Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Volksversammlung
Band IV,1 (1900) S. 679715
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Comitia. Die Römer unterschieden drei Arten von Volksversammlungen: concilia (s. d.), contiones (s. d.) und comitia (zur Etymologie vgl. die Deutung des comitium als Ort des Zusammentritts, Varro de l. l. V 155); Rubino 340. Lange II 448. Mommsen R. F. I 170ff. Comitia (comitiatus bei Cic. de leg. II 31. III 11; comitiae CIL VI 10213; ἀρχ(ι)αιρέσια Gloss. Dosith. im Corp. gloss. ed. Götz IΙ 104, 6. 246, 35. VI 236) sind Versammlungen des gesamten Volkes (Laelius Felix bei Gell. XV 27, 4: is qui non ut universum populum sed partem aliquam adesse iubet, non comitia sed concilium edicere debet), von Beamten, welche das ius agendi cum populo (Cic. de leg. III 10) haben – Messalla bei Gell. XIII 16 setzt agere cum populo [680] und c. habere gleich, dazu Karlowa R.-G. I 381 – an einem inaugurierten Ort (Mommsen St.-R. III 378) in feierlichen Formen unter Beobachtung der auspicia (s. d.) berufen und geleitet, zum Zwecke ordnungsgemässer Mitwirkung an den öffentlichen Angelegenheiten, bestimmte Anträge zu beschliessen, Gesetze zu genehmigen, Recht zu sprechen; vgl. Karlowa I 49. 379; Rubino 245 sagt allgemeiner: ,c. sind feierliche, nach politischen Abteilungen geordnete Versammlungen des gesamten populus, bei denen erst aus besonderen Zusätzen oder aus den Gegenständen entnommen werden kann, zu welchem Zwecke sie berufen wurden‘. Jene Definition ist jedoch nicht zutreffend für die priesterlich berufenen calata comitia (s. d., dazu Lange I 398ff. Karlowa I 49ff. 389), bei welchen das Volk nur als Zeuge fungiert, mithin kein agere cum populo stattfindet; daher werden sie auch bei Gell. XV 27, 3 als populi contio bezeichnet. Gemäss den Gruppierungen des Volkes (partes populi) sind weiter nach den Angaben der Alten (Cincius Schrift de comitiis, Fest. p. 241, ist nicht erhalten, Teuffel R. L.-G. § 117) dreierlei c. zu trennen. Laelius Felix a. a. O.: cum ex generibus hominum suffragium feratur curiata comitia esse, cum ex censu et aetate centuriata, cum ex regionibus et locis tributa, zur Erklärung Soltau V.-V. 38, vgl. Ampel. lib. mem. 48: comitiorum autem triplex ratio est: haec curiata, haec tributa, haec centuriata dicuntur. Aus praktischen Erwägungen und um das Wesen jeder dieser Versammlungen recht scharf hervortreten zu lassen, ist auch die folgende in Anbetracht des gewaltigen Stoffes äusserst knapp gefasste Auseinandersetzung nach diesen bekannten Unterscheidungen angeordnet; zunächst seien noch einige allgemeinere Bemerkungen vorausgeschickt.

Die Bedeutung der Volksversammlungen innerhalb des Staatsorganismus ist selbstverständlich bedingt durch den Einfluss, den die Volksgemeinde (populus, zur Begriffsbestimmung Niebuhr R. G. I 467ff. Rubino 233. 260. Schwegler I 621. II 103. Lange II 446ff. Mommsen R. F. I 146. 168ff.; St.-R. III 300ff. Herzog I 1055ff. und Art. Populus) überhaupt ausüben konnte. Wie es in der ältesten Zeit sich verhalten haben mag, ist nicht mehr zu erkennen; die Tradition freilich führt die spätere Machtfülle der c. weit zurück, Mommsen St.-R. III 313, und zweifellos war die Einwilligung der Gemeinde in einer ganzen Reihe von wichtigen Angelegenheiten einzuholen (s. u. S. 684f.). Mommsen a. a. O. 314: ,Von Haus aus sind die C. der Träger derjenigen souveränen Staatsgewalt, welche bei der Ausübung der bestehenden Ordnungen nicht, wohl aber dann functioniert, wenn diese abgeändert oder beseitigt werden sollen‘. Dies Entscheidungsrecht der Gemeinde, selbst ein so gewichtiges wie die Zustimmung der Centurien zum Angriffskriege, darf nicht als Volkssouveränetät im modernen Sinne betrachtet werden, wie schon zutreffend Rubino 237ff. 256 bemerkte, vgl. Lange I 396. 400. II 601. 450: denn ,der Anteil der Individuen daran war keineswegs ein gleicher, sondern ein nach dem Census, dem Lebensalter und dem Kriegsdienste abgestufter und ... überhaupt beschränkt durch die einmal bestehende geheiligte [681] Staatsordnung, welche den grössten Teil der Hoheitsrechte des Staats der Magistratur überwies‘ (s. den Art. Magistratus). Von der timokratischen Grundlage der Verfassung und Gliederung des Volkes, ,indem die Steuerpflicht die Dienstpflicht und diese das Stimmrecht bedingte‘ (vgl. Mommsen St.-R. III 240ff. 246; bei Dionys. VII 59 heissen die C. centuriata ἡ ἀπὸ τιμημάτων ἐκκλησία), sowie von dem Verhältnis der Gemeindebeamten, welche bei Berufung und Leitung der hier das Staatswohl entscheidenden Versammlungen das erste Wort zu reden hatten, aber alle staatlichen Geschäfte, worauf Mommsen Abriss 299 mit Nachdruck aufmerksam macht, in breitester Öffentlichkeit vollziehen mussten, ist hier so wenig zu handeln wie von den zu Recht oder Unrecht geschehenen Eingriffen der Bürgerschaft in die den Magistraten zugewiesene Competenz. Im allgemeinen ist Mommsens Satz, St.-R. III 322, gewiss zutreffend, ,ernstlich und erfolgreich hat das politische Gemeingefühl der Römer die Magistratur in ihrem Rechtskreis vor den C. geschützt und insbesondere der Bürgerschaft nicht gestattet, in die Personalfragen bei Besetzung des Oberbefehles sich einzumischen‘. Zu beachten ist ferner, um die formale Bedeutung der Bürgerversammlungen richtig einzuschätzen, dass das Volk nicht aus eigener Initiative, sondern nur infolge der Berufung durch die Magistrate zusammentreten konnte (Mommsen St.-R. III 303), welche die Tageszeit festsetzen, doch ist Tagung vor Aufgang und nach Untergang der Sonne unerlaubt, XII Tab. 1, 9: solis occasus suprema tempestas esto, vgl. Liv. XXXIX 16, 4; und dass ferner Jahrhunderte hindurch die Gültigkeit der Beschlüsse von der auctoritas patrum (s. Bd. II S. 2275) abhängig war. Principiell galt, dass der Senat und das Volk sich über Vorschläge einige; zuerst hat der Tribun C. Flaminius (s. d.) eine lex agraria im J. 522 = 232 gegen den Willen des Senats durchgeführt, daher Polybios II 21, 8 urteilt: ταύτην τὴν δημαγωγίαν ... ἀρχηγὸν μὲν γενέσθαι τῆς ἐπὶ τὸ χεῖρον τοῦ δήμου διαστροφῆς, und dieser Fall ist nicht vereinzelt geblieben. Die mannigfachen Versuche, den Einfluss des Senates auf die Legislative zu brechen, andrerseits die zur dauernden Sicherung desselben bis auf Caesar getroffenen Anordnungen können hier nicht aufgezählt werden; einiges bei Lange II 646ff., s. Art. Senatus. Die Gemeinde wirkt mit bei Magistratswahl, Gesetzgebung und Criminalprocess (Polyb. VI 14. Dionys. II 14. IV 20. VI 66. Cic. de leg. III 10. 33; de div. II 74, zur Erklärung dieser Stellen Mommsen St.-R. III 326 A.), und zwar ging ,die Action der C. von der Gesetzgebung aus, an die erst später sich zuerst das Criminalverfahren und dann die Magistratswahlen anschlossen, während die Action der Plebeierversammlung sich praktisch in der umgekehrten Folge entwickelte‘, Mommsen St.-R. III 154. Der Anteil des Volkes an der Gesetzgebung, die nicht dem Rechte der Götter widerstreiten und gegen einzelne Bürger sich richten darf (s. u., Mommsen St.-R. III 335ff.), ist mit der Zeit stetig gewachsen; Polybios VI 14 schlägt ihn sehr hoch an; den Umfang der Legislative kann man aus den vielen Nachrichten über solche Volksbeschlüsse ermessen, vgl. Baiter Index legum Romanarum. quarum apud Ciceronem eiusdemque scholiastas, item apud Livium, Velleium [682] Paterculum, A. Gellium nominatim mentio fit, in Orellis Ausgabe des Cicero Bd. VIII 3, Zürich 1838, 117ff. Lange II 654ff., auch Art. Lex. Für die Verhandlungen, in denen sie ihren Willen zum Ausdruck brachte, hatte die Gemeinde sich an gewisse Formen gebunden, die weiter im einzelnen besprochen werden sollen. Im Gegensatz zu den griechischen Volksversammlungen, wo man sass, haben die Römer solche Verhandlungen und Abstimmungen stehend und in strenger Ruhe erledigt, Gell. XVIII 7, 8. Cic. pro Flacc. 16; pro Sest. 127; Brut. 289; orat. 213; Tusc. II 48; Ac. prior. II 144 u. ö. Rubino 254.

Litteratur über C. im allgemeinen. C. F. Schulze Von den Volksversammlungen der Römer, Gotha 1815. Göttling Die Volksvers. der röm. Rep., Hermes XXVI (Leipzig 1826) 84ff. Rubino Untersuch. über röm. Verfass. und Gesch., Kassel 1839, 233ff. Becker Handb. II 1, 353ff. Mommsen R. Forsch. I 129ff.; St.-R. III 300ff.; Abriss 299ff. Lange R. A. I³ 397ff. II³ 446ff. 715ff. Madvig Verf. u. Verwalt. I 246ff. Karlowa R. R.-G. I 48ff. 379ff. Willems Droit public romain⁶ 1888, 157ff. Soltau Entstehung und Zusammensetz. d. altröm. Volksversamml., Berlin 1880. Herzog Philol. XXIV 299ff.; St.-V. I 1053ff. J. Kappeyne van de Copello Abh. zum röm. Staats- und Privatrecht, I, Stuttgart 1885. Schiller in I. Müllers Handbuch IV 2², 148ff. Mispoulet Études d’institutions rom., Paris 1887. A. Hallays Les comices à Rome, Thèse Paris 1890. Humbert in Daremberg-Saglio Dict. I 1374ff. G. B. dal Lago I comizi romani, Feltre 1870.

I. Comitia curiata. Die älteste und zunächst einzige politische Gliederung des römischen Volkes war die altlatinische in Curien (s. Art. Curia). Herzog I 96ff. Mommsen R. F. I 150; St.-R. III 89. 92. Diese Geschlechtsgenossenschaften (genera hominum des Laelius Felix, zur Erklärung Soltau 55ff.), welche alle Gemeindeangehörigen, Patricier, Clienten, Plebeier umfassten, traten zu Versammlungen zusammen. Stimmberechtigt sind die Plebeier erst später geworden; über den Termin lässt sich nichts Bestimmtes sagen (Karlowa I 88. 382. Herzog I 1014), jedenfalls aber geschah es, nachdem die Plebeier in den c. centuriata mitstimmten, s. den Art. Plebs und Kübler im Art. Curia. Die Annahme, dass in historischer Zeit nur Patricier stimmfähig gewesen, wie Niebuhr, Schwegler, Herzog, Lange I 279. 399 annehmen – Genz Patric. Rom 62 schliesst die Plebs bis zum Decemvirat vom populus aus – hat Mommsen R. F. I 141ff. zurückgewiesen. Unwahrscheinlich ist die Ansicht von Pantaleoni Riv. di filol. 1884, 297ff., dass Clienten und Plebeier nur zur Beratung religiöser Angelegenheiten hinzugezogen seien. Über die Formen und Rechte dieser C. in der frühesten Periode ist Sicheres nicht bekannt, doch dürften besonnene Rückschlüsse aus der republicanischen Zeit in den wichtigsten Punkten nicht fehl gehen.

Die Berufung erfolgte zunächst durch den König (q(uando) r(ex) c(omitiavit) f(as), ob auch durch den stellvertretenden interrex ist fraglich; der Praefectus hatte diese Befugnis schwerlich, Lange I 378, ebensowenig der Tribunus celerum trotz Liv. I 59, 7), unter Beobachtung der üblichen [683] auspicia, Liv. V 52, 15. IX 39, 1. Cic. ad Att. VIII 3, 3. II 7, 2. 12, 1. Der Herold ruft die Bürgerschaft zusammen, lituus und tuba erschallen. Mommsen St.-R. III 306. 386. Als sacrale Versammlungen werden sie vom Oberpontifex durch den lictor curiatius veranlasst, in der Curia Calabra auf dem Capitol zusammenzutreten; s. Art. Calata comitia. Sie tagen stets innerhalb des Pomerium, Dio XLI 43. Mommsen St.-R. II 378, meist auf dem Comitium (s. d.), Varro l. l. V 155. Fest. ep. p. 38. Liv. V 52, 15. Dio XLI 43, aber auch anderwärts, wie auf dem Forum (Suet. Aug. 65: in foro lege curiata ist allerdings fraglich) oder dem Capitol (Liv. V 46, 11 ausnahmsweise während der Gallierbelagerung). Diese C. fanden natürlich nur an den dies comitiales (s. S. 716) statt, an denen man mit dem Volke verhandeln konnte (agere cum populo Macrob. sat. I 16, 14. Varro VI 29) und durften ebenfalls nicht vor Sonnenaufgang eröffnet werden oder nach Sonnenuntergang noch tagen (s. o.). Die Curien traten zusammen a) als regelmässige an bestimmten Tagen, b) als unregelmässige, sobald eine Notwendigkeit vorlag. Alljährlich wurden zweimal von den Curien Testamente entgegengenommen, nicht blos um diesen, in den öffentlichen Schutz des populus gestellt, unbedingte Geltung zu sichern, sondern weil es überhaupt Brauch der ältesten Zeit war, das Volk bei Rechtsgeschäften als Zeuge hinzuziehen, Dernburg Beiträge zur Gesch. der röm. Testamente 15. Die Zwölftafelgesetze setzten die unbedingte Gültigkeit des letzten Willens fest, Dig. L 16, 120. Die Termine des Zusammentrittes waren gewiss feste, wenn auch die Tage nicht bekannt sind, Gell. XV 27, 3. Gai. II 101; Mommsen Röm. Chronologie 241; CIL I² p. 289 bezeichnet als solche den 14. März und 24. Mai nach den Bemerkungen des Kalenders q(uando) r(ex) c(omitiavit) f(as); dagegen Herzog I 110. Ob andere Gegenstände noch erledigt werden konnten, steht dahin. Ferner fanden sie regelmässig am ersten Tage jeden Monats statt, an dem der Pontifex c. ausschreibt, um die Nonen festzusetzen, und an den Nonen behufs Bestimmung der Feste, Mommsen Röm. Chronol. 16ff. 250. Im übrigen werden diese C. abgehalten je nach Bedürfnis behufs Erteilung der lex de imperio, der Entscheidung über Krieg und Frieden, sowie der Gerichte halber. Die Leitung musste sich zu republicanischer Zeit selbstverständlich ändern; wo sonst der König als oberster Priester die Versammlung geleitet, steht jetzt der Pontifex maximus an der Spitze; in andern fungierten die Consuln oder Stellvertreter, auch der Dictator (Liv. IX 38, 15; Interrex Cic. de rep. II 25. 31. Liv. I 32, 1. Fest. p. 351) als Vorstand. Sie brachten nun die Vorlage in Form einer rogatio ein, wie es vordem vom König geschehen war, Dionys. II 14. VII 38. IX 41. 71. 75; die Formel lautete wie bei andern beschliessenden Volksversammlungen, (Mommsen St.-R. III 312.): velitis iubeatis, uti ... vos quirites rogo, Gell. V 19, 9. Liv. I 46, 1. Andere Äusserlichkeiten, wie Ort (die Pompeianer in Thessalonike konnten im J. 48 keine gültigen Neuwahlen veranstalten, Dio XLI 43) und Zeit sind kaum geändert, auch das Trinundinum ward ferner noch beobachtet, ausser selbstverständlich bei der lex curiata de imperio, um die sofortige Übernahme des Amtes zu ermöglichen. Die Einholung [684] der Auspicien war natürlicherweise erforderlich, Liv. V 52, 15. IX 39, 1. Cic. ad Att. VIII 3, 3. II 7, 2. 12, 1. Für die Abstimmung glaubte Niebuhr aus Gellius XV 27 entnehmen zu dürfen, dass in jeder Curie die Stimmen nach gentes gezählt wurden; die Stelle ergiebt aber nur, dass die Curien nach Geschlechtern geordnet waren. In jeder Curie ward nach Köpfen (viritim) gestimmt, Liv. I 43, 10. Dionys. IV 20. 84, die Mehrheit ist das Ergebnis, Dionys. II 14, man stimmte wohl (s. u.) mit uti rogas (Annahme) und antiquo (Ablehnung). Zur Ermittlung des Ergebnisses wurden die Curienstimmen in einer durch das Los ermittelten Reihenfolge (vgl. Lex Mal. c. 57) aufgezählt; die zuerst gezogene Curie hiess principium (Liv. IX 38, 15), was lange Zeit lediglich auf ein Vorstimmrecht bezogen wurde, Lange I 401. Mercklin De curiatorum comitiorum principio, Dorpat 1855; den Sachverhalt erkannte richtig Mommsen Stadtrechte 425; St.-R. III 397. 411.

Competenz. Die richtige Einschätzung der Befugnisse der C. curiata hängt mit der Frage zusammen, welche Rechte dem Könige beizumessen sind (s. den Art. Rex) und wieviel Einfluss dem Volke geblieben ist. Dionysius weiss zwar viel von den ältesten C. curiata zu sagen, giebt ihnen das Recht, Beamte zu wählen, Gesetze zu sanctionieren, über Krieg und Frieden zu befinden, endgültige Urteile zu fällen (II 14. 22. IV 20. VI 66), was schon Rubino 257 ,als blosse Abstraction des Schriftstellers aus den von den Annalisten erzählten Fällen gebildet‘ ablehnte, ebenso Karlowa I 50; auch über die bürgerlichen und militärischen Functionen der Curien ist Dionysius nicht klar, J. J. Müller Philologus XXXIV 106. Wenn auch der Beschluss der C. curiata als iussus populi bezeichnet wird, so ist dies keineswegs als Ausdruck der Volkssouveränetät zu fassen, denn die Curien traten lediglich auf Befehl des Königs, nicht aus eigener Initiative, zusammen, hatten nur seine Mitteilungen entgegenzunehmen und auf seine Fragen zu antworten, Zusätze oder Abänderungen der Vorschläge waren nicht gestattet, Redefreiheit fehlte. Lange I 402. Karlowa I 48: ,es wäre durchaus irrig, wenn man das römische Volk in der Königszeit als das Subject einer staatlichen Souveränetät betrachten wollte ... die Römer selbst hegten allgemein die Vorstellung, dass die Befugnisse des Populus in der Königszeit geringe und engbegrenzte waren.‘ Cic. de rep. II 17. 50. 56. Genz Patric. Rom. 62. 67. Vor allem waren die Curien zugegen bei der Inauguration des neugewählten Königs (Plut. Numa 7), wie auch später bei der Einführung des Rex sacrorum, sie erteilen dem König die lex curiata de imperio, Cic. de rep. II 25. 31. 33. 35. Rubino 247. 360. Mommsen R. F. I 247ff. Da keine weiteren Magistraturen vorhanden waren, und der König die Ämter vergab, ist das Wahlrecht des Volkes (ἀρχαιρεσιάζειν), welches sich aus der Mitwirkung bei der Königswahl entwickelte, keineswegs anfangs so bedeutend gewesen, wie Dionysius II 14. IV 20 angiebt. Rubino 297ff. 342. Karlowa I 51. Die Legislative hat wohl zunächst der König selbständig gehabt (Liv. I 8, 1), doch ward bald dem Volke Einfluss auch in dieser Hinsicht gewährt, Lange I 406; man darf [685] jedoch in dem ἐπικυροῦν, welches Dionysius a. a. O. unter den ältesten Rechten des Volkes nennt, nicht moderne Institutionen und Begriffe suchen, wie Rubino 351 zutreffend betont. Dass in der Königszeit die Curien fast durchweg bei der Kriegserklärung befragt wurden, scheint gewiss, denn das Interesse des Volkes wurde durch diese Entscheidungen ja am meisten berührt, Liv. I 32, 13. Cic. de rep. II 31. Gell. XVI 4, 1. Rubino 258ff. 289. 291ff. Herzog Ι 73. Auch die Formel der Fetialen: quod pop. rom. iussit esse senatusque censuit hat man auf diese Mitwirkung des Volkes deuten wollen. Tarquinius Superbus wurde beschuldigt, Bündnisse geschlossen (s. u.) und Kriege begonnen zu haben iniussu populi ac senatus, Liv. I 49, 7. Karlowa I 50 bestreitet solche staatsrechtliche Notwendigkeit, die Einwilligung des Volkes einzuholen. Das mag sein, immerhin war die Zustimmung desselben von ausschlaggebender Bedeutung, so dass der oberste Kriegsherr sich derselben versichern musste. Beim Friedensschluss sind die Curien nicht gefragt, Rubino 258ff. 260. Verträge haben, so lange Rom von Königen beherrscht war, fremde Völker nur mit den Königen abgeschlossen, Liv. I 13ff. Dionys. II 46. 55. III 32. 41. 54. 60. 66. IV 27. 48. Plut. Rom. 19. Ausführlich hierüber, sowie über die spätere Competenz des Senates in diesen Fragen Rubino 264ff.; s. auch den Art. Foedus. Die Iurisdiction der Curien, unbeschadet des königlichen Hoheitsrechtes, erfolgte, wenn der König die Provocation gegen Verurteilung wegen perduellio erlaubt hatte, Liv. I 26, 8; tum Horatius auctore Tullo clemente legis interprete ,provoco‘ inquit. Auf den sagenhaft ausgeschmückten Fall des Horatius kann ich hier nicht eingehen, Liv. I 26. Dionys. III 21ff. Fest. ep. p. 297. S. die Art. Perduellio, Provocatio und Karlowa I 53.

In republicanischer Zeit erstreckten sich die Befugnisse der C. curiata 1) auf Angelegenheiten der Curien im Besonderen, Lange I 411, weiter namentlich auf Änderungen in der Zugehörigkeit zu den Geschlechtern, 2) auf Gemeindedinge.

1) Aufnahme von Geschlechtern und einzelnen Personen unter die Bürger, Soltau 61. Die Zustimmung der Curien war erforderlich bei Haus- bezw. Geschlechtswechsel eines selbständigen Bürgers, bei Übertritt von Patriciern in den Plebeierstand (transitio ad plebem, z. B. des vielbegehrten Tribunates wegen, so P. Clodius Pulcher, vgl. Lange I 412; s. die Art. Adrogatio und Detestatio sacrorum, Cic. de domo 77. Gai. I 99. Formeln bei Gell. V 19. Mommsen St.-R. III 38. 318. Lange I 131. 134. 141. 412), namentlich auch, wenn eine Adoption als testamentarische erfolgte (s. den Art. Adoptio), Dio XLV 5. Appian. b. c. III 94 : κατὰ νόμον κουριάτιον (Fall des Octavian, s. Leonhard oben Bd. I S. 420). Mommsen St.-R. III 40. Augustus adoptierte den Tiberius lege curiata auf dem Forum, Suet. Aug. 65. Wenn ein Patricier einen noch in väterlicher Gewalt stehenden Plebeier adoptieren wollte, hatte dabei der Pontifex maximus mitzuwirken, Gell. V 19. Die Curien hatten ferner Genehmigung bei Cooptation (vgl. die von Caesar veranlasste Lex Cassia und die unter Augustus gegebene Lex Saenia), bei Wiederverleihung des aufgegebenen oder entzogenen [686] Bürgerrechtes (Liv. V 46, 10, Camillus Rückberufung, dazu Mommsen St.-R. III 40. 319. Karlowa I 405), Mommsen R. F. I 272. Die Sitte, gewisse Testamente vor den Curien als Zeugen zu machen, ward mehr und mehr verdrängt, Mommsen St.-R. III 319.

2) Politische Bedeutung in beschränktem Masse hatten sie noch durch die Erteilung der lex curiata de imperio an höhere wie niedere Beamte (s. den Art. Imperium), die freilich mit der Zeit zur Form ward. Der Beamte, auch der Dictator (Liv. IX 38, 15. 39, 1. Dionys. V 70), suchte seine Bestätigung nach, indem er die Curienversammlung aufforderte, ihm das Imperium durch das genannte Gesetz zu übertragen, Liv. VI 41, 10. Cic. de rep. II 56; de domo 38. Dio XXXIX 19; nur die Censoren hatten sich an die Centurien zu wenden (s. u.). Seit jedoch im J. 455 = 299 der Vorsitzende Interrex Stimmen zu Gunsten eines plebeischen Candidaten nicht als gültige anerkennen wollte, zwang man die Curien, im voraus den Centurienbeschluss zu bestätigen, Cic. Brut. 55. Aur. Vict. de vir. ill. 33. Mommsen R. F. I 311. Lange II 100. Nochmals gesetzlich festgelegt ward diese Norm in der Lex Maenia kurz nach 467 = 287 (Zeitfrage erörtert Willems Le sénat II 70), wodurch Consul- und Praetorenwahlen auch von der Verpflichtung, die auctoritas senatus zu begehren, befreit wurden, Mommsen St.-R. III 1042. Lange I 409. Seitdem war die Genehmigung zu geben in incertum, comitiorum eventum, Liv. I 17, 9. Sallust. hist. frg. III 61, 15. Immer mehr schien es zwecklos sich zu versammeln, was der wachsenden Zahl von Beamten halber allerdings öfter erforderlich war; die C. curiata wurden eine leere Formalität, das imperium ward zwar fortan der Auspicien wegen nach altem Ritus bewilligt, aber schliesslich nur in Gegenwart von Pontifices, drei Auguren und dreissig Lictoren (Mommsen St.-R. I 390. 611) als Vertretern der Curien, Cic. ad Att. IV 18, 4. Dionys. IX 41. Cic. de leg. agr. II 31: comitia illa ad speciem atque ad usurpationem vetustatis per XXX lictores auspiciorum causa adumbrata; de domo 38. Seit wann allerdings dies abgekürzte Verfahren üblich wurde, steht dahin; vielleicht seit dem zweiten punischen Krieg; dass es in Ciceros Zeit gebräuchlich war, erhellt aus der angegebenen Stelle. Becker-Marquardt II 3, 189.

In beglaubigter Zeit sind weder legislative noch richterliche Befugnisse im eigentlichen Sinne noch Wahlcompetenz nachzuweisen, Karlowa I 405.

Litteratur über C. curiata: Rubino 245. 257ff. Lange I 369. 406. Madvig I 222. Willems 159. 171. Mommsen Rh. Mus. 1858, 565ff.; R. F. I 140; St.-R. III 316ff. Karlowa I 31. 49. 382. Herzog I 106. 1059. Clason Krit. Erört. 1. Soltau 67. Humbert in Daremberg-Saglio I 1375. 1377 (ebd. ältere Litt.). Schiller in I. Müllers Handb. IV² 2, 149. Genz Das patric. Rom 54. Schömann De cur. com., Opuscula I 61. Newman in Class. Museum 1848, 101.

II. Comitia centuriata. Von der auf Servius Tullius nach der Überlieferung zurückgeführten Einteilung des Volkes in nach dem Census abgestufte Classen und in Centurien ist an anderer Stelle gehandelt; s. die Art. Census, Centuria [687] Nr. 2, Classis Nr. 2. Nach Centurien trat die gesamte wehrhafte Bürgergemeinde zu Versammlungen zusammen. Ob diese C. centuriata schon in der Königszeit bestanden (Dionys. IV 20. VI 66), erscheint zweifelhaft, denn die jenem Herrscher zugeschriebene Reform hatte zunächst keine solchen weitreichenden politischen Zwecke, sondern verfolgte einen militärischen, die Plebeier ebenfalls zum Kriegsdienste heranzuziehen, Mommsen St.-R. III 244. Nach Soltau 283. 290 haben die Centurien erst etwa zur Zeit der Decemvirn aufgehört, militärische Compagnien zu sein, während Karlowa I 82 ihnen frühzeitig politische Rechte beimessen möchte. Als das streitbare Heer den Sturz der Königsherrschaft in erster Reihe bewirkt hatte, gewann die patricisch-plebeische Wehrordnung im Staate Einfluss, und schon bei der Umgestaltung der Verfassung lag ihr die Wahl der neuen Behörde ob.

a) Berufung, Geschäftsordnung, äusserer Verlauf der C. centuriata. In Bezug auf diese zu verschiedenen Zwecken nach Classen und Centurien zusammentretenden Volksversammlungen (comitiatus maximus Cic. de leg. III 11. 44, dazu post red. in sen. 27: quae maxime maiores c. iusta dici haberique voluerunt, vgl. Mommsen R. F. I 161; St.-R. III 323; Soltau 284 will den Ausdruck nur als Rangbezeichnung fassen) sind zunächst folgende im allgemeinen übereinstimmende Formen hervorzuheben.

Nur die Inhaber des imperium, dessen Ausfluss das ius agendi cum populo war, sind berechtigt, die C. centuriata zu berufen, imperare exercitum, Varro l. l. VI 88, vgl. 93; also sowohl die oberen Magistrate unter Berücksichtigung der bezüglich der Collegialität üblichen Normen, wie die etwa vorübergehend ernannten. Mommsen St.-R. I 192. Zumeist erfolgt die Versammlung der Centurien auf Geheiss der Consuln, Lange I 727. Becker-Marquardt II 3, 52ff., aber auch infolge der Aufforderung von Dictatoren oder Interreges für Wahlen, wahrscheinlich auch der Reiterobersten; ebenso haben die Decemviri leg. scrib. und Consulartribunen die Befugnis gehabt. Dem Praetor steht das Recht nur für richterliche C. centuriata zu, Cic. de leg. III 10. Liv. XXVI 3, 9. XLIII 16, 11. Gell. VI 9, 9; als Vertreter des Consuls lag ihm die Anordnung der C. centuriata auch für andere Zwecke ob (Liv. XXII 33, 9), doch kennen wir keinen Fall, dass er dieselben behufs Gesetzgebung berief, Lange I 775. Die Censoren, denen das ius agendi cum populo fehlt, können die Centurien nur für Census und Lustrum, wobei nicht abgestimmt wurde, berufen, Varro l. l. VI 86f. 93; fälschlich behauptet Zonaras VII 19, dass sie gesetzgebende C. anordnen durften, Lange I 663. Nicht befugt ist mangels eines eigenen imperium der Praefectus urbi (Liv. III 24. 2. vgl. Lange I 380), aus demselben Grunde der Quaestor, sofern ihm nicht Consul oder Praetor eine solche Befugnis erteilen zum Zwecke der Begründung seines Urteilsspruches in Capitalprocessen gegenüber der Provocation, Varro l. l. VI 91. Liv. III 24, 7. Dionys. Hal. VIII 77. Die Duoviri perduellioni iudicandae haben das Recht nicht, Karlowa I 389.

Bezüglich der Stimmabgabe sind im allgemeinen [688] die in der servianischen Verfassung getroffenen Normen massgebend geblieben, allerdings erweitert auf die proletarii; in welcher Weise dies geschehen ist, muss unentschieden bleiben. Diese Controverse hat Kübler im Art. Capite censi auseinandergesetzt.

Der Magistrat, dem für die Erledigung der gewöhnlichen Geschäfte und zur Aufrechterhaltung der Ordnung Amtsdiener (s. den Art. Apparitores) zur Verfügung stehen, erlässt ein Edict, das, öffentlich verkündet und aufgestellt, den Tag der C. centuriata sowie den durch Abstimmung zu erledigenden Gegenstand namhaft macht; c. in diem edicere, Liv. XXII 33, 9. XXIV 7, 11. XXVII 6, 2; comitiis diem edicere, Liv. XXVI 18, 4. XXXI 49, 12; c. in trinum nundinum indicere, Liv. III 35, 1; c. edicere, Liv. IV 57, 9. XXII 33, 9. XXIV 7, 11. XXXV 24, 3. Varro de l. l. VI 91. Suet. Caes. 18. Gell. III 15, 1; c. indicere, Liv. IV 6, 9; ἀρχαιρεσιῶν ἡμέραν προτιθέναι, Dionys. V 19. VI 22; προειπεῖν X 19. Das Landvolk wurde durch Boten aufgefordert, Liv. XLIII 14, 10. Appian. bell. civ. I 14 u. ö. Der Tag muss comitialis sein (s. den Art. Comitiales dies), also weder zu den dies fasti noch den dies nefasti gehören, Varro de l. l. VI 29: comitiales dicti quod tum ut coiret (ut iret Spengel) populus constitutus est ad suffragium ferendum. Macrob. I 16, 14. Ovid. fast. I 53. Fest. ep. p. 38. Liv. VII 18, 9. XXIV 7, 11. XXV 2, 7; auch an den Kalenden, Nonen, Iden, grossen Festen, Nundinen, konnten sie abgehalten werden. Lange I 355. 357. 362. II 518f. Der caesarische Kalender zählt 191 dies comitiales, CIL I² p. 296 (s. Fasti). Der ursprünglich militärische Charakter der C. centuriata (daher Varro de l. l. VI 93 exercitus urbanus. Liv. I 44, 2 exercitus instructus, zur Erklärung Mommsen St.-R. III 387; dass das Volk – ausser beim Census – bewaffnet erschien, ist nicht richtig; Dion. IV 84 ist kein Beweis dafür) hat sich mit der Zeit verloren; Dio XXXVII 28 berichtet irrtümlich, dass militärischer Gehorsam gefordert wurde. Lange II 517. 520. Zwischen Einberufung und Zusammentritt war zunächst eine bestimmte Frist gesetzlich nicht festgelegt, doch herkömmlich einige Zeit zu warten, um dem Volke in Contionen Gelegenheit zur Meinungsäusserung zu geben, Liv. IV 24, 6. X 21, 13. XXIV 7, 11. Dionys. VII 58. Herzog I 1092. Bei Entscheidung über Krieg und Frieden sollten aber, falls nicht Dispens gewährt ward, wenigstens 30 Tage (iusti dies triginta, Fest. ep. p. 103. Macrob. I 16, 15, vgl. Serv. Aen. IX 52) als eine dem bundesbrüchigen Gegner zugebilligte Sühnefrist dazwischen liegen; Mommsen St.-R. III 387 weist auf den gleichen aus den Zwölftafeln bekannten Zeitraum hin, den das römische Privatrecht dem Schuldner zwischen Urteilsspruch und Verhaftung zugestand. Wie bei den C. tributa (Liv. III 35, 1, s. u.) ist später (nach Mommsen a. a. O. 376 schon sehr früh) auch bei den C. centuriata eine Frist von mindestens drei Markttagen (in trinum nundinum) üblich gewesen, vgl. SC. de Bacch. v. 22 haice utei in conventionid exdeicatis ne minus trinum noundinum, und durch die Lex Caecilia Didia 98 v. Chr. (Bardt Herm. IX 305ff.) unbedingt verbindlich [689] gemacht worden. Zur Berechnung vgl. Art. Nundinae. Nach Herzog I 1092 umfasste der Termin nur 17 Tage und war ursprünglich gebunden an wirkliche Markttage. Für zutreffender halte ich Mommsens Deutung des in trinum nundinum (Röm. Chronologie 243; St.-R. III 375) als Zeit von 3 Wochen einschliessend den Tag des Edicterlasses und der Abstimmung (nundinum als Woche von 8 Tagen). Schwegler R. G. II 563. Hartmann Ordo iudiciorum 88.

Ort. Das wehrhafte Volk kann ausnahmslos (die entgegengesetzten Berichte bei Appian. bell. civ. III 30. Plut. Cam. 36; Crassus 15; Pomp. 52 beruhen auf Missverständnissen) nur ausserhalb des Pomerium zusammentreten (Liv. V 52. 15. Gell. XV 27, 4), und früher wenigstens überhaupt nicht allzuweit von der Stadt entfernt; seitdem die C. centuriata der tribunicischen Intercession unterworfen waren, durften sie überhaupt nicht jenseits des ersten Meilensteins gehalten werden. Meist ward das Marsfeld gewählt (Laelius Felix bei Gell. XV 27 centuriata c. in campo Martio haberi exercitumque imperari praesidii causa solitum, quoniam populus esset in suffragiis ferendis occupatus. Cic. pro Rabirio perd. 11. Liv. I 44, 2. VI 20, 10. Dionys. VII 59), zweimal, soweit wir wissen, der poetelinische Hain (Plut. Cam. 36. Liv. VI 20, 11 Verurteilung des Manlius); die Gesetzgebung des Dictators M. Valerius Corvinus erfolgte vor der Porta Flumentana (zur Lage Jordan Topogr. I 240. Mommsen R. F. II 191); einmal ward das Aesculetum (s. d.) gewählt (Plin. n. h. XVI 37, Hortensius Gesetze). Caesars Plan, die C. centuriata überhaupt nach dem vaticanischen Felde zu verlegen, kam nicht zur Ausführung, Cic. ad Att. XIII 33, 4. Drumann III 645. In der Nacht vor dem Zusammentritt hatte der vorsitzende Beamte von einem ausserhalb des Pomerium gelegenen templum (umfriedigt, daher tabernaculum, Cic. de nat. deor. II 11. Liv. IV 7, 3. Serv. Aen. II 178. Karlowa I 158) aus Auspicien (s. den Art. Auspicia) anzustellen. Waren dieselben günstig, so befahl der Magistrat dem accensus prima luce die Wehrgemeinde zu berufen, Varro de l. l. VI 88 C. Calpurni voca in licium omnes Quirites huc ad me. Dieser sagt: omnes Quirites, in licium visite huc ad iudices. Zur Erklärung des Ausdruckes in licium vocare Fest. ep. p. 113f., vgl. Karlowa I 397. Später ging der Auftrag an den Augur, Varro de l. l. VI 95. Die Trompete, classicum, ertönt auf den Mauern der Burg, Varro de l. l. VI 91. Mommsen St.-R. III 288. Mit feierlichem Gebete und Opfer, wie auch sonst üblich, wird die contio eröffnet (Liv. XXVI 22. XXXI 7, 1. XXXIX 15. 1. Cass. Dio LVI 1. Cic. pro Mur. 1. Dionys. VII 59. X 32. 57), die der Magistrat auf dem Tribunal sitzend abhält. Varro de l. l. VI 88. Fest. ep. p. 113. Derselbe unterbreitet den Gegenstand der Abstimmung (Liv. VI 39. 40. Cic. ad Att. I 14; Brut. 89; de div. I 102), empfiehlt nochmals die rogatio (Cic. de leg. III 11); auch Privaten durfte das Wort zur Empfehlung oder Widerlegung der Vorlage gegeben werden (Liv. III 71, 3. XLII 34, 1. XLV 36, 9. Dio XXXVIII 4), die jedoch nicht in wichtigen Teilen abgeändert werden durfte, da sonst eine neue Ankündigung und Trinundinum erforderlich war. [690] Auf dem Markte von der Rednertribüne wird die Abstimmung angesagt, Varro de l. l. VI 91 collegam roges, ut comitia edicat de rostris et argentarii tabernas occludant; der erwähnte Ladenschluss hat aber nicht immer stattgefunden. Beibehalten ist jedoch die nur in ältester Zeit berechtigte Sitte, auf dem Ianiculum (nicht auf der arx) eine Besatzung zu lassen; ferner wird eine rote Fahne (vexillum russeum Macrob. sat. I 16, 15, vgl. Liv. XXXIX 15, 11. Dionys. VII 59) – Serv. Aen. VIII 1 spricht undeutlich von zwei Fahnen – aufgezogen, deren Einholung die C. unterbricht, Dio XXXVII 27, vgl. Cic. pro Rab. perd. 10 (durch den Praetor Metellus auf Geheiss des Consuls Cicero). Die Tagung muss ohne Unterbrechung (uno vocatu) abgehalten und an dem Einberufungstage vor Sonnenuntergang beendet werden. Nach Beendigung der contio (Cic. pro Flacc. 15), erteilt der Magistrat, nachdem er die Worte gesprochen: quod bonum faustum felixque (felix fortunatumque) sit (Liv. I 17, 10. Cic. de div. I 102), den Befehl, sich zur Abstimmung zu ordnen, Varro de l. l. VI 88: impero – da er jetzt als Inhaber des imperium handelt – qua convenit (sc. exercitus) ad comitia centuriata, vgl. centurias ad suffragium vocare, in suffragium mittere Liv. X 21, 13; discedere in suffragium, exercitum comitiorum causa educere Liv. XXXIX 15, 11, vgl. Varro r. r. I 2, 9. Dionys. VII 59, später, als die Tribus Oberabteilungen der Centurien geworden waren, auch tribus ad suffragia vocare, Suet. Caes. 80, vgl. Liv. V 18, 2. Der älteren Ordnung gemäss stimmten nach Aufruf des praeco erst die Rittercenturien, zunächst die sechs patricischen, dann die zwölf plebeischen (was Backmund Blätter für bayr. Gymn. 1874, 231 bezweifelt), als centuriae praerogativae (Liv. I 43, 11 equites vocabantur primi. X 22, 1. Fest. p. 249. Cic. de rep. II 39; de div. I 103), deren Votum als omen galt (genauer Kübler oben Bd. III S. 1956). Die Stimmen (sententiae Liv. X 11, 4) werden durch einzelne Umfrage gesammelt vom Centurio (Fest. p. 177), später wohl von den curatores tribuum als rogatores centuriarum (Cic. pro Sest. 103; de div. II 74f.; de nat. deor. II 10; de or. II 260. Ps.-Ascon. p. 108. Mommsen St.-R. III 403. 406), dann aber, etwa in Ciceros Zeit, werden die rogatores vom Vorsitzenden jedesmal ernannt, Cic. in Pis. 36; p. red. in sen. 28. Die Übergabe der Stimmen erfolgt an den praeco, welcher dem Vorsitzenden das Ergebnis meldet (Cic. de orat. II 260; singulae voces praeconum de leg. agr. II 4); dieser erteilt die Erlaubnis zur öffentlichen Bekanntmachung (renuntiare Gell. XII 8, 6), Varro de l. l. VII 42. Cic in Verr. V 38; pro Mur. 1, vgl. Lex Malac. c. 56. Lange De mag. Rom. renuntiatione, Leipzig 1879. Darauf folgten gemäss dem Census die 80 Centurien der ersten Classe als primo vocatae, Liv. X 15, 7. 22, 1; auch deren Votum ward sogleich bekannt gegeben. War jetzt bereits eine Majorität vorhanden, wurde die weitere Abstimmung ausgesetzt (Dionys. X 17), andernfalls jedoch fortgefahren, bis eine solche erzielt war, Liv. I 43, 11: ibi si variaret, quod raro incidebat, ut secundae classis (centuriae) vocarentur nec fere umquam infra ita descenderent ut ad infimos pervenirent. X 13, 13; aber nur bis zur Feststellung der Majorität wurden Stimmergebnisse [691] gezählt und durch den vorsitzenden Beamten öffentlich verkündet. Ohne diesen letzten Act wäre die Abstimmung ungültig gewesen, und es ist bei Wahlen vorgekommen, dass die Bekanntgebung des Resultates verweigert wurde, Val. Max. III 8, 3. Herzog I 660. Danach konnte die Entlassung des Volkes erfolgen, exercitum remittere, Fest. p. 289. In der reformierten Centurienverfassung (Kübler o. Bd. III S. 1956f.) war das Vorstimmrecht der Ritter weggefallen; sie gaben ihr Votum ab mit oder nach der ersten Classe, Lange II 509ff., nicht blos bei Wahlen, wie Madvig I 264 und Genz Die Centuriatcomitien 18 meinten. Aus derselben ward eine Centurie ausgelost – daher von den iure vocatae, Liv. XXVII 6, 3, unterschieden – indem 70 Lose in die urna (Lucan. Phars. V 394) oder sitella geworfen wurden. Falls die Ziehung rechtsgültig war, stimmte die praerogativa ab, Liv. XXIV 7, 12. XXVI 22, 2. XXVII 6, 3, in diesen Fällen eine centuria iuniorum, Cic. Phil. II 82; ad Q. fr. II 14, 4, ihr Votum galt als omen, Cic. de div. I 103 praerogativam maiores omen iustorum comitiorum esse voluerunt; pro Plancio 49. Mommsen St.-R. III 274. 291ff. Der rogator centuriae meldete das Ergebnis dem Vorsitzenden (praerogativam referre, Cic. de div. II 74), der es durch den praeco renuntiieren liess, Cic. Phil. II 82. Bei Wahlcomitien ist zuweilen die Abstimmung der centuria praerogativa für ungültig erklärt und dieselbe zu erneuter Stimmabgabe zurückbeordert worden (revocare, Liv. XXIV 8, 20. XXVI 22, 4, vgl. V 18, 2. Lange II 523). Die Centurien jeder Classe stimmten gemeinsam ab, ob aber jedesmal das Ergebnis der Zählung gleich verkündet ward, ist nicht zu sagen, wahrscheinlich vermied man eine solche Unterbrechung des Wahlactes. Ergab sich, was schon bei der Abstimmung der dritten Classe möglich war, eine Majorität, so galt die Abgabe der Vota als beendigt. Lange II 526 will aus den Erwähnungen der Einstimmigkeit aller Centurien, Liv. XXIV 9, 3. XXVI 18, 9. 22, 13. XXVII 21, 4. XXIX 22, 5. XXXI 6, 3. Cic. pro Sulla 91; in Pis. 2; pro lege Man. 2, allerdings entnehmen, dass der Regel nach durchgestimmt worden sei. Betreffs der angeblichen centuria ni quis scivit, welche Mommsen und Willems bezweifeln und die nach Herzog I 1123 nur einen Scheinwert hatte, oben Bd. III S. 1955.

In späterer Zeit, schwerlich schon seit der Reform, sicher aber vor Einführung der schriftlichen Stimmabgabe (Liv. XXVI 22, 11), hatte man behufs einer glatteren und gleichzeitigen Abwicklung des Abstimmungsgeschäftes auf dem Marsfelde durch Seile oder hölzerne Schranken einen Platz (ovile, Liv. XXVI 22, 11. Serv. Buc. I 34) und für die Centurien Einzelräume durch Seile abgeteilt. Ein Steg (pons s. u.; Auct. ad Herenn. I 21. Cic. ad Att. I 14, 5. Fest. p. 334 s. sexagenarios de ponte) führte in jeder Abteilung von der dem Eintritte entgegengesetzten Seite auf das Marsfeld (so Herzog I 1123). Nach Suet. Caes. 80 befahl der Vorsitzende e ponte dem versammelten Volke die Abstimmung zu beginnen, beim Überschreiten des Steges gab jeder dem rogator, dem ebenfalls vereidigte Controlleure, custodes, zur Seite standen, sein Votum. Seit die saepta (s. u. und den Art. Saepta) für die C. tributa eingerichtet [692] waren, wurden dieselben auch für die C. centuriata benutzt.

Später ward schriftliche Abstimmung (von Dionysius schon in die älteste Zeit verlegt), zur Wahrung der Volksfreiheit (Cic. pro Sest. 103: populus libertatem agi putabat suam; de leg. III 33–39; pro Plancio 16; de leg. agr. II 4; Lael. 41) eingeführt, schrittweise infolge tribunicischer Gesetze; für die Beamtenwahlen im J. 615 = 139 durch A. Gabinius, für gerichtliche C. ausschliesslich perduellio im J. 617 = 137 durch L. Cassius Longinus, für Legislative im J. 623 = 131 durch C. Papirius Carbo, für perduellio im J. 647 = 107 durch C. Caelius Caldus. Näheres unter diesen Namen und im Art. Leges tabellariae. Der Bürger bekam bei Wahlen, wohl von den Dienern der Magistrate, im ovile ein Täfelchen (tessera, tabella Cic. de leg. III 11, tesserula Varro r. r. III 5, 18), um den Namen des (der) Candidaten, oft nur mit Initialen (Cic. de dom. 112) darauf zu schreiben, Plut. Cato min. 46; C. Gracch. 13. Suet. Caes. 80; bei Gesetzesvorschlägen und bei Rechtsspruch deren zwei: im ersteren Falle das eine bejahend mit U·R (uti rogas) bezeichnet (Liv. VI 38, 5. XXX 43, 3. XXXI 8, 1. XXXIII 25, 7. XXXVIII 54, 12. Cic. de leg. II 24; ad Att. I 14. 5, dazu die Münze des Longinus IIIvir, Mommsen Röm. Münzwesen 636), das andere verneinende trug wohl den Vermerk A (antiquo), was zwar nicht bezeugt ist, aber aus dem üblichen Sprachgebrauch legem antiquare (z. B. Liv. IV 58, 14. V 30, 7. VIII 37, 11. XXII 30, 4. XXXI 6, 3. Cic. de leg. III 38; de off. II 73; ad Att. I 14, 5. Becker-Marquardt II 3, 99) geschlossen werden darf. Beim Volksgericht trugen sie aus ähnlichen Gründen vermutlich die Zeichen A (absolvo), C (condamno) oder L (libero), D (damno), Münze des Caldus IIIvir, Mommsen Röm. Münzw. a. a. O.; Strafrecht 171. Das entscheidende Täfelchen legte man bei den Stegen in einen Kasten, cista (Auct. ad Her. I 21. Sisenna frg. p. 118 P. Plut. Ti. Gr. II, cista auf einer Münze des Nerva, Mommsen St.-R. III 405 A.). Damit die Freiheit der Abstimmung gewahrt blieb, wurden im Laufe der Zeit mancherlei Vorkehrungen getroffen, so liess Marius die Stege verengern, Plut. Mar. 4. Val. Max. VI 9, 14. Cic. de leg. III 38: postea latae sunt (leges) quae tegunt omni ratione suffragium, ne quis inspiciat tabellam, ne roget, ne appellet, pontes enim lege Maria fecit angustos. Trotzdem hat es, wie bekannt, weder an ungesetzlicher Controlle der abstimmenden Bürger gefehlt, noch an Missbrauch der Comitien, Auct. ad Her. I 21; ad Att. I 14, 5, vgl. den Art. Ambitus. Wenn Wahlen noch lange Zeit im Sinne der Aristokratie ausfielen und tüchtige Persönlichkeiten an die rechte Stelle setzten, wenn die Gesetzgebung eine nützliche und heilsame blieb, so zeugt dies für den trotz aller Parteileidenschaft im ganzen sicheren politischen Takt des römischen Volkes, Herzog I 368. Die Stimmtäfelchen jeder Classe wurden ins Amtshaus der Censoren geschafft und geordnet (Varro r. r. III 2–5), die Zahl der auf einen Candidaten gefallenen Stimmen durch Punkte auf Täfelchen vermerkt, Cic. pro Plancio 54. Schol. Bob. p. 264. Cic. pro Mur. 72; Tusc. II 62, vgl. Sidon. carm. II 19. Auson. grat. actio III 13, daher Horat. de arte poet. 343: omne tulit punctum. Das Ergebnis [693] wird dem Vorsitzenden gemeldet, Cic. de div. II 74; de orat. II 260. Q. Cic. de pet. cons. 56. Die in Beutel (loculi) verpackten Tafeln wurden aufbewahrt, so lange eine Anfechtung des Ergebnisses möglich war, Varro r. r. III 5, 18. Die Entlassung auch dieser Versammlung (remittere exercitum Fest. p. 289) musste, wie gesagt, auf jeden Fall vor Sonnenuntergang erfolgen. Im Falle die Handlung noch nicht beendet war, erfolgte Verschiebung auf den folgenden Tag, Liv. X 22, 8. Inwieweit diese äusseren Formen bei den verschiedenen Arten der C. Abänderungen erfuhren, soll bei der folgenden Auseinandersetzung gezeigt werden.

b) Wahlen in den C. centuriata (Lange II 531). Sagte das Edict Wahlen an (zunächst wurden nur die vacanten Stellen bekannt gegeben, später auch die Liste der Candidaten, Mommsen St.-R. I 502), war zumeist die Abhaltung von contiones notwendig, um sich über die Candidaten schlüssig zu machen. Zunächst hatte das Volk sich nur über Wahl oder Ablehnung der öffentlich bekannt gegebenen vorgeschlagenen Persönlichkeiten zu entscheiden; andere Namen erklärte der Beamte nicht berücksichtigen zu wollen, Liv. III 21, 8. 64, 5. VIII 15, 9. IX 46, 2. XXVII 6, 5. XXXIX 39, 5. Cic. ad fam. XVI 12, 3; Brut. 55. 224. Gell. VII 9, 3; vgl. Lex Iulia mun. Z. 132. Dass schon Valerius Poplicola (s. d.) dem Volke die Freiheit eigener Wahl verschafft habe (Plut. Val. Popl. 11), ist falsch. Wer gewählt werden wollte, musste eine Zeit zuvor, wohl ein trinundinum (Sallust. Cat. 18. Cic. ad fam. XVI 12, 3), sich bei den wahlleitenden Beamten melden (nomina profiteri, profiteri se petere Liv. XXVI 18, 5. 7. Ascon. in Corn. p. 89. Vell. II 92, s. den Art. Professio), und zwar in späterer republicanischer Zeit (etwa seit 692 = 62) persönlich, Cic. de leg. agr. II 24; betreffs Plut. Mar. 12 Mommsen St.-R. I 503. Die Aufstellung von Candidaturen war bis zum Beginn der Abstimmung zulässig; erst später kamen auch Wahlen solcher Personen vor, die sich überhaupt nicht gemeldet (Cic. Brut. 55) oder offenkundig eine eventuelle Wahl abgelehnt hatten, Liv. V 18, 1. X 9, 10. Becker II 2, 36ff. Seitdem die einzelnen Ämter an bestimmten Tagen angetreten wurden, fanden auch die Wahlen an regelmässigen Terminen statt, Herzog I 654. Die Collegien wurden zusammen gewählt, so der Praetor seit 387 = 367 mit den Consuln (Liv. X 22, 8. Gell. XIII 15, 6 eodem auspicio); erst als mehrere Praetoren zu wählen waren, wurde ein besonderer Termin dazu angesetzt, der bald nach der Consulwahl fiel (Liv. XXVI 23, 1. XXVII 35, 1. XXXIII 24, 2, vgl. Cic. ad fam. VII 30, 1; Phil. II 82), später aber nach einer etwas längeren Pause stattfand, Cic. ad fam. VIII 4, 3. Sobald ein Candidat die Mehrheit erlangt hatte, wurden die Stimmen nicht weiter gezählt. Die Schattenseiten dieses Verfahrens kennzeichnet Herzog I 1104 zutreffend. Wer zuerst die meisten Stimmen auf sich vereinigte (prior factus est), ward an erster Stelle renuntiiert, und dieser gradus renuntiationis blieb unter sonst gleichgestellten Collegen für den Rang entscheidend, Cic. pro Mur. 18. Der zuerst renuntiierte Beamte, z. B. prior consul (Liv. XXIX 25), ist nicht zu verwechseln mit dem seiner Anciennität [694] halber genannten consul maior, Cic. de rep. II 31. Plut. Popl. 12. Gell. II 15. Fest. p. 161. Lange I 731. II 529 giebt weitere Belege. Nur die Censoren wurden gemeinsam renuntiiert, damit nicht einer derselben aus der früheren Nennung höheres Ansehen herleite, Liv. IX 34, 25. Der praeco des wahlleitenden Beamten forderte den rogator auf, die Centurienstimme zu verkünden, z. B. dic de L. Manlio, Cic. de or. II 260; über die Ausdrücke dicit, facit Mommsen St.-R. III 403. Konnten nicht alle Stellen besetzt werden, weil auf einzelne Candidaten nicht genug Stimmen fielen (centurias non explere, Liv. XXXVII 47, 7; legitima suffragia non conficere, Liv. IX 34, 25) und war eine neue Wahlhandlung am gleichen Tage nicht möglich, so wurden die C. zum nächsten dies comitialis verschoben (differre Liv. IX 34, 25). So bei Wahlen von Praetoren, Liv. XL 59, 5, Consuln XXXVII 47, 7, Censoren IX 34, 25. Möglich war auch, dass die Abstimmung ausgesetzt wurde, um nochmals auf das Volk zu wirken und eine andere Entscheidung herbeizuführen, Liv. XLV 36. Plut. Aem. Paul. 30. Cic. pro Sulla 65; pro Mur. 51; pro lege Man. 2; über Wahlverschiebungen Lange I 718.

Ob Servius Tullius den C. centuriata die Wahl des Königs übertragen hat, soll dahingestellt bleiben, Lange I 458. Durch diese Wehrversammlung fand nach der Tradition auch die Wahl der ersten Beamten nach dem Sturze des Königtums statt, und den Centurien ist die Wahl der oberen Staatsbeamten verblieben. Cicero pro Planc. 7 nennt die C. centuriata: c. iis magistratibus mandandis quibus populus salutem suam committi putat zum Unterschied von den c. leviora für unbedeutendere Beamte (s. u.). So sind unter dem Vorsitze der Consuln oder anderer ordentlicher Magistrate gewählt: die Consuln seit 245 = 509, Cic. ad Att. IX 9, 3 (unter Vorsitz des Praefectus urbi Liv. I 60, 4), die Censoren seit 312 = 444, Liv. XL 45, 8. Gell. XIII 15, 4, die Praetoren seit 388 = 366, Liv. VII 1, 6. VIII 32, 3. X 22, 7. Gell. XIII 15. Lange I 771, ausserdem höhere ausserordentliche Beamte, wie die tribuni militum consulari potestate von 310–387 = 444–367, Liv. IV 6, 8. V 13, 2. 52, 16 (fälschlich lässt er sie V 18, 2 von den Tribus wählen, die allerdings später die Übertragung ausserordentlicher Competenzen vollzogen), die Decemviri legibus scribundis 303/4 = 451/450, Liv. III 35, 1. Dionys. X 3; ausnahmsweise auch der prodictator Liv. XXII 31, 10. vgl. 8, 6. Dass im J. 543 = 211 hier ein Proconsul gewählt sei, berichtet Livius XXVI 18, 4. 9, vgl. Appian. Iber. 18. Zonar. IX 7 fälschlich. Die Wahlen unterlagen der auctoritas patrum, deren Erteilung allerdings immer mehr zur Form wurde, s. den Art. Auctoritas Nr. 2 und Herzog I 87. 281. 876. Die Bestätigung der Wahlen durch die Curiatcomitien fiel zunächst bei den Censoren im J. 310 = 444 fort, die lex censoria de potestate erfolgte in den Centurien, Cic. de leg. agr. II 26, wodurch das Recht der Censoren, die Bürgerschaft zu ordnen, anerkannt wird, Herzog 1075. Lange I 663; die Lex Maenia (s. o.) schaffte auch die Bestätigung für Consuln- und Praetorenwahlen ab.

c) Legislative der Comitia centuriata (Lange II 597ff.). Das Edict verkündete (promulgare) [695] das zu beschliessende Gesetz (auch auf hölzernen Tafeln, Dio XLII 32) und gab dessen Inhalt kurz an (Herzog I 1107 meint sogar, dass die knappe Form, in welcher viele Gesetze uns überliefert sind, ebensolche Edictfassungen waren). Diese rogatio – zum Unterschiede von lex, schiefe Definition bei Fest. p. 266, besser Gell. X 20, 7 – war genau ausgearbeitet, nannte den (die) Antragsteller (rogator, lator Cic. de div. II 134; auctor, sc. legis, Liv. II 42, 1 u. ö). Unter Umständen konnten auch andere Magistrate als adscriptores, vgl. Cic. de leg. agr. II 22 (s. u.), genannt werden, um dem Antrage mehr Gewicht zu verleihen, Cic. in Pis. 35; ferner stand darin die sanctio, Strafandrohung für Übertretung, Dig. XLIX 19, 41. So Lex tab. Bant. CIL I 197. Fragm. Tudert. et Flor. eb. 1409. Fragm. Mediol. eb. 1502. Lex Quinctia in Frontin. de aq. 129. Lex de imp. Vesp. CIL VI 930 Z. 34ff. Ich gehe auf diese formellen Fragen hier nicht weiter ein, vgl. die Art. Sanctio, Lex und Leges sacratae. Lange II 649ff. Herzog I 1109ff. und in Jahrb. f. Philol. 1876, 139ff. Zunächst konnte ein Antrag verschiedenartige Gesetze enthalten, was später verboten war, und besonders hat die Lex Caecilia Didia (s. d.) im J. 656 = 98 (Cic. de domo 53) energisch dies per saturam ferre untersagt, Liv. VI 39, 2. Diomedes III p. 486. Cic. de domo 20 neve per saturam abrogato aut derogato, vgl. 50. Fest. p. 314. Lex repet. in CIL I 198 Z. 72. Mommsen St.-R. III 336.

In den Contionen zwischen Promulgation und Abstimmung konnten Änderungen des Antrages beraten werden (Cic. ad Att. I 19, 4. Liv. III 34, 4), auch war es möglich, den Entwurf zurückzuziehen, Cic. pro Sulla 62. Bei der Beschlussfassung las der vorsitzende Beamte oder dessen praeco den Antrag vor (Cic. Phil. I 24. Ascon. p. 51. Plut. Cato min. 28) und frug: velitis iubeatisne haec sic fieri? Liv. XXII 10, 2 u. ö. Dann erfolgte die Abstimmung mit Ja und Nein (s. o.). Nach Verkündigung des Ergebnisses ward in die praescriptio legis das Datum (Cic. de leg. agr. II 22) eingesetzt, auch die Namen der zuerst renuntiierten Centurie, sowie dessen, der zuerst abgestimmt hatte (s. Lex de XX quaestoribus, CIL I 202. Lex Quinctia in Frontin. de aq. 129), der beschlossene Teil redigiert, das Gesetz auf hölzernen Tafeln (Dionys. III 36. IV 43), später auf Bronzetafeln (so bereits nach Dion. Hal. X 32 die Lex de Aventino publ. und nach Liv. III 57, 10 die Zwölftafelgesetze, vgl. im übrigen Ritschl Opusc. philol. IV 427ff.) eingegraben und öffentlich auf dem Forum, Capitol oder anderen Plätzen aufgestellt, unde de plano recte legi posset, worüber Mommsen Ann. d. Inst. 1858, 181ff. Man unterschied (vgl. Ulpian. frg. 1ff.) leges perfectae, welche die sanctio enthalten, dass der Übertretende bestraft werden soll und seine That ungültig sei (der Wortlaut dieser Erklärung ist bei Ulpian nicht erhalten), ferner leges minus quam perfectae, deren sanctio nur Strafe droht, aber die trotz des Verbotes geschehene Handlung nicht cassiert: quae vetat aliquid fieri, et si factum sit, non rescindit, sed poenam iniungit ei qui contra legem fecit, endlich leges imperfectae ohne sanctio: quae fieri aliquid vetat nec tamen si factum sit rescindit, vgl. lex imperfecta in qua nulla deviantibus [696] poena sancitur (Macrob. somn. Scip. II 17. Cic. ad Att. III 23, 2) und im übrigen den Art. Lex.

Änderungen und Abschaffungen (abrogatio Cic. ad Att. III 23, 2; de invent. II 134. Ulpian. frg. 1, 3. Fest. ep. p. 69 derogare, ebd. p. 187 obrogare) eines in allen Formen rechtens beschlossenen Gesetzes war nur durch Gesetz möglich.

Den Umfang der legislativen Befugnisse der Centurienversammlung, die Lange II 597ff. und Mommsen St.-R. III 326ff. des Genauern erörtern, kann man sich nicht erheblich genug vorstellen. Nach Herzog hat dieselbe sogar bis zum J. 305 = 449 allein die Gesetzgebung gehabt, so dass all die vorher beschlossenen Gesetze leges centuriatae wären. Die Beschränkungen der Competenz dieser wie aller C. lagen besonders in den Eingangs erwähnten Normen der mangelnden Initiative des Volkes, das nur auf Geheiss eines Beamten sich versammeln konnte. Zahlreiche hier beschlossene Gesetze hat Lange II 600ff. zusammengestellt; auch die Zwölftafeln, wenigstens die ersten zehn, sind in den C. centuriata rechtskräftig geworden, Liv. III 34, 6. Dionys. X 57, vgl. 55. Lange I 627. Karlowa I 105 A. 2. ,Die Versammlung der Wehrpflichtigen‘, sagt Mommsen III 321, ,ist in dem patricisch-plebeischen Staate der ursprüngliche Träger der Souveränetät gewesen,‘ Cic. pro Mur. 1. Gell. X 20. Die Zwölftafeln bestimmten zwar (Liv. VII 17, 12), ut quodcumque postremum populus iussisset, id ius ratumque esset (IX 33, 9), also die unbedingte Geltung des Volksbeschlusses, aber dadurch war doch die Pflicht, patrum auctoritas und Bestätigung der Curien nachzusuchen, nicht beseitigt (Lange I 629), indes seit der Lex Publilia Philonis 415 = 329: ut legum quae comitiis centuriatis ferrentur, ante initum suffragium patres auctores fierent, lediglich zur Form geworden. Eine gewisse Einbusse erlitt die Vielseitigkeit der legislativen Competenz der Centurien durch das Eingreifen der plebeischen und patricisch-plebeischen C. tributa in die Gesetzgebung (s. u.), vor allem seitdem die Lex Hortensia den tribunicischen Rogationen volle Geltung sicherte. Besonders häufig ist in der Folgezeit die tribunicische Gesetzgebung in Bewegung gesetzt worden. Da selten ausdrücklich gesagt ist, wo ein Gesetz beschlossen ward, lassen sich die Grenzen der Competenz dieser Versammlungen nicht überall klar ziehen; man kann eigentlich nur dann mit Sicherheit auf C. tributa schliessen, wenn als Antragsteller ein Tribun genannt ist.

Geblieben ist den C. centuriata die seit Anbeginn ihnen überlassene Genehmigung, einen Angriffskrieg zu eröffnen, lex de bello indicendo. Liv. IV 58, 8. 60, 9. VII 6, 7. 12, 6. 19, 10. VIII 25, 2. XXXI 6, 3. 7, 2. XXXVI 1, 4. 2, 3. XXXVIII 45. XLII 30. Dionys. V 37. VIII 15. 91. IX 69. Cass. Dio XXXVIII 41 und viele andere Stellen; eine grosse Reihe Fälle zählt Lange II 600ff. auf. Über den gegen Cn. Manlius erhobenen Tadel, weil er iniussu populi die Gallograeci bekriegte, Liv. XXXVIII 45, vgl. Herzog I 944, 3. Die Verwerfung einer solchen lex de bello indicendo war nicht undenkbar (Liv. IV 58), wie die von Livius XXXI 6–8 erzählten Vorgänge zeigen, als es sich um die Kriegserklärung an Philipp von Makedonien [697] handelte, Herzog I 415. Im J. 587 = 167 intercedierten die Tribunen dem Praetor M.’ Iuventius Thalna, der den C. tributa die Kriegserklärung gegen die Rhodier vorlegte, Liv. XLV 21. Polyb. XXX 4. Eine Bestätigung solcher Beschlüsse durch auctoritas patrum ist nicht überliefert. Verträge über Frieden und Bündnisse waren später von den C. centuriata zu ratificieren (Polyb. VI 14, 5. Lange II 599ff. Rubino I 288), doch wurde es, als die C. tributa höheres Ansehen gewannen, üblich, sie diesen vorzulegen. Auch bei anderen wichtigen Entscheidungen hat man sich an die Centurien gewandt, so bei Verfassungsänderungen, wozu namentlich die Einführung neuer Ämter gehörte. Im J. 245 = 509 hat der Tradition nach L. Valerius Poplicola die Beschränkung des consularischen Imperiums durch die Provocation von den Centurien genehmigen lassen, Cic. de rep. II 53. Val. Max. IV 1, 1; das Gesetz über Einsetzung der Censur ward hier angenommen, Liv. IX 34, 7: lex antiqua qua primum censores creati sunt, Lange I 664 und Art. Censores. Die Erweiterung der Machtbefugnisse der C. tributa durch die horatischen, publilischen, hortensischen Gesetze ward durch die Centurien genehmigt. Hieher gingen auch Anträge über Verleihung des Bürgerrechtes, wie der Sullas betreffs Volaterrae (Cic. de domo 79), hier ward Ciceros Rückberufung durchgesetzt, Cic. in Pis. 35. Allerdings waren in derlei Fragen auch die C. tributa competent, wie die Verhandlungen über das Gesetz des L. Papirius, die civitas sine suffragio der Acerraner im J. 422 = 332 betreffend, zeigen, Liv. VIII 17, 12. Vell. I 14; nicht klar liegt die Instanz Liv. VI 26, 8. VIII 14, 2. 21, 10. In Verfassungsfragen ist eine Mitwirkung der C. centuriata seit der Lex Hortensia nicht bestimmt überliefert, Lange II 605. Sulla suchte mit der Lex Valeria wieder auf diese C. zurückzugreifen, und nachmals hat Caesar vielleicht seine Lex Iulia de provinciis und Lex Iulia iudiciaria hier zur Genehmigung vorgelegt, Cic. Phil. I 19. Häufigeren Gebrauch von der legislativen Competenz der C. centuriata wurde in diesen Zeiten vermutlich vom Senat gemacht, Appian. b. c. III 30. Die Verfügung über Gemeindeland hatte der Senat sich schon früh reserviert, Mommsen St.-R. II 131ff. III 1112ff., jedoch wandte man sich bei Assignationen an die Centurien, auf deren Beschlüssen die lex de Aventino publicando, das auf Sp. Cassius im J. 268 = 486 zurückgeführte, allerdings wohl erfundene Gesetz und die älteren Coloniegründungen beruhten. Der gewaltige Einfluss dieser C. konnte leicht missbräuchlich gegen Bürger ins Feld geführt werden; daher ward schon früh, vielleicht bereits in den Zwölftafelgesetzen, untersagt, die Gesetzgebung auf eine bestimmte Person zu münzen, Cic. de leg. III 11; pro Sest. 65; de domo 43. Lange I 629. Herzog I 185. Über C. centuriata calata s. den Art. Calata comitia.

d) Rechtsprechung (Lange II 541ff., ebd. ältere Litt.). Diese Volksgerichte traten in Thätigkeit, sobald ein Verurteilter vom Rechte der Provocation Gebrauch machte, bildeten mithin die zweite Instanz, was Zumpt R. Criminalrecht mit Unrecht bestreitet; Rubino 445 A. 2. Mommsen in der Bespr. von Geibs Criminalprocess in [698] der Jenaer Litt.-Ztg. 1844, 245ff. und Strafrecht 167ff. War ein Verbrechen begangen, so wurde dem Angeklagten (reus) durch die duoviri perduellionis oder die Quaestoren ein Termin gesetzt (diem dicere, Liv. XXV 13, 8) zur prima accusatio. In der öffentlichen Ankündigung (in einer contio Varro l. l. VI 91) war es nötig, den Schuldigen, der verhaftet werden konnte oder gegen Bürgschaft (vades Liv. III 13, 8) frei blieb, zu nennen, die Gründe der Anklage und die voraussichtliche Strafe anzugeben. In der contio, welche Gelegenheit bot, die Stimmung des Volkes zu prüfen, konnte der Angeklagte sich selbst oder durch andere verteidigen. Damit es nicht schiene, als trete das Volk den Consuln als Richter entgegen, mussten den Spruch begründen die quaestores parricidii (s. d.) oder die duoviri perduellionis (s. d.), noch im J. 691 = 63 v. Chr., Dio XXXVII 27. Cic. pro Rab. perd. 11ff. Suet. Caes. 12. Lange I 381. II 593ff. Herzog I 697. 815. 836. Später wurden Anklagen auch durch die tribuni plebis vertreten, Liv. XXV 3, 9. XXVI 3, 8. XLIII 16, 11. Gell. VII 9, 9. Mommsen St.-R. I 195; einzelne Fälle älterer tribunicischer Anklagen Lange II 552ff. Den Perduellionsprocess haben bald die Quaestoren bekommen (Nachweise bei Lange a. a. O.). Zumpts Ansicht, dass lediglich der offenkundige (manifestus) oder der geständige (confessus) Verbrecher vom Magistrat abgeurteilt werden sollte und Provocation hier unzulässig war, beruht auf falschen Kriterien, Herzog I 1089. Weitere Termine (s. die Ausführungen Ciceros de domo 45; de leg. III 6, vgl. Appian. b. c. I 74), wenn der Magistrat die Anklage nicht aufgab, dienten zur Untersuchung (capitis oder capite anquirere Liv. II 52, 5. VIII 33, 17. XXVI 3, 6; de perduellione anquirere VI 20, 12; vgl. Mommsen Strafrecht 164ff. und den Artikel Anquisitio). Manchmal konnte mit Zustimmung des Angeklagten sogleich der Tag des Urteils angesetzt werden, Liv. XLIII 16, 12. Cic. de har. resp. 7. In der secunda accusatio wurde die Klage wiederholt und das Zeugenverhör behufs neuer Ermittlungen fortgesetzt, in der tertia accusatio der entscheidende Tag bestimmt, dies prodicitur, Liv. II 61, 8. III 57, 6. VI 20, 11. XXXVIII 51, 4. Cic. ad Q. fr. II 3, 1. 5, 4. Mommsen Strafrecht 324. Aus triftigen Gründen konnte der nicht verhaftete Angeklagte Verschiebung auf einen neuen Termin nachsuchen (Liv. XXXVIII 52), jedoch war dann auch die Geltendmachung neuer Schuldbeweise der Kläger gestattet. In der quarta accusatio wurde das Urteil endgültig (Polyb. VI 14, 7. Mommsen a. a. O. 169) gefällt. Welche Fristen zwischen den einzelnen Terminen lagen, ist nicht zu ermitteln; vor dem letzten war sicherlich das Trinundinum zu beobachten, da die C. zum Spruch berufen werden mussten. Herzog I 1115 A. 1. Der Tag des Urteils wurde durch Auspicien eingeleitet, das Volk von der Mauer und der Burg, der Angeklagte vor seinem Hause durch Hornsignale zu den C. geladen (Varro l. l. VI 91), die von dem Richter geleitet wurden (nach Zumpt I 2, 228 ein curulischer Beamter), Mommsen Strafrecht 332. Die Frage lautete z. B. Velitis iubeatis ut M. Tullio aqua et igni interdicatur?, Cic. de domo [699] 44. Man stimmte lediglich mit Ja oder Nein (s. o.); unzulässig war, wenn das Volk etwa eine geringere Strafe beschliessen oder die Möglichkeit einer andern Verurteilung offen halten wollte. Waren genug verurteilende Stimmen vorhanden (Polyb. VI 14. Plut. Ti. Gracch. 12), konnte die verhängte Strafe sogleich vollzogen werden. Später ward Todesstrafe nicht mehr ausgesprochen (der letzte Fall war der des Manlius 370 = 384), dem Angeklagten stand es offen, ein freiwilliges exilium zu wählen (Polyb. a. a. O.). Ferner war ihm günstig, wenn die Verhandlung nicht an dem betreffenden Tage beendet wurde, da dann das Verfahren als erledigt galt, Schol. Bob. p. 337. Cic. de domo 45. Um Missbrauch zu verhüten, musste der Vorsitzende deshalb ein Zeitmass für die Reden bestimmen, Cic. pro Rab. 9. Wenn übrigens sich die Anklage gegen mehrere Personen richtete, war jeder gesondert abzuurteilen, Liv. IV 41, 10ff. XXV 4, 10. XLIII 16, 14. Niemand jedoch konnte wegen desselben Vergehens zweimal zur Rechenschaft gezogen werden.

Die richterliche Competenz der Centurienversammlungen bestand seit dem von ihnen selbst gebilligten (Cic. de rep. II 61. 54) Provocationsgesetze des Valerius Poplicola (Liv. II 8, 2. Cic. de rep. II 16. Dionys. V 19. Dig. I 2, 2, 16), welches jedem Bürger gestattete, natürlich nur domi (Liv. III 20, 7), gegen die von Magistraten in ordnungsgemässer Form verhängten Capitalstrafen an das Volk zu appellieren. Bezüglich dieser Instanzen ist auf den Artikel Provocatio zu verweisen, vgl. zunächst Mommsen St.-R. III 351ff.; Strafrecht 168. 171. 473. Herzog I 1077ff. Bestimmt ausgesprochen wurde ihre Befugnis, über Leben und Tod des Bürgers zu befinden, schon in einem Zwölftafelgesetz XII Tab. 9, 2, quae de capite civis Romani nisi comitiis centuriatis statui vetaret Cic. de rep. II 61; de leg. III 11. 44; pro Sest. 65; die Nachrichten allerdings von den vor den Centurien geführten, naturgemäss meist politischen Processen (über einzelne Fälle wie die des Sp. Cassius, M. Volscius, M. Manlius vgl. Lange II 550ff. 561ff. und unter diesen Namen) sind in der älteren Zeit durchaus unverbürgte und selbst aus historischer Zeit sehr mangelhaft überliefert. Aber auch in dieser Beziehung trat die wachsende Bedeutung der C. tributa hemmend in den Weg, und in noch höherem Grade wurde der Machtbereich der richtenden Gewalt der C. centuriata geschwächt durch die Geschworenengerichte (quaestiones perpetuae, s. den Art., ausführlich Lange II 563. 695ff.) Völlig untergegangen ist aber das Volksgericht nicht in der Republik, wie Ciceros Rede pro Rabirio perduell. reo zeigt, vgl. de leg. III 11; de domo 43; pro Sest. 65.

Litteratur über C. centuriata. Niebuhr R. G. III 374. Rubino 280. Becker-Marquardt II 3, 1ff. Lange I 457. II 494. 531. 541. 597. Mommsen R. F. I 134ff.; St.-R. C III 240. 290. 300; Abriss 318. Soltau 227ff. Madvig I 109. 219. 226. 246. Karlowa I 82ff. 384. 405. Herzog I 1027. 1044. 1066. 1091. 1119. II 906. Humbert in Daremberg-Saglio I 1378. 1389. 1397, ebd. ältere Litt. Schiller in I. Müller Handb. IV² 2, 151. 156. ebd. Litt. über die ursprüngliche und die reformierte Centurienverfassung. Lange Die promulgatio [700] trinum nund., Rh. Mus. XXX 1875, 350ff. F. Lambertico I diribitores, Venedig 1883. E. Morlot Les comices électoraux sous la rép. rom. Thèse, Paris 1884. M. Le Tellier L’org. centuriate et les comices par cent. Thèse, Paris 1896.

III. Comitia tributa. Da eine ausführliche Behandlung der verwickelten Fragen über Ursprung und Entwickelung der Tributcomitien, die von den verschiedensten Standpunkten aus untersucht sind, hier nicht angängig, vielmehr Beschränkung auf die Hervorhebung der wichtigsten Gesichtspunkte geboten ist, sei ausdrücklich noch auf den Art. Concilium verwiesen. Servius Tullius soll nach Dion. Hal. und Varro 30, nach Liv. I 43, 12 (vgl. Mommsen Tribus 4, 17) nur vier locale Tribus ohne Unterschied von Patriciern und Plebeiern geschaffen haben, s. den Art. Tribus. Die Plebs schuf mit der Organisation zum Kampfe gegen die Patricier sich auch eigene Versammlungen, concilia plebis (Liv. II 56, 15. 57, 2. 60, 5. VI 5, 8. XXXIX 15, 11. Lex Bant. CIL I 197. Cic. p. red. in sen. 11; de leg. II 31; de inv. II 52. Dionys IX 41. X 40), geleitet von plebeischen Beamten, Tribunen oder plebeischen Aedilen (Fest. p. 230, s. den Art. Aedilis), zur Wahl der Vorstände, gemeinsamer Vertretung ihrer Angelegenheiten und um Massregeln zum Schutze dieser Zusammenkünfte gegen Störungen aller Art (Dionys. VII 16. Cic. pro Sest. 79) zu treffen. Dass deren Beschlüsse (plebiscita, s. d.) nur für die Plebs wirksam waren, ist selbstverständlich; die Frage, seit wann solche Meinungsäusserungen gesetzliche Geltung bekamen, die concilia plebis tributa mithin zu Versammlungen des gesamten Volkes geworden waren, muss an anderer Stelle besprochen werden. Die doppelte Form der Tribusversammlungen hat zuerst Rubino 309 erkannt, dann Mommsen R. F. I 155ff. ausführlich begründet, dem Lange I 644. II 460 u. ö. Herzog I 1128. Berns De comitiorum tribut. et concil. pleb. discrimine, Wetzlar 1875 u. a. sich anschlossen. Dagegen wandten sich namentlich Clason Krit. Erört. 81. Ihne Rh. Mus. XXVIII 353. Madvig I 235, welche besonders hervorheben, dass Cicero nie patricisch-plebeische C. tributa nenne, selbst da, wo es unumgänglich wäre, wie de dom. 38; diese Thatsache, bemerkt Herzog, erkläre sich vielleicht daraus, dass keine besondere Bezeichnung geschaffen sei, da aus dem Amtscharakter des berufenden Magistrates jedermann wusste, welcher Art die Versammlung sei. Die Sonderversammlungen der Plebs sind anlässlich der Secession im J. 260 = 494 wohl nach Centurien organisiert worden, dann aber nach Curien, Cic. pro Corn., Ascon. p. 76. Dionys. VI 89. IX 41. Mommsen R. F. I 183; St.-R. III 151. 321, anders Lange I 599. Soltau 506ff.; im J. 283 = 471 jedoch wurde die Tribusteilung zu Grunde gelegt, doch wohl nicht blos für die Tribunenwahlen. Fest. p. 233. 293: scita plebei apellantur ea quae plebs suo suffragio sine patribus iussit plebeio magistratu rogante. p. 330. Gell. XV 27 (s. u.). Beckers unrichtige Annahme, dass seit dem Decemvirat auch Patricier an denselben teilnahmen, wollte Ptaschnik dahin erweitern, dass dies schon seit 283 = 471 der Fall gewesen. Bis 442 = 312 haben aber Stimmrecht nur die ansässigen unbescholtenen freigeborenen Plebeier [701] samt Clienten gehabt, dann alle Plebeier ausser den aerarii, seit 450 = 304 aber die Nichtansässigen und Freigelassenen nur in vier städtischen Tribus und wohl auch die aerarii. Als später diese concilia sich zu comitia erweiterten, ihre Befugnisse sich vergrößerten und die Beschlüsse allgemeine Geltung erlangt hatten, blieben doch vielfach die Ausdrücke wie plebem rogare, ad plebem ferre, cum plebe agere, concilia plebis, plebiscita, Sammlung bei Berns a. a. O.

Competenz. Natürlich hatten die Beschlüsse nur für die eigenen Angelegenheiten der Plebs Gültigkeit, aber es war eine Frage der Politik, ob man nicht den Wünschen dieser wichtigen Volksclassen Rechnung tragen sollte. Wahlen der plebeischen Beamten wurden hier vorgenommen. Seit 283 = 471 wurden die Tribunen in den C. tributa erwählt, Liv. II 56, 2 ut plebei magistratus comitiis tributis fierent. 58, 1. 60, 4. Diodor. XI 68. Karlowa I 221. Die Frage, wo die Wahl bis dahin vollzogen wurde, soll hier nicht ausführlich erörtert werden; s. den Art. Tribunus. Dionys. VI 89. IX 41. X 4 sagt davon nichts; nach Cic. Corn. frg. 1, 24, vgl. Ascon. p. 68, geschah sie in den C. curiata. Lange I 410. 599 billigt dies; da ich oben der Ansicht zugestimmt habe, dass die Curien auch die Plebs umfassten, halte ich dies recht wohl für möglich. Schwegler II 552 denkt an Wahl in plebeischen C. tributa, Mommsen an eine solche in den curiatim gehaltenen concilia plebis. Niebuhr I 687f. und Peter Epochen 23 vermuten Wahl durch Centurien, die durch die Curien bestätigt ward. Herzog I 152 wendet richtig ein, dass ,die Regierung nicht wohl diejenige Einteilung des Volkes, welche für militärische Zwecke gemacht war, zu einem mit oppositionellen Agitationen verbundenen Zwecke hergeben konnte.‘ Während Herzog I 158, vgl. dessen Glaubwürdigkeit der Gesetze 14ff., die lex Publilia Voleronis für eine annalistische Erfindung erklärt und vielmehr die Neuregelung der Tribunenwahl durch ein Centuriengesetz annimmt, sind Schwegler II 255. Ptaschnik Ztschr. für österr. Gymn. 1866, 161f. Ihne Rh. Mus. XXVIII 376f. der Ansicht, dass das publilische Gesetz noch einen weiteren Inhalt gehabt, namentlich auch die legislative Initiative der plebeischen Versammlungen geschaffen oder gesichert habe. Auch Mommsen R. F. I 185; St.-R. III 152 hält die Überlieferung für glaubwürdig und schätzt die politische Tragweite der Lex Publilia sehr hoch ein. In der Zeit der Gracchen wurden hier ferner neue ausserordentliche Beamte gewählt, so die Commissare für die Assignationen, Plut. Ti. Gr. 13. Cic. de lege agr. II 17. CIL I p. 279. Als im J. 690/1 = 64/3 v. Chr. der Tribun P. Servilius Rullus die Wahl einer Commission, die ein Ackergesetz ausführen sollte, nur 17 Tribus statt allen übertragen wollte, scheiterte dieser Plan an Ciceros Widerspruch (Reden de leg. agr.).

Legislative. Die Beschlüsse der Plebs gingen schon früh, vor dem hortensischen Gesetze 469 = 287, über die Angelegenheiten hinaus, über welche allein die Plebeier zu befinden berechtigt waren: solche Plebiscite waren z. B. das terentilische 292 = 462, das canuleische 309 = 445, die licinisch-sextischen 387 = 367, das ogulnische 454 = 300. Die Rechtskraft derselben klar zu [702] begrenzen, ist nicht möglich, ihre Gültigkeit beruhte jedenfalls auf einem Gesetze, dass Anträge, welche nach vorher eingeholter Genehmigung des Senates der Plebs unterbreitet werden, gleich den in C. angenommenen anzusehen sind. Mommsen R. F. I 208; St.-R. III 156. Gesichert ward das Recht der Gesetzgebung durch die lex Hortensia, welche das plebiscitum den leges der C. centuriata und der patricisch-plebeischen Tributcomitien gleichstellte. Daher lex plebeivescitum Lex Bant. Z. 15. Lex Rubria Z. 29. 39, lex sive plebiscitum Gell. XV 27, 4. Gai. I 3. Dig. I 2, 2, 8. S. den Art. Plebiscitum. Aufzählung der zahlreichen tribunicischen Gesetze bei Orelli-Baiter a. a. O. Lange II 620f. 751. 766.

Iurisdiction. Für die ältere Zeit bestreitet Herzog I 1176 die Competenz im Strafprocess. Dass die Plebeier über Patricier zu Gericht gesessen haben, ist zweifellos, deshalb erklärten ausdrücklich die Zwölftafelgesetze, dass solche Gerichtsbarkeit nur den Centurien gebühre. Man hatte bis dahin vor das Forum der plebeischen Versammlungen eine Reihe politischer Processe gezogen; wenn auch das Urteil nicht vollgültig war, so musste es doch als der Wille eines grossen Teiles des Volkes beachtet werden. Die Fälle eines Coriolan (vgl. Mommsen R. F. II 113ff.) und Kaeso Quinctius sind allerdings zu nebelhaft, Herzog I 157. 185, immerhin haben die concilia plebis, wenn die Rechte der Plebs verletzt waren, politische Processe vor ihrem Forum anhängig gemacht und Selbsthülfe (Mommsen St.-R. II 297. III 154; Strafrecht 156) geübt; Schiller nennt dies Gewalt- und Notwehracte. Nach der Decemviralgesetzgebung finden Capitalprocesse hier nicht mehr statt, Polyb. VI 14, 7; desto häufiger sind Multprocesse, deren Tradition in älterer Zeit allerdings wenig sachlich ist, Mommsen II 492ff. Lange II 587; auch diese sind im Grunde Provocation, welche gegen alle von Tribunen und Aedilen über das im J. 300 = 454 durch die lex Aternia Tarpeia festgesetzte Mass hinaus verhängten Strafen gesichert war, Dionys. X 50. Cic. de rep. II 60. Gell. XI 11. Fest. p. 237 s. peculatus, p. 202 s. duobus ovibus. Wahrscheinlich war das Multrecht der Tribunen auf gewisse Personen und Fälle beschränkt. Man hat angenommen, dass seit 300 = 454 alle Berufungen gegen die von Magistraten verhängten Multen in den concilia plebis abgeurteilt wurden, Liv. V 11, 12. VIII 22, 3. X 46, 10; gewiss ist, dass die Multprocesse der curulischen Aedilen hier verhandelt worden sind, Cic. Verr. V 173. Liv. X 31, 9. XXXV 41, 9. Gell. IV 14. Val. Max. VI 1, 7. Plin. n. h. XVIII 41. Die richterliche Thätigkeit dieser Versammlungen wurde durch Errichtung der quaestiones perpetuae erheblich beschränkt und von Sulla gänzlich beseitigt, Cic. de leg. III 22.

Litteratur über Concilia plebis: Mommsen R. F. I 177ff.; St.-R. II 272. III 149. 154. 321. Herzog I 1169ff. Karlowa I 388ff. u. ö. Humbert in Daremberg-Saglio I 1380.

IV. Die patricisch-plebeischen Tributcomitien. Die Erweiterung der Befugnisse der concilia plebis fand statt durch die lex Publilia Voleronis 283 = 471, die lex Valeria Horatia 305 = 449, die lex Publilia 415 = 339, die lex Hortensia 467 = 287, welche von den Centurien [703] angenommen waren. Unermüdlich hatten die Tribunen agitiert und unter geschickter Ausnützung der politischen Verhältnisse Schritt für Schritt die Anerkennung der in Versammlungen der Plebs gefassten Beschlüsse als für den Staat verbindlich erkämpft. Da die Tribus Patricier wie Plebeier, seit den Decemvirn etwa auch die nichtgrundbesitzenden, umfassten, lag es nahe, diesen Versammlungen eine Reihe von Befugnissen zuzuweisen.

Rechte und Formen der patricisch-plebeischen C. tributa. a) Wahlen. Gewählt werden hier – und das wurde wichtig für die weitere Entwicklung dieser Versammlungen – 1. Quaestoren. Tacitus Notiz (ann. XI 22, vgl. Cic. ad fam. VII 30, 1. Liv. IV 44, 2), dass seit 307 = 447 dieselben nicht mehr von den Consuln ernannt, sondern vom Volke gewählt wurden, ist viel erörtert, da die competente Versammlung nicht genannt ist. Später fand die Wahl unter Vorsitz eines patricischen Magistrats in Tributcomitien statt, ein Rückschluss scheint erlaubt; s. den Art. Quaestor. Mommsen R. F. I 159. Marquardt Handb. II 3, 116 meint, dass in dem genannten Jahre die plebeischen C. tributa den Patriciern zugänglich wurden, also nunmehr von patricischen wie plebeischen Magistraten berufen werden konnten. Herzog I 198 bestreitet das mit dem Hinweis auf den durchaus plebeischen Charakter der C. tributa. 2. Curulische Aedilen seit Errichtung des Amtes 387 = 367 (Liv. IX 46, 11. XXV 2, 7. Gell. VII 9, 2. Zedicke De Rom. com. aediliciis, Neustrelitz 1832), meist unter Vorsitz eines Consuls, Cic. pro Planc. 49; ad Att. IV 3. Varro de r. r. III 2, 17. Lange I 862, genauer im Art. Aedilis. 3. Andere ordentliche magistratus minores, z. B. vigintisexviri (Cic. ad fam. VII 30, 1. Gell. XIII 15. Lange I 896. 900. Karlowa I 264), sowie ausserordentliche, Liv. IX 46, 10ff.; ep. XI. Sallust Iug. 63, 4. Cic. de leg. III 4; de leg. agr. II 17. 4, Tribuni militum, deren es seit 392 = 362 sechs, seit 443 = 311 sechzehn gewählte gab, Liv. VII 5, 9. IX 30, 3, seit dem 3. Jhdt. v. Chr. vierundzwanzig, vgl. Liv. XXVII 36, 14. Solche vom Volke gewählten Tribunen sind als tribuni comitiati von den durch die Consuln ernannten Militärtribunen (tribuni Rufuli) unterschieden, Ascon. p. 142. Fest. p. 261. Da es sich also hier nicht um höhere Stellungen handelte, nennt Cicero pro Planc. 7 diese C. leviora c., vgl. Messala bei Gell. XIII 15, 4: minoribus creatis magistratibus tributis comitiis magistratus ... datur ... maiores centuriatis comitiis fiunt, überhaupt gegenüber der Competenz der C. centuriata mit Recht, Mommsen R. F. I 162; St.-R. III 324. Karlowa I 408.

Endlich sind hier die C. tributa für Priesterwahl zu erwähnen, Mommsen St.-R. II 27. 644 u. ö. Karlowa I 413. Herzog I 1134. In einem unbekannten Jahre (Langes Annahme II 536 des J. 501 = 253, weil damals zuerst ein plebeischer Pontifex maximus erscheint, ist nicht durchschlagend), etwa seit Mitte der republicanischen Zeit kommt eine Versammlung von 17 erlosten Tribus vor behufs Wahl des Oberpriesters (über dessen Qualification s. den Art. Pontifex maximus); die erste Erwähnung im J. 542 = 212, Liv. XXV 5, 1. XXXIX 46, 1. XL 42, 1. Cic. de leg. agr. II 18. Suet. Caes. 13. Vorsitzender [704] bei der Wahl war ein Pontifex, später nach Cic. Brut. 5 der Consul, Mommsen St.-R. I 582. II 32. Bei dieser Ernennung war ja Volkswahl untersagt; ,man wollte,‘ bemerkt Schiller, ,damit den Charakter der Volkswahl ausschliessen, den die Beamtenwahlen hatten, da diese mit dem religiösen Brauche sich nicht vertrug, ohne doch auf die Mitwirkung des Volkes zu verzichten.‘ Vielleicht wurde hier auch der Curio maximus gewählt (Liv. XXVII 8, 1), wenigstens seit 545 = 209, doch ist die Frage nicht geklärt. Vergeblich hat im J. 609 = 145 der Volkstribun L. Licinius Crassus die Priesterwahlen dem Volke übergeben wollen (Cic. Lael. 96); dann hat Cn. Domitius im J. 650 = 104 durchgesetzt, dass in den genannten 17 Tribus die Mitglieder der 4 grossen Collegien (Pontifices, Auguren, Epulonen, Xviri als Bewahrer der sibyllinischen Bücher) gewählt wurden (lex Domitia de sacerdotibus, Cic. de leg. agr. II 18: quod populus per religionem sacerdotia mandare non poterat, ut minor pars populi vocaretur. Ascon. p. 81. Vell. II 12. Suet. Nero 2). Das Gesetz ist von Sulla aufgehoben worden (Dio XXXVII 37), Labienus führte es wieder ein, Ps.-Ascon. p. 102. Im J. 40 n. Chr. waren die Priesterwahlen zu Ende, nur die renuntiatio erfolgte noch, Tac. ann. III 19. Näheres im Art. Pontifices.

b) Legislative bekamen die patricisch-plebeischen C. tributa wohl erst spät, vielleicht um 397 = 357; es giebt überhaupt wenig Fälle von Tribusgesetzen, welche von patricischen Magistraten rogiert sind, in den bekannten Fällen stets von Consuln, so Liv. VII 16, 7 die im Lager von Sutrium beschlossene lex Manlia de vicesima manumissionum, welche der Senat bestätigte, während sich die Tribunen wegen dieses novum exemplum zu dem Plebiscit veranlasst sahen, ne quis postea populum sevocaret. Appian. b. c. III 7 (Dolabella bekommt Syrien). Lex Quinctia bei Frontin, de aq. 129. Lex de XX quaestor., CIL I 202. Tac ann. III 22. Herzog I 1131 A. 1. Über die Arten der hier vorgelegten Gesetze lässt sich ein Urteil nicht fällen, worin der Unterschied der an die Tribus von den an die Centurien gelangenden Anträge bestand, ist genau nicht zu sagen. Einmal hat ein Praetor versucht, den Tribus sogar die Entscheidung über Krieg und Frieden zu unterbreiten, Liv. XLV 21. Mommsen R. F. I 163; seit es solche Beamte gab (388 = 366), wurden vielleicht leges praetoriae hier vorgebracht. Über das Bürgerrecht der Acerraner entschieden die Tribus, Liv. VIII 17, 12 (s. o.). Jedenfalls hatte der berufende Magistrat es in der Hand, wohin er sich wenden wollte. Nach Herzog I 132 nahm man bei indifferenten Gesetzen lieber die leichter einzuberufenden C. tributa.

c) Ganz unklar ist die iurisdictionelle Competenz. Da den C. centuriata sicher die Capitalprocesse blieben, waren hier Multprocesse zu entscheiden, s. den Art. Multa. Solche wurden von den curulischen Aedilen und unter deren Vorsitz (vgl. die Nachweise oben) anhängig gemacht, wie die Provocation von den durch plebeische Magistrate angeordneten multae an die concilia plebis tributa ging, Karlowa I 409; vgl. den Art. Aedilis. Herzog I 812. Lange I 863. Ferner entschieden sie in Berufungen gegen die [705] vom Oberpontifex den Priestern auferlegten Multen, Liv. XXXVII 51, 4. XL 42, 9. Cic. Phil. XI 18. Herzog I 1132. Mommsen St.-R. II 9, 4 bestreitet, dass dann statt des Pontifex maximus ein Beamter die Tribus berief.

Formen dieser Versammlungen. Sehr früh schon müssen auch hier bestimmte Anordnungen betreffs der Leitung und des Verlaufs in Kraft getreten sein, wenn anders das Ergebnis für die Plebs unangefochtene Geltung haben sollte; dieselben mögen allerdings nicht so festgelegt gewesen sein, wie bei den C. centuriata, sind den dort gültigen aber vielfach nachgebildet, Mommsen St.-R. III 369. Die Berufungsfrist war zunächst nicht auf gewisse Termine beschränkt, man konnte schon am nächsten Tag die Standesgenossen zusammentreten lassen (Liv. II 56, 9. Appian. b. c. I 12), doch wartete man gewöhnlich eine längere Zeit, und es ward üblich, um dem Landvolk die Anwesenheit dabei zu ermöglichen, die Versammlungen an den nundinae (s. d.) anzuberaumen, Dionys. VII 58. 59. Varro r. r. II praef. 1. Die Markttage dazwischen wurden zu Contionen benützt, da dieselben als dies nefasti für die C. unbrauchbar waren; jedoch sind auch andere Tage üblich geworden. Die Lex Hortensia 467 = 287 verlegte sie auf einen dies comitialis nach dem dritten Markttage (tertiis nundinis) und schärfte Beobachtung des pontificalen Kalenders ein; Macrob. sat. I 16, 30. Cic. ad Att. I 14, 2. IV 3, 4.

Selbstredend fanden die concilia plebis innerhalb der Bannmeile statt, im Bereiche der Amtsgewalt der Tribunen, die C. tributa sowohl innerhalb wie ausserhalb des Pomerium, häufig auf dem Comitium (s. d.), dem Capitol, der area Capitolina (Liv. XXV 3, 14, XXXIII 25, 7. XXXIV 53, 2. XLIII 16, 9. Ascon. p. 77. Plut. Ti. Gr. 17), auf dem Marsfeld (Varro r. r. III 2, 5. Cic. pro Planc. 16; ad Att. IV 3, 4; ad fam. VII 30, 1), auf den flaminischen Wiesen (Liv. III 54, 15. XXVII 21, 1), meist auf dem Forum, Karlowa I 396. Mommsen St.-R. III 381. Lange II 473. Becker-Marquardt II 3, 122.

Die Leitung der concilia plebis lag durchweg in den Händen der Tribunen, nur beim Multprocess fungierten plebeische Aedilen. Die erstern hatten das so wichtige ius agendi cum plebe (Lange I 696. 833ff. II 460), beriefen die Versammlungen, welche zunächst wohl in einer Contio angekündigt wurden (Tag, Ort, Beratungsgegenstand), Liv. II 56, 13. Dionys. VII 38, später auch durch Edicte geboten sind, Liv. XXXIX 15, 11.

Den Vorsitz in den patricisch-plebeischen C. tributa hatten patricische Magistrate, die Consuln (Liv. III 71. 72. VI 42. 13. Cic. in Vatin. 11. Frontin. de aq. 129. Cic. Phil. I 26), unter Umständen auch die Praetoren, Liv. VIII 17. 11. XXXIV 35. Lange II 461. 645. Karlowa 389 (Gellius schreibt den Aedilen fälschlich das Recht zu, solche C. zu leiten, Mommsen I 194. Madvig I 239. Lange II 461). Mommsen St.-R. III 322; R. F. I 158ff. Die Versammelten werden daher auch populus genannt (Liv. VI 42, 14. Frontin, de aq. 129. Prob. de not. ant. 3, Gr. lat. ed. Keil IV 272), die Beschlüsse waren der patrum auctoritas unterworfen, die Formen im übrigen den bei den C. centuriata üblichen ähnlich. [706]

Berufung. Die Tribunen stellten Auspicien an; solche wurden schon im J. 415 = 339 durch die lex Publilia für die plebeischen Tribusversammlungen verlangt (Lange II 474. Cic. ad fam. VII 30, 1, anders Dionys. X 49. Liv. VI 41, 5. VII 6, 11). Die Obnuntiation patricischer Magistrate war erst wirkungslos, später wurden auch die leges Aeliae et Fufiae verbindlich, Cic. in Vat. 18; pro Sest. 56. Die lex Clodia (s. d.) untersagte das servare de caelo an allen dies fasti, comitiales wie nicht comitiales. Der Tribun beruft das Volk durch einen praeco und geht früh mit den Amtsdienern (Liv. XXXVIII 51, 12) zum Versammlungsort; er redet zum Volke anfangs vom Altar des Vulcan (Dionys. II 50. VI 67), in späterer Zeit von den Rostra, Liv. VIII 14, 12, s. den Art. Rostra. Zunächst stand dabei das Volk auf dem Comitium, bis im J. 609 = 145 der Tribun C. Licinius Crassus die Versammlung auf dem Forum anordnete, Varro r. r. I 2, 9 (zur Erklärung der septem iugera forensia Mommsen Chron. 545. Jordan Topogr. I 2 S. 321, 8). Der Abstimmung ging eine contio voran, mit Gebet eingeleitet, Auctor ad Herenn. II 68. Der Platz war in so viele Teile geteilt, als Tribus da waren (Dionys. VII 59), das Volk begab sich hinein zur Abstimmung (Liv. II 56, 12), die nicht vor der ersten Tagesstunde begonnen werden durfte (s. o.), Dio XXXIX 65, 2. Später benutzte man die auf dem Marsfelde ständig eingerichteten saepta, welche Caesar in Marmor ausführen liess, Cic. ad Att. IV 16, 4. Dio LIII 23 (s. den Art. Saepta). Zuerst ward die Tribus für die Latiner ausgelost, dann die vorstimmende, principium, CIL I 200 Z. 1. Lange II 483; de mag. Rom. renuntiatione 16. Plut. Aem. 31. Appian. I 12. Durch den Vorsitzenden ward der zuerst stimmende Bürger im voraus genannt, der diese Ehre manchmal nur seinem glückverheissenden Namen verdankte, Cic. pro Planc. 35. Durch Los wurde die Reihenfolge der Tribus ermittelt: später allerdings kamen die vier städtischen Tribus zuletzt. Herzog I 1170ff. bemerkt, dass es keine rechtlichen Abstufungen unter den Tribus gegeben habe, da aber dieselben sich im Laufe der Zeit naturgemäss vergrösserten, kam eigentlich dem einzelnen Stimmrecht später weniger Bedeutung zu, und vor allem konnten ferner wohnende Mitglieder dies kaum häufig ausüben, Cic. pro Sest. 109. Die Abstimmung selbst fand zwar auf einmal statt (Dionys. VII 59: μιᾷ κλήσει, vgl. Lex Mal. c. 55 uno vocatu), aber die renuntiatio erfolgte in der durch das Los festgestellten Reihe. Es waren obnuntiatio und intercessio noch möglich, wenn das principium schon zur Stimmabgabe aufgefordert war, Ascon. p. 71. Cic. Phil. II 83. Vielleicht konnte der Vorsitzende aber auch die Abstimmung nach einander vornehmen und unterbrechen, Plut. Ti. Gr. 12. Appian. bell. civ. I 12 (bei der Absetzung des Octavius). Liv. XLV 36, 10. Wie bei den C. centuriata ermittelten rogatores das Ergebnis, als solche fungierten zumeist die Tribusvorsteher. Sie haben ihren Vermerk über die Abstimmungen wohl so eingerichtet (s. o.), dass sie auf einer Tafel jedes Votum mit Ja oder Nein, und bei Wahlen jede auf einen der Candidaten gefallene Stimme mit einem Punkte neben dem Namen bezeichneten. Ergaben Wahlversammlungen keine vollzähligen [707] neuen Collegien, so durften die Wähler früher cooptieren (Liv. III 65, 1), seit 306 = 448 erfolgte Vertagung (differre) auf einen andern Termin, Liv. IX 34, 25. Herzog I 1182ff.

Seit Einführung der schriftlichen Abstimmung (s. o.) erhielten auch die einzelnen Tribusgenossen Stimmtäfelchen (tabulae, tesserae Cic. Phil. XI 19), um sie beim Überschreiten der Stege (pontes Cic. de leg. III 38; s. oben) in den Kasten (cista Auctor ad Herenn. I 21. Plin. n. h. XXXIII 31) zu werfen (suffragium ferre). Bei Abstimmungen über Gesetzentwürfe und in richtenden Versammlungen bekam jeder zwei solcher Täfelchen, eines mit dem Vermerk U·R (uti rogas), eines mit A (antiquo), Cic. de leg. II 24. III 38. Mommsen Röm. Münzwesen 635 nr. 278f. Auch Controlleure werden genannt, Varro r. r. III 5, 18, die Ermittlung der Stimmen erfolgte durch Zähler, diribitores (Cic. in Pis. 36), später seit 746 = 8 in einem besondern Gebäude (Dio LV 8, 3), s. den Art. Diribitorium. Die Formalitäten genau bei Lange II 487ff.

Bei Wahlen musste jedenfalls eine öffentliche Untersuchung über die persönlichen Qualitäten der Candidaten erfolgen, die Meldungen liefen nicht immer zahlreich genug ein, Appian. b. c. I 21, der Wahlact war beendet mit der Renuntiation derer, auf welche die meisten Stimmen gefallen waren, tribus explere, Liv. III 64, 8. Lex Mal. 56. Auch betreffs der Formen der richtenden C. tributa ist wenig bekannt, jedenfalls erfolgte die Ladung des Angeklagten, wie bei den C. centuriata (Liv. XXXVIII 51, 16), ebenso scheint es mit den Terminen gehalten zu sein.

Bei Gesetzrogationen waren die Formen wie bei den Centurien. Der Antragsteller (lator, rogator, auctor legis, Liv. II 56, 6. IV 48, 16. VI 36, 7) hatte den Wortlaut genau zu formulieren, nötigenfalls nach Rücksprache mit Rechtskundigen, Plut. Ti. Gr. 9. Cic. ad Att. III 23, 4. Der Antrag ward, auf hölzernen Tafeln verzeichnet, während des trinundinum öffentlich bekannt gemacht (promulgare legem, Cic. de leg. agr. II 13. Liv. III 9, 5. Cic. de domo 41), konnte nach den in contiones vielleicht geäusserten Wünschen abgeändert und auch ganz zurückgezogen werden. Cic. pro Sull. 62f.; ad. Att. I 19, 4. Auch Beamte, die sich anschliessen (adscriptores, Cic. de leg. agr. II 22; in Pis. 35), durften promulgieren. Dann ward der Gesetzentwurf der Versammlung zur Abstimmung unterbreitet (ferre legem ad populum Cic. Phil. I 21. II 110; legem rogare II 72); noch immer konnte der Antragsteller seine rogatio ändern (Cic. ad Att. I 19, 4), erst nach Beginn der Abstimmung war das unmöglich. Auch hier hatte das Volk lediglich über Annahme (iubere) oder Verwerfung (antiquare) des Antrags zu befinden. Erst mit der öffentlichen Verkündigung durch Beamte wird der Beschluss zum Gesetz (lex perlata, rogata, perfecta s. o.) und mit dem Namen des (der) Antragstellers bezeichnet z. B. lex Valeria Horatia, Mommsen St.-R. III 315. Seitdem zufolge des valerischen Gesetzes die Plebiscite für alle Bürger Geltung hatten, waren auch hier die bei Staatsgesetzen üblichen Formen zu beobachten. Zunächst mussten die Namen der Beantragenden genannt und die in rechtsverbindlicher Weise erfolgte Annahme des Antrags vermerkt werden, [708] z. B. Frontin. de aq. 129: T. Quinctius Crispinus consul populum iure rogavit populusque iure scivit, in foro pro rostris ... tribus Sergia principium fuit; pro tribu Sex... L. f. Virro [primus scivit], ferner war, solange das vorgeschrieben, die Zustimmung des Senates zu erwähnen (plebiscit. de Termessibus, CIL I 204), ausserdem, wie das genannte Beispiel eines Volksbeschlusses vom J. 745 = 9 zeigt, der Ort der Versammlung, die zuerst stimmende Tribus, der Name dessen, der zuerst votierte (vgl. noch Lex Cornelia, CIL I 202. Lex agr. des J. 643 = 111 ebd. I 200. Cic. Phil. I 26: in aes incidi iubebitis illa legitima: consules populum iure rogaverunt ... populusque iure scivit); sodann folgte der Wortlaut der Gesetze und häufig noch die Androhung von Strafen für Übertretung (sanctio, s. o.). Die Originalurkunden wurden früher von den Magistraten aufgehoben, die das Gesetz durchgebracht hatten, dann den Quaestoren für das Aerarium und den Aedilen für den Cerestempel zur Verwahrung übergeben, Serv. Aen. VIII 322 vgl. VI 622. Dabei scheint manchmal die nötige Sorgfalt (Cic. de leg. III 11) ausser acht gelassen zu sein, selbst Fälschungen sind vorgekommen (Plut. Cat. min. 17. Suet. Caes. 28; Aug. 94), die lex Iunia Licinia verbot im J. 692 = 62: ne clam aerario legem inferri liceret, Schol. Bob. p. 310. Lange II 653. III 266 und Ritschl Opusc. phil. IV 427ff. Der Text wurde öffentlich bekannt gegeben auf Holz- oder Bronzetafeln (legem, tabulam figere, Dionys. III 36. X 32. Cic. Phil. I 23. III 30. V 12; ad Att. XIV 12. 1. Liv. III 57, 10), besonders an Gebäuden am Forum, dem Atrium Libertatis, an den Tempeln des Iuppiter Capitolinus und der Fides auf dem Capitol, Liv. VII 3. Dionys. II 98. X 57. Fest. p. 241. Suet. Vesp. 8.

Bei Stimmengleichheit entschied nur in den C. aedilicia das Los, Cic. pro Planc. 53. Schol. Bob. p. 264 Lange I 862.

Litteratur über patricisch-plebeischen C. tributa: Rubino 309. Clason Krit. Erört. 71. Lange II 459. 533. 565. 613. Madvig I 234. Mommsen R. F. I 151. 177; St.-R. III 143. 321. Soltau 473. Herzog I 1128. 1169. Karlowa I 388. Schiller in Iw. Müller Handb. IV² 2, 161. Mispoulet I 207. Willems 159. 171. Humbert in Daremberg-Saglio I 1380–1387 (ebd. Litt.). Ptaschnik Ztschr. f. öst. Gymn. XXXII 81, darüber auch K. W. Ruppel Die Teilnahme der Patricier an den Trib. Com.. Diss. Heidelberg 1887. Fr. Henschel De iure c. trib. in legibus fer., Hildesheim 1871. Ihne Entw. der C. trib., Rh. Mus. XXVIII 353. C. Berns De c. trib. et conciliorum plebis discrim., Wetzlar 1875. Genz im Philol. XXXVI 83. Blasel Die allmähl. staatsrechtl. Competenzerweiterung der C. trib., Bonn 1879. Fr. Ruppel De c. trib. et conc. pl. discr., Wiesbaden Progr. 1884.

Auf die beabsichtigte Verhinderung, unfreiwillige Störung, Vertagung der iusta c. (Cic. post red. in sen. 27), sowie die Ungültigkeitserklärung der Volksschlüsse aus profanen oder sacralen Gründen ist nur mit wenigen Worten einzugehen, da die Einzelheiten passender an andern Stellen behandelt werden. So konnte das Volk gehindert werden iure rogare, iure sciscere, und ein comitialer Beschluss, gleichviel ob auf Wahlen, Gesetze [709] oder Rechtsurteile bezüglich, ungültig sein aus allgemeinen Gründen des Staatsrechts oder weil derselbe eine Competenzüberschreitung enthielt, Intercession, Promulgationstermin nicht beachtete, das Verbot des per saturam ferre ausser acht gelassen war u. a. m. Namentlich ist hier auf den Art. Intercessio zu verweisen, wo der Einspruch von par maiorve potestas (bifariam cum populo agi non potest, Gell. XIII 16, 1) und der von Tribunen so oft geübte erörtert wird. Mommsen St.-R. I 283. II 290. Von der Collision der Volksschlüsse, inwieweit auch solche ausdrücklich als unwiderruflich bezeichnete durch spätere aufgehoben werden können (Mommsen Abriss 322) s. im Art. Lex. Über die Wahrung aller dieser Normen wachte zunächst der Senat; später fehlt eine Instanz, die die Berechtigung eines angefochtenen Beschlusses zu beurteilen gehabt hätte; nur wieder in der Revolutionszeit hat der Senat Volksschlüsse wegen solcher Mängel aufgehoben, so im J. 654 = 100 die leges Appuleiae, 655 = 99 leges Titiae, 663 = 91 leges Liviae, 688 = 68 lex Manilia u. a. m. Belege bei Mommsen St.-R. III 367. Da vor den C. Erforschung des Götterwillens und auch während derselben Rücksicht auf die Auspicien Bedingung eines gültigen Verlaufes war (Cic. de div. II 42; Phil. II 81. V 7; in Vatin. 20. Mommsen St.-R. I 98), so konnten leicht Hemmnisse der C. aus religiösen Gründen stattfinden; solche auspicia e diris – triste omen diem diffidit, Liv. IX 38, 15. Gell. XIV 2 – ferner auspicia e caelo und die Folgerungen des Auguralrechtes hat Wissowa in den Art. Augures oben Bd. II S. 2335 und Auspicia ebd. S. 2587 besprochen, vgl. Lange II 475f. Dazu die Aufhebung der C. wegen morbus comitialis (Epilepsie) eines Teilnehmers, Fest. p. 234 s. prohibere. Seren. Sammon. de med. 1015. Dio XLVI 33 ἡ νόσος ἡ ἱερὰ καλουμένη. Die vor der Abstimmung erfolgte nuntiatio (servasse se oder servaturum se de caelo esse, Cic. pro Sest. 78, vgl. 79. 83; in Vatin. 16–18; Phil. II 81. Dio XXXVIII 13. Non. p. 92 s. cis) eines Augur hatte Verschiebung der C. alio die zur Folge, Cic. de leg. II 31. Näheres im Art. Nuntiatio, in den bei Wissowa a. a. O. genannten Arbeiten von Valeton Mnemosyne XVII 275. 418. XVIII 208. 405. XIX 75. 229 und bei Bouché-Leclerq in Daremberg-Saglio Dict. I 550. 580. Selbstredend mussten Vorkehrungen geschaffen werden, damit diese discretionäre Vollmacht nicht in Willkür ausartete. Der die Versammlung berufende Magistrat untersagte dann solchen mit geringerer Amtsgewalt, den Himmel während der Zeit zu beobachten. Gell. XIII 15, 1: ne quis magistratus minor de caelo servasse vellet. Die leges Aeliae et Fufiae (s. den Art.) haben vollends die Obnuntiatio patricischer Magistrate auch auf gesetzgeberische Actionen der Tribunen ausgedehnt und werden von Cicero deshalb (de har. resp. 58; in Vat. 18. 23; pro Sest. 33. 56; p. red. in sen. 11; ad Att. II 9, 1; in Pis. 9. Ascon. p. 9. Schol. Bob. p. 319) als echte Garantien gegen demagogischen Unfug und als Hort der staatlichen Freiheit gepriesen; sie sind dann missachtet – was möglich war, zeigt die fast sechs Monate währende Verschleppung der Consulwahl, von der Ascon. arg. Cic. pro Mil. p. 29 redet – und [710] durch die Lex des P. Clodius Pulcher im J. 696 = 58 unwirksam gemacht. Lange II 478.

Ferner konnten C. verhindert werden, wenn von Seiten des Senats oder der Consuln dies comitiales als Festtage erklärt oder zu supplicationes bestimmt wurden, Cic. ad Q. fr. II 4, 4. Dass der augurale laut Senatsbeschluss auf ein vitium hinweisende Einspruch nicht unbedingt die Aufhebung des trotzdem vollzogenen Volksbeschlusses zur Folge haben musste, hat Wissowa oben Bd. II S. 2334 ausgeführt, doch haben Magistrate vitio creati abgedankt, Varro de l. l. VI 30. Fasti Cap. a. 523. 592 vitio facti abdicarunt, vgl. die Beispiele bei Mommsen St.-R. III 364; ihre bisher getroffenen Anordnungen waren ungültig, sie durften den Ergänzungswahlen nicht vorsitzen und waren nicht wählbar. Wer nicht dem Geheisse sich gefügt, konnte verklagt werden, Cic. de nat. deor. II 7; de div. II 71. Willems Le sénat II 107.

Litteratur: Madvig I 265. Herzog I 1117. 1187. Mommsen St.-R. III 363. Willems Droit public⁶ 170.

Verfall der C. in der letzten Zeit der Republik und Untergang der Volksversammlungen in der Kaiserzeit. Bedeutung und Einfluss der C. waren mit dem sinkenden Glanze des römischen Freistaates aus verschiedenen Gründen erheblich zurückgegangen. Die Teilnehmer an den C. galten zwar als Repräsentation des römischen Volkes, thatsächlich aber war die Entscheidung dieses verschwindenden Bruchteils nur ein zweifelhafter Ausdruck der Stimmung der gesamten Bürgerschaft. Wenn auch das Bürgerrecht allen Italikern verliehen war, so war eine regelmässige Beteiligung an den Abstimmungen doch unmöglich, und je weiter sich der Machtbereich der Republik dehnte, um so deutlicher offenbarte sich die Unzulänglichkeit der einem Stadtstaat angepassten Verfassung für ein Weltreich. In den C. machte sich die Hefe des Volkes breit (Sallust. Cat. 37), eine trotz der leges de ambitu und de sodaliciis (s. die Art.) feile Menge, der Pöbel Roms, sprach das entscheidende Wort; wie sollte dieser zusammengewürfelte Haufen ein besonnenes Urteil über Angelegenheiten von der grössten Tragweite haben? Die Geschichte der Parteikämpfe seit den Gracchen bezeugt nur zu oft, wie die C. der Tummelplatz der Volksleidenschaften wurden, wie Gewalt- und Greuelthaten der Parteien eine ordnungsgemässe Erledigung der Geschäfte vereitelten. Volksversammlungen, die von den Schergen eines Catilina, P. Clodius Pulcher, T. Annius Milo und Männern ähnlichen Schlages beherrscht wurden, waren zum Untergang reif; Cic. p. red. in sen. 18; Sest. 37; Phil. I 25. V 9. Ascon. p. 29. 32. 35. Vell. II 47. Appian. bell. civ. II 19. III 30 u. ö. Herzog I 555. Ferner klagte man über geringen Besuch der C. (Cic. pro Sest. 109. 125), wobei aber zu berücksichtigen ist, dass schon in früherer Zeit die dies comitiales aus politischen Gründen vermindert waren, Lange II 519; unter besondern Verhältnissen ergingen durch ganz Italien dringende Einladungen sich in Rom zur Abstimmung einzufinden. Cic. in Pis. 34; p. red. in sen. 10. Andererseits war bei zahlreich besuchten C. die Controlle der zur Teilnahme Berechtigten schwierig; [711] vielfach hatten sich Nichtbürger eingeschlichen, Sallust. Iug. 40. Schol. Bob. p. 296. Liv. XXXIX 3. XLI 8, 7ff. Dion. Hal. VIII 72. Plut. C. Gr. 12.

Seit Rom wieder einen Herrn hatte, musste Entscheidung getroffen werden, ob angesichts der vorgekommenen bedenklichen Ausschreitungen und offenkundigen Missstände die C. abzuschaffen seien, oder ob sie dem ursprünglichen Zwecke gemäss umgestaltet zu verfassungsmässiger Mitwirkung an den Staatsgeschäften berufen sein sollten, um dann als Ausdruck des Volkswillens unter Umständen eine gewichtige Stütze des Principats zu werden. So besonnene Politiker, wie es Caesar und Augustus waren, haben sich nicht dazu verstanden, die C. mit einem Schlage aufzuheben, aber doch mit vorsichtiger Hand deren Untergang in die Wege geleitet. Caesars Kalenderreform liess die alte Zahl von dies comitiales bestehen, ohne sie zu vermehren; Augustus vollendete die von Caesar im J. 700 = 54 begonnenen marmornen Saepta auf dem Campus Martius und baute ein Diribitorium behufs bequemerer Stimmzählung; beide Einrichtungen sind bald auch zu Spielen verwandt (Dio LV 8. LIX 7. 10) und nur zu diesem Zwecke, da sie unter Titus abbrannten, von Hadrian wiederhergestellt, Dio LXVI 24. Hist. Aug. Hadr. 19. Von Augustus heisst es ferner bei Suet. Aug. 40: comitiorum pristinum ius reduxit (s. u.) und weiterhin, dass er eine Beteiligung der italischen Gemeinden an den Wahlen der römischen Beamten auf die Weise habe ermöglichen wollen, dass die in den Bürgercolonien abgegebenen Stimmen von den Decurionen versiegelt zum Comitialtage nach Rom gesandt werden sollten, ebd. 46: Italiam ... etiam iure ac dignatione urbi quodam modo pro parte aliqua adaequarit, excogitato genere suffragiorum, quae de magistratibus urbicis decuriones colonici in sua quisque colonia ferrent et sub die comitiorum obsignata Romam mitterent. Ob überhaupt und in welchem Umfange die Colonien dies Verfahren geübt, ist nicht überliefert; mit dem Übergang der Wahlen auf den Senat (s. u.) hatte es ohnehin ein Ende.

Erwähnungen von C. finden sich noch bis ins 3. Jhdt. (Suet. Vitell. 11; Vesp. 5; Domit. 10. Appian. bell. civ. I 103. Hist. Aug. Sever. 3. Dio LVIII 20), da die Renuntiation der Gewählten bestehen blieb; auch die althergebrachten äusseren Formen, wie die Hissung des vexillum russeum, werden noch erwähnt, Dio XXXVII 28; die Classenteilung wurde hinfällig, seit der Census nicht mehr stattfand, Arnob. adv. nat. II 67. Im 4. Jhdt. ist eine genauere Kenntnis der Arten und Formen der C. verloren, vgl. Ammian. XIV 6. 6. Mamertin. gr. act. Panegyr. X 19. Auson. grat. act. III 13. XI 44. Symm. or. pro p. 7. Sidon. carm. II 19. Im einzelnen sei foleendes bemerkt.

Die c. curiata waren in der Kaiserzeit noch üblich für die adrogatio (s. d.), Gell. V 19. Rubino 389. Durch eine lex curiata wurde Tiberius von Augustus in foro adoptiert (s. o.), Nero von Claudius, Tac. ann. XII 26. 41. Darauf bezüglich war ein SC. aus der Zeit der Antonine, Dio LXIX 20. LXXIX 17. Noch Gaius I 98. 102 u. ö. und Ulpianus frg. 8, 2. 3 reden von der adoptio per populum, adoptio per populi [712] rogationem. Indes ward sie nicht durchweg geübt, denn Galba nahm den Piso in einer contio der Soldaten als Sohn an, Nerva adoptierte Traian auf dem Capitol, Tac. hist. I 14. 15. Dio LXVIII 3. Diese später allgemein übliche adrogatio ex principali indulgentia wird noch unter Diocletian Cod. Iust. VIII 47, 2, 1 erwähnt. Die Aufnahme eines Plebeiers unter die Patricier vollzogen die Curien nicht mehr, vgl. die Art. Lex Cassia (unter Caesar), Lex Saenia (unter Augustus), Tac. ann. XI 25. Betreffs der lex curiata de imperio s. den Art. und unter Imperium. Mommsen St.-R. II 876.

Die Befugnisse der c. centuriata wurden ebenfalls unter den Kaisern immer enger gezogen; die Criminalgerichtsbarkeit, soweit sie nicht längst auf die quaestiones perpetuae übergegangen war (s. o.), behielten sie noch unter Caesar, vgl. die Lex Iulia de vi im J. 708 = 46, Dig. XLVIII 6, 7. Paulus sent. V 26, 1. Lange III 456; Antonius beabsichtigte sogar Provocation an die C. centuriata zu gestatten von den Entscheidungen der Gerichtshöfe in Anklagen de vi et maiestate. Augustus schränkte die Gerichtsbarkeit des Volkes weiter ein, Dio LVI 40; unter ihm und seinen Nachfolgern tritt der Senat als oberster Gerichtshof neben das kaiserliche Gericht, was hier nicht näher zu verfolgen ist. S. den Art. Senatus. Mommsen St.-R. II 118f. 235. III 475. 1063f. 1070; Strafrecht 251f.

Länger behielten die c. centuriata das Wahlrecht; Caesar hat im J. 709 = 45 nur zwei Candidaten für das Consulat vorgeschlagen; bei andern jährlichen Ämtern durfte die Hälfte durch das Volk gewählt werden, die andere ernannte er tatsächlich selbst (Dio XLII 20. XLIII 46. 47. 51. Suet. Caes. 41), denn seine Empfehlung (Caesar dictator illi tribui commendo vobis illum et illum, ut restro suffragio suam dignitatem teneant) war ein nicht misszuverstehender Befehl. Augustus gewährte das von den Triumvirn sistierte Wahlrecht in beschränktem Masse wiederum, präsentierte persönlich Candidaten (Dio LIII 21. LV 34), gab selbst seine Stimme ab, ambierte für Freunde (Suet. Oct. 56) und spendete ungeachtet der Verbote jedem seiner Tribulen 1000 Sest. (ebd. 40. Herzog II 153). Wie unbehindert zunächst die Wahlen stattfanden, zeigt, dass im J. 735 = 19 dabei, allerdings in Abwesenheit des Augustus, sogar Aufstände in Rom sich ereigneten. Einschränkungen waren die Folge; seinem Nachfolger soll er den Rat gegeben haben, die Volkswahl überhaupt zu unterdrücken. Unter Tiberius e campo comitia ad patres translata sunt, Tac. ann. I 15. Vell. II 124. Herzog II 243. Der eigentliche Wahlact ward fortan im Senate vollzogen, nur die unumgänglich notwendige renuntiatio geschah noch lange öffentlich nach alter Förmlichkeit (Suet. Dom. 10. Plin. paneg. 63. 64. 77. 92. Dio LVIII 20), aber allmählich verlor sich das Interesse, Vell. II 126. Im übrigen wurde auch die Wahlfreiheit des Senats mehr und mehr illusorisch, da die Kaiser ein Verzeichnis der von ihnen bevorzugten Bewerber aufstellten, das als massgebend galt. Näheres s. unter Candidatus principis und Commendatio. Karlowa I 516. Caligula hat den C. das Wahlrecht wiedergegeben (Dio. LIX 9. 20. Suet. Cal. 16), aber im Jahre [713] darauf die Genehmigung zurückgezogen; die Masse verhielt sich gleichgültig; Tacitus Urteil ann. I 15: neque populus ademptum ius questus est nisi inani rumori, ist auch hiefür gültig. Die Legislative haben die c. centuriata noch im J. 732 = 22, als Augustus die Wahl von zwei Censoren zuliess, mit einer lex centuriata de potestate censoria geübt. Dio LIV 2. Suet. Oct. 37, vgl. Claud. 16. Vgl. im übrigen unten betreffs der Gesetzgebung in c. tributa. Über einen Angriffskrieg hatten die Centurien nicht mehr zu beschliessen; Caesar hatte sich im J. 706 = 48 dies Recht geben lassen (Dio XLII 20), Augustus und seine Nachfolger übten es als Inhaber des imperium (s. u.). Die c. tributa verloren die iurisdictionellen Befugnisse, Dio XLII 20. LVI 40. Processe, welche die Verantwortlichkeit von Beamten betrafen, gingen an den Senat (Tac. ann. IV 15. XIII 43. Dio LII 21, LVIII 16), andere an die quaestiones perpetuae. Über Frieden und Verträge allein zu befinden, war schon dem Dictator Caesar zugestanden (Dio XLII 20. Dionys. V 73) und fortan kaiserliches Recht, Lex de imp. Vesp. CIL VI 930 Z. 1: foedusque cum quibus volet facere liceat ita uti licuit divo Aug. Ti. Iulio Caesari Aug. Tiberioque Claudio Caesari Aug. Germanico. Mommsen St.-R. II 739. 955. Hinsichtlich der Wahlen sind die Tribus ebenfalls verkürzt; der Oberpontificat wie die vier grossen Priestertümer, welche im J. 705 = 49 der Dictator Caesar besetzt hatte (Dio XLI 36), – Augustus ward am 6. März 742 = 12 durch Volkswahl Pontifex maximus – wurden später auf Empfehlung der Kaiser vom Senat verliehen, Lange II 733. Die in den Arvalacten zum 5. März 69 erwähnten Opfer ob comitia sacerdotior(um) imp. Othonis Aug. (p. 93 Henzen) beziehen sich auf behufs Renuntiation einberufene C. Auch die Legislative der c. tributa war stark geschwächt. Längst schon war einzelnen Beamten, so Marius, Sulla, Pompeius unter Umständen legislative Competenz gegeben, aus eigner Macht Gesetze zu erlassen (leges datae, Liv. IX 20, 10. Cic. Verr. II 2, 121. Lex Iulia mun. Z. 159 im Gegensatz zu den leges rogatae) und vollends dem Princeps stand das Recht zu, Mommsen St.-R. II 725. 888. III 310; ferner konnte er wie andere Magistrate durch Edicte (s. den Art. Edictum) seinen Willen kund thun und nötigenfalls nochmals durch SC. als Gesetz festlegen lassen. Dio LII 15. LIII 18. 28. LIV 10. Gai. I 5. Dig. I 2, 2. 11. 12. I 4. 1: endlich stand ihm als Inhaber der tribunicischen Gewalt zu, gegen ihm nicht genehme Gesetzesvorschläge anderer Beamten zu intercedieren. So lag die gesetzgebende Gewalt beim Princeps, ohne dass der umständliche Weg durch die C. eingeschlagen zu werden brauchte. Gleichwohl ist dies aus bestimmten Gründen doch noch öfter geschehen. Ich gebe die kurzen Titel der in Tributcomitien und concilia plebis angeommenen Gesetze, bezüglich der Belege muss auf die betreffenden Artikel, auf Lange II 729f., die ausführliche Besprechung der Leges in der Kaiserzeit bei Karlowa I 616f. sowie auf den Art. Lex bezüglich der späteren Bestimmung dieses Begriffs verwiesen werden. Unter Augustus folgende leges Iuliae: theatralis, de collegiis, sumptuaria, de annona, de ambitu, de vi publica, de vi privata, de maiestate (?), [714] peculatus et de sacrilegis, de residuis, de iudiciis publicis et privatis, de adulteriis et de pudicitia, de fundo dotali, vicesimaria (de vicesima heredit.); auf sein Geheiss haben andere Beamte noch diese Gesetze dem Volke unterbreitet: lex Saenia de plebeiis in patricios adlegendis, Pacuvia, Quinctia de aquae ductibus, Aelia Sentia de manumissionibus, Fufia Caninia de manumissione testamentaria, Papia Poppaea. Unter Tiberius: lex Claudia de flaminica diali vom Kaiser beantragt; von Beamten: lex Iunia Petronia, ein von Tac. ann. IV 16 genanntes Gesetz. lex Visellia, vielleicht auch die lex Iunia Vellaea, Mommsen St.-R. III 346. Unter Caligula: lex Iulia agraria, Dig. XLVII 21, 3; doch vgl. Rudorff Schr. der röm. Feldm. II 223. 244. Unter Claudius: lex Claudia de aere alieno fil. fam., lex Claudia de tutela und andere Plebiscite, Tac. ann. XI 14. Unter Nero: lex Petronia. Unter Vespasian: lex Flavia de consulatibus abrogandis. In unbestimmter Zeit die rätselhafte lex Vectibulici. Unter Nerva: eine lex agraria, Dig. XLVII 21, 3, 1.

Litteratur über C. der Kaiserzeit. Lange II 723. Madvig I 276. Mommsen St.-R. II 845. 708. 877. 917. III 345; Abriss 324. Willems 447. Herzog II 153. 165. 242. 261. Karlowa I 514. Schiller in Iw. Müller Handbuch IV 2, 167. Humbert in Daremberg-Saglio I 1397. A. Schmidt Über den Verfall der Volksrechte in Rom, Ztschr. für Geschichtswiss. I 37. IX 326. Göll Wahlcomitien in der Kaiserzeit, Ztschr. für Altertumswiss. 1856, 509. Stobbe Über die C. unter den Kaisern, Philologus XXXI 288.

C. in den städtischen Gemeinden des Reichs sind nur in wenigen Spuren nachzuweisen. Wie die Landstädte in ihrer Verfassung möglichst Rom nachahmten (Gell. XVI 13, 9. Nov. Iustin. 38: κατὰ τὴν τῆς βασιλευούσης πόλεως μίμησιν, so trat auch die Bürgerschaft zu C. zusammen, je nachdem sie in curiae (s. d.) oder in tribus, so in der col. Genetiva Iulia (Lex Urs. c. 101), Lilybaeum (CIL X 7233: XII trib. 7237: tribules trib Iovis Aug.), Mazara (7206: XII trib.), oder in centuriae, wie vielleicht in Panhormus (CIL X 7295), geteilt war. Dass diese Versammlungen der Bürgerschaft ursprünglich die Entscheidung in städtischen Angelegenheiten gehabt haben, ist anzunehmen. Seit die C. aber im Staate zur Ohnmacht verurteilt waren, ging auch die Bedeutung der landstädtischen zurück. Das von Domitian der spanischen Gemeinde Malaca verliehene Stadtrecht zeigt, dass hier die in Curien geteilte Bürgerschaft die Beamten wählte. Die häufigen Wahlprogramme in Pompeii (CIL IV 34–1176, vgl. CIL XIII 1721 = Boissieu Inscr. de Lyon 160: duumvir design. ex postul(atione) populi) bezieht Mommsen, weil sie nie einer Stimmabteilung – mit Unrecht erklärte Willems Les élections municipales 86 die Salinienses, Campanienses, Forenses für solche – gedenken, auf ein Wahlrecht, das auf den Weg der Acclamation gewiesen war und ohne ein factisch entscheidendes Vorschlagsrecht nicht gedeutet werden kann. Schon im 1. Jhdt. n. Chr. hat dem Gemeinderat ein Vorwahlrecht zugestanden; dem widerspricht auch nicht die Inschrift aus der Zeit Vespasians CIL IV 768: M. Epidium Sabinum d(unmvirum) [715] i(ure) d(icundo) ex ... sententia Suedi Clementis sancti iudicis consensu ordinis ... faciat(is). Der Schwerpunkt der städtischen Verwaltung lag ja überhaupt bei dem Rate. Spätere Erwähnungen von C. finden sich einigemale. CIL XIV 375 (Ostia): IIvir censoriae pot. quinquennal. in comitiis factus (Zeit Hadrians). 2410 (Bovillae): primus comitia magistratuum [creandorum] causa instituit (im J. 157), nach Mommsen vielleicht eine archaisierende Neuerung, vgl. X 7023 (Catina): IIvir suf. popul. creatus.

Litteratur. Mommsen Die Stadtrechte der latinischen Gemeinden Salpensa und Malaca in der Provinz Baetica, Abh. der sächs. Ges. der Wiss. 1857, 361. 410. 414; St.-R. III 349. Schiller Nero 444. Liebenam Städteverwaltung im römischen Kaiserreich 214. 248.