BLKÖ:Lickl, Johann Georg

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lickl, Karl Georg
Band: 15 (1866), ab Seite: 89. (Quelle)
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Lickl, Johann Georg (Tonsetzer, geb. zu Korneuburg in Niederösterreich 11. April 1769, gest. zu Fünfkirchen in Ungarn 12. Mai 1843). Den jung verwaisten Knaben nahm der damalige Korneuburger Regens chori Seb. Witzig als Chorknaben auf und ertheilte ihm den ersten Unterricht im Gesange, in den Streichinstrumenten, später auch in der Orgel und in der Composition. Da er mit eisernem Fleiße wirklich Talent für die Musik verband, begann er frühzeitig zu componiren und versah, 14 Jahre alt, bereits die Stelle eines Organisten, die Hoffnungen seines Meisters, der große Stücke auf ihn hielt, immer mehr und mehr rechtfertigend. Nach Wien, wohin längst die Sehnsucht ihn trieb, kam er im Jahre 1785. L. zählte damals 16 Jahre. Er brachte sich durch Privatunterrichtertheilen im Clavier, Gesange und Generalbaß fort, ohne [90] jedoch seine eigene künstlerische Ausbildung zu vernachlässigen. Von Albrechtsberger [Bd. I, S. 12] und Joseph Haydn [Bd. VIII, S. 108; Bd. XIV, S. 470] mit Rath und That unterstützt, betrieb er auf das Eifrigste das Studium des strengen Satzes und die Contrapunctstheorie. Da er ein tüchtiger Orgelspieler war, erhielt er auch bald die Stelle eines Organisten bei den Karmelitern in der Leopoldstadt, wo damals noch Eybler als Chorleiter fungirte. In dieser und der folgenden Periode schrieb L. neben vielen instructiven Claviersachen auch mehrere Cantaten und Kirchencompositionen, Terzetten und Quartetten für Streichinstrumente, mehrstimmige Harmoniemusik, welche bei verschiedenen Verlegern in Wien, Leipzig und Augsburg erschienen. Auch in der dramatischen Musik versuchte sich L. damals, und seine Opern, Singspiele, Melodramen fanden allgemein Beifall. So entstanden nach und nach die Opern und Singspiele: „Der dumme Anton“; – „Die schöne Unbekannte in Karlsbad“; – „Der Zauberpfeil“; – „Der Bruder des Korsaren“; – „Der Durchmarsch“; – „Der Bruder von Kakran“ (nicht wie bei Gaßner „von Krakau“); – „Astaroth der Verführer“; – „Faust’s Leben, Thaten und Höllenfahrt“; – „Der verweinte Hexenmeister“; – „Der Orgelspieler“; – „Der Brigitten-Kirchtag“, und die Musik zu den Melodramen: „Salomons Urtheil“; – „Die Eroberung von Jerusalem“. Jedoch war die Kirchenmusik sein Lieblingsfach und mehrere seiner Compositionen in dieser Richtung hatten Aufmerksamkeit erregt. So geschah es, daß ihm im Jahre 1804 der Auftrag wurde, für Ihre Majestät die Kaiserin Maria Theresia eine Messe zu componiren und später eine zweite für den Fürsten Eßterházy. Im Jahre 1805 erhielt er die Stelle eines Regens chori an der Kathedrale zu Fünfkirchen in Ungarn, welche er nahezu vierzig Jahre, bis zu seinem im Alter von 74 Jahren erfolgten Tode, mit ungeschmälertem Eifer versah. In die Periode seiner Fünfkirchner Wirksamkeit fällt eine große Menge von Kirchencompositionen, als Messen, Vespern, Psalmen, Antiphonen, Motetten, Hymnen, Litaneien u. dgl. m., welche zwar nicht im Drucke erschienen, aber durch zahlreiche Abschriften stark verbreitet sind. Einem im Besitze seines Sohnes Karl Georg befindlichen Verzeichnisse zufolge hatte L. bis zum Jahre 1824 componirt: 24 Messen, darunter die großen Messen in C-dur, D-moll und Es-dur, und die stark verbreitete Pastoralmesse in C-dur, ferner 4 Arien mit concertanter Instrumentenbegleitung, 22 Offertorien, 36 Gradualien, 6 Litaneien, 8 Vespern, 2 Requiem; dann die im Stiche bei Kozeluch, André, Eder, Steiner, Molle u. A, erschienenen Fortepiano-, Streich- und Blasinstrumentalwerke, als Sonaten, Quartetten, Trio’s, Variationen und die Vocalpiecen, sechs Litaneien, zwei Salve Regina und Regina coeli. Von 1824 an componirte L. bloß Kirchenstücke und in so großer Menge, daß, wie sein Biograph schreibt, „man behaupten kann, er habe den Kirchenmusikdienst für das ganze Jahr hinlänglich mit seinen Geisteskindern versorgt“. Als Kirchencomponist gehört L. zu der Haydn’schen Schule. „Die Krone seiner Leistungen“, schreibt die Kunstkritik, „bleiben seine großen Messen, Gradualien und Requiems, welche bei ihrer Einfachheit in der Instrumentation wunderbare Effecte hervorbringen, bedeutende contrapunctische Schönheiten enthalten und sich dem Gemüthe des Hörers unauslöschlich einprägen. Noch eines Momentes seiner [91] Wirksamkeit sei gedacht. Als Regens chori zu Fünfkirchen gab er die Veranlassung zur Errichtung eines Witwen- und Waisen-Institutes für die Choralisten (Mitglieder der Capelle) zu Fünfkirchen, welches alsbald die erfreulichsten Ergebnisse lieferte. Lickl’s beide Söhne, Aegyd Karl [s. d. Vorigen] und Karl Georg [s. d. Folg.], traten in die Fußstapfen des Vaters, dessen Schüler sie waren.

Wiener allgemeine Musik-Zeitung, herausg. von Aug. Schmidt, Jahrg. 1843, Nr. 84: Nekrolog von G.(roß) Ath(anasiu)s. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1833, 8°.) Bd. III, S. 423. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex. 8°.) S 541. – Schilling (G. Dr.), Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 211 [daselbst wird sein Geburtsort irrig Kronneuburg genannt]. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Ed. Bernsdorf (Dresden, R. Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 759. – Gerber (Ernst Ludw.), Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, A. Kühnel, gr. 8°.) Bd. III, Sp. 232 [Gerber meldet über ihn: Ein Recensent in der musikalischen Zeitung 1799, S. 90, räth Herrn L., das Herausgeben seiner Werke wegen ihres nichtssagenden Inhaltes lieber ganz und gar einzustellen. Ein Anderer traut ihm wenigstens gute Bekanntschaft mit den Blasinstrumenten und deren eigenthümlichen Schönheiten zu].