engedi 17 km. Im Norden liegt der Boden bis zu 793 m unter dem Meeresspiegel; im Süden ist es nur 1–6 m tief. Im Norden und Süden ist das Ufer flach, im Westen und besonders im Osten von hohen Bergen (im Osten 12–1400 m den See überragend) umgeben. Im südöstlichen Teile ragt eine größere Landzunge el-lisân (Jos. 15, 2) d. i. die Zunge in den See. Auf der Ostseite fließt dem Toten Meere der wâdi môdschib d. i. der Arnon Num. 21, 13 u. ö. zu, der Grenzfluß einst zwischen Moab und den Ammonitern, später den Israeliten. An der Südseite liegt das Flußtal wâdi el-achsa, d. i. der Bach זֶרֶד‎ Num. 21, 12 u. ö., der untere Teil des Flußtales wird dem Weidenbach נַחַל הָעֲרָבִים‎ Jes. 15, 7 entsprechen, der die Grenze zwischen Moab und Edom bildete. Die Farbe des Wassers des Toten Meeres ist von weitem tiefblau, in der Nähe grünlich. Der Gehalt des Wassers ist äußerst mineralreich; sämtliche im Seewasser enthaltenen Teile finden sich in dem Wasser des Toten Meeres. ‚Der Salzgehalt des Wassers ist sechsmal stärker als im Ozean‘ (Guthe). Dadurch ist alles organische Leben im Toten Meere, bis auf einige Mikroben, unmöglich. Durch die starke Verdunstung in dem heißen Wasserkessel und die vielen Niederschläge wird die Umgebung des Toten Meeres in eine Wüste verwandelt. Die öde Strecke nördlich vom Toten Meere heißt Hos. 2, 17. Jes. 65, 10 die Ebene Achor. Die Entstehung des Toten Meeres ist im Alten Testament an die Sage von dem Untergang der Städte Sodom und Gomorrha (Genes. 18. 19) geknüpft. Neuere Forschung verlegt den Ursprung des Toten Meeres in den Schluß der Tertiärzeit. Darnach ist der ganze J.-Graben einschließlich des Toten Meeres durch Einbruch der Erdoberfläche zwischen dem Hermon und dem Gebirge von Edom (Seïr) erfolgt. Das Tote Meer ist die tiefste Stelle des Bruches; hier fanden die Gewässer der Umgegend ihr Reservoir. Das Tote Meer bildete damals mit dem Galiläischen Meer einen großen Binnensee. Das erschließt man aus den 426 m über dem jetzigen Spiegel des Toten Meeres erkennbaren Resten von Ablagerungen einer Süßwasserfauna. Die Ansicht, daß jener große Binnensee sich einst bis zum Roten Meere fortgesetzt habe, so daß er nichts anderes als ein Reliktensee, d. h. als der Überrest des Weltmeeres wäre, das seine Wogen bis zum Gennesaretsee ausdehnte, scheitert daran, daß die Araba südlich vom Toten Meere bis 250 m über dem Meeresspiegel ansteigt.

Zur Literatur über den J. vgl. Guthe Art. Palästina in Realenc. f. prot. Theolog. u. Kirche XIV³ 1904, 573–584 und ders. XXIV³ 1913, 304f.

[Beer. ]