BLKÖ:Starhemberg, die Fürsten und Grafen, Besitzungen, Wappen

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 37 (1878), ab Seite: 193. (Quelle)
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III. Das Starhemberg’sche Freihaus in Wien. Dieses,[WS 1] eines der größten, wenn nicht das größte Gebäude Wiens, vielleicht irgend einer Stadt, ist ebenso hinsichtlich seiner Größe, als historisch interessant. Ursprünglich war es ein Meierhof mit Garten und Wiesenland, den die Starhemberg daselbst besaßen, und woraus die Herrschaft Conradswörth hervorging, bei welcher der Magistrat die ihm für ganz Wien inner den Linien zukommende Einhebung einiger Steuern und die Criminal-, sonst aber keine Gerichtsbarkeit besaß, die in der eigenen dortigen Herrschaftskanzlei ausgeübt wurde. Noch im fünfzehnten Jahrhundert umfloß ein Arm des Wienflusses die Herrschaft Conradswörth und bildete eine Insel, auf welcher das Freihaus sieht. Dieses letztere trug die erste Nummer der Vorstadt Wieden, in deren Mitte es einst stand. Erst durch die nach der zweiten türkischen Belagerung Wiens 1683 ergangene Anordnung, daß kein Vorstadthaus der Stadt näher als bis auf 600 Schritte von den Palissaden stehen dürfe, erhielt das Starhemberg’sche Haus seine freie Lage gegen den Naschmarkt, und davon, und nicht von der Steuerfreiheit seinen Namen Freihaus. Die Steuerfreiheit bezog sich auch nur auf den ältesten kleinen Theil des ganzen, im Laufe der Zeit durch viele Zubauten vergrößerten Gebäudes, welche an Stelle der vormaligen Gärten und Wiesengründe getreten waren. Das Haus wurde mehreremale ein Raub der Flammen, so im Jahre 1657, als eine große Feuersbrunst in Wien gewüthet, und dann wieder im Jahre 1759, als am 24. Juni, einem Sonntag, das Feuer ausbrach und nicht nur das Freihaus, sondern auch mehrere benachbarte Gebäude und durch Funken, welche ein heftiger Sturm weiter trug, über 30 Häuser in der Vorstadt Erdberg einäscherte. Von dem Umfange, welchen das Freihaus im Augenblicke besitzt, läßt sich mit Worten schwer ein Begriff geben. Wenn man im Hause eben jemand aufzusuchen hat, irrt man darin wie in einer Stadt umher. So kann es geschehen, daß, wenn die Kanzlei, in welcher man die bestimmten Aufschlüsse erhält, eben geschlossen ist, man mehrere Stunden herumsuchen muß. Das Haus hat 13 Höfe, fünf offene und acht geschlossene, und überdieß einen großen Garten innerhalb seiner Mauern. Einige dieser Höfe sind so groß wie der Marktplatz einer kleinen Stadt. Der Garten hat einen Flächenraum von 900 Quadratklaftern. Das ganze Gebäude selbst bedeckt einen Flächenraum von 7411 Quadratklaftern und enthält 335 Wohnungen, von denen viele fünf, sechs, sieben und auch mehr Wohnräume (Zimmer, Cabinette) enthalten. Wohl jedes Handwerk oder Gewerbe ist im Hause vertreten; man findet darin Gold- und Silberarbeiter, Galanteriewaarenhändler, Gastwirthe, Buchbinder, Drechsler, Hutmacher, Schlosser, Tischler, Gemischtwaarenhändler, drei Bäcker, 18 Schneider und 29 Schuster, und wohnen darin Agenten, Officiere, Lehrer, Beamte, Gelehrte u. s. w. Das Haus hat 31 Stiegen und macht Front gegen drei Straßen und einen Platz und zwar gegen die Margarethenstraße, die Mühlbachgasse, die Schleifmühlgasse und gegen den Naschmarkt. Ein Brief, den der Postbote an die richtige Adresse abgeben soll, muß außer Vor- und Zunamen die Nummer des Hofes, die Nummer der Stiege und die Nummer der Wohnungsthüre angegeben enthalten. Oft hat der Postbote 2–300 Briefe in dem einen Hause abzugeben. Im Jahre 1870, aus welchem diese Angaben stammen, wohnten in dem Hause 1600 Personen und zahlten [194] im Jahre 82.000 fl. Zins. Dabei hat das Freihaus nur zwei Stockwerke, könnte aber auf seinen starken Mauern vier bis fünf Stockwerke tragen, wodurch sich die Zahl der Inwohner und die Höhe des Zinses vervier- oder verfünffachen würde. Ganz besonderes Interesse aber bietet das Freihaus dadurch, daß in demselben zum ersten Male Mozart’s unsterbliche „Zauberflöte“ zur Aufführung kam. Im Freihause stand nämlich vormals ein Theater, das sogenannte Schikaneder’sche Theater, in welchem sich auch Schikaneder’s Wohnung mit einem ziemlich umfangreichen Garten befand. Am äußersten Ende dieses Gartens stand das aus Holz gezimmerte, ganz einfache schmucklose Lusthäuschen, worin Mozart zu weilen und zu componiren liebte. Das Innere desselben war sehr ärmlich möblirt, darunter zwei Stühle uralter Form, deren sich Mozart bediente. Den Plafond bildeten Embleme der Tonkunst. Hier hat Mozart, wenige Monate vor seinem Ableben, die „.Zauberflöte“ vollendet. Mit aller der Sache entsprechenden Pietät sorgte der Fürst Rüdiger Starhemberg für die Erhaltung dieses Häuschens. Als im Jahre 1874 die Kunde in die Oeffentlichkeit drang, daß das Freihaus verkauft werden sollte, bewarb sich der damalige Vorstand der Internationalen Mozartstiftung Baron Sterneck um das Häuschen, und tatsächlich schenkte es auch Fürst Camillo Starhemberg im genannten Jahre derselben. Sorgfältig wurde das Haus zerlegt und nach Salzburg transportirt. Daselbst wurde es, nachdem es längere Zeit an einer Mauer des Mirabelgartens unbeachtet sein Dasein gefristet, im Sommer 1877 auf dem Salzburg zum Theil einrahmenden Kapuzinerberge aufgestellt und am 18. Juli 1877 feierlich eröffnet. Die Stadtgemeinde hatte Grund und Boden für dasselbe gegeben, und vor dem Häuschen ward eine vom Bildhauer Hellmer modellirte Bronzebüste Mozart’s auf Kosten der Baronin Bertha von Schwarz aufgestellt.

IV. Die Burg Starhemberg und die Familiengruft der Starhemberg. Burgen des Namens Starhemberg in Oesterreich sind drei zu verzeichnen. Eine in Oesterreich ob der Enns, früher meist Storchenberg, auch Starkenberg[WS 2] genannt, von den Vorfahren des Hauses Starhemberg erbaut; die zweite in Niederösterreich nächst Wiener-Neustadt im sogenannten Piestingthale gelegene, meist Starchenberg[WS 3] genannt, und bis Ende des zwölften Jahrhunderts den Herren von Waldeck gehörig; die dritte, in Tirol gelegene, welche oft Starkenberg[WS 4] heißt. Nur die erstere hat auf das Geschlecht der Starhemberg Bezug. die beiden anderen stehen zu demselben in keiner, als der zufälligen Namensbeziehung. Daß die Starhemberg sich Herren von Steyer (de Styra) nannten, ist in der Genealogie bereits erwähnt. Der Erste, der sich Starhemberg nannte und schrieb, war Gundakars (II.) Sohn Gundakar (III.), welcher sich Gundacherus de Starhemberg schrieb, und aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Grunde, um sich von seinem Vater, der sich Gundacherus de Styra nannte, zu unterscheiden. Diese Beiden lebten um 1202. Diese Bezeichnung war also nur gewählt, einer Verwechslung zwischen Vater und Sohn vorzubeugen. Bleibend nahm den Namen Starhemberg erst Gundakar (IV.) an, und zwar nach dem in Oesterreich ob der Enns bei Haag erbauten Schlosse Starhemberg, nachdem sein Bruder Dietmar die von seiner Familie bis dahin besessene Herrschaft Steyer durch Vergleich ddo. 30. August 1252 an Otokar Herzog und Markgrafen von Mähren abgetreten hatte. – Eine eigens nur für die Familie erbaute, einzeln für sich stehende Gruft, wie andere hohe Adelsgeschlechter des Kaiserstaates, besitzen die Starhemberg nicht. Einzelne Mitglieder dieses Hauses ruhen zerstreut in Wien, Helmonsödt und an anderen Orten; aber im Jahre 1660 erbaute Bartholomäus, ein Sohn Gundakars (XV.) und Anna Sabinas von Dietrichstein, in der Kapuzinerkirche zu Linz eine dem h. Franz Seraphicus geweihte (heut Krippencapelle genannte Capelle und eine Erbgruft für sich und seine Nachkommen unter dem Kreuzaltare. Daselbst ruhen nun zahlreiche Sprossen dieses Hauses, und der letzte der dort beigesetzten Starhemberge ist Graf Alois Erasmus (gest. am 29. April 1784), Sohn des Grafen Heinrich Maximilian und Annas Gräfin Hoditz. Das Josephinische Verbot der Bestattung von Leichen in Grüften bestand bereits. Alois Erasmus aber hatte sich von dem Quardian des Klosters eidlich geloben lassen, daß er ihn in der Gruft seiner Ahnen beisetzen [195] werde. Und der Quardian hielt seinen Eid. Der kupferne Sarg des früher daselbst bestatteten Grafen Heinrich wurde geöffnet und die Leiche des Grafen Alois Erasmus auf den inneren Sarg, der des Grafen Heinrich Leiche barg, gelegt, dann der kupferne Sargdeckel wieder darüber gelegt und zugelöthet. Man munkelte wohl etwas von der Beisetzung. Die Commission war auch im Kloster erschienen, zählte die Särge, und als sie deren nicht mehr fand, als vorher da gestanden, auch die Erde hie und da aufgewühlt hatte, ohne eine Entdeckung gemacht zu haben, zog sie unverrichteter Dinge ab. Das Nähere darüber vergleiche in der neben angegebenen Quelle. [Katholische Blätter (Linz, 4°.) 1868, S. 825,. 831, 839, 855: „Die Kapuziner-Gruft in Linz.“ – Linzer Zeitung 1863, Nr. 133, im Feuilleton: „Die gräflich Starhemberg’sche Gruft in der Kapuzinerkirche zu Linz“.]

V. Wappen. Das fürstliche Wappen ist ein gekrönter Schild mit einem Mittelschild; dieser ist mit einem rothen Schildsfuße belegt, worin der von der Kaiserkrone bedeckte Buchstabe L., Kaiser Leopolds I. Namen bedeutend, zu sehen ist. Aus diesem Schildsfuß erhebt sich wachsend ein blaues Pantherthier, goldgekrönt, aus Rachen, Ohren und After Feuer sprühend, mit aufgeworfenem doppelten Schweif, in der rechten Pfote ein von einem Lorbeerzweig umflochtenes Schwert, in der linken einen blutend abgehauenen Sarazenenkopf haltend (das ursprüngliche Geschlechtswappen und zugleich Gedenkzeichen der vom Grafen Ernst Rüdiger gegen die Türken erfochtenen Siege). Im ersten, von Silber und Roth gespaltenen Felde des Hauptschildes (angeerbtes Graf Schaumburg’sches Wappenschild), erhebt sich aus einer gemauerten Bastei der obere Theil des Stephansthurmes, mit goldenem Knopf, doppeltem schwarzen Adler und goldenem Patriarchenkreuz, von welchem ein gleichsam schräg herab in das rothe Feld fallender halber Mond und Stern zu sehen ist (zur Erinnerung an die von Graf Ernst Rüdiger ruhmvoll geführte Vertheidigung Wiens gegen die Türken). Das zweite von Roth und Silber sechsmal quergestreifte Feld ist mit einem aufrechten blauen Sparren belegt (das erloschene Wappen der Grafen von Julbach). Im dritten[WS 5] rothen Felde erscheint ein silberner Anker mit goldenen Spitzen, Nägeln und Ring, etwas schräg rechts gelegt (Schild der Herren von Pettau). Im vierten goldenen Feld eine goldgekrönte, sich einmal ringelnde und einwärts wendende schwarze Schlange (das mit dem Pettau’schen zugleich angeerbte Wappen der Herren von Wurmberg). Den ganzen Schild bedeckt und umgiebt Fürstenhut und Mantel. – Die Grafen von Starhemberg der Linie zu Eschelberg führen als einzige Abkömmlinge der Tochter des berühmten Feldherrn Grafen Ernst Rüdigers von Starhemberg das demselben von Kaiser Leopold I. nach der glorreichen Vertheidigung Wiens verliehene Wappen; der Schild ist der erstbeschriebene fürstliche, nur bleibt in dem ersten Felde der bei Erlangung des Fürstenstandes zuerst darein gesetzte Stephansthurm weg und das Feld bleibt ledig von Silber und Roth gespalten. Den ganzen Schild bedeckt eine Grafenkrone, nach dem Diplom „königliche Krone“, mit fünf gespiegelten Pfauenfedern geziert, hinter welcher sich eine gemauerte Bastei erhebt; auf dieser erscheint halbleibig der im Mittelschild beschriebene Panther mit Schwert und Türkenkopf, und hinter diesem erhebt sich der im ersten Felde des fürstlichen Wappens beschriebene Stephansthurm; den ganzen Schild halten zwei goldene gekrönte und doppelt geschwänzte Löwen. – Alle übrigen Starhemberg’schen Linien führen denselben Rückenschild, im silbernen Mittelschild aber das alte unveränderte und ursprüngliche Geschlechtswappen der Herren von Steyer, nämlich ein gegen die Rechte springendes Pantherthier, blauer Farbe, aus Ohren, Rachen und After Feuer sprühend, ohne Krone, Schwert und Türkenkopf. Auf dem Schilde ruhen drei offene gekrönte Helme. Der mittlere[WS 6] trägt das wachsende Pantherthier des Mittelschildes. am Rücken mit einem silbernen, sechsmal gespitzten und mit ebensoviel Pfauenfedern gezierten Kamm besetzt; der zur Rechten zwei von Silber und Roth gekrönte und mit einem viermal geschlungenen goldenen Bande umgebene Elephantenrüssel; der zur Linken endlich einen ganz gleich dem zweiten Felde bezeichneten geschlossenen Flug. Die Helmdecken. Die des mittleren Helmes ist zu beiden Seiten blau mit Silber, jene der beiden anderen Helme roth mit Silber belegt. [Bayerische Zeitung, [196] 1864, Nr. 166, Morgenblatt: „Wappensage der Starhemberg.“ – Die Saison. Zeitschrift für Pferdewesen (Wien, 4°.) I. Jahrg. (1863), S. 117: „Die Fürsten und Grafen von Starhemberg.“ Von Ernst Edler von Franzenshuld.]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Freihaus auf der Wieden (Wikipedia).
  2. Schloss Starhemberg (Haag am Hausruck) (Wikipedia).
  3. Burgruine Starhemberg (Wikipedia).
  4. Burgruine Alt-Starkenberg (Wikipedia).
  5. Vorlage: drit.
  6. Vorlage: mitlere.