Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Wasservogel, Darstellung in der klassischen Literatur
Band V,2 (1905) S. 26392648
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Ente. Als Stammform der Haus-E. wird allgemein die Stock-E., Anas boschas L., angesehen teils wegen der Übereinstimmung in der bei jener freilich mehr oder weniger geschwundenen Färbung und in der Kräuselung der Oberschwanzdeckfedern, teils weil die letztere in der Jugend leicht zähmbar ist und aus der Paarung fruchtbare Nachkommen hervorgehen, auch Wesen, Sitten und Gewohnheiten bei beiden vollkommen ähnlich sind. Daher kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Alten mit νῆσσα und anas zuerst die Stock-E. und dann auch die Haus-E. gemeint haben. Für andere wilde Enten hatten sie eigene Benennungen.

I. Stock- und Haus-E., Anas boschas L. Die erstere ist bei weitem die häufigste wilde E. Griechenlands; sie hält sich von Ende Oktober den ganzen Winter hindurch auf allen Gewässern des Landes und zeitweilig auch auf dem Meere auf, ist auch oft Standvogel (Lindermayer 161). Die vielfach gezüchtete Haus-E. heisst ἠ πάππια, alle wilden Enten führen den Collektivnamen ἀγριοπάπια (Th. de Heldreich La faune de Grèce I 1878, 57). Die Italiener bezeichnen mit anatra (anitra) alle Enten (Schwimm- und Tauch-E.); Spezialnamen für die Stock-E. sind z. B. anitra in Viterbo, anetra für das Weibchen bei Neapel, doch meist germano (Giglioli 467), für die Haus-E. anatra domestica. Fast nur die Stock-E. ist in Italien auch Standvogel, so in Norditalien, Toscana, Calabrien und Sardinien; bei Savona hält sie sich auch auf dem Meere auf (Giglioli 468). Das Wort νῆσσα (boiot. νᾶσσα, Aristoph Ach. 875 und bei Athen. IX 395 e), welches den vocalischen Anlaut verloren hat, ist mit altind. ātí-s – Wasservogel, lat. anas, lit. ántis, angels. äned, ahd. anut, nhd. Ente verwandt (Prellwitz). Das Verbum νέω = schwimme, von welchem Eustathios (Il. I 206 p. 87, 4) νῆσσα herleiten wollte, ist dagegen auf idg. = fliessen, lat. nare auf = fliessen lassen, fliessen,, zurückzuführen (Prellwitz 209. 212). Freilich wollen auf diese Wurzel D. Laurent und G. Hartmann (Vocabul. étymol. de la langue gr. et de la langue lat., 1900, 427) auch νῆσσα und anas zurückführen. Von att. νῆττα wurden die Diminutiva νηττάριον (als Liebkosungswort, Aristoph. Plut. 1011. Menand. frg. 1041 K.; vgl. anaticula, Plaut. Asin. 963) und νηττίον (Nikostrat. bei Athen. II 65 d) gebildet. Spät findet sich neben ἡ νῆσσα die Form τὸ νηκτόν (Geop. XIV 23, 1).

I Beschreibung. Die νῆττα gehört zu den mit Schwimmhäuten versehenen, schwerfälligen Vögeln, welche um Flüsse und Seen leben (Arist. hist. an. VIII 48); ihre Speiseröhre ist weit und geräumig (ebd. II 88); der Darm hat unten gegen das Ende Anhängsel (ebd. 90. d. b. zwei lange Blinddärme). Der Schnabel ist buxbaumfarbig, d. h. grüngelb (Varro bei Non. 460, 7). Das Männchen ist grösser [2640] und bunter als das Weibchen (Alex. Mynd. bei Athen. IX 395 c). Die Enten, welche Ausonius (ep. 3, 11) seinem Sohne um 385 n. Chr. wohl aus Bordeaux übersandte und welche auf den benachbarten Sümpfen gefangen waren, bezeichnet er als mit den Füssen rudernde, die Gewässer mit dem breiten Schnabel plündernde, mit roten Füssen, einem in den Regenbogenfarben schillernden Gefieder und einem dem der Taube ähnlichen Halse. Sofern Aristophanes (av. ] 148) die E. gegürtet Backsteine herbeischleppen läßt, möchte Thompson (118) darin eine Anspielung auf das teilweise gefärbte Gefieder des gemeinen Enterichs oder irgend einer andern wilden E. sehen. Sie gehört zu den Wasservögeln, welche bisweilen ans Land gehen (Varro de l. l. V 78; r. r. III 3, 3); auf dem Flusse schwimmende Enten, welche sich weit von ihren Teichen entfernt haben, werden vom Habicht überrascht (Ovid. met. XI 773); ein altes Weib hat den Bürzel einer magern E. (Mart. III 93, 12). Die E. und alle verwandten Vögel erheben sich, wenn sie auffliegen, sofort in die Höhe, selbst aus dem Wasser (was sehr richtig ist), sie allein entkommen daher, wenn sie in die zum Fange des Wildes bestimmten Gruben geraten (Plin. n. h. X 112). Sie brütet auf dem Trockenen, doch in der Nähe eines Sees oder Sumpfes oder eines wasserreichen Ortes; das Junge ist gleich nach seiner Geburt zu schwimmen geschickt; es taucht mit großer Geschicklichkeit auf und unter; der Adler, den man νηττοφόνος nennt (Schreiadler, Aquila naevis Briss.), stößt auf die schwimmende E. herab, und diese sucht ihm dadurch zu entgehen, daß sie unter dem Wasser fortschwimmt (Ael. h. a. V 33. Man. Phil, de an. propr. 14). Besonders gern frißt sie Weizen (Aristoph. av. 566).

Nutzen gewährt ihr Fleisch als Nahrungsmittel. Die Ägypter essen sie roh, aber eingesalzen (Herod. II 77). Wie heute um den 1. November in den Nächten auf dem Kopaissee viele hunderte Stockenten auf einmal gefangen und zum großen Teil nach Athen gebracht werden (Lindermayer 161), so brachten auch im Altertum besonders Boioter solche auf den Markt von Athen (Aristoph. pac. 1004; Ach. 875). Cato gab den Kranken seines Hauses ein wenig Fleisch von Enten zu essen (Plut. Cat. mai. 23). Bei einem Festmahle der Pontifices in Rom um 50 v. Chr. wurden im zweiten Gange anates aufgetragen (Macrob. III 13, 12). Die E. wird ganz aufgetragen, doch schmeckt nur ihre Brust und ihr Nacken; den Rest sendet man dem Koch zurück (Mart. XIII 52; vgl. Petron. sat. 93 und unten. Anthim. 32). Verschiedene Recepte giebt Apicius (213–219) für die Zubereitung mit allerhand Gewürzen, Essig, Honig, Öl u. s. w. an. Den indischen Königen werden (wohl auch für die Küche) Enten von ihren Untergebenen als Tribut gebracht (Ael. h. a. III 25). Den Kindern werden gezähmte oder zum Teil flügellahm gemachte?) Enten, wie Dohlen und Wachteln zum Spielen gegeben (Plaut. capt. 1003). Im Maximaltarif des Diocletian (4, 31) ist der Preis für ein Paar Enten auf 40 Denare = 73 Pf. angesetzt.

Gefangen werden sie mit Schlingen oder Netzen, nachdem man Gerste, Spelt oder Hirse ausgestreut hat (Dionys. de av. III 23), ein Jagdvergnügen [2641] auf Lesbos gegen die Mitte des Herbstes (Long. II 12). Auch fängt man sie dadurch, daß man da, wo sie trinken, das Wasser abläßt und dunkeln Wein oder Weinhefe hineinschüttet, so daß sie, davon trinkend, betäubt werden und umsinken (Geop. XIV 23, 5). Wenn Varro (bei Non. 460, 7) von einer Verfolgung der E. auf den Sümpfen zur Nachtzeit bei Fackelschein spricht, so treibt man auch heute nach Lindermayer (161) auf dem Kopaissee an Winterabenden durch das Licht einer Laterne und den Schall einer Glocke die Stockenten in die Fangnetze.

Gezähmte (Ps.-Theophr. de sign. temp. 28) oder Hausenten (Arat. 918. 970) werden neben den wilden Enten erst in der ersten Hälfte des 3. Jhdts. v. Chr. erwähnt. Die Römer müssen die Zucht von den Griechen kennen gelernt haben, da sie die Vorrichtung dazu nessotrophium nannten (Varro r. r. III 11, 1. Col. VIII 15, 1) oder die Enten im ornithon (Varro ebd. III 5) hielten.' Wie auch heute manche die Enteneier durch Haushühner ausbrüten lassen, weil die Entenmütter beim Brüten oft sehr ungeduldig werden, so sagt Cicero (n. d. II 124; ausführlicher Plin. X 155): Oft legen wir sogar die Eier der E. den Haushennen unter; die hervorkommenden Jungen werden zuerst von ihnen wie Müttern ernährt; darauf verlassen jene diese, sobald sie erst ein Wasser, gleichsam ihre natürliche Behausung, sehen, und entwischen ihnen bei der Verfolgung. Dieses Verfahren empfahl auch Columella (VIII 15, 7; vgl. Geop. X-IV 23, 4) bei der Anlegung des nessotrophium; man solle nämlich an den sumpfigen Stellen, wo die Enten meistens brüteten, die Eier sammeln und sie den Haushennen unterlegen, denn erwachsene Wildenten pflegten in der Gefangenschaft nicht gerne zu legen. Schon dies, besonders aber der Umstand, daß die Anlage, in welcher die Enten gehalten wurden, mit einem Netz oder Geflecht überspannt war, läßt darauf schließen, daß die Domestizierung der E. wenigstens im 1. Jhdt. v. Chr. noch nicht vollendet war. In der mit Netzen überspannten Abteilung seines Ornithon hatte Varro (r. r. III 5, 14ff.) ein kleineres Bassin angelegt, in welches Fische aus zwei andern größeren Bassins gelangen konnten und in dessen Einfassung Nester für die Enten angebracht waren, welche sich darin aufhielten. Die Einrichtung eines nessotrophium schildert er (ebd. III 11) folgendermaßen: Diejenigen, welche Enten halten wollen, müssen sich dazu eine sumpfige Stelle aussuchen, weil jene eine solche lieben, oder eine Stelle mit einem natürlichen See oder einem Teich oder künstlichen Fischteich, wohin die Enten bequem hinabsteigen können; das Ganze muß mit einer 15 Fuß hohen Wand umgeben sein, wie man es auf der Villa des Seius gesehen hat; inwendig hat die Wand am Boden einen Vorsprung, in welchem die Zellen angebracht sind; der Raum davor ist eben und mit Estrich belegt und hat einen Kanal mit beständig fliessendem Wasser, in welchen das Futter gestreut wird; alle Wände sind glatt geputzt, damit kein Raubtier, wie Iltis u. dgl. eindringen kann; von den Wänden aus ist das Ganze mit einem weitmaschigen Netze überspannt, damit kein Adler hineinkommen und keine E. fortfliegen kann; gefüttert wird mit Weizen, Gerste, Weintrestern, [2642] Trauben, mitunter auch Krebsen und ähnlichen Wassertieren; stets muß man für frisches Wasser in den Fischteichen dieses umschlossenen Raumes sorgen; ebenso, ohne eigentliche Mästung, kann man mit den nicht unähnlichen querquedulae, Wasser- (oder Bläß-) Hühnern und Rebhühnern (die aber hier offenbar nicht hingehören) verfahren. Ähnlich Columella (VIII 15), doch hält er im nessotrophium Enten, querquedulae, boscides, Wasserhühner und ähnliche Vögel, welche die Teiche und Sümpfe durchstöbern; in der Mitte des nessotrophium solle eine trockene Stelle bleiben, wo man ägyptische Bohnen (Nelumbium speciosum W.), Tamarisken oder Binsen und ähnliche Pflanzen (Hundszahn, Geop. XIV 23, 2) säen müsse, welche den Enten einen schattigen Aufenthalt gewährten, das umgebende Wasser aber einen gepflasterten und zementierten Grund haben, damit es frei von Kraut bleibe (§ 3f.); der Uferrand mit Gras bewachsen sein (§ 5); als Futter diene Kolben- und Rispenhirse, auch wohl Gerste, Eicheln und Weintrester, Krebse, Fischreste u. dgl. (§ 6; Heuschrecken und Garnelen nach Geop. ebd. 3); bevor die Enten im April und Mai brüteten, müssten Halme und Reiser zum Nestbau ausgestreut werden (§ 7).

Geweiht war die E. dem Poseidon (Aristoph. av. 566. Eust. Il. I 206 p. 87, 4; vgl. auch u. VI). Eine der Töchter des Pieros, die sich über die Musen erheben wollten, wurde von diesen in eine E. verwandelt (Nikandros bei Anton. Lib. 9). Die Enten und andere Wasservögel heilen ihre jährlich sich einstellende Appetitlosigkeit durch das Kraut sideritis (Plin. VIII 101), vielleicht Verbena officinalis L. (vgl. Diosc. IV 61. Ps.-Apul. 4). Wenn die Enten mit den Flügeln schlagen (Ps.-Theophr. de sign. temp. 28. Arat. progn. 918. Ael. h. a. VII 7) oder wenn sie die Federn mit dem Schnabel putzen (Plin. XVIII 362), ist Wind zu erwarten; wenn sie unter Wasser tauchen, Regen (Ps.-Theophr. ebd.; anders Arat. 970).

Von den Ärzten wird das Fleisch als wässerig (Ps.-Hipp. I 680 K.), angenehme Nahrung (Ruf. Ephes. p. 322 Dar.), schädlich bei Epilepsie (Aret. p. 314 K.), fast am schwersten von allem genießbaren Vogelfleisch verdaulich (Gal. VI 700. Aet. II 130. Paul. Aeg. I 82. E libro de medicina ad Constantin. Pog. 5 ed. Ermerins), sehr nahrhaft (Orib. coll. med. VI 38, 15), ziemlich weich, doch das der Brust als mitunter bevorzugt (Anthim. 32; vgl. oben Mart. XIII 52) charakterisiert. Fast nur Simeon Seth (περὶ νησσῶν) spricht von therapeutischen Eigenschaften desselben, das er übrigens auch für schwer verdaulich hält, und besonders von den guten Eigenschaften des Fettes. Sonst spielte nur das Blut eine große Rolle als Bestandteil verschiedener antidota (Diosc. II 97, vgl. parab. II 139), und zwar der weiblichen E. (Marcianus bei Scrib. Larg. 177. Servil. Demokr. bei Gal. XIV 124) oder der pontischen, das Mithridates so gebraucht haben soll, weil diese Enten sich von giftigen Stoffen nährten (Lenaeus bei Plin. XXV 6. Gell. XVII 16; vgl. Plin. XXIX 104). Das Blut des Enterichs stopft (Plin. XXX 60. Plin. Iun. II 6). Auch andere Heilkräfte wurden dem Entenblute beigelegt (Plin. XXX 115. 125). Es ist wunderbar, daß, wenn man eine E. an den leidenden Bauch hält, die Krankheit [2643] auf diese übergeht, so daß sie stirbt (ebd. 61. Plin. Iun. II 8 fin. Marc. Emp. 27, 33). Das Kind wird von Leibschmerzen befreit, wenn es eine E. sieht (Col. VI 7, 1), was noch mehr beim Maulesel und Pferde der Fall ist (ebd. Veget. mul. IV 4, 6).

II. Βοσκάς (βασκάς), Aristoph. av. 885), (φασκάς, boscis, querquedula. Das Wort βοσκάς scheint im Grunde dasselbe wie βοσκός zu sein, welches im Maximaltarif des Diocletian 4, 18ff. dem lateinischen agrestis entspricht (H. Blümner Philologus LIX 1900, 589). Die andern griechischen Namen sind offenbar diesem nahe verwandt. Doch ist es fraglich, ob Thompson (40. 177) sie mit Recht nur für verschiedene Lesarten desselben Wortes mit gleicher Bedeutung ansieht, nämlich sowohl von Kriech-E., Anas crecca L., als Knäck-E., Anas querquedula L. Das Wort querquedula führt Prellwitz (s. κερκίς) mit κερκός Hahn (bei Hesych.), altind. kṛka-vāku-s Hahn (kṛka- rufend),! ir. cerc E., κέρκαξ Habichtsart (bei Hesych.), κερκιθαλίς Reiherart (ebd.), altind. karkara-s Rebhuhn, lit kirkti kreischen u. s. w. auf idg. = schlagen, tönen zurück. Die ndd. Lautform Kriek-E. für Kriech-E. führt man mit ital. cerceta (?) auf lat. querquedula zurück (Fr. Kluge Etym. Wörterb. d. dtsch. Spr.5 1893). Heute sagt man in Italien für Kriech-E. gewöhnlich alzavola, doch crecolèta in Feltre, cercègne in Friaul, terzetola vernile in Bari; für die Knäck-E. gewöhnlich marzaiola, in Vicenza creccola, in Feltre crecoléta, in Bari terzetola marzarola (Giglioli 477–480). In den mittelalterlichen Glossarien (Corp. gloss. lat. III) sind geglichen αηδων = querquedula (17, 59), boscas – querpetola (89, 63), ἡ φυληρις (φαλαρίς?) = cercedula (258, 12), κερκηδης = querquedula (319, 13; 526, 62; vgl. 497, 46), quercedulus = βοσκάς (361, 21). Nach einer unsichern Lesart bei Varro (de l. l. V 79; vgl. r. r. III 3, 3) rechneten die Griechen die querquedula = κερκουρίς) zu den Wassertieren, welche bisweilen ans Land gehen. So mögen denn Aristoteles (hist. an. VIII 48) mit dem βοσκάς, der einer E. ähnlich, aber kleiner sei, und Nikandros (alex. 293) mit dem Huhn βοσκάς, der βοσκὰς ὀρταλίς, welche schmutzige Eier lege und kampflustige Junge gebäre und welche die Scholiasten für eine Haushenne erklären, beide Entenarten gemeint haben. Doch Alexandros Myndios (bei Athen. IX 395 d) unterscheidet 3 Arten, indem er sagt: Von den sog. βοσκάδες ist das Männchen bunt, kleiner als die νῆττα, und hat einen stumpfen (oder aufwärts gebogenen?) und im Verhältnis kleinen Schnabel; es gibt aber auch eine andere Art der βοσκάδες, welche größer als die νῆττα, aber kleiner als die ägyptische Gans (Chenalopex aegyptiaeus Briss.) ist; die sog. φασκάδες sind etwas grösser als die kleinen Steißtaucher (Podiceps minor Lath.), im übrigen den νῆτται ähnlich. Danach kann die erste Art βοσκάς die Knäck-E., die φασκάς, weil sie als die kleinste geschildert zu sein scheint, als die Kriech-E. angesehen werden, während die zweite Art βοσκάς ganz unbestimmbar ist. Zu bemerken ist hier noch, daß auf dem Hügel von Hissarlik (von L. Moss bei H. Schliemann Ilios 1881, 364) das Schienbein einer Kriech-E. gefunden ist. Auch die querquedulae der Römer mögen [2644] sowohl Kriech- als Knäckenten gewesen sein, so außer den schon erwähnten die in einer Brühe gesottenen, bei dem schon S. 2640 erwähnten Gastmahl der Pontifices (Macrob. III 13, 12), die schwimmenden und den kalten Regen fürchtenden (Varro bei Non. 91, 3) und die im nessotrophium des Varro (r. r. III 11, 4). Nur die von Columella (VIII 15, 1) neben den anates, boscides u. s. w. in seinem nessotrophium gehaltenen querquedulae müssen von seinen boscides verschieden gewesen, d. h. wohl Kriechenten gewesen sein, während er mit boscides dann vielleicht die Knäck-E. bezeichnet.

III. Γλαύκιον, nach Thompson (44) irgend eine Art von Enten mit blaßgelben Augen, wie denen der γλαύξ, d. h. des Steinkauzes (Athene noctua auct.), vielleicht die Schellen-E., Anas (Fulix) clangula L., da (nach Alex. Mynd. bei Athen. IX 395 c) das γλαύκιον wegen der Färbung seiner Augen so benannt und etwas kleiner als die νῆττα sei.

IV. Πηνέλοψ), dor. πανέλοψ, vielleicht die Moor-E., Fulix nyroca L., die einen braunroten Kopf und Hals, letzteren mit dunklerem Ringbande hat. Thompson (147f. 195) freilich hält es für möglich, daß πηνέλοψ und χηναλώπηξ, da sich auch χηνόλοψ (Hesych.) und in einigen Hss. des Plinius (X 56) penelopes statt chenalopeces finde (?), beide Namen identisch und aus einem fremden, vielleicht ägyptischen, korrumpiert seien, also πηνέλοψ ebenfalls die ägyptische Gans, Chenalopex aegyptiaca Steph. (Chenalopex aegyptiacus Briss.), sei. Prellwitz dagegen erklärt offenbar richtiger πηνέλοψ für zusammengesetzt aus πηνος = Einschlagfaden und -λοψ, welches aus λαπός = Schale (abgezogene Haut?) gebildet sei. Der Vogel kommt mit ausgebreiteten (oder langen?) Flügeln vom Ozean, von den Enden der Erde (Alkaios beim Schol. Aristoph. av. 1410), hat einen bunten (ebd. Ibykos bei Athen. IX 388 e), purpurnen Hals mit einem Saum daneben (Ion bei Hesych. s. φοινικόλεγνον = purpurrot gesäumt), lebt wie andere mit Schwimmhäuten versehene schwerfällige Vögel, z. B. wie der χηναλώπηξ um Flüsse und Seen (Arist. hist. an. VIII 49, wo nach Aubert und Wimmer, auch nach Thompson 148 καὶ ἀὶξ zu streichen). Eine zweifache, aber sich widersprechende Erklärung gibt der Scholiast zu Aristoph. av. 1302 (vgl. 298), indem er zuerst sagt, daß der πηνέλοψ der νῆττα ähnlich, aber nur von der Größe einer Taube sei und von Stesichoros und Ibykos erwähnt werde, dann aber, daß er größer als die νῆττα, ihr aber ähnlich sei. Nach einer Sage wurde die Penelope, nachdem sie ins Meer geworfen worden, von πηνελοπες gerettet und nach diesen benannt (s. Arnakia).

V. Die diomedeischen Vögel, d. h. die Vögel, in welche die Gefährten des Diomedes verwandelt wurden (Vergil Aen. XI 271. Anton. Lib. 37. Augustin. de civ. dei XVIII 18. 3) und welche für Reiher (Ael. h. a. I 1. Serv. Aen. XI 271) oder für sehr ähnlich den weißen Schwänen (Ovid. met. XIV 509; erklärt werden, hält O. Lenz (Zoologie der alt. Gr. u. R. 1856. 411f.) wohl mit Recht für Brandenten (Anas tadorna L., Tadorna vulpanser Leach.), weil sie (nach Iuba bei Plin. X 126) Zähne, d. h. Spitzen an den Zahnleisten [2645] des Schnabels haben und sich Höhlen zum Nisten mit dem Schnabel graben sollten. Die Brand-E. erscheint übrigens in Griechenland nur in den ersten Frühlingstagen (Lindermayer 159); auch in Italien erscheint sie selten, außer in Apulien, wo sie in den Salinen von Barletta und Foggia im Winter häufig ist, und in Sardinien (Giglioli 467).

VI. Symbolik und Bildnerei. Ausführliche Untersuchungen, denen sich das Folgende anschließt, über Schwäne, Gänse und Enten in den Darstellungen der alten Kunstwerke finden sich bei L. Stephani (Compte rendu de la commission impériale archéologique pour 1863, 17ff). Derselbe spricht hier (17 u. C.R. 1877. 29) die auch im folgenden zu berücksichtigende Ansicht aus, daß die E., welche in untergeordneter Weise wesentlich dieselben Vorstellungen wie die Gans repräsentiere, nämlich (nach S. 23) als Grundzug denselben aphrodisischen Charakter habe, häufig von dieser so wenig zu unterscheiden sei, wie diese vom Schwan. Zunächst begegnen uns plastische Darstellungen in der Form vollständiger Enten. In einem Grabe der kyprischen Salamis fand M. Ohnefalsch-Richter (Athen. Mitt. VI 1881, 245) eine solche 10 cm. hohe Statuette aus Terracotta zusammen mit einer Athena. Zu den lieblichsten Erzeugnissen des feineren Metallgusses gehört ein Guttus von Silber, welcher die Gestalt einer E. hat und aus Großgriechenland nach Rom gebracht worden ist (Arch. Anz. VI 1848, 98*). In einen Entenkopf läuft die Kopflehne eines in Boscoreale bei Pompeii gefundenen bronzenen Bettes aus (E. Pernice Arch. Anz. 1900, 178 m. Fig. 1). Einige Vasen, welche die Form von Enten oder Gänsen haben, erwähnt Stephani (1863, 44). Eher eine E. als eine Gans, wofür er sie erklärt, stellt eine rotfigurige, aus Italien stammende Vase der Petersburger Ermitage, welche derselbe abgebildet hat (ebd. 152 m. T. II 36), dar. Dann erwähnt er (44 nach Pitt. d’Ercol. II p. 57) ein Wandgemälde mit zwei Enten, welche friedlich aus einem Gefässe fressen, und (nach Mus. Borb. IV 13) eine Beinschiene, auf welcher zwei Enten einem mit einer Schlange kämpfenden Storche zusehen. Bei diesen von ihm erwähnten und andern Darstellungen hält er es für schwer, eine besondere Absicht der Künstler nachzuweisen (44f.). Dasselbe dürfte von der auf einer Muschel dargestellten E. gelten, welche der Revers eines makedonischen Silberobolos zeigt (bei F. Imhoof-Blumer und O. Keller Tier- und Pflanzenbilder auf ant. Münzen und Gemmen 1889, 39 m. T. VI 20). Dagegen handelt es sich nach Stephani (44; vgl. W. Helbig Wandgemälde nr. 1554) um den aphrodisischen Charakter auf einem pompeianischen Wandgemälde, welches einem ithyphallischen Hahn eine E., eine Gans und einen Schwan gegenüberstellt. Ein Gemälde mit einem Teiche, in dem u. a. auch Enten schwimmen, schildert schon Philostratos (im. I 9, 2). Für das älteste auf uns gekommene Beispiel eines solchen Motivs hält Stephani (45 und Ant. du Bosph. Cimm. pl. 35, 5f.) die Darstellung auf einem silbernen Gefässe aus dem 4. Jhdt. v. Chr., welches in einem Graben auf der Krim gefunden und nach der Ermitage gekommen ist; man sehe da acht Enten nebst zahlreichen Fischen, die zum Teil [2646] von jenen verzehrt würden. Außerdem seien noch zwei andere silberne Gefässe von ähnlicher Darstellung erhalten, und an einer Bronzeschale des Brit. Mus., welche 1872 im Hafen von Antium gefunden sei, scheine der obere Rand wohl auch mit Enten verziert zu sein (46). Im Wasser schwimmende Enten sind auf campanischen Wandgemälden abgebildet (Helbig a. a. O. 1555. 1633. 1634). Auf einem Wandgemälde eines Columbarium der Villa Pamfili bei Rom schwimmen zwei Paare Enten in einem Sumpfe, ein drittes, graubläuliches Paar (Stockenten?) befindet sich auf dem Ufer desselben (E. Samter Röm. Mitt. VIII 1893, 118 m. Fig. 3). Namentlich nehmen sich solche Gemälde gern die Ufer des Nils zum Muster und mischen von dort entlehnte Elemente ein (Stephani 46. Helbig nr. 1566. 1567. 1570 nach Pitt. d’Erc. V 66 p. 295. I 50 p. 263. V p. 165). Besonders häufig sind Mosaike dieser Art (Stephani ebd.; vgl. auch das pompeianische Mosaik des Museums in Neapel mit der einen Vogel fressenden Katze, zwei Enten u. s. w., abgeb. Mus. Borb. XIV 14). Auch auf einer in mehreren Exemplaren erhaltenen Terracottaplatte ist eine von verschiedenen Tieren, darunter auch Enten, belebte Nilgegend dargestellt (Stephani ebd.). Zwei altägyptische Metallschalen, welche ein ähnliches Motiv bringen, bespricht v. Bissing (Arch. Jahrb. XIII 1898, 30. 35 m. Fig. 1, 7. 7 a und Taf. 2). Die vermittels eingelegter Goldplättchen auf einer mykenischen Schwert- oder Dolchklinge von Bronze hergestellten figürlichen Darstellungen zeigen die Jagd pantherähnlicher Tiere auf Wasservögel, wohl Enten, an einem mit Papyrusstauden bewachsenen und von Fischen belebten Flusse (U. Köhler Athen. Mitt. VII 1882, 244 m. T. VIII. H. Blümner D. Kunstgewerbe im Altert. 1885, I 202 m. Fig. 125. 126. Perrot et Chipiez Hist. de l’art VI Taf. 7). Auf dem Gemälde einer Vase aus dem 3. oder 2. Jhdt. v. Chr. wird eine E. von drei Füchsen verfolgt (Stephani 43). Eine Marmorstatue des Museums in Neapel stellt einen Jäger dar, an dessen Gürtel zwei Enten herabhängen (Stephani 59 nach Mus. Borb. VII 10); auf einem Carneol trägt ein Jäger eine E. in der Hand (Stephani ebd.); auf einem hellenistischen Marmorrelief des Vaticans hängen von dem Pedum, welches ein Bauer auf den Schultern trägt, zwei Enten herab, welche offenbar für den städtischen Markt bestimmt sind (ebd. und W. Helbig Führer durch die öffentl. Sammlungen Roms 1891 nr. 170), und ähnlich trägt auf einem pompeianischen Gemälde ein Jüngling zwei Enten an einem Rohr (Helbig Wandgem. nr. 1848). Wo sich Eros mit der E. und ähnlichen Vögeln zu schaffen macht, tut er es in älterer Zeit nur infolge seines aphrodisischen Charakters, in römischer Zeit meist auch als Repräsentant einer idealisierten Kinderwelt (Stephani 73ff.). Auf einem aus späterer Zeit stammenden Silbergefäss der Ermitage sind Eroten dargestellt, welche Enten im Wasser zu fangen suchen (Stephani 46. Ant. de Bosph. Cimm. pl. 35, 3f.); auch auf andern Bildwerken sucht er Enten oder Gänse zu fangen, ihnen von hinten nahend (Stephani 75). Durch die Anwesenheit der E. wird in vielen Bildern das Familienleben und das Erzeugen von Nachkommenschaft, aber nicht ein wollüstiger [2647] Genuss betont (Stephani 24. 62). Dabei ist der Darstellung von bald mehr, bald weniger üppigen Gelagen zu gedenken, wo Männer und Frauen vereint und diesen auch Enten beigesellt sind, was besonders von etruskischen Künstlern geschehen ist (ebd. 61, S); jedoch sucht auch auf einer Vase mit roten Figuren im Museum zu Neapel bei einem üppigen Gelage Eros eine E. zu erhaschen (ebd. 62). Zu den Küchenstücken gehört ein Gemälde aus Herculaneum mit vier an den Beinen angebundenen und hängenden Enten (Helbig Wandgem. 1609). Als Symbol des häuslichen Frauenlebens und namentlich der Kinderzucht sind auf einem Mosaik der ephesischen Artemis drei Enten beigegeben (Stephani 94). Besonders zahlreich sind Marmorstatuen, welche Knaben darstellen, die in ruhiger, aufrechter Stellung eine Gans oder E. mit den Händen zärtlich an die Brust gedrückt halten; sie haben nach Stephani (53) vorzugsweise zum Schmuck von Brunnen und Grabdenkmälern gedient und sind sämtlich von sehr untergeordnetem Kunstwert (über einen solchen Brunnen s. auch Overbeck-Mau Pompeii⁴ 294). In römischer Zeit war eine Composition beliebt, wonach der nackte Knabe sich mit der Linken auf eine E. stützt (A. Furtwängler D. Sammlung Sabouroff 1883–87, zu Taf. XXXV, wo die Statue eines Mädchens mit der E. abgebildet ist; vgl. Stephani 55. 105 mit Taf. I 5. Archäol. Anz. 1897, 67 über eine wohl aus der Zeit Hadrians stammende und im alten Ephesos gefundene Marmorstatue eines hockenden Knaben mit einer E.). In dem Frauenschmuck, welchen die Gräber der Krim in die Ermitage geliefert haben, kehrt nach Stephani (91. 4. Ant. du Bosph. Cimm. pl. 9, 3. 11, 1. 12J 3. 24, 5) die E. öfters wieder; er meint, daß dabei der Glaube an eine geheime Kraft, wahrscheinlich aphrodisischer Art, zu Grunde liege. Einen goldenen etruskischen Brustschmuck des Berliner Antiquariums mit in Reihen schwimmenden Enten bespricht A. Furtwängler (Arch. Ztg. XLII 1884, 112 m. T. 10, 2); er sei verwandt und gleichzeitig mit der aus der sog. Tomba del guerriero zu Corneto stammenden, in Berlin befindlichen und Mon. d. Inst. X tav. X b 2 abgebildeten Goldplatte, welche die Brust des Bestatteten geziert habe. Von einem griechischen Relief des Museums zu Avignon mit einem stehenden Mädchen, welchem die Dienerin eine E. entgegenhält, zweifelt Ad. Michaelis (Arch. Ztg. XXIX 1872. 141 mit Taf. 53, 3), ob es ein Grab- oder Votivrelief sei. Auf einem kleinen, in Herculaneum gefundenen Elfenbeinkoffer des British Museum (nach Helbig Wandgem. p. XXV) sind die Felder enkaustisch mit bunten Wachsfiguren geziert (E. Cartier Rev. arch. II 1845, 286 m. T. 32), nämlich der Aphrodite, des Eros und einiger Vögel (vgl. Stephani 64), die zum Teil Enten zu sein scheinen, aber sehr willkürliche Farbenzeichnung erhalten haben. Für seine Behauptung, daß die E. der Venus (und Peitho) geweiht sei, beruft sich O. Keller (Berl. Philol. Wochenschr. 1897, 308) auf das Vorhandensein zahlreicher Vasen in Entenform sowohl im Louvre als im British Museum, auf denen Aphrodite reite, und die Zuteilung der E. an Priapos gehe aus einem Relief hervor. Ein Attribut des Winters, sowohl wenn man diesem die [2648] Gestalt einer Jungfrau als eines Knaben oder Eros gegeben hat, wurde die E. in römischer Zeit, weil die wilde E. in dieser Jahreszeit gejagt und gegessen wurde; dabei tragen diese Jungfrauen und Knaben oder Eroten die E. in der Weise einer Jagdbeute (Stephani 97ff.). Solche Mädchen sind auf mehreren pompeianischen Gemälden als Personifikationen des Winters dargestellt (Helbig Wandgem. nr. 998–1002), und nach Stephani besonders auch Knaben oder Eroten mit erbeuteten Enten auf zahlreichen römischen Münzen, auf denen freilich die Enten mitunter nicht mehr deutlich zu erkennen seien. Auf dem Rundbilde eines in Ostia gefundenen Sarkophags dagegen veranschaulichen die eine Frauengestalt, die Personification des Winters, umgehenden und im Wasser mit fünf Enten spielenden Eroten den Winterregen (Stephani 99. Baumeister Denkm. 703 mit Fig. 761. Helbig Führer durch die öffentl. Sammlungen Roms 62). Die Bemerkungen Stephanis (99) zu den Bildern eines Calendarium (des Chronographen vom J. 354 n. Chr.) sind nicht auf die E., sondern die Gans zu beziehen. Endlich befindet sich im Louvre ein unteritalischer Krater, auf dem ein Phlyax, d. h. ein Schauspieler der in Großgriechenland bei dionysischen Festen üblichen Komoedienart, nebst einer ihm folgenden E. gemalt ist, die einen Wurm oder Halm verschluckt (H. Dierks Arch. Ztg. XLIII 1885, 46 mit Taf. 5, 2. H. Heydemann Arch. Jahrb. I 1886, 298).

Literatur: A. Lindermayer Die Vögel Griechenlands, Passau 1860. E.H. Giglioli Avifauna italica, Firenze 1889. W. Prellwitz Etymol. Wörterb. d. griech. Sprache, Gött. 1892.

[Olck.]