BLKÖ:Stegmayer, Matthäus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 37 (1878), ab Seite: 327. (Quelle)
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Stegmayer, Matthäus (Tonsetzer, Schauspieler und dramatischer Schriftsteller, geb. in Wien 29. April 1771, gest. ebenda 10. Mai 1820). Erscheint öfter mit dem Taufnamen Mathias, was unrichtig, da sein Taufname Matthäus ist. Sein Vater war ein Bürger in Wien, wo er auf der Elendbastei ein Haus besaß. Da der Sohn Matthäus eine kräftige Sopranstimme hatte, kam er als Sängerknabe zu den P. P. Dominicanern in Wien und beendete unter deren Leitung das Gymnasium und die Humanitätsclassen. Bei seiner Vorliebe für das ungebundene Komödiantenleben gab er die ernsten Studien mit einem Male auf und wanderte nach Raab, wo er bei der Schauspieler-Gesellschaft des Directors Kunz Aufnahme fand; von dieser trat er zu jener des Directors Seipp in Preßburg über. Bei diesem Letzteren bildete er sich ernstlich für die Bühne und ihm verdankte er, wie er selbst ausdrücklich eingestand, alles für einen Schauspieler Unerläßliche: Fleiß, Ordnungsliebe, sorgfältiges Einstudiren der Rollen und ein Betragen, wie es der Schauspieler, wenn er auf Achtung in der Gesellschaft Anspruch macht, haben soll. Von Seipp kam S. zur Gesellschaft Wilhelm’s, welcher in Neustadt, Baden und Feldsberg Vorstellungen gab. Im Jahre 1792 fand er bei Karl Mayer, damaligem Unternehmer des Josephstädter Theaters in Wien, eine Anstellung für das Fach munterer Liebhaber [328] und während der Sommermonate trat er auch mit dessen Gesellschaft im fürstlich Liechtenstein’schen Schloßtheater zu Feldsberg auf. Da er in der Musik gut geschult war und oft Gelegenheit hatte, Partituren zu lesen, machte er selbst einen Compositionsversuch und schrieb die Musik zu Kotzebue’s Singspiel „Der Eremit von Formentara“. Im Jahre 1796 ging er nach Wien und trat bei Schikaneder’s Gesellschaft, der damals das Theater im Starhemberg’schen Freihause dirigirte, ein. Er widmete sich fortan der Localkomik und schuf gleich beim ersten Auftreten, am 14. Mai g. J., als Praterwirth in der neuen, bald so beliebt gewordenen Operette „Der Tirolerwastel“ eine Charge, die allgemein gefiel und seinen Ruf als Komiker begründete. Hier versuchte er denn auch sein Compositionstalent neuerdings zu verwerthen und schrieb die Musik zu den „Zwölf schlafenden Jungfrauen“ und dem zweiten Theile dieses Zauberspiels: „Uriels Glöcklein bei Willibalds Abenteuern“. Der Werth dieser Musik stand mit der Zeitdauer, die er dazu verwendet hatte (denn er wollte sie in sechs Tagen vollendet haben), in.gleichem Verhältnisse. Während seiner vierjährigen Thätigkeit am Schikaneder’schen Theater schrieb er noch die Musik zu nachstehenden Singspielen und Operetten: „Ein Gesicht und drei Menschen“, auch unter dem Titel „Die Drillinge“ gegeben; – „Liebe macht kurzen Proceß oder Jurist und Bauer“; – „Die Schneiderhochzeit“; – „Martinl’s Freisprechung“; – „Die Ostindier vom Spitlberg“; – „Die Pfaueninsel“; – „Der travestirte Aeneas“ und zu dessen Fortsetzung: „Aeneas in der Hölle“; – „Rinaldo Rinaldini“; – „Friß Vogel oder stirb!“; –,Holga, Königin der Krystallgebirge“; – „Die Jungbrunn-Nymphe bei Klosterneuburg“; – „Das Urtheil des Paris“; – „Alceste“; – „Die Sonnenjungfrau“, die drei letztgenannten Parodien; – „Der Salzburger Hans“; – „Proteus“; – „Arabiens Söhne“ u. A. Im Jahre 1800 wurde Stegmayer als Schauspieler an dem k. k. Hoftheater angestellt und kam später von demselben in das Kärnthnerthor-Theater als Chordirector und Opernregisseur. Zugleich führte er die Administration des Hoftheater-Musikverlags und errichtete selbständig eine Antiquar-, Leih- und Copiranstalt. Nachdem Freiherr von Braun das Theater an der Wien käuflich an sich gebracht, wurde er demselben zur Dienstleistung zugetheilt und übernahm auch die Direction des Chors. Er debutirte daselbst am 17. September 1804 in Gewey’s „Modesitten“ als Herr von Tinderl und schuf damit eine Paraderolle, die ihm viel nachgespielt, worin er aber nie übertroffen wurde. Mit den vorgenannten Functionen eines Schauspielers, Musikalienantiquars, Chordirectors, Compositeurs verband er noch die eines Theaterdichters und entwickelte in dieser letzteren Eigenschaft eine erstaunliche Fruchtbarkeit, da er an ein halbes Hundert Lustspiele, Possen, Singspiele, Librettos u. s. w. schrieb, zu welch’ letzteren die besten Compositeure jener Tage, wie Bierey, Lickl, Kreutzer, Seyfried, Süßmayr, Volkert u. A., die Musik schrieben. Das Verzeichniß dieser Arbeiten S.’s folgt auf S. 329. Außer den Compositionen zu den oben genannten Singspielen und Operetten componirte S. noch zwei Messen, mehrere Motetten, Gradualen und Offertorien, ein pater noster, ein tantum ergo und in profaner Musik eine Menge einzelner Arien, Chöre, Märsche u. s. w. Matthäus [329] Stegmayer starb im besten Mannesalter von erst 49 Jahren. Von seinen Söhnen trat der jüngste, Wilhelm, in die kaiserliche Armee und war zur Zeit des Ablebens seines Vaters Oberlieutenant im Infanterie-Regimente Wellington. Ueber die beiden anderen, von denen der älteste, Karl, als Schriftsteller, der zweite, Ferdinand, als Compositeur bekannt geworden, vergleiche die besonderen Lebensskizzen S. 324 u. 320.

Uebersicht der dramatischen Arbeiten (Originale, Uebersetzungen, Bearbeitungen, Librettos) Matthäus Stegmayer’s. „Patriotenpflicht“. Ländliches Gemälde. – „Der Bandelkrämer“ Lustspiel. – „Der erste Kuß“. Zauberoper. Musik von Hoffmeister. – „Der Bruder von Kagran“. Komisches Singspiel. Musik von Lickl. – „Wie heißt die Komödie?“ Lustsp. – „Der Feenkönig“ Zauberoper. Musik von Seyfried. – „Das Jägermädchen“. Singsp. Musik von Seyfried, Henneberg und Haibel. – „Drei Väter und zwei Kinder“. Operette. Musik von Mozart, Hoffmeister und Seyfried. – „Geiz und Verführung“. Sittengemälde. – „Edelmuth und Scheingrößc“. Ritterschauspiel. – „Der rothe Geist im Donnergebirge“. Heroische Oper. Musik von Triebensee und Seyfried. – „Die Insel der Liebe“. Oper aus dem Italienischen. Musik von V. Martin. – „Der Gevatter Mathias“. – „Der Juwelenhändler aus Holland“ Lustsp. – „Der Hausteufel im neuen Jahre“. Lustsp. – „Das Liebesfest in Catalonien“. Oper aus dem Italienischen. Musik von Vinc. Martin. – „Salomons Urtheil“. Ein historisch-musikalisches Drama in drei Aufzügen. Nach dem Französischen des Caignéz frei bearbeitet (Wien 1834, 8°.). Musik von Quaisin und Lickl, wurde am 16. März 1808 auch in Berlin aufgeführt. – „Untreue aus Liebe“. Zauberoper. Musik von Seyfried. – „Die Eroberung von Jerusalem“. Ein histor. Drama in drei Aufz. Nach Cronegk und dem Französischen von Demieur (Wien 1805, 8°.). Musik von Quaisin und Lickl. – „Das Fischermädchen von Neustadt“. Historisches Schauspiel. – „Schein und Wirklichkeit“. Lustsp. in vier Aufz. nach Shakespeare. – „Zufall und List“. Komische Oper, Musik von Süßmayr. – „Albrecht der Streitbare. Landgraf von Thüringen“. Schauspiel in vier Aufz. Aufgeführt in Dresden am 6. Jänner 1818. – „Die Weiber in Wien“. Lustsp. nach Shakespeare. – „Die Männer in Wien“. Lustsp. – „Friedrich mit der gebissenen Wange“. Schauspiel. Erster und zweiter Theil. – „Idas und Marpissa“. Romantische Oper. Musik von Seyfried. – „Wladimir. Fürst von Nowgorod“. Historische Oper. Musik von Gottl. Benedict Bierey. – „Till Eulenspiegel“. Altdeutsches Lustsp. – „Das Geheimniß (Le Secret)“. Musik von Solié, mit Einlagen von Umlauff und Seyfried. – „Rochus Pumpernickel“. Musikalisches Quodlibet für den Carneval in drei Aufz. Musik von Seyfried. Zum ersten Male am 28. Jänner 1809 im Theater an der Wien aufgeführt. Weidmann und Hasenhut wirkten mit. Letzterer kam auf einem Pony-Pferdchen auf die Bühne geritten. Die Schlußdecoration stellte den damals ganz neuen Apollosaal vor. Das Stück wurde den ganzen Fasching hindurch gegeben und erhielt sich auch später noch auf der Bühne. In Berlin wurde es am 17. Jänner 1810 aufgeführt; ein Jahr später erschien es in Wien mit der ersten Fortsetzung im Druck. Als Fortsetzungen folgten: „Die Familie Pumpernickel“ und „Pumpernickels Hochzeitstag“, die Musik zu beiden von Seyfried; ersteres, auch ein Quodlibet in drei Aufz., kam zum ersten Male am 13. Februar 1810 im Theater an der Wien zum Benefice des Komikers Hasenhut zur Aufführung, der eine Einnahme von 6000 fl. erzielte. Das Stück selbst wurde Cassastück. In Deutschland spielte Ludwig Devrient die Rolle des „Rochus Pumpernickel“. Von „Pumpernickels Hochzeit“ erschien bei Simrock in Bonn ein Clavierauszug. – „Theseus und Ariadne“. Romantische Oper in zwei Aufz. Musik von Fischer, kam in brillanter Ausstattung am 11. März 1809 im Theater an der Wien zur ersten Aufführung. – „Der lustige Schuster“. Komische Oper aus dem Italienischen. Musik von Paër mit Einlagen von Lickl und Seyfried. – „Bertha von Werdenberg“. Historisch-romantische Oper. Musik von Seyfried. – „Die Komödie ohne Theater“. Komisches Singspiel aus dem Italienischen. Musik von Paër. – „Jacob und Käthchen“. Lustsp. – „Die beiden [330] Nannetten“. Lustsp – „Die Pantoffeln“. Komische Oper. Musik von Bierey. – „Das lebendige Weinfaß“. Carnevalposse als Liederspiel und Melodrama. Musik arrangirt von Seyfried; von letzterer erschien ein Clavierauszug im Stich. – „Die Ritter des Eisenbundes“. Schauspiel. – „Der Schauspiel-Director“. Quodlibet. Musik von Mozart, Dittersdorf und Anderen. – „Harald der Kronenräuber“. Heroische Oper. Musik von Kleinheinz. – „Hermann. Germaniens Retter“. Drama. Musik von Volkert, kam nicht zur Aufführung. – „Aesop“. Lyrische Oper. Musik von Conradin Kreuzer. – „Czech und Lech“. Melodrama. Musik von Seyfried, wurde im J. 1812 aufgeführt. – „Fortunatus’ Wünschhütlein“. Zauberposse. Musik von Kinsky, wurde am 6. Februar 1819 im Theater an der Wien gegeben.
Brümmer (Franz), Deutsches Dichter-Lexikon (Eichstädt und Stuttgart 1877, Krüll [H. Hugeldubel], schm. 4°.) Bd. II, S. 382. – Kehrein (Joseph), Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (Zürich, Stuttgart, Würzburg 1871, Leo Wörl, gr. 8°.), Bd. II, S. 169. – Goedeke (Karl), Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen, (Hannover 1839 u. f., L. Ehlermann, 8°.) Bd. III, S. 807, Nr. 399. – Allgemeine Theater-Zeitung. Von Adolph Bäuerle (Wien, 4°.) 1. Jahrg. (1806), Nr. 11, S. 166; 1820, Nr. 61, S. 244.