Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt in Palästina
Band VII,1 (1910) S. 880886
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Gaza. 1) Γάζα (assyr. Ḫa-zi-ti u. a., ägypt. Ga-da-tu, hebr. ʿAzza; vgl. Steph. Byz. s. Γάζα: ἐκλήθη καὶ Ἀζα· καὶ μέχρι νῦν Σύροι Ἄζαν αὐτὴν καλοῦσιν; bei Herodot III 5 Κάδυτις; CIL VIII Suppl. 18084 Gazza, heutige Namensform Ṛazze), alte Stadt im südlichen Palästina an der Meeresküste.

Die Bedeutung von G. ist seit den ältesten Zeiten die des Ausfuhrhafens für den Süden des Landes. Hier mündeten die Handelswege von Elath und aus Arabien. Schon die alten Minäer hatten eine durch Militärstationen gesicherte Handelsstraße dorthin. Sodann lag sie an der wichtigen Straße von Ägypten nach Babylonien, daher wurde zu den verschiedensten Zeiten um ihren Besitz gekämpft. Als Thutmosis III. von Ägypten um 1500 v. Chr. Syrien eroberte, öffnete ihm G. freiwillig seine Tore. Die Tell Amarna-Tafeln (um 1400 v. Chr.) enthalten einen Brief aus G. Auch die Listen von Ramses II. und Ramses III. nennen sie noch als ägyptischen Besitz. Dann aber, im 12. und 11. Jhdt. v. Chr., dringen die Philister von Norden her immer weiter nach Süden, und im Alten Testament erscheint G. schon in vorköniglicher Zeit als eine der fünf Hauptstädte der Philister und zwar als Festung (vgl. die Simsongeschichten, welche zum Teil dort spielen, Richter 16, 1ff.); später bei Amos (1, 6f.) steht G. für die Philister überhaupt als deren größte Stadt. Sie gilt als die Südgrenze des von den Kanaanitern bewohnten Landes und der Herrschaft Salomos (Gen. 10, 19. I Kön. 5, 4); jedoch hat Israel die Stadt niemals erobert (Richter 3, 3). Erst [881] die Assyrer unterwarfen die Stadt: 734 eroberte und plünderte Tiglat Pileser III. sie, weil ihr König Hanno es mit Damaskus gehalten hatte, doch wurde die Stadt noch nicht dem Reich einverleibt, da Hanno sich unterwarf. Auch das zweitemal, als sich Hanno 720 dem Aufstand von Hamath angeschlossen, entging die Stadt diesem Schicksal, da eine starke assyrische Partei in der Handelsstadt veranlaßte, daß sie den Assyrern ihre Tore öffnete. Bei dem Aufstand Asdods von 713–711 beteiligte sich G. nicht; der mit Asdod verbündete jüdische König Hiskia eroberte bei dieser Gelegenheit einen Teil des Gebiets von G. (II Kön. 18, 8), aber nach Niederwerfung des Aufstands im J. 701 gab Sanherib dem treu gebliebenen Sil-Bel von G. einen Teil des Gebietes von Hiskia. Auch fernerhin scheint die Stadt ihren Tribut an Assyrien ruhig gezahlt zu haben. Auf welche Zeit und welche Ereignisse die Drohung Jer. 47, 5 (vgl. Zeph. 2, 4) gegen G. geht, wissen wir nicht. Nach der Überschrift in Vers 1 soll sie sich durch den Pharao, also wohl Necho II. (610–594) erfüllt haben. Man bringt damit gewöhnlich die Nachricht des Herodot II 159 zusammen, wonach Necho nach der Besiegung Josias bei Magdolos (das Alte Testament nennt Megiddo) die große Stadt Kadytis erobert habe. Allein es ist sehr fraglich, ob unter diesem Namen hier wirklich G., und nicht vielmehr ein Kades in Nordsyrien zu verstehen ist (die Gründe für G. s. bei Stark Gaza 218–223), so daß also Herodot eine Verwechslung passiert wäre. Das andern Orts (III 5) von Herodot erwähnte Kadytis, das er eine Stadt der palästinischen Syrer in der Nähe der ägyptischen Grenze nennt, entspricht allerdings unserem G.; er beschreibt es als eine Hafenstadt Südpalästinas, die nicht viel kleiner sei als Sardes.

Durch die Schlacht bei Karchemisch 605 war die ganze phönizisch-palästinensische Küste an die Babylonier gefallen. Das Abhängigkeitsverhältnis blieb dann auch den Persern gegenüber, doch scheint es teilweise recht locker gewesen zu sein. Herodot wenigstens schreibt die Unterwerfung Phöniziens erst dem Kambyses zu (III 19), und Polybios (XVI 40) berichtet, daß die Gazäer allein unter den philistäischen Städten dem Kambyses auf seinem Zug nach Ägypten Widerstand geleistet hätten, und die Stadt belagert und erobert werden mußte. Wie die anderen wichtigeren Küstenstädte erhielt es dann eine persische Besatzung. Schon in jenen Zeiten hatte G. einen regen Handelsverkehr mit Griechenland. Das zeigen Münzen von G. aus jener Zeit, die ganz nach athenischem Münzfuß und mit griechischen Typen geprägt sind und für den Handelsverkehr mit Griechenland bestimmt waren (vgl. Schürer Gesch. d. jüd. V. II⁴ 111).

G. war damals eine starke Festung, die bedeutendste neben Tyrus an der palästinensischen Küste. Sie lag auf hohem Erdhügel, mit starker Mauer ringsum versehen (Arrian. II 26. Zonar. IV 10) und galt als größte Stadt Syriens (Plut. Alex. 25. Strab. XVI 2, 30). Alexander mußte sie zwei Monate lang belagern und dann in hartem Kampf erstürmen, Oktober 332 v. Chr. (Polyb. XVI 40. Diodor. XVII 48. Joseph. ant. XI 8, 3–4. Strab. XVI 2. Plut. Alex. 25. Mela [882] I 11, 3. Zonar. IV 10; ausführlichere Schilderung der Belagerung und Eroberung bei Arrian. II 26–27. Curtius IV 5–6; vgl. Stark Gaza 236–244).

Strabon berichtet (XVI 2, 30), daß die Stadt zerstört worden und bis auf seine Zeit verödet geblieben sei. Letzteres ist jedenfalls unrichtig, denn wir treffen G. in den Diadochenkämpfen sofort wieder als eine starke Festung, um die viel gestritten wird. Zunächst nahm Ptolemaios Lagi die Küste und ganz Phönizien und Palästina durch einen glücklichen Feldzug dem Statthalter von Syrien, Laomedon, weg und legte in die Städte ägyptische Besatzungen (Paus. I 6, 4. App. Syr. 52). Erst nach 5 Jahren (315 v. Chr.) eroberte sich Antigonos wieder ganz Syrien; G. mußte er im Sturm nehmen (Diod. XIX 59). Nach seinem Abzug war G. der Stützpunkt für die Unternehmungen seines Sohnes Demetrios (App. Syr. 53). Im Frühjahr 312 rückte Ptolemaios gegen ihn vor und besiegte ihn bei G. (Plut. Dem. 5. Diod. XIX 4ff. Joseph. c. Ap. I 22. App. Syr. 53. Euseb. chron. 183 ed. Mai. Iust. XV 1 nennt den Ort fälschlich Gamala). Die Stadt war nun wieder ägyptisch; aber Ptolemaios gab noch im gleichen Jahr beim Herannahen des Antigonos seinen ganzen syrischen Besitz preis, zog sich nach Ägypten zurück und schleifte unterwegs die Festungen, darunter auch G. (Diod. XIX 93). Für Antigonos war die Stadt dann wiederum der natürliche Stützpunkt für seinen Zug gegen Ägypten; derselbe mißglückte freilich, doch blieb Antigonos noch mehrere Jahre im Besitz der Wüste. Nach der Schlacht bei Ipsos war das südliche Syrien mehrere Jahre zwischen Seleukos und Ptolemaios strittig. Rechtlich gehörte es dem Seleukos, aber Ptolemaios I. hielt es tatsächlich besetzt, und vollends nach dem Tode des Seleukos dachte Ptolemaios II. Philadelphos (280–247) nicht mehr daran, die palästinensische Küste herauszugeben. Etwa 80 Jahre lang blieben die Ägypter mit kurzen Unterbrechungen die Herren. Von Ptolemaios II. und III. haben wir Münzen, die von G. geprägt sind (Catal. Brit. Mus., Ptolemies kings of Egypt. 1883 p. 35. 49). Erst Antiochos III. der Große nahm den Krieg mit Ägypten wieder auf; es gelang ihm, 218 G. in seine Hände zu bekommen, das wiederum als Verproviantierungsort zum Stützpunkt seines weiteren Unternehmens wurde. Aber die für ihn unglückliche Schlacht bei Raphia 217 v. Chr. zwang ihn, seine Eroberungen im Süden dem Ptolemaios IV. Philopator zu überlassen (Polyb. V 68. 79f.). Mit dem Tode des letzteren brach Ägyptens Stellung als Weltmacht zusammen. Seinem Nachfolger Ptolemaios V. Epiphanes gewann Antiochos d. Gr. durch den Sieg bei Panias (198) ganz Koilesyrien ab. Die Gazäer leisteten verzweifelten Widerstand, die Stadt wurde verwüstet (Polyb. XVI 18, 40; Müller FHG III 178ff.). Ganz Koilesyrien gehörte nunmehr dauernd den Seleukiden. Über eine in G. geprägte Münze des Demetrios I. Soter vgl. Gardner Catal. Brit. Mus., Seleucid kings of Syria 1878 p. 47. Aber der ägyptische Einfluß in den Südteilen der Küste blieb immer lebendig, wie naturgemäß. Unter Alexander I. rückte Ptolemaios VI. Philometor im J. 147 mit einem Heer in Syrien ein und G. öffnete ihm die Tore. Aber [883] mit dem Tode des Ptolemaios stürzte seine Herrschaft in Syrien zusammen. In den Thronstreitigkeiten zwischen Demetrios II. und Antiochos VI. hielten G. und die andern Seestädte an Demetrios mit großer Treue fest. Im Einverständnis mit Antiochos VI. belagerte daher der Makkabäer Jonathan die Stadt und verwüstete ihr Gebiet. Ohne es zur Eroberung kommen zu lassen, gaben die Gazäer nach und stellten Jonathan Geiseln für ihre künftige Bundestreue (I Makk. 11, 61f. Joseph. ant. XIII 5, 5). Von der Zerstörung durch Antiochos VI. hatte sich die Stadt wieder erholt, dank ihrer günstigen Lage und ihrer bedeutenden Hafenanlage. Dem Ptolemaios Lathuros diente sie abermals als Stützpunkt für seine Unternehmungen gegen Kleopatra (104–103 v. Chr.); er überwinterte dort mit seinem Heer.

In den Makkabäerkriegen war schon bald das Verlangen der Juden auf die Küstenstädte gegangen (s. o. Jonathans Zug gegen G.). Vollendet wurde die Erwerbung derselben durch Alexander Iannaeus, welcher im J. 98 die Stadt G. nach einjähriger vergeblicher Belagerung durch Verrat in die Hände bekam. Die Stadt wurde gänzlich zerstört und blieb wie die ganze Küste ein Menschenalter lang verödet. Auf diese Zerstörung geht das oben angeführte Urteil der Quelle des Strabon, das dieser fälschlich auf Alexanders d. Gr. Eroberung bezog (Joseph. ant. XIII 13, 3; bell. Iud. I 4, 2).

Zu den Städten, die von Pompeius ihre ‚Freiheit‘ erhielten, gehörte auch G. (Joseph. ant. XIV 4, 4; bell. Iud. I 7, 7). Doch war es damals immer noch ein öder offener Platz; erst vier Jahre später durch Gabinius wurde die Stadt neu gegründet, d. h. wiederaufgebaut (Joseph. ant. XIV 5, 3). Dieses neue G. (ἡ νέα Γάζα), wie es im Unterschied von der ἔρημος Γάζα oder ἡ παλαιὰ Γάζα (Diod. XIX 80 u. a.) heißt, lag an einem anderen Ort etwas weiter südlich als die alte Stadt, das bezeugt uns ausdrücklich Hieronymus: antiquae civitatis locum vix fundamentorum praebere vestigia, hanc autem quae nunc cernitur in alio loco, pro illa quae conruit, aedificatam (Onom. ed. Lagarde 125, 24ff.), ebenso ein anonymer Geograph: μετὰ τὰ Ῥινοκόρουρα ἡ νέα Γάζα κεῖται πόλις οὖσα καὶ αὐτὴ εἶθ’ ἡ ἔρημος Γάζα, εἶτα ἡ Ἀσκάλων πόλις (Apospasm. geogr. anecd. in Geogr. Gr. Min. ed. Hudson IV 39). Der Hafen von G. Γαζαίων λιμήν (Strab. XVI 2, 21. Ptolem. V 16, 2) blieb übrigens derselbe (s. Maiuma); beide, die alte und die neue Stadt, lagen von demselben gleich weit entfernt, 20 Stadien landeinwärts (Arrian. II 26, 1. Sozom. hist. eccl. V 3; Strab. XVI 2, 21 gibt irrigerweise die Entfernung auf 7 Stadien an, Anton. Martyr. 33 auf mille pass.). Die Trümmer der alten Stadt waren noch zur Zeit des Hieronymus sichtbar und erkenntlich (s. Onom. a. a. O.); vielleicht geht hierauf der Ausdruck ἔρημος in Apost.-Gesch. 8, 26. Die neue Stadt bestand damals. Andernfalls müßte man in der Stelle das ἔρημος auf ὁδός, den Weg nach G., beziehen.

Wie so viele der von Pompeius befreiten Städte hat auch das neue G. seine Zeitrechnung mit dieser Zeit des Pompeius begonnen. Den Anfang derselben haben Ideler und Stark auf den Herbst des J. 62 v. Chr. berechnet und zwar auf Grund einer Münze der Plautilla, der Gemahlin des Caracalla, [884] die vom J. 264 datiert ist. Dem gegenüber steht die Nachricht des Chron. Pasch. (ed. Dindorf I 352) zu Olymp. 179, 4 = 61 v. Chr.: ἐντεῦθεν Γαζαῖοι τοὺς ἑαυτῶν χρόνους ἀριθμοῦσιν. Hiernach haben schon Noris, Eckhel u. a. den Beginn der Aera in das J. 61 v. Chr. (Herbst) gesetzt. Dies wird durch mehrere neuerdings gefundene christliche Grabinschriften aus dem 6. christlichen Jhdt. bestätigt, die durch ihre genauen Datierungen für die Aera von G. wichtiges Material geben. Ebenso ermöglichen sie uns, einen vollständigen Kalender von G. aufzustellen; wie Askalon, Tyros und Sidon hatte die Stadt ihren eigenen Kalender, ein Zeichen merkwürdiger Selbständigkeit (Stark Gaza 513. 517f. Schürer Gesch. d. jüd. V. II⁴ 113f. Anm. 78. 116ff. Anm. 89; vgl. die am Schluß zur Aera G.s angeführte Literatur).

Im J. 30 v. Chr. erhielt Herodes die bisher autonome Stadt G. zu seinem Herrschaftsgebiet geschlagen (Joseph. ant. XV 7, 3; bell. Iud. I 20, 3). Aber gleich nach seinem Tode wurde G. wieder als autonome Stadt zur Provinz Syrien geschlagen (Joseph. ant. XVII 11, 4; bell. Iud. II 6, 3). Im J. 66 überfielen aufständische Juden die Stadt und plünderten sie (Joseph. bell. Iud. II 18, 1). Wenn Josephus von der Niederbrennung der Stadt berichtet, so war das jedenfalls keine vollständige und dauernde Zerstörung. G. war damals eine starke Festung (ingens et munita admodum Gaza, Mela I 11), die die Juden nicht so leicht vernichten konnten, und wir haben gleich aus den folgenden Jahren wieder Münzen aus G., die die Fortexistenz der Stadt als einer bedeutenden beweisen (Mionnet V 537f. Suppl. VIII 372; s. Schürer a. a. O. II⁴ 115). Unter den späteren Kaisern war es namentlich Hadrian, der bei seinem Besuch 130 n. Chr. ihr bedeutende Gnadenbezeigungen zukommen ließ, so daß von diesem Jahr ab neben der gewöhnlichen städtischen eine neue hadrianische Aera gerechnet wurde, wenigstens auf Münzen aus der hadrianischen Zeit (s. Mionnet V nr. 113. 114. 122–129. VIII nr. 48. 52). Außerdem wurde eine glänzende jährliche Festfeier, eine πανήγυρις Ἀδριανή seit der Zeit gefeiert (Chron. Pasch. I 474 Dind.). Die Wohlfahrt der Stadt in den folgenden Jahrzehnten bezeugen zahlreiche Kaisermünzen aus G., welche bis auf Gordianus (238–244) reichen. Dieser letztere hat ebenfalls der Stadt bei seinem Aufenthalt in Syrien besondere Gunst erwiesen und wird deshalb auf einer Inschrift als εὐεργέτης der Stadt bezeichnet. Auf eben dieser Inschrift heißt G. ἱερὰ καὶ ἄσυλος καὶ αὐτόνομος (CIG 5892); sie hat also wie verschiedene andere Städte Palästinas das Asylrecht besessen (darüber s. Schürer a. O. II⁴ 105). Später wurde sie römische Kolonie und ist als solche auf einer Inschrift bezeichnet (Le Bas-Waddington Inscr. III 1904).

Sie ist noch lange Zeit eine bedeutende Stadt geblieben. Eusebios nennt sie eine πόλις ἐπίσημος (Onom. ed. Lagarde 242, 66), Antoninus Martyr (ca. 570 n. Chr.) sagt: Gaza autem civitas splendida deliciosa (de loc. sanctis 33). Sie war eine der Hauptstätten hellenistisch-römischer Bildung in Vorderasien. Eben dies scheint den Eingang des Christentums erschwert zu haben. Daß [885] Philemon, der Adressat des gleichnamigen Briefs, der erste Bischof von G. war, ist nur eine Sage. Der Bischof Silvanus von G., der in den Diocletianischen Verfolgungen den Märtyrertod erlitten, ist der erste uns bekannte Bischof (Euseb. hist. eccl. VIII 22. 25). Auf dem nizänischen Konzil erscheint auch ein Bischof von G. Heidnische Kulte bestanden aber bis Ende des 4. Jhdts. fort. Der Haupttempel des Marna (‚unser Herr‘) wurde im J. 406 auf Betreiben der Kaiserin Eudoxia zerstört und an seiner Stelle eine christliche Kirche geweiht (Marci Diac. vita Porphyrii passim). In merkwürdiger Weise konzentrierte sich jetzt gegen das Ende der hellenistischen Zeit in G. das literarische Leben. Die Schule von G. war weithin berühmt. Sogar aus Athen kamen Schüler zu den berühmten Rhetoren dort, um hier das ἀττικίζειν zu lernen. Näheres s. den Art. Prokopios und vgl. Seitz Die Schule von Gaza, eine literargeschichtl. Untersuchung, Heidelberg 1892.

Im J. 635 wurde G. von den Arabern unter Omar erobert. Die Stadt war den Muslimen wichtig, weil Muhammeds Großvater Hâschim, der seine Handelsreisen bis hieher ausgedehnt hatte, hier gestorben und begraben war. In den Fehden des 9. Jhdts. zwischen Syrien und Ägypten hatte die Stadt viel zu leiden. Die Kreuzfahrer fanden sie in Trümmern. Sie erkannten aber sofort ihre militärische Bedeutung. Balduin II. erbaute 1149 hier eine Festung. 1170 plünderte Saladin die Stadt, ohne die Festung erobern zu können; erst 1187 fiel sie in seine Hände. 1244 wurden die Christen bei G. von den Charesmiern geschlagen. Seitdem hat G. Ruhe gehabt und ist wieder aufgeblüht. Im 15. Jhdt. zogen die Pilger von Jerusalem nach dem Sinai über G., weil dort der reichste Markt zur Verproviantierung für die Wüste war. Felix fabri 1483 weiß die Stadt, die doppelt so groß sei als Jerusalem, nicht genug zu rühmen wegen ihrer Fruchtbarkeit und ihrer Bedeutung als Handelsplatz.

G. hat noch bis heute seinen Namen ṛazze erhalten. Es liegt auf einer ca. 30 m hohen Anhöhe zwischen Gärten von Palmen, Oliven usw. 3–4 km landeinwärts von der Küste. Die Vegetation ist infolge der Fülle von Grundwasser sehr reich. Während der Handel mit Ägypten ziemlich aufgehört hat, ist G. noch heute der Hauptmarkt für die Beduinen der Steppe, namentlich für Lebensmittel: Datteln, Feigen, Oliven, Hülsenfrüchte. Das ist von jeher die eine Hauptbedeutung dieses Platzes gewesen. Die andere, ein Hauptpunkt der großen Handelswege zu sein, ist geschwunden. Geblieben ist aber immer noch ein auffallender Einfluß von Ägypten her, die Stadt hat in vielen Stücken ägyptisches Gepräge. G. zählt heute etwa 35 000–40 000 Einwohner.

Literatur: Allgemeines und Geschichte der Stadt: Stark Gaza und die philistäische Küste 1852 (mit reicher Angabe der älteren Literatur). Reland Palaestina 787–100. Robinson Palaestina II 634–648. Ritter Erdkunde XVI 45–65. Guérin Judée II 178–211. 219–221. Le Strange Palestine under the Moslims 1890, 441–443. G. A. Smith Historical Geography of the Holy Land 1895, 181–189. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes II⁴ 110–117. Die Artt. Gaza in Riehm Handwörterbuch, Guthe Bibelwörterbuch, [886] Encycl. Biblica, Hastings Dict. of the Bible und anderen Realencyklopädien. Das heutige G.: The Survey of Western Palestine, Memoirs III 234f. 248–251. Gatt Bemerkungen über G. und seine Umgebung, ZDPV VII 1–14; Plan von Gaza (mit Legende) ZDPV XI 149ff. Schumacher Researches in Southern Palestine, Quart. Statements 1886, 171ff. Baedeker Palästina⁶ 108–110. Ära und Kalender: Noris Annus et epochae Syromac. V 2. Ideler Handb. der Chronol. I 474f. Schürer Der Kalender und die Ära von Gaza, S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 1065–1087. Schwartz Gött. Nachr. 1906, 342–345. Inschriften: CIG 5127 B. CIL III 14155. Le Bas-Waddington Inscriptions 1904. Germer-Durand in Revue Biblique I 239ff. II 203ff. III 248f. Clermont-Ganneau Archeological Researches in Palestine II 400–429. Münzen: Eckhel Doctr. Num. III 448–454. Mionnet V 534ff. De Saulcy Numismatique de la terre sainte p. 209–233.

Anmerkungen (Wikisource)

Vgl. auch den Artikel Kadytis zur gleichen Stadt.