BLKÖ:Umlauff von Frankwell, Johann Karl Ritter

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Umlauf, Michael
Band: 49 (1884), ab Seite: 26. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Johann Karl Umlauff von Frankwell in Wikidata
GND-Eintrag: 1137474092, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Umlauff von Frankwell, Johann Karl Ritter|49|26|}}

Umlauff von Frankwell, Joh. Karl Ritter (k. k. Oberlandesgerichts-Präsident, geb. zu Schönberg in Mähren 23. December 1796, gest. zu Wien 8. März 1861). Die Familie stammt aus Neiße in Preußisch-Schlesien. Als diese Stadt nach dem Breslauer Frieden (1742) an Preußen fiel, verließ ein Umlauff, um bei Oesterreich zu bleiben, dieselbe und siedelte sich zu Schönberg in Mähren als Gewerbetreibender an. Dessen Enkel Vincenz wurde Musterlehrer und Regenschori in letztgenanntem Orte und verehelichte sich daselbst mit der Tochter des Bürgermeisters Fritsch, welche ihm in fast vierzigjähriger Ehe zwölf Kinder, darunter als drittes unseren Johann Karl gebar. Bis zum dreizehnten Jahre im Elternhause erzogen, kam derselbe 1809 nach Olmütz, wo er seine Studien fortsetzte und 1813 die juridische Facultät bezog. Unter den Lehrern war es vornehmlich der Professor der Geschichte Joseph Leonhard Knoll [Band XII, S. 159], welcher den Lernbegierigen in fördernder Weise beeinflußte. Während aber Umlauff der Jurisprudenz mit allem Eifer oblag, verschloß er sich doch nicht ganz fremden Disciplinen, so trieb er, da sein älterer Bruder Hörer der Theologie war, mit demselben diese Wissenschaft und arbeitete für seine Freunde Probepredigten aus, welche von Seite der Prüfungscommission lobende Anerkennung fanden. Ja, durch seinen Verkehr mit einem Verwandten, der als Oberfeuerwerker in der k. k. Armee diente, vertiefte er sich sogar in Vauban’s Befestigungskunde. Mit diesen [27] ernsten und völlig heterogenen Studien verband er auch die fleißige Lectüre der Werke Goethe’s, der vor allen anderen deutschen Poeten sein Liebling war. Und endlich trieb er nicht minder eifrig Musik, übte sich im Gesange, wozu ihn eine schöne klangvolle Stimme vor Allem aneiferte, dann auf der Guitarre, der Geige, Bratsche und selbst auf der Baßgeige. Um seine juridischen Berufsstudien fortzusetzen, ging er im Herbste 1816 nach Wien. Bald nach seiner Ankunft daselbst befreundete er sich mit Franz Schubert, nahm bei dem berühmten Schubertsänger Johann Vogel Unterricht im Gesange und beschäftigte sich viel mit dem Studium der italienischen Sprache, sich an den Werken Tasso’s und Ariosto’s übend und begeisternd. Seinen Lebensunterhalt aber bestritt er durch Unterrichtertheilen. Nachdem er seine Studien beendet hatte, trat er am 31. August 1818 als Rathspracticant bei dem Civil-Justizsenate des Wiener Magistrats ein, machte während seines Dienstes die erforderlichen-Richteramtsprüfungen, wurde im September 1819 Auscultant bei der genannten Justizstelle und 1821 Rathsprotokollist bei dem Districtsgerichte zu Suczawa in der Bukowina. Die Uebersetzung von Wien an den entferntesten Winkel im Osten des Kaiserstaates traf den jungen Rechtsmann, der sich in die heiteren Verhältnisse der Kaiserstadt eingelebt hatte, ziemlich empfindlich. Und einmal trat die Versuchung nahe an ihn, als er, der eine sehr schöne Stimme und eine wahre Bühnengestalt besaß, den Ruf zum Kärntnerthortheater als Baritonist mit dem jährlichen Gehalt von tausend Ducaten nebst Urlaub erhielt. Aber der Wunsch seiner Eltern, auf der betretenen Bahn zu verbleiben, überwog und die Versuchung ging an ihm vorüber. Die Verhältnisse in der Bukowina waren nichts weniger als verlockend und wurden es für ihn noch minder, als er gewahrte, daß ihm als Verhandlungsrichter die Sprache des Volkes, mit dem er verhandelte, unentbehrlich sei. Er ging also über Hals und Kopf an die Erlernung der Landessprache und stand unter den Gerichtsbeamten der Bukowina bald in vorderster Reihe. Als im Jahre 1826 die Organisirung der neuen Gerichte daselbst zur Durchführung kam, wurde Umlauff am 25. August zum Secretär bei dem Czernowitzer Criminalgerichte ernannt. Inzwischen hatte er eine Reise nach Siebenbürgen unternommen und dieselbe bis Klausenburg ausgedehnt. Am 2. September 1827 stieg der dreißigjährige Beamte zum Stadt- und Landrathe in Czernowitz auf. Seine Tüchtigkeit und Verwendbarkeit im Dienste veranlaßten im August 1829 seine Ernennung zum Landrathe beim Stanislauer Landrechte und als diese Stelle einging, im November desselben Jahres seine Berufung an das Landrecht in Tarnow. Die Verhältnisse daselbst waren eigenartig, während man die Verhandlungen mit den Parteien polnisch aufnahm, fand die Verfassung der Referate und der Vortrag in den Sitzungen in lateinischer, dagegen jene der Berichte an das Appellationsgericht, besonders im officiösen Referate in deutscher Sprache statt. Umlauff’s amtliche Wirksamkeit in Tarnow war eine solche, daß er schon im Februar 1836 mit der provisorischen Leitung des Criminalgerichts in Rzeszow betraut und noch im Juli desselben Jahres zum wirklichen Vorsteher dieses Gerichts ernannt wurde. Aber nur kurz, wenngleich eingreifend und erfolgreich war sein Wirken in Rzeszow, da er sich schon am 31. October 1837 zum Präsidenten des Bukowinaer [28] Stadt- und Landrechtes befördert sah. Seine fünfzehnjährige Thätigkeit auf diesem Posten zu schildern, geht über den Rahmen dieses Werkes, nur einzelne Momente, welche dieselbe würdigen lassen, seien erwähnt: am 15. April 1843 ertheilte ihm die Stadt Czernowitz das Ehrenbürgerrecht; im Jahre 1844 überreichten alle angesehenen adeligen Grundbesitzer beim Kaiser eine Petition, worin sie, während sie dem Monarchen ihren Dank für Umlauff’s Berufung aussprachen, die Bitte stellten, den von ihnen so hochverehrten Präsidenten zu ihrem Standesgenossen zu erheben. Als die Bewegung des Jahres 1848 die Grundfesten der Monarchie erschütterte, blieb auch die Bukowina nicht unberührt davon, und insbesondere waren es die Polen, welche die Annexion des Landes an Galizien mit allen erdenklichen Mitteln anstrebten, obwohl die Selbständigkeit desselben bereits von den Kaisern Joseph II. und Leopold II. in den Jahren 1783 und 1790 zugesichert und diese Zusicherung 1846 von Neuem bekräftigt worden war. Aber Umlauff stand den polnischen Annexionsgelüsten, welche weder auf das Heil der Bukowina, noch auf jenes der Gesammtmonarchie abzielten, als offener Gegner gegenüber, und der Sieg gelang ihm vollkommen, als durch die Verfassung vom 4. März 1849 die Bukowina zum Herzogthum erhoben und ihr eine abgesonderte, dem Ministerium unmittelbar unterstellte Verwaltung verliehen wurde. Auch sonst wendete er alle gesetzlichen Mittel an, das von der revolutionären Partei aufgeregte Landvolk zu beschwichtigen. Von dem damaligen Kreishauptmann Georg Isseczeskul, dem griechisch-nichtunirten Bischofe Eugen Hackmann, und dem Religionsprofessor, nachmaligen Weihbischof Spiridion Litwinowicz in seinem Unternehmen unterstützt, gelang es ihm, die Ruhe im Lande aufrecht zu erhalten. Nicht Drohbriefe, nicht Maueranschläge vermochten ihn von seiner schweren und von persönlichen Gefahren bedrohten Pflicht abzubringen. Dabei wurde er von seinem amtlichen Berufe in jener bewegten Zeit nicht nur im gesteigerten Maße in Anspruch genommen, auch als Director der philosophischen Studien und seit April 1848 als Vorstand des Professorencollegiums wurden an ihn um so wichtigere Anforderungen gestellt, als im August 1848 der Entwurf der Grundzüge des öffentlichen Unterrichts in Oesterreich zur Begutachtung herabgelangte. Das Professorencollegium begnügte sich mit einem Gutachten, das drei Seiten umfaßte! Nicht so Umlauff, der ein umfassendes inhaltreiches Elaborat lieferte, welches bei den später en Verfügungen des Wiener Unterrichtsministeriums als Grundlage diente. 1848 wurde er auch zum Vorsitzenden des Preßgerichtes für die Bukowina ernannt und mit der Errichtung und Einführung desselben betraut. Im September dieses Jahres erließ das Justizministerium den Auftrag an ihn, die Grundzüge der gerichtlichen Organisation für die Bukowina zu entwerfen, und schon im December legte er das Elaborat dem Justizminister vor, welcher die „treffliche Darstellung“ anerkennend, ihm nun die Weisung ertheilte, auf Grund des Entwurfes die Anträge über die Modalitäten der ersten Einrichtung und der zu diesem Ende zu erlassenden Instructionen auszuarbeiten. Auch ein Gutachten über Einführung des Geschwornengerichtes in Galizien hatte er abzugeben. Dasselbe wurde durch Victor Ritter von Umlauff unter dem Titel in Druck gebracht: [29] „Ueber die Räthlichkeit zur Einführung des Geschworneninstitutes in Galizien und in der Bukowina. Aus dem schriftlichen Nachlasse des jubilirten k. k. Oberlandesgerichts-Präsidenten Joh. Karl Ritter Umlauff von Frankwell“ (Wien 1861, Manz, gr. 8°., VI und 37 S.). Solches Wirken lenkte natürlicher Weise die verdoppelte Aufmerksamkeit der leitenden Staatsmänner auf den bewährten Justizmann, und als mit kaiserlichem Erlaß vom 4. Juli 1850 als Berufungsinstanz in allen Strafsachen eine Obergerichtscommission für den gesammten Umfang des Kronlandes Siebenbürgen (mit Ausschluß des Sachsenlandes) und mit dem Sitze in Hermannstadt zu bestellen war, wurde dem Präsidenten Umlauff der Vorsitz dieser Commission übertragen. Auch hier leistete er Ausgezeichnetes, und so erhielt er noch im October dieses Jahres die Leitung der judiciellen Abtheilung der Staatsprüfungscommission, im Mai 1851 die oberste Leitung der für das Kronland Siebenbürgen zu bestellenden Landesgerichts-Einführungscommission und später den Auftrag, die von Seiner Majestät genehmigte Organisation durchzuführen. Da ereignete sich etwas völlig Unerwartetes, wenngleich im Bereich menschlicher Erwartungen Mögliches, dem auch der treueste Diener des Staates zum Opfer fallen kann und gewöhnlich fällt. Im Jahre 1851 fand ein Ministerwechsel statt, und mit diesem wurden Personen maßgebend, denen Umlauff schon seit 1848 ein Dorn im Auge war. Es liefen Denunciationen schmählichster Art über ihn ein, so daß der Justizminister in einem Präsidialschreiben vom 29. August 1851 ihn aufforderte, sich über das ihm zur Last gelegte regierungsfeindliche Verhalten im Jahre 1848 „standhaft und umständlich zu rechtfertigen“. Erst Anfangs November fand Umlauff in der Fülle der Berufsgeschäfte Zeit, eine umfangreiche Rechtfertigungsschrift zu verfassen, aber noch bevor dieselbe beim Minister einlangte, entlud das drohende Gewitter mit seiner ganzen unheilbringenden Schwere sich über ihn. Als nämlich der Kaiser im October 1851 auf seiner Rundreise durch Galizien und die Bukowina nach Czernowitz kam, vereinigte sich der damalige Gouverneur von Galizien Agenor Graf Goluchowski, dessen für Oesterreich in der Folge so verhängnißvolle Thätigkeit noch ihrer actenmäßigen Darstellung harrt, in seiner principiellen Gegnerschaft gegen Umlauff, durch welchen die Bukowina ihre administrative Selbständigkeit erlangt hatte, mit mehreren anderen hochgestellten und einflußreichen Functionären, um schnell den Sturz seines Gegners zu bewirken. Diese Männer aber, welche im Jahre 1848 sich gar nicht in der Bukowina befunden hatten, schilderten das Benehmen Umlauff’s aus jener Zeit in einer so ehrenrührigen Weise, nannten diesen aus ganzer Seele dem Throne und dem Staate ergebenen Beamten offen und bestimmt den erbittertsten Regierungsfeind, einen revolutionären Anführer der Studenten bei den gröbsten Excessen u. s. w., so daß sich der ebenfalls gegenwärtige Gouverneur von Siebenbürgen, als er diese Anschuldigungen von den Lippen so hoher Personen vernahm, sofort dahin äußerte: „Präsident 'Umlauff' könne unter solchen Umständen keinen Augenblick mehr in Siebenbürgen bleiben“. Und so erfloß denn unmittelbar darauf das kaiserliche Cabinetsschreiben ddo. Radautz 26 /31. October 1851, womit Umlauff’s Enthebung von den ihm bisher im Kronlande [30] Siebenbürgen übertragenen Functionen und seine allsogleiche Versetzung an einen anderen, nicht selbständigen Dienstposten angeordnet wurde. Nur das Bewußtsein stets redlich erfüllter Pflicht, das reine Gewissen und die Hoffnung, die Zeit werde dieses Intriguengewebe entwirren, ließen ihn den niederschmetternden Schlag ertragen. Umlauff wurde dem Lemberger Appellationsgerichte als Referent zugetheilt. Indessen, so ganz ging es doch nicht nach dem Plane seiner Gegner, im Gegentheil, „so glänzend wie Umlauff ist wohl noch Niemand gestürzt“, schreibt treffend sein Biograph, denn in dem Abschiedsschreiben drückte ihm Fürst Schwarzenberg, damals Gouverneur in Siebenbürgen, „die vollste Anerkennung für die Umsicht, Thätigkeit und Ausdauer in seinen Diensten“ aus, und der Justizminister stimmt in dem Enthebungsschreiben in noch gesteigertem Grade in die Anerkennung der Wirksamkeit Umlauff’s ein. Ja, es geschah noch mehr: dem seines Postens Enthobenen wurde noch die ebenso schwierige als wichtige Aufgabe übertragen, eine neue Gerichtsorganisirung und Landeseintheilung Siebenbürgens auf Grundlage der mit kaiserlichem Cabinetsschreiben vom 31. December 1851 für die organische Gesetzgebung festgestellten Grundsätze auszuarbeiten. Aber auch seine Rechtfertigungsschrift, worin er um strengste Untersuchung bat, blieb nicht ohne Folgen. Der Kaiser ließ über Umlauff’s Verhalten in der Bukowina thatsächlich eine strenge Untersuchung durch den Justizminister einleiten. Die Acten jener Zeit aber wiesen nach, wie er für die Regierung, den Staat und das Land gewirkt. Aus allen Ständen und Classen der Bevölkerung wurden viele Personen, die zu jener Zeit in Czernowitz anwesend waren, theils mündlich, theils schriftlich einvernommen, und so kam endlich das ganze Intriguenspiel zu Tage. [Herausgeber dieses Lexikons macht bezüglich dieses traurigen in der Administration vornehmlich constitutioneller Staaten leider nicht seltenen Vorgangs auf einen Antrag des Grafen Ugarte aufmerksam, in dessen Lebensgeschichte (Bd. XLVIII, S. 223)[WS 1] derselbe ausführlich dargestellt ist.] Die allgemeine Antwort war ein Ruf der Entrüstung über die dem Präsidenten Umlauff zugefügte Unbill, nur eine Stimme des größten Lobes, der wärmsten Anerkennung seiner ungewöhnlichen Verdienste um die Gesammtheit und den Einzelnen. Das Ergebniß dieser Untersuchung wurde mit kaiserlicher Entschließung vom 11. November 1852 zur ah. Kenntniß genommen und der Justizminister ermächtigt: „den Präsidenten Umlauff bei einer sich ergebenden Gelegenheit oder bei der künftigen Gerichtsorganisirung zu einem entsprechenden Dienstposten außerhalb der Bukowina und Siebenbürgens in Antrag zu bringen“. Und so ward Umlauff mit kaiserlicher Entschließung vom 6. Juli 1853 zum Präsidenten des erst zu errichtenden Oberlandesgerichtes in Preßburg – als erster definitiver Justizbeamter in Ungarn – ernannt, welche Ernennung ihm der Justizminister mit der Versicherung eröffnete: „daß er es sich zu besonderem Vergnügen rechne, Umlauff von dieser ehrenvollen, seine Verdienste huldreichst anerkennenden ah. Bestimmung in Kenntniß zu setzen“. Und in dieser seine Ehre rehabilitirenden Stellung harrte des schwer geprüften treuen Staatsdieners neue und – welche Arbeit! Wie die Rechtsverhältnisse in Ungarn stehen, erfuhren wir zur Zeit aus [31] dem Tisza-Eszlarer Judenproceß. Wir können daraus ungefähr einen Schluß ziehen, wie es mit denselben vor dreißig Jahren bestellt gewesen. Es galt nicht nur, vor Allem den passiven Widerstand gegen die neu einzuführende Justizverwaltung, der wie gegen alle anderen Verwaltungszweige, so auch gegen diesen, wenn auch vielleicht in geringerem Grade, sich kundgab, zu überwinden, die Hauptaufgabe bestand darin: der Verfassung vom Jahre 1849 gemäß den einheitlichen Staatsgedanken auszuführen, die deutsche als innere Amtssprache einzuführen, den Beamten die Anfangsgründe einer geordneten Geschäftsführung beizubringen, alle damit verbundenen Organisirungsarheiten möglichst zu fördern, kurz die neue Justizpflege nach allen Seiten in Kraft und Uebung zu setzen, und in der That, Umlauff hat innerhalb einer möglichst kurzen Zeit – von nur drei Jahren – wahre Wunder geleistet, was er auch höchsten Ortes dadurch anerkannt sah, daß er am 14. Jänner 1856 dem zum Präsidenten des obersten Urbarialgerichtes ernannten Franz Grafen Nádasdy [Bd. XX, S. 21], nachmaligem Justizminister, in der Stelle des Präsidenten des Pesther Oberlandesgerichtes folgte. Wie sehr er sich aber in seiner Stellung zu Preßburg die Sympathien zu erwerben verstanden hatte, dies beweist die Thatsache, daß die k. k. Justizbeamten des dortigen Oberlandesgerichtssprengels sich ihren geliebten Chef in einer Lithographie von Kriehuber’s Meisterhand zum Andenken erbaten, ihm selbst aber sein von Oeconomo in Oel gemaltes Bildniß verehrten. In einer Adresse vom 26. März g. J., welche ihm in einer prachtvollen von Girardet ausgeführten Hülle überreicht wurde, gaben sie aber den Gefühlen des Dankes und der Verehrung, sowie der Anerkennung über die in seinem Wirkungskreise erworbenen Verdienste Ausdruck. Am 6. Jänner 1857 trat der 60jährige Umlauff seinen neuen Posten in Ungarns Hauptstadt an. Auch da gab es bei den völlig veränderten Verhältnissen in dem nach der gewaltsamen Niederwerfung im Stillen grollenden Lande, in dessen Hauptstadt, welche die Mißvergnügten aller Parteien barg, die Lage der Dinge eine ganz andere und weit ernstere war, als in einer Comitatsstadt, sehr viel zu thun. Die Arbeiten der neuen Organisirung wurden unter solchen Umständen um so schwieriger und aufreibender, als die politischen Oberbehörden bei der wenngleich heimlichen, aber doch immer fortdauernden, ja steigenden Gährung allmälig offene Opposition zu machen begannen und Alles verzögerten und zu hindern suchten. Als dann nach dem unglücklichen Feldzuge des Jahres 1859 der völlige Umschwung in den politischen Verhältnissen des Kaiserstaates eintrat, als mit dem Diplom vom 20. October 1860 Oesterreichs Einheit entzwei gerissen wurde, mochte Umlauff nicht länger in dem Lande bleiben, dem er seine letzten Kräfte gewidmet, und einem vom Minister ihm gegebenen Winke, seine Pensionirung nachzusuchen, folgend, bat er um Versetzung in den Ruhestand, welche ihm auch mit kaiserlicher Entschließung vom 7. November 1860 unter gleichzeitiger Bezeigung der ah. Zufriedenheit mit seiner langjährigen treuen und ausgezeichneten Dienstleistung gewährt wurde. Als er Anfangs November 1860 Pesth verließ, brachte die nächste Nummer des „Pesti Napló“ die kurze Nachricht: „Präsident Umlauff, der größte Germanisator Ungarns, hat gestern Pesth verlassen“. Eine schönere und lakonischere [32] Denkrede konnte ihm aus dem Halbasien Oesterreichs nicht werden. Nicht lange sollte er die ihm zutheil gewordene Ruhe genießen. In den letzten Jahren kränkelnd, hatte er durch eine Cur in Marienbad seine Kräfte einigermaßen zu stärken gesucht, aber die Besserung war nur vorübergehend gewesen, und nach viermonatlichem schweren Leiden hauchte der 63jahrige Patriot, nach seinem Staatskleide verlangend, mit den noch vernehmlichen Worten: „Ich muß zum Kaiser gehen“, seine Seele aus. Zur Ergänzung dieses Lebensbildes eines Justizmannes, deren Oesterreich nicht wenige seltenster Art, wir nennen nur Krauß, Pratobevera, Schmerling, aufzuweisen hat, fügen wir noch Einiges hinzu. Außer den zahlreichen, in der Lebensskizze erwähnten legislatorischen Arbeiten, welche unmittelbar aus [Umlauff[’s amtlicher Stellung hervorgingen, wurde er noch mit anderen betraut, oder er unterzog wohl auch Fragen, die zu seinem judiciellen Berufe in naher Beziehung standen, aus eigenem Antriebe einer näheren Untersuchung. So mußte er 1828 (als jüngster Landrath in der Bukowina) die für das lombardisch-venetianische Königreich erlassene Verordnung vom 25. Juni 1825 über das Verfahren in Besitzstörungsangelegenheiten in Betreff deren Anwendbarkeit für die Bukowina begutachten und lieferte darüber ein umfangreiches Operat, worin die erschöpfende Geschichte der bisherigen von jenen der übrigen Provinzen abweichenden Besitzverhältnisse und das Grundbuchs- und Intabulationswesen in der Bukowina in gründlichster Weise dargestellt wurden. Ferner arbeitete er auf höhere Aufforderung umfassende legislatorische Anträge in Betreff des Verlassenschaftswesens, in Ausziehsachen u. m. a. aus. Als während seiner amtlichen Wirksamkeit in Tarnow 1835 eine Krankenheil- und Armenversorgungsanstalt gegründet werden sollte und zu diesem Behufe ein Verein zusammentrat, verfaßte Umlauff für denselben die Aufrufe, leitete die Sammlungen, entwarf die Statuten, stellte das Material zum Hauptbericht zusammen und hatte somit wesentlichen Antheil an dem Gelingen und der Förderung des Unternehmens. Im Jahre 1846, während einer längeren Krankheit, die ihn seinem amtlichen Berufe entzog, arbeitete er in seinen schlaflosen Nächten einen umfassenden Plan aus zur zweckmäßigeren Organisirung der Justiz in der Bukowina, wobei er alle Nachweisungen und nöthigen Instructionen bis in das kleinste Detail entwarf. Im Jahre 1852 schrieb er eine umfangreiche Abhandlung, betitelt: „Einige Bemerkungen über Aviticität, mit Rücksicht auf deren Aufhebung bei Einführung des österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches in Ungarn und Siebenbürgen“, in welcher er dieses schwierige, von den deutschen und römischen Rechtsanschauungen ganz abweichende Besitz-, Eigenthums- und Erbrechtssystem in anschaulichster Weise erörtert. Wie schon im Eingange dieser Lebensskizze bemerkt, huldigte Umlauff der Musik und Poesie. Erstere gewährte ihm viele Jahre lang nach vollbrachter schwerer Berufsarbeit die süßeste Erholung. In der Bukowina war er der Erste, welcher Schubert’sche Lieder mit französischem und moldauischem Texte verbreitete, und von diesem Lande fanden sie dann schnell in die Moldau und nach Bessarabien Eingang. In seinem Hause wurde ein begeisterter Cultus der Tonkunst getrieben, die gediegensten Instrumentalwerke der größten Meister: Beethoven, [33] Mozart, Haydn, dann größere Gesangstücke, wie Romberg’s „Glocke“, Haydn’s „Vier Jahreszeiten“ und „Schöpfung“, oder classische und moderne Opern, als: „Fidelio“, „Don Juan“, „Figaro’s Hochzeit“, „Der Freischütz“, „Oberon“, „Hugenotten“, „Robert der Teufel“ u. s. w. wurden fleißig einstudirt und zu eigenem Vergnügen ganz aufgeführt. Wenn berühmte Tonkünstler auf ihren Kunstreisen nach Jassy und Constantinopel Czernowitz, wo Umlauff von seinen 43 Dienstjahren ein gutes Viertheil zugebracht, berührten, so waren sie alle an ihn, den weit und breit bekannten Musikfreund empfohlen, und so sprachen im Laufe der Zeit Miska Hauser, Lipiński, Leopold Mayer, Todesco, Franz Liszt und Andere bei ihm vor und trugen nicht wenig zur Förderung des im Hause eifrig gepflegten Kunstlebens bei. Ja, aus einem seinem Freunde Doxaki von Hormuzaki gewidmeten Liede, welches er selbst in Musik gesetzt, entnehmen wir, daß er auch in der Composition sich versuchte. Und so wie die Musik war ihm die Dichtung sein ganzes Leben lang eine treue, schmerzstillende Genossin geblieben. Wohl ist nur der geringste Theil – Einiges in seiner Biographie – in die Oeffentlichkeit gelangt, für welche er auch seine aus dem Innersten der Seele geschöpften Herzensergüsse gar nicht bestimmt hatte, aber in seinem Nachlasse befinden sich alle diese Klänge seiner Seele, welche Sicherheit in Behandlung der Form, große Gefühlsinnigkeit und meist tiefe Wehmuth verrathen. Außer den zahlreichen originalen Stimmungsgedichten befinden sich im Nachlasse noch ganze Gesänge aus Tasso’s „befreitem Jerusalem“, aus Ariosto’s „rasendem Roland“ und viele Sonette ins Deutsche übertragen, und dann ein längeres Fragment aus einem unvollendet gebliebenen satyrischen Epos, betitelt: „Hans Dampf, oder die seltene Heirat“, Gedicht in drei Gesängen, welches er bereits 1821 in Ottave Rime geschrieben. Umlauff vermälte sich 1827 mit der Tochter des kaiserlichen Rathes, Stadtanwaltes und Dekans der juridischen Facultät in Lemberg Dr. Ignaz Frank. Nach sechzehnjähriger glücklichster, in seinen Gedichten oft gefeierter Ehe wurde ihm die Gattin 1843 durch den Tod entrissen. Der Verfasser der in den Quellen genannten Schrift, die uns zu vorstehender Skizze reiches Material bot, Victor Ritter Umlauff von Frankwell, ist ein Sohn des Oberlandesgerichts-Präsidenten. Auch Söhne von solcher Pietät durchwärmt sind in unserer selbstsüchtigen Zeit selten geworden.

Umlauff von Frankwell (Victor). Leben und Wirken eines österreichischen Justizmannes. Ein biographisches Denkmal zur Erinnerung an den jub. k. k. Oberlandesgerichts-Präsidenten Johann Karl Ritter Umlauff von Frankwell (Wien 1861, Manz und Comp., VIII und 152 S., gr. 8°.). – Wiener Zeitung, 1861, Nr. 79, S. 1235: „Johann Karl Ritter Umlauff von Frankwell“.
Porträt. Facsimile des Namenszuges. Kriehuber lith. 1856. Gedruckt bei Joseph Stoufs in Wien (Fol.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: (Bd. XLVIII, S. 2 | ).