Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Das Land Edom
Band IX,1 (1914) S. 913918
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Idumaea (Edom).

Zur Literatur: Buhl Geschichte der Edomiter 1893. Graf Baudissin Edom (Realencyklop. f. prot. Theol. u. Kirche V³ 1898, 162–170, woselbst mehr Literatur). Guthe Kurzes Bibelwörterb. 1903. E. Meyer Die Israeliten u. ihre Nachbarstämme 1906, 328ff. Musil Arabia Petraea 1907/8. Brünnow und v. Domaszewski Die Provincia Arabia 1904ff. Bädeker Palästina u. Syrien⁷ 1900. Dalman Petra 1908; Neue Petraforschungen 1912.

I. Das Land Edom hat nach der witzigen alttestamentlichen Vätersage seinen Namen von Edom, einem Beinamen Esaus, wegen seiner rötlichen Haut- oder Haarfarbe, Genes. 25, 25, hingegen Genes. 25, 30 wegen seiner Vorliebe für rote Linsengerichte. Den Namen Seʿir führt Genes. 25, 25 Edom, weil Esau ‚stark behaart‘ zur Welt kam. Endlich der Name Ἰδουμαία, Idumaea = אֱדוֹם‎ wurde erst seit den letzten Jahrhunderten v. Chr. bräuchlich.

Das Land Edom umfaßte ursprünglich das Gebiet zwischen Totem Meer bis zum Älanitischen Meerbusen zu beiden Seiten der ʿAraba. Näher sind die Grenzen diese: im Nordwesten vom Toten Meer an, nach Israel zu, der Wādi-el-Fikra, Num. 34, 3f.; dann weiter nach Westen der Wüste Zin und Paran; im Süden Ezjongeber und Elat, Deut. 2, 8; im Osten die Steppe, im Nordosten, nach Moab zu, das in das Südende des Toten Meeres mündende Tal des Zared, heut Wādi-el-Achsa. Das Gebiet westlich der ʿAraba heißt im Alten Testament ‚Feld (= Hochebene) Edoms‘, Richt. 5, 4. Genes. 32, 4, während das ‚Gebirge Seʿïr‘ Genes. 36, 8f. Deut. 2, 1f. oder ‚Gebirge Esaus‘ Obadja 8f. das östliche Bergland ist. Gelegentlich wird mit ‚Seʿïr‘ auch das westliche Hochland gemeint, Richt. 5, 4. Deut. 33, 2. Der nördliche Teil des östlich von der ʿAraba gelegenen Gebirgslandes ist der heutige edsch-Dschībāl früher גְּבָל‎ Ps. 83, 8, der südliche esch-Scherā (vgl. Guthe Bibel-Atlas, Leipzig 1911 nr. 2). Die zu beiden Seiten der 160 km langen ʿAraba sich hinziehenden steilen Gebirge sind reich an Wild, Genes. 25, 27. Im östlichen Teile liegen die höchsten Berge: der Dschebel Harūn und der Dschebel el-Chisma 1800 m, während die höchsten Berge im Westen der ʿAraba nur bis 800 m reichen. Trotz des verödeten Zustandes der aus Porphyr, rotem Sandstein und Kalkstein gebildeten Berge im Osten fehlt es hier doch nicht an fruchtbaren Gegenden mit Ackerbau, Fruchtbäumen und Weinbau, vgl. schon Num. 20, 17. In der Osthälfte Edoms lagen auch die wichtigsten dem Alten Testament bekannten edomitischen Städte von Norden nach Süden u. a.: Teman, Bozra, Phunon, Sela d. i. das spätere Petra im Wādi Mūsa (E. Meyer a. a. O. 388) Maʿōn, Ezjongeber, Elath (Αειλα, Ελανα bei Strab.). Edom wies im Altertum eine hohe Kultur auf. Das Land war von mehreren wichtigen Karawanenstraßen durchschnitten, vgl. die ‚Königsstraße‘ Num. 20, 17. Von Elat, dem Stapelplatz der Waren aus Indien und Südarabien, führte eine Straße, die von Sela nach Südpalästina abzweigte, [914] durch das Ostjordanland nach Damaskus und Mesopotamien, während eine andere Straße von Elat nach Ägypten abging. Von Ezjongeber führte eine Straße über Kadesch teils nach Gaza am Mittelmeer, teils nach Ägypten. Außerdem fand die Straße von Ezjongeber verschiedentlich Anschluß an Wege nach Südpalästina. Um den Besitz der Häfen von Ezjongeber und Elath entbrannte wiederholt Streit zwischen Edomitern und Israeliten. Aus Amos 1, 6. 9 ist zu entnehmen, daß in Edom ein lebhafter Sklavenhandel betrieben wurde. Die hohe Kultur des Landes begünstigte früh eine Staatenbildung unter Königen, Genes. 36. Aus dem Bildungszustand des Landes erklärt sich auch, daß die Edomiter, besonders die Temaniter, durch ihre Weisheit berühmt waren, Obadja 8. Jerem. 49, 7, vgl. auch Eliphas aus Teman, Hiob 2, 11. Wahrscheinlich gehört hieher auch die Figur des Zauberers Bileam, Num. 22, des Doppelgängers des edomitischen Königs Belaʿ Genes. 36, 32 und des weisen ‚Hiob‘, der mit dem edomitischen König Jobab, Genes. 36, 34 identisch ist, vgl. LXX zu Hiob 42, 17 (E. Meyer a. a. O. 380f.).

Als seit 586 v. Chr. die Edomiter in das entvölkerte Juda rückten, wurde der Schwerpunkt ihres Reiches von Osten nach Westen verlegt. Diese nordwestliche Ausbreitung ihres Reiches wurde aber aufgewogen durch die Einbuße des östlich von der ʿAraba gelegenen Gebietes an die nabatäischen Araber ca. 300 v. Chr. Für den westlichen Teil mit der Hauptstadt Hebron kam jetzt allmählich der Name Idumaea auf. 126 v. Chr. von Johann Hyrcan unterworfen, stand I. unter Statthaltern. Weil die Idumäer seit Antipater und Herodes schließlich über die Juden herrschten und von den Römern begünstigt wurden, wurde I. neben Judaea von römischen und griechischen Schriftstellern besonders hervorgehoben, oder letzterer Name von ersterem gar verdrängt. Mit dem Jahr des Falles Jerusalems 70 n. Chr. schwindet aber ‚Idumaea‘ allmählich aus der Geschichte, während das Nabatäerreich mit der Hauptstadt Petra erst im J. 106 n. Chr. unter Traian dem römischen Reich einverleibt wurde. In den ersten Jahrhunderten der christlichen Ära wurde das alte Edom mit dem Metropolitansitz Petra und das spätere I. mit dem Bischofssitz Bersaba mit zu Palaestina tertia oder salutaris gerechnet, bis die Geschicke von Edom und Idumea in die Fluten des Islams übergingen.

II. Das Alte Testament macht bekanntlich die Edomiter zu Nachkommen Esaus. Esau עֵשָׂו‎ LXX Ησαυ ist vielleicht identisch mit dem von Philo Byblios (Sanchuniathon) genannten Ουσωος der phönizischen Sage (Baudissin Studien z. semit. Religionsgesch. I 1876, 14f. 40. E. Meyer Die Israeliten 278), der auch wie der biblische Esau als Jäger gezeichnet ist und einen feindlichen Bruder hat. Dazu ist vielleicht die auf ägyptischen Denkmälern des Neuen Reiches erscheinende Gottheit עשת‎ das weibliche Pendant (W. M. Müller Asien u. Europa 316f.). Auch Edom אֱדוֹם‎ LXX Εδωμ wird eine alte Gottheit sein (Baudissin Adonis u. Esmun 1911, 45). Das folgt aus dem Mannesnamen עֹבֵד אֱדֹם‎ 2. Sam. 6, 10ff.: ‚Diener (Verehrer) Edoms‘, wozu der karthagische Name עבד אדם‎ CISem I 295 zu vergleichen [915] ist. Auch ist in Ägypten eine kananitische Gottheit ‚Edom‘ bezeugt (Kittel Gesch. d. Volkes Israel I² 419, 3). Daß ‚Esau‘ nun gerade zum Stammvater der Edomiter gemacht wurde, wird sich daraus erklären, daß Jakob, der Stammvater der den Edomitern feindlichen Israeliten, zum Gegenspieler eine Figur wie Esau nötig hatte. Auf ‚Esau‘ übertragen sich dann die über ‚Edom‘ und ‚Seir‘ verbreiteten Mythen. Das Alte Testament macht Esau-Edom-Seïr zum Zwillingsbruder Jakobs. Dann werden aber die Edomiter wie ‚Jakob‘ zu der gleichen Amoriterschicht gehören, die seit der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. im Verlauf einer semitischen Völkerwanderung von der syrisch-arabischen Steppe aus nach Syrien und den Euphrat-Tigrisgebieten sich einschieben (Kittel a. a. O. I² 59). Den Edomitern gehen als ältere Bevölkerung die Choriter חֹרִי‎ LXX Χορραῖοι Genes. 14, 6. Deut. 2, 12. 22 voran. Genes. 26, 34 vermischt sich Esau mit den Hetitern. Zu den einst in Edom wohnenden Stämmen Genes. 36, 20–28 vgl. E. Meyer a. a. O. 338ff. In welchem Verhältnisse die biblischen Choriter zu den Charu der ägyptischen Denkmäler (E. Meyer Gesch. des Altertums I² 600. Kittel a. a. O. 36) und zu den in den Urkunden von Boghaz-Köi erwähnten Charri (= Arier?) stehen (Winckler Oriental. Literat.-Ztg. 1910, 289ff.), ist noch nicht genügend aufgehellt. Daß die in Kanaan einwandernden Edomiter auf nichtsemitische, vielleicht indogermanische Völkergruppen stießen, würde nach unserem jetzigen Wissen von der Völker- und Rassenschichtung des ältesten Palästina wohl verständlich sein. Zu den Genes. 36, 10ff. erwähnten verschiedenen Stämmen der Edomiter, vgl. E. Meyer Die Israeliten 345ff. Die bis jetzt bekannte älteste Erwähnung der Edomiter geschieht unter dem Namen ‚Seïr‘ in den in babylonischer Keilschrift geschriebenen Amarnabriefen aus der Zeit der Pharaonen Amenophes III (1411–1375) und IV (1375–1358) Br. 181, 26 (E. Meyer a. a. O. 338, 1). Unter Haremheb, dem General Amenophes IV., bitten Edomiter um Aufnahme im Delta (Kittel a. a. O. I² 518), und unter Mernepta (1225–1215) wird Beduinen von Aduma gestattet, mit ihren Herden das Weideland des Wādi Tumilāt zu betreten, wo auch die Israeliten gehaust hatten. Ramses III. (1200–1180) rühmt sich, die Seïriter geschlagen und ihre Zelte geplündert zu haben (E. Meyer a. a. O. 337).

Die Nachrichten über die Religion der alten Edomiter sind sehr dürftig und beschränken sich bis jetzt auf ein paar Götternamen. Zu Esau und Edom vgl. schon oben. Aus dem Personennamen Genes. 36, 5 יְעיּשׁ‎ LXX Ιεους folgt, daß die Edomiter wie die Araber den Gott ‚er hilft‘ kannten. Mit den Aramäern zusammen verehrten die Edomiter den Gott Hadad, vgl. den edomitischen Königsnamen Hadad, Genes. 36, 35. Nach dem Namen Baal chanan zu schließen, Genes. 36, 38f., nannten die Edomiter einen Gott Baʿal; bezw. war ‚Baʿal‘ = Gott. Der Name des edomitischen Königs Malikrammu in den Keilschriften weist darauf hin, daß Gott auch mit mlk = ‚König‘ bezeichnet werden konnte. Der edomitische Nationalgott scheint aber Kausch קוס‎, [916] קס‎ gewesen zu sein, wie aus dem keilschriftlich überlieferten edomitischen Königsnamen Kauschmalak und Kauschgabri folgt: vgl. Zimmern-Winckler Die Keilinschriften u. das A. Test³ 473. Der Name ist erhalten in ברקוס‎ Esra 2, 53. Neh. 7, 55 und ist auch zu den Nabatäern gedrungen.

Die Edomiter haben früher als die Israeliten Könige gehabt. Genes. 36, 31ff. werden acht Könige aufgezählt, die über Edom herrschten, bevor ein König der Israeliten [über es] herrschte, d. h. bevor David die Edomiter unterjochte. Wie es scheint, hatten die Edomiter Wahlkönige. Unter ihnen fällt die Blüte des alten Edomiterreiches. Von den Genes. 36, 31ff. genannten Königen ist der erste Bela ben Beor identisch mit Bileam ben Beor der Mosezeit, Num. 22ff. und der vierte: Hadad I., der die Midianiter auf der Hochebene von Moab schlug, Genes. 36, 35, ist der Zeitgenosse Gideons des Besiegers der Midianiter, Richt. 6–8 und ca. 1100 anzusetzen. Sieht man ab von der zweifelhaften Notiz 1. Sam. 14, 47, wonach schon Saul mit den Edomitern siegreich gekämpft haben soll, so hat erst David ca. 1000 über sie Erfolge gehabt. Er schlug die Edomiter im Salztal bei Bersaba (= Wādi el-milch), 2. Sam. 8, 13 und machte dem alten Edomiterreich ein Ende, dessen Herrlichkeit kaum mehr als 200 Jahre gewährt hat. Der Heerführer Davids, Joab, vollendete, 1. Kön, 11, 15ff., den Sieg mit großer Grausamkeit. Das Land wurde unter israelitische Vögte gestellt. Auf diese Unterjochung des Brudervolkes wird Genes. 25, 23 und Num. 24, 18 angespielt. In Ezjongeber am östlichen Schilfmeer baute Salomo (970–933), wie später Josafat von Juda, 1. Kön. 22, 49, Schiffe, 1. Kön. 9, 26, welche er für seine mit den Phöniziern unternommenen Ofirfahrten brauchte. Trotz des Aufstandes, den der nach Ägypten geflohene und von dort zurückgekehrte Prinz Hadad gegen Salomo anstiftete, blieb Edom in Abhängigkeit von den Davididen auch nach der Reichsteilung unter Rehabeam (933). 2. Kön. 3, 9ff. zieht der edomitische König (?) mit dem jüdischen König Josafat (873–849), wohl als des letzteren Vasall, und mit Joram von Israel gegen Moab zu Felde. Worauf die Nachricht, 2. Chron. 20, 22f. beruht, wonach Bewohner des Gebirges Seïr (= Edomiter) Feinde Josafats gewesen sind, bleibt unsicher. Nach 2. Kön. 8, 20ff. 2. Chron. 21, 8ff. hätten die Edomiter erst unter Joram (849–842), dem Sohn Josafats, das judäische Joch von sich geschüttelt. Darauf bezieht sich Genes. 27, 40 b. Seitdem hatten die Edomiter wieder eigene Könige, bis Amazja von Juda (797–779) nach der Schlacht im Salztal die (Haupt-)Stadt Ha-Selaʿ eroberte, die er in Joqteʾel umnannte, 2. Kön. 14, 7. 2. Chron. 25, 11. Unter Azarja (= Uzzia), 779–740, wurde die wichtige Hafenstadt Elath von neuem den Edomitern von den Judäern abgenommen und befestigt, 2. Kön. 14, 22. 2. Chron. 26, 2. Aber schon im syrisch-efraimitischen Kriege 736/5 wurde Elath mit Hilfe des syrischen Königs Rezin von den Edomitern zurückgewonnen und blieb seitdem in ihrem Besitz, 2. Kön. 16, 6. Die Anspielungen im Buche Amos (ca. 760) auf edomitische Verhältnisse, Am. 1, 6. 9. 2, 1, werden, wenn sie auf den Propheten Amos selbst zurückgehen, in die Zeiten des Uzzia [917] einzureihen sein. Wie die übrigen palästinischen Völkerschaften kamen auch die Edomiter früh in die Botmäßigkeit der nach dem Westen drängenden Assyrer. So werden schon unter Adad-nirāri III (812–782) die Edomiter als Tributzahler Assurs erwähnt (Keilinschrifl. Bibliothek I 191. E. Meyer Die Israeliten 385). Im J. 732 huldigte der edomitische König Kauschmalak dem Tiglat-Pileser III (745–727) in Damaskus (Keilinschr. Bibl. II 21). 713–711 war Edom an dem Aufstand der Philisterstadt Asdod gegen Sargon (722–705) beteiligt (Winckler Auszug aus d. Vorderas. Geschichte 1905, 42). 701 unterwirft sich Malikrammu von Edom dem Sanherib (705–681), von dem er 705 im Bunde mit Juda und Moab abgefallen war. Nach assyrischen Quellen (Keilinschr. Bibl. II 149. 239) mußte der König Kauschgabri den Königen Assarhaddon (681–668) und Assurbanipal (668–626) bei ihren Zügen gegen Ägypten Heeresfolge leisten (Zimmern-Winckler Keilinschr. u. d. A. Test.³ 473). Jerem. 27, 3 setzt Könige in Edom während der assyrischen Periode bis zuletzt voraus. Trotz mannigfacher Zwistigkeiten führte die gemeinsame Not Israeliten und Edomiter gelegentlich wieder zueinander, sodaß der deuteronomistische Gesetzgeber, Deut. 2, 4. 23, 8, die Edomiter als Brüder der Israeliten gelten läßt. Jedoch seit der babylonische König Nebukadnezar (605–562) die Feindseligkeiten gegen die Judäer eröffnete, beteiligten sich die Edomiter an Razzias gegen das Brudervolk schon unter Jojakim (609–597), 2. Kön. 24, 2 (wo Edom statt Aram zu lesen ist). Obwohl bald darauf (etwa zwischen 595/4) die Edomiter ein Bündnis mit den Judäern unter Zedekia (597–586) gegen die Babylonier planten, schlugen sie sich beim Fall Jerusalems 586 auf die Seite der Sieger und halfen ihnen die fliehenden Judäer einfangen und niedermetzeln. Auch eigneten sie sich bald judäisches Gebiet an. Das haben ihnen die Juden nie vergessen und ihnen ewigen Haß und Untergang geschworen, Ezech. 25, 12ff. 35. 36, 5. Am. 1, 11. Obadja 10–16. Jes. 34. Klagel. 4, 21f. Ps 137. Allmählich rückten die Edomiter immer weiter nach Norden und hatten schließlich den ganzen Negeb inne bis zur Zeit des Makkabäers Johann Hyrkan (135–105 v. Chr.). Zu dem Eindringen in das israelitische Gebiet waren die Edomiter nicht bloß durch ihre Raubgier, sondern vor allem durch jene große arabische Wanderung veranlaßt, die ca. 450 v. Chr. beginnend in der Expansion des von Muhammed gestifteten Islām ihren Abschluß fand. In die Zeit, da die Edomiter ihre eigenen Wohnsitze vor den nachrückenden Arabern räumen mußten, versetzen uns Obadja 1–15. Mal. 1, 1–5. In dem ehemaligen alten Edom zwischen Totem Meer und Schilfmeer gründeten die seit 300 v. Chr. nachweisbaren arabischen Nabatäer (s. d.) ein mächtiges Reich mit der Hauptstadt Petra (daher auch Peträisches Arabien), das erst im J. 106 n. Chr. in eine römische Provinz verwandelt wurde. Die Liste Nehem. 11, 25–36, welche von den Edomitern den Juden bei ihrer Rückkehr aus Babylonien, seit 536, das seit 586 besetzte Gebiet wiederherausgegeben werden läßt, ist ein Phantasieprodukt des Chronisten und historisch wertlos. Als in der Zeit der Makkabäer der jüdische [918] Nationalstolz von neuem erwachte, wandte er sich auch gegen die ehemaligen Edomiter, d. h. die jetzigen Idumäer, vgl. Abschn. I. Galt es doch, das alte davidische Reich, zu dem ja auch Edom gehört hatte, wiederherzustellen. Schon Judas Makkabaeus kämpfte 165/4 mit den Idumäern, 1. Mak. 5, 3 und unterwarf Hebron, 1. Mak. 5, 65. 2. Mak. 10, 15ff. 12, 32ff. Hielten es doch die Idumäer mit den Syrern, den Todfeinden der Juden, 1. Mak. 6, 31. Um 126 v. Chr. bezwang Johann Hyrcan die Idumäer völlig und nötigte ihnen die Beschneidung auf, Joseph. ant. Iud. XIII 9, 1. XV 7, 9; bell. Iud. I 2, 6. I. wurde damals mit Juda vereinigt, stand aber unter Statthaltern. Einem derselben Antipater (s. d. und über seine Herkunft s. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I3.4 1901, 291ff.) glückte es, unter dem schwachen Hasmonäer Hyrcan II. (63–40) die Regierungsgeschäfte an sich zu reißen, bis Caesar den idumäischen Parvenü zum Procurator von ganz Judäa ernannte. Herodes, der Sohn jenes Antipater, wurde 40 v. Chr. mit Hilfe des römischen Senates der Begründer einer idumäischen Dynastie über die Juden. Welche Wendung des Schicksals: am Anfang der Geschichte Israels herrschte David über Edom – am Ausgang, 1000 Jahre nach David, dem Zerstörer des alten Edomiterreiches, herrscht ein Edomiter über die Juden und führt noch einmal eine Glanzperiode wie kaum zur Zeit David-Salomos über das Judentum herauf. Während des Krieges 66–70 n. Chr. richteten idumäische Mörderbanden zusammen mit den Zeloten in Jerusalem eine Schreckensherrschaft ein und fanden miteinander den politischen Untergang, Joseph. bell. Iud. IV 4, 1ff. Auch ‚Idumaea‘ schwindet seitdem als Name aus der Geschichte. Hingegen lebte der Name ‚Edom‘, des von den Juden bestgehaßten Volkes (Jes. Sir. 50, 25f.) von neuem auf und übertrug sich als Schimpfname auf die Römer, die nunmehrigen Erzfeinde des Juden, denen er den Verlust von Vaterland und Freiheit schuldete. Zu diesem Gebrauch des Wortes Edom mag auch eine Verwechslung von אדומים‎ mit den אַררֹמים‎ ‚Aramäern‘ und dieser mit ריּמִים‎ ‚Römern‘ beigetragen haben (vgl. Baudissin Edom a. a. O. 170). Der Name Esaus’ aber, des Stammvaters der Edomiter, wurde ein jüdischer Schimpfname für יֵשׁוּעַΙησους Jesus und lebt von den Juden an Muhammed weitergegeben, bei den Arabern als Name für Jesus = עֵשָׂו‎ fort. Schließlich übertrug sich auf Jesus auch als jüdischer Schimpfname der Name Bileams, des Genes. 36, 32 genannten ersten edomitischen Königs, und des großen Zauberers der Mosezeit Num. 22 (Levy Neuhebr. u. Chald. Wörterb. 1876 s. בלעם‎ und Strack Jesus, die Häretiker und die Christen [Schriften des Institut. Iudaicum in Berlin Nr. 37] 1910, 26*. 41*ff.) – so lebt die Erinnerung an die alten Edomiter noch heute weiter!

[Beer. ]