Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Pulcher, P. berüchtigter Volkstribun in der Zeit des ersten Triumvirats 58 v. Chr.
Band IV,1 (1900) S. 8288
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48) P. Clodius Pulcher, Bruder der Claudier Nr. 297 und 303, der berüchtigte Volkstribun aus der Zeit des ersten Triumvirats. Über die Form seines Namens vgl. im Gegensatz zu Drumann II 200 Lindsay D. lat. Sprache (Leipzig 1897) 46: ‚Ciceros Nebenbuhler C. war der erste der gens, der, jedenfalls um dadurch den Pöbel zu gewinnen, den Namen Claudius in die plebeische Form Clodius abänderte‘.

Sein Kriegsdienst im Osten. Eine ungezügelte Neigung zu aufreizendem Thun verriet er schon in jungen Jahren, als er gleich seinem Bruder Appius im dritten mithridatischen Kriege unter Lucullus diente. Da er in diesem Kriege die Auszeichnung, die er als Schwager des Lucullus beanspruchte, nicht fand, so scheute er sich nicht, durch hetzerische Reden das Heer gegen Lucullus in Aufruhr zu bringen (Plut. Luc. 34. Dio XXXVI 14. Cic. de har. resp. 42). Er begab sich sofort zu dem vom Senat gegen Lucullus aufgestellten Statthalter von Kilikien, Q. Marcius Rex, der ebenfalls sein Schwager war, und wurde von ihm mit der Führung der Flotte betraut; zwar nahmen ihn die Seeräuber gefangen, doch entliessen sie ihn wieder aus Furcht vor Pompeius (Dio XXXVI 17. XXXVIII 30. Appian. bell. civ. II 23. Strab. XIV 684, vgl. Cic. a. O.). Hierauf begab er sich nach Antiochien, um mit den Syrern gegen die Araber zu fechten; aber auch hier fing er Unruhen an und hätte beinahe sein Leben verloren (Dio a. O. 19).

Sein erstes Auftreten in Rom. Nach der Hauptstadt zurückgekehrt, begann er nach römischer Sitte seine öffentliche Laufbahn mit einer Anklage, indem er Catilina wegen Erpressung vor Gericht zog; die Anklage war aber derart, dass Catilina freigesprochen wurde (Cic. a. O. und in Pis. 23. Ascon. p. 8, 24. 58, 18ff. 76, 8. 78, 7ff.: ita quidem iudicio est absolutus Catilina, ut Clodius infamis fuerit praevaricatus esse). Im folgenden Jahre (690 = 64) ging er mit dem Propraetor L. Murena in das transalpinische Gallien und suchte sich dort durch Erpressungen zu bereichern. Auch nach seiner Rückkehr trieb ihn seine Gewinnsucht zur Unterschlagung ihm anvertrauter [83] Gelder, wie ihm Cicero vorwirft (a. O.).

Sein Verhältnis zur catilinarischen Verschwörung. Nach einer Angabe des Asconius bestand der Verdacht, er habe an der catilinarischen Verschwörung teilgenommen (p. 44, 20 – zu Milon. 55 –, wo er sich noch auf andere Stellen Ciceros beruft, vgl. de har. resp. 5; pro Mil. 37), glaubwürdiger aber ist die Nachricht Plutarchs (Cic. 29), er sei damals noch Ciceros Freund gewesen und habe zu denen gehört, die ihn mit ihren Waffen geschützt hätten.

Sein Vergehen gegen die Bona Dea. Erst sein Frevel gegen die Gute Göttin führte eine völlige Scheidung zwischen ihm und Cicero herbei. Im December des J. 692 = 62, als er bereits zum Quaestor für das folgende Jahr ernannt war (Cic. de har. resp. 43), schlich er sich zu der Festfeier im Hause des Caesar in weiblicher Kleidung ein, um sich Caesars Gemahlin Pompeia zu nähern (Cic. ad Att. I 12, 3; in Clod. et Cur. c. 5 und dazu Schol. Bob. p. 336 Orelli; de har. resp. 37. 44; pro Mil. 72; Paradox. IV 2 u. a. St. Plut. Caes. 10; Cic. 28. App. Sic. 7. Dio XXXVII 45). Wegen dieses Frevels wurde er im folgenden Jahre (693 = 61) auf Grund eines Senatsbeschlusses angeklagt, aber von Richtern, die für Geld und zweifelhafte Gunstbezeugungen erkauft waren, freigesprochen (Cic. ad Att. I 13. 14. 16. 18, 3; ad fam. I 9, 15; in Pis. 95; pro Mil. 86. Liv. per. CIII. Dio XXXVII 46. Plut. Caes. 10; Cic. 29. Val. Max. IX 1, 7. Senec. ep. 97).

Seine Verfeindung mit Cicero. Cicero, von C. durch eine spöttische Bemerkung gereizt, hatte ihn und seine Freunde schon vor der Eröffnung des Processes angegriffen (ad Att. I 16, 1); in dem Processe selbst hatte er gegen ihn gezeugt (ad Att. I 16, 2. 4 und dazu Schol. Bob. p. 330. Plut. Cic. 29. Val. Max. VIII 5, 5), und nachdem ihn die Richter freigesprochen hatten, trat er mit allen Waffen der Beredsamkeit gerüstet im Senat gegen ihn auf (ad Att. I 16, 8ff.; or. in Clod. et Cur.). Über den Verlauf des ganzen Handels berichtet in höchst anziehender Weise der schon mehrfach genannte berühmte Brief Ciceros an Atticus I 16.

Quaestor im J. 693 = 61. Die Folge dieser Auseinandersetzung war eine tötliche Feindschaft zwischen beiden. Fürs erste begab sich C. zwar als Quaestor nach Sicilien (in Clod. et Cur. c. 3, 2) und erklärte dort, er werde sich nach diesem Amt um die Aedilität bewerben (ad Att. II 1, 5); nach seiner Rückkehr aber gestand er offen seine Absicht, Volkstribun zu werden (ad Att. a. O.). So sehr Cicero gefährdet war, wenn die Absicht seines Feindes in Erfüllung ging, so hörte er doch nicht auf, ihn durch spöttische Bemerkungen zu reizen (ad Att. II 1, 5. 6), bis endlich die Unfügsamkeit, die er den Triumvirn gegenüber bewies, sein Verderben entschied.

Sein Übertritt in den Bürgerstand. Im J. 695 = 59, an eben dem Tage, an dem Cicero um 12 Uhr mittags in einer Rede den Zustand der Republik beklagt hatte, beantragte Caesar um 3 Uhr nachmittags ein Curiatgesetz, durch das C. von einem Plebeier an Kindesstatt angenommen wurde (Cic. pro domo 77; pro Sest. 16; ad Att. II 12, 1. VIII 3, 3. Suet. Caes. 20; Tib. 2. [84] Plut. Cat. 33. Dio XXXVII 51. XXXVIII 12 u. a. St., dazu Mommsen R. F. I 124. 397).

Tribunus plebis im J. 696 = 58. Das bald danach auftauchende Gerücht, er solle eine Gesandtschaft an den König Tigranes übernehmen, bestätigte sich ebensowenig, wie Ciceros Hoffnung, er werde mit den Triumvirn zerfallen, in Erfüllung ging (ad Att. II 7, 2. 3. 12, 1); unter dem Einfluss der Triumvirn wurde C. wirklich zum Volkstribunen gewählt (Dio XXXVIII 12. Plut. Cat. 33; Caes. 14; Cic. 30. Appian. bell. civ. II 14. Vell. Pat. II 45).

Seine revolutionäre Gesetzgebung. Ehe er als Caesars Handlanger den grossen Schlag gegen Cicero und Cato that, suchte er durch eine Reihe von Gesetzen das Volk auf seine Seite zu bringen, um sich so die Durchführung seiner Absichten zu sichern (Dio XXXVIII 13. 14. Ascon. p. 7, 22ff.).

  1. Das erste Gesetz verordnete unentgeltliche Getreideausteilung an das Volk (Ascon. a. O. Dio XXXVIII 13. Cic. pro Sest. 55 und dazu Schol. Bob. p. 300).
  2. Das zweite verbot mit der Aufhebung der Lex Aelia Fufia die Befragung von Auspicien an Comitialtagen und hinderte damit den Aufschub einer Beratung oder die Einsprache gegen ein Gesetz (nicht gegen eine Wahl), vgl. Cic. post red. in sen. 11; pro Sest. 56; Phil. II 81; ad Att. IV 16, 5. Dio a. O.).
  3. Das dritte stellte die im J. 690 = 64 aufgehobenen Strassenclubs (collegia compitalicia) wieder her und beseitigte die Schranken, die man damals zwecks Verhütung von Wühlereien der Bildung politischer Verbände gezogen hatte (pro Sest. 33. 55; post red. in sen. 33. Dio a. O. Plut. Cic. 30).
  4. Das vierte und letzte verbot den Censoren, jemand aus seinem Stande zu stossen und zu entehren, wenn er nicht bei ihnen förmlich angeklagt und von beiden für schuldig befunden wäre (Cic. u. Ascon. a. O. pro Sest. 55. Dio a. O. und XL 57).

Die Consuln des Jahres, Gabinius und Piso, gewann C. durch einen Vertrag, wonach sie die ihnen genehmen Provinzen durch ihn erhalten sollten (pro Sest. 24). Erst nach dieser vorbereitenden Thätigkeit schritt er auf seine eigentliche Aufgabe los, die Entfernung der beiden Männer, die Caesar unbequem waren, des Cicero und Cato.

  1. Gegen Cicero liess er in Ansehung seines Verfahrens gegen die Genossen des Catilina folgendes Gesetz ergehen: Wer einen römischen Bürger ohne Urteil und Recht getötet habe, der solle verbannt werden (Vell. Pat. II 45. Dio XXXVIII 14. Plut. Cic. 30. Liv. CIII. App. II 15). Cicero war in dem Antrag nicht mit Namen genannt, aber es war niemandem zweifelhalt, dass der Antrag gegen ihn gerichtet war. Er legte Trauerkleidung an und wandte sich hülfesuchend an das Volk, aber wo er erschien, höhnte und misshandelte ihn C. mit seiner Bande (Plut. a. O. Appian. II 15). Tausende legten mit Cicero Trauerkleidung an, und der Senat selbst beschloss, das Trauergewand anzulegen; aber die Consuln untersagten die Ausführung des Beschlusses und sahen es ruhig mit an, wie C. gegen Ciceros Freunde Waffengewalt gebrauchte (Plut. Cic, 31. Cic. post red. ad Quir. 13; [85] pro domo 54; pro Sest. 25–29. 32–33; pro Mil. 37). Um seinem Thun einen gesetzlichen Schein zu geben, berief C. eine Volksversammlung und fragte darin Caesar nach seiner Meinung über das Gesetz; sie fiel so aus, wie man es erwarten musste (Dio XXXVIII 17). Als Cicero, von allen verlassen, dem Rate seiner Freunde folgend aus der Stadt entwichen war, setzte C. noch an demselben Tage in den Tribus die Annahme eines Gesetzes durch, wonach ihm Erde und Wasser untersagt sein sollte, weil er auf Grund eines untergeschobenen Senatsbeschlusses römische Bürger gesetzwidrig getötet habe; die gleiche Strafe sollte den treffen, der ihn aufnehmen würde (Cic. pro Sest. 53; pro domo 43. 47. 50. 51. 85, vgl. Dio XXXVIII 17; post red. in sen. 4; ad Att. III 15, 6). Das Gesetz wurde indessen dahin gemildert, dass die Verbannung auf 400 Meilen beschränkt wurde (ad Att. III 4, vgl. Dio XXXVIII 17. Plut. Cic. 32). An eben dem Tage und in eben der Stunde, in der Ciceros Verderben beschlossen wurde, erhielten die Consuln Gabinius und Piso die Provinzen Syrien und Makedonien mit ausserordentlicher Vollmacht (pro Sest. 53, vgl. 55; ad Att. III 1; de prov. cons. 3, 7; pro domo 23. 24. 55. 61. Plut, Cic. 30).
  2. Nach Cicero wurde auch Cato aus Rom entfernt und zwar unter ehrenvollem Scheine; er erhielt durch einen Antrag des C. den Auftrag, das Königreich Cypern einzuziehen, den Kronschatz nach Rom zu bringen, und die byzantinischen Verbannten zurückzufühen (Cic. pro domo 65. 52. 53; pro Sest. 56–57. 60–63. Vell. II 45. Liv. CIV. Plut. Cat. 34. Dio XXXVIII 30, in den beiden letzten Stellen ist die Angabe über die Zeit nach Cicero zu berichtigen).

Seine Schreckensherrschaft in der Hauptstadt. Unmittelbar nach der Vertreibung Ciceros hatte C. dessen Haus auf dem Palatin in Brand gesteckt, seine Landhäuser in der Nähe der Stadt zerstört und den Raub den Consuln überliefert (Cic. pro domo 59–64. 142–143; pro Sest. 54; post red. in sen. 18; in Pis. 26; pro Mil. 87; ad Att. IV 2, 5. 7. Plut. Cic. 33. Appian. II 15. Dio XXXVIII 17). Den Platz, auf dem das Haus gestanden hatte, bot er sofort zum Verkauf aus, und da sich kein Käufer fand, so liess er es für sich selbst durch einen Dritten kaufen (Cic. pro domo 116, vgl. 108. Plut. 33). Kurz zuvor hatte er das Haus des Q. Seius Postumus auf dem Palatin, nachdem er den Besitzer, der den Verkauf verweigerte, durch Gift aus dem Wege geräumt, in der Absicht an sich gebracht, es mit einem andern Hause, das er von früher her besass, zu einer grossartigen Wohnung zu vereinigen. Daneben sollte sich eine Halle von entsprechender Pracht und Grösse erheben. Daher zerstörte er die Halle des Q. Catulus, die daneben stand, erbaute eine andere mit der Inschrift seines Namens, und vereinigte mit ihr einen Teil von Ciceros Hause, den er durch einen Oberpriester der Göttin der Freiheit weihen liess, deren Bild darin aufgestellt wurde (pro domo 51. 100–116. 137; de har. resp. 30. 33; ad Att. VI 2, 3. 5; de leg. II 42. Plut. 33. Dio XXXIX 11). Er schien sich als den Herren Roms zu fühlen und begegnete jedem, der ihm entgegentrat, mit unerträglicher Gewaltthätigkeit (pro domo 81. 129; [86] de har. resp. 27; pro Sest. 56. 64–66; pro Mil. 87). Im allgemeinen lernen wir sein Treiben als Tribun aus folgenden Schriften Ciceros kennen: den Reden post red., pro domo, de har. resp., pro Sest., in Pis., pro Mil. und seinen Briefen.

Seine Angriffe auf Pompeius. In seiner Dreistigkeit ging er soweit, dass er sogar den Triumvir Pompeius beleidigte, indem er dem jungen Tigranes vor Armenien, den Pompeius als Gefangenen nach Rom gebracht hatte, zur Flucht verhalf (ad Att. III 8, 3). In kurzem trat er offen als Feind des Pompeius auf. Der Consul Gabinius, der auf die Seite des Pompeius trat, wurde bei einem Auflauf verwundet, und Pompeius selbst durch andauernde Belästigungen endlich genötigt, sich von Forum und Curie zurückzuziehen und die ganze Zeit, da C. noch im Amt war, in sein Haus einzuschliessen (post red. in sen. 4; post red. ad Quir. 14; pro domo 64–67; de har. resp. 48–49; pro Sest. 69; in Pis. 27–28, vgl. pro domo 122–126; pro Mil. 18ff. 37 und dazu Ascon. p. 41, 24ff. Dio XXXVIII 30. Plut. Cic. 33; Pomp. 48. 49). Ja selbst gegen Caesar erhob sich C. gegen Ende seines Tribunats, indem er die Gültigkeit seiner Gesetze bestritt (pro domo 39–41).

Der Streit um Ciceros Zurückberufung. Diese herausfordernde Haltung des C. hatte dann freilich die Rückwirkung, dass die Machthaber Cicero zurückzukehren erlaubten (Dio XXXVIII 30). Im folgenden Jahre (697 = 57), als das Amt des C. abgelaufen war, wagte es der Tribun Q. Fabricius, nachdem die ersten Verhandlungen ergebnislos verlaufen waren, am 25. Januar Ciceros Zurückberufung beim Volke zu beantragen, aber C., der sich jetzt nur noch ungehinderter bewegte, störte ihn durch Anwendung von Waffengewalt. Über die Gladiatorenbande, die er dazu gebrauchte, vgl. o. Bd. I S. 2271. Bald darauf überfiel er den Tribunen P. Sestius, als dieser den Consul Metellus Nepos bei einer Verhandlung unterbrach, und misshandelte ihn so, dass er kaum mit dem Leben davonkam (pro Sest. 79ff.; post red. in sen. 7. 30; pro Mil. 38). Einen andern Tribunen desselben Jahres, T. Annius Milo, der das Beste für Ciceros Zurückberufung that, belagerte er in seinem Hause und bedrohte ihn, wo er öffentlich erschien (pro Sest. 85. 88. 90; pro Mil. 38). Er verbrannte den Tempel der Nymphen, in dem die censorischen Urkunden aufbewahrt waren (pro Sest. 84; pro Mil. 73; p. red. ad Quir. 14; de har. resp. 27. 57; pro Coel. 78); er störte ferner die apollinarischen Spiele des Praetors L. Caecilius und belagerte diesen in seinem Hause (pro Mil. 38 und dazu Ascon. p. 43, 3ff.). Freilich konnte C. auf die Dauer Ciceros Zurückberufung nicht hintertreiben, da Milo im Interesse der Senatspartei selber eine Bande gegen ihn aufstellte (Bd. I S. 2271), doch nach seiner Rückkehr setzte er ihm wenigstens auf jede Weise zu (ad Att. IV 3; pro Sest. 88).

Weitere Strassenkämpfe. Die damals herrschende Teuerung gab er Cicero Schuld, um Aufruhr zu erregen (pro domo 3. 7), und als Cicero, um die Not zu lindern, den Rat gab, dem Pompeius die Oberaufsicht über die Zufuhr mit ausserordentlicher Vollmacht zu übertragen, beschuldigte er ihn, er habe den Staat verraten (pro [87] domo 2). Cicero erhielt durch Senatsbeschluss den Platz seines Hauses zurück, die Halle des C. wurde niedergerissen; als aber Cicero seinen Neubau begann, vertrieb er die Arbeiter und steckte von dem Bauplatz aus das Haus des Q. Cicero in Brand (ad Att. IV 3, 2). Wenige Tage später überfiel er Cicero auf offener Strasse, den Tag darauf bestürmte er das Haus des Milo auf dem Germalus, wurde aber zurückgeschlagen (ad Att. IV 3, 3).

Aedilis curulis im J. 698 = 56. Als C. sich für das folgende Jahr (698 = 56) um das Aedilenamt bewarb, suchte ihn Milo durch einen Process zu vernichten; aber C. wurde gewählt und zog nun den Milo selbst vor Gericht. Als in dem zweiten Termin, am 7. Februar, Pompeius auftrat, um Milo zu verteidigen, griff er ihn in seiner rohen Weise an, wurde aber schliesslich zur Flucht gezwungen (eine genaue Darstellung der Geschichte seiner Wahl und des Processes gegen Milo s. Bd. I S. 2272). Im Anfange des April gab er als Aedil die megalesischen Spiele; er entweihte sie dadurch, dass er eine zahllose Menge von Sclaven zuliess, so dass ihnen die Freien weichen mussten (de har. resp. 22–26). Bald darauf wurde auf Veranlassung des Senats von den Haruspices ein Gutachten über gewisse Wahrzeichen abgegeben, die in diesem Jahre vorgefallen waren. Die Erklärung der Haruspices, heilige Plätze seien entweiht worden, bezog C. auf das Haus Ciceros; dieser verteidigte sich in der Rede de haruspicum responsis, vgl. Dio XXXIX 20. Als C. auf Ciceros Haus einen neuen Angriff unternahm, trat ihm Milo erfolgreich entgegen (Dio a. O.). Mit des letztgenannten Hülfe versuchte nun Cicero die Gesetzestafeln des C. vom Capitol hinwegzunehmen; der erste Versuch misslang zwar, später aber, während der Abwesenheit des C., erreichte er seine Absicht (Dio XXXIX 21). Nach Plutarch (Cic. 34; Cato 40) nahm Cicero die Tafeln schon früher fort, bald nach seiner Rückkehr aus der Verbannung.

Sein Verhalten nach den Verabredungen von Lucca (698 = 56). Als Cicero die Rede über die Aussprüche der Haruspices hielt, hatte sich C. dem Pompeius bereits wieder gefügt (de har. resp. 51f.); dafür hatte Caesar in den Verabredungen von Lucca gesorgt. Er unterstützte den Pompeius, als dieser sich mit Crassus um das Consulat bewarb, und hätte bei dieser Gelegenheit beinahe sein Leben verloren (Dio XXXIX 29). Ihn leitete die Hoffnung, durch Pompeius und Crassus, wenn sie Consuln geworden seien, eine einträgliche ausserordentliche Gesandtschaft zu erhalten (Cic. ad Q. fr. II 9, 2); indessen wird eine solche nicht weiter erwähnt, und wie es scheint, blieb C. in Rom. In den nächsten Jahren verhielt er sich ruhig; wir erfahren nur, dass er im J. 700 = 54 als Ankläger des gewesenen Tribunen Procilius, sowie als Verteidiger des M. Aemilius Scaurus (unter anderen zugleich mit Cicero) auftrat (ad Att. IV 15, 4. Ascon. p. 18, 9. 10). Für Cicero freilich war er nach wie vor das beständige Schreckbild (ad Q. fr. II 15 b 2. III 1, 11. 4, 2).

Candidat für die Praetur des J. 702 = 52. Erst im J. 701 = 53, als er sich selbst um die Praetur und sein Feind Milo um das Consulat bewarb, erneuerte er die Rolle, die er früher gespielt [88] hatte; er dachte daran, den Freigelassenen gleiche politische Rechte mit den Freigeborenen zu geben (pro Mil. 87, dazu Ascon. p. 46, 20; vgl. Mommsen R. G. III 308; St.-R. III 440, 2). Aber das J. 702 = 52 begann, ohne, dass Consuln und Praetoren gewählt worden wären; der Streit um die Wahlen war also noch nicht beendet, da wurde C. eines Tages auf der Landstrasse in einer plötzlich ausbrechenden Prügelei zwischen den beiden Banden erst verwundet und dann auf Milos ausdrücklichen Befehl getötet. Das Genauere über seine Ermordung sowie über seine Bestattung s. Bd. I S. 2273–74. C. war zweimal verheiratet, mit Pinaria und Fulvia (s. d.).