BLKÖ:Krauß, Philipp Freiherr von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 13 (1865), ab Seite: 150. (Quelle) | |||
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Karl, zur Zeit Präsidenten des k. k. obersten Gerichts- und Cassationshofes [s. d. S. 149]. Philipp besuchte das Gymnasium und die philosophischen Schuten in Lemberg, und trat ebenda nach beendeten juridisch-politischen Studien als Concepts-Praktikant bei dem galizischen Fiscalamte in den Staatsdienst. Bemerkenswerth ist es, daß er, noch Studirender, zu Anfang des Jahres 1811 einen Finanzplan ausgearbeitet und denselben noch vor dem Erscheinen des folgenschweren Finanzpatentes vom 20. Februar 1811 an die Finanz-Hofcommission überreicht hatte, welche, ohne das Elaborat zu benützen, ihm für dasselbe eine anerkennende Belobung aussprach. K.’s amtliche Vorrückung ging schneller vor sich, als es sonst, wenn nicht hohe Geburt mithilft, zu geschehen pflegt. In seinem Talente, [151] seiner Arbeitskraft und seiner Ausdauer sind die Ursachen dieser ungewöhnlichen Beförderung zu suchen. Im Juni 1816 war K. bereits Fiscal-Adjunct, im September 1817 – im Alter von 25 Jahren – Gubernial-Secretär, im Februar 1823 Gubernialrath und ward als solcher 1826 zur Dienstleistung bei der k. k. allgemeinen Hofkammer einberufen, wo er noch im nämlichen Jahre zum Hofrathe bei derselben befördert wurde. Am 24. December 1840 wurde K. staatsräthlicher Referent im Staatsrathe, wo er bis zu seiner Ernennung zum zweiten Präsidenten des galizischen Guberniums, welche am 6. Juli 1847 erfolgte, thätig war. Am 2. April 1848 wurde er als Finanzminister nach Wien berufen. K. behielt das Portefeuille bis zum 26. December 1851 und wurde über sein Ansuchen dieses Postens enthoben. Sofort zum Mitgliede des eben geschaffenen Reichsrathes ernannt, behielt er diese Stellung bis zum Jahre 1860; am 27. Mai d. J. wurde er Präsident der obersten Rechnungs-Controlsbehörde, am 18. April 1861 mit Beibehaltung seines Postens lebenslängliches Mitglied und am 28. April 1861 zugleich Vice-Präsident des Herrenhauses des durch die Grundgesetze vom 20. October 1860 und 26. Februar 1861 neu geschaffenen Reichsrathes. Nur wenige Monate versah er dieses wichtige Amt, als er im Juni d. J. einer Lähmung, die ihn auf einem Spaziergange in der Laxenburger Allee befallen hatte, und die, weil die Hilfe zu spät erfolgt sein mochte, tödtlich wurde, im Alter von 69 Jahren erlag. Wenn man seine Thätigkeit auf den verschiedenen Posten, welche K. bekleidete, nur überblickt – ein tieferes Eingehen ist hier gar nicht möglich – so erfüllt uns gerechtes Staunen über die unermüdliche Arbeitskraft dieses Mannes von echtem Schrot und Korn, dieses Staatsmannes, der eben so opferfähig als Patriot, wie edel und hochsinnig als Mensch war. Bereits als Gubernial-Secretär mit den wichtigsten Referaten und Systemalarbeiten betraut, regelte er die galizische Grund- und Häusersteuer und das überaus verwickelte Activen- und Passivenwesen des ehemaligen Herzogthums Warschau, legte eine Administrativ-Statistik Galiziens an und entwarf bereits im Jahre 1825 Plan und Statuten zu der im Jahre 1841 in’s Leben gerufenen galizischen Creditanstalt, welche sich für den Realcredit und das nationalökonomische Aufblühen Galiziens bald so wohlthätig bewährte. In einem feierlichen Dankschreiben vom 17. November 1842 sprachen die galizischen Stände ihm, als dem eigentlichen Schöpfer dieses Institutes, ihre Anerkennung aus. Bald nach seiner im Jahre 1826 erfolgten Berufung zur finanziellen Centralstelle und daselbst mit dem Zollreferate betraut, bewirkte er die Umgestaltung der Grenz- und die Organisation der Finanzwache, die Aufstellung des Sanitätscordons für das österreichische und ungarische Küstenland, nahm eine amtliche Bereisung des gesammten lombardisch-venetianischen Königreiches vor, in Folge deren umfassende legislatorische und administrative Maßregeln zur Verhinderung des im steten Steigen begriffenen Schleichhandels in Ausführung kamen. Mit der Bearbeitung von Systemalanträgen zur Errichtung eines neuen Accisesystems beauftragt, entwarf er die „Zoll- und Staatsmonopols-Ordnung“ und das „Strafgesetz über Gefällsübertretungen“ vom 11. Juli 1835, zweier von Fachmännern eingehend gewürdigten Elaborate. Als zweiter Landeschef in Galizien erwirkte er [152] zugleich mit dem Gouverneur Franz Grafen Stadion die Amnestieacte vom 20. März und 5. April 1848, womit die gänzliche Nachsicht der Strafen und die Niederschlagung aller Strafprocesse wegen politischer Verbrechen, sowie die Auflassung der Behufs der Entschädigungsansprüche des Staatsschatzes aus Veranlassung der im Jahre 1846 in Galizien stattgefundenen Ereignisse getroffenen Sicherheitsmaßregeln verfügt wurden. Ferner beantragte und bewirkte er mit Stadion zugleich die gänzliche Aufhebung der Robot und aller unterthänigen Leistungen, sowie der Patrimonial-Gerichtspflege und die unentgeltliche Ablösung aller Urbarial- und grundherrlichen Zehentbezüge, welches Gesetz fünf Tage nach seiner Ernennung zum Finanzminister, am 7. April 1848, erlassen wurde. Galizien, sein Vaterland, erhielt die folgenreiche Wohlthat der Entlastung durch seine und Stadion’s Bemühung geraume Zeit früher, als die übrigen Länder Oesterreichs, denen sie mehrere Monate später auf Anregung und mit Zustimmung des österreichischen Reichstages durch das Patent vom 7. September 1848 zu Theil wurde. Im verhängnißvollsten Jahre Oesterreichs, im Jahre 1848, übernahm K. das Portefeuille der Finanzen und er harrte aus, die traurige Octoberkatastrophe hindurch, trotzend allen, selbst sein Leben bedrohenden Gefahren, als ein treuer Diener seines Kaisers, wie der Soldat auch den verlornen Posten innehält und mit seinem Blute zu vertheidigen entschlossen ist. Ueber seine Maßnahmen als Finanzminister kann hier auch nur der wichtigsten Verfügungen kurz gedacht werden; so fanden über seine Veranlassung Statt: Die mit 1. October 1850 angeordnete gänzliche Aufhebung der Zwischenzoll-Linie zwischen Ungarn und seinen früheren Nebenländern einerseits und den übrigen Kronländern des Kaiserstaates andererseits, welche mit 1. Juli 1851 in Wirksamkeit trat; ferner zur Durchführung des Grundsatzes, daß alle Theile des Gesammtreiches ebenmäßig zu den gemeinschaftlichen Leistungen beizutragen haben und auch in den ungarischen Ländern eine gerechtere und gleichmäßigere Vertheilung der Abgaben, als bisher stattgefunden, eintreten müsse, in diesen eben die Einführung des Grundsteuer-Katasters und des Grundsteuer-Provisoriums (Gesetze vom 20. und 31. October 1849, vom 4. und 22. März 1850); die Regelung der Stempel- und Taxgebühren von Rechtsgeschäften, Urkunden, Schriften und Amtshandlungen, und zwar nach den in den übrigen Kronländern geltenden Grundsätzen (Gesetz vom 2. August 1850) die Einführung der Einkommensteuer (Gesetz vom 25. April 1850); die Besteuerung des aus inländischen Stoffen erzeugten Zuckers (Gesetze vom 28. November 1849, 14. Jänner und 7. September 1850); die Verzehrungssteuer von gebrannten geistigen Flüssigkeiten und von Bier, und in Ortschaften von mehr als 2000 Seelen auch von Wein und Fleisch (Gesetze vom 29. September, 19. October und 23. November 1850, und vom 13. Februar 1851), und vom 1. März 1851 angefangen die Einführung des Tabak-Monopols (Gesetz vom 29. November 1850). Um diese neuen Einrichtungen durchzuführen, wurden (mit Gesetzen vom 21. Mai 1850 und 1. September 1851) selbstständige, von den übrigen administrativen Behörden gesonderte Finanz- und Steuerbehörden, Steuer-Inspectorate [153] und Steuerämter geschaffen und in Thätigkeit gesetzt. Die Durchführung der oben angeführten, in ihren Details aufgezählten Staatsacte in den Ländern jenseits der Leitha ist eine der denkwürdigsten Thaten dieses Staatsmannes. Ferner fand die Regelung und fast gänzliche Neugestaltung des Finanzhaushaltes des gesammten Kaiserstaates in den Jahren 1849–1851 durch K. Statt. Die außerordentlich gesteigerten Bedürfnisse des Staates nöthigten ihn einerseits, neue Hilfsquellen zu eröffnen, andererseits Ersparungen durchzuführen. Eine der ersteren war das mit 29. October 1849 eingeführte, wie schon bemerkt, auch auf Ungarn ausgedehnte Einkommensteuer-Gesetz; unter letzteren sind zu nennen: Personalverminderung oder Auflassung einzelner Behörden, Herabsetzung der Bezüge der Großen, der Diäten für die höheren Beamten, die Zurückführung der Reisegebühren auf die wirklichen Auslagen, die Reduction des Militärétats, die Systemisirung der Ministerbezüge und die Beschränkung der höchsten Staatsdiener-Pension auf das Maximum von 8000 fl. Eine andere wichtige Maßregel, deren Schöpfer Freiherr von Krauß, ist die Verlautbarung der Ergebnisse der finanziellen Gebarung. Die „Wiener Zeitung“ vom 1. Mai 1848, Nr. 121, brachte die erste Uebersicht der vorhergegangenen vier Monate desselben Verwaltungsjahres und die übrigen folgten sich Monat für Monat bis zum Schlusse des Jahres 1848 (Nr. 151, 175, 212, 238, 279, 305, 344, 345), und die „Wiener Zeitung“ vom 4. Juni 1848, Nr. 173, brachte überdieß eine Darstellung der Finanzverhältnisse Oesterreichs für die ganze Zeit von 1831 bis 1847. Offenheit und rückhaltlos ehrliche Darstellung des jeweiligen Standes der Finanzen erklärte K. als erste Lebensbedingung einer gedeihlichen Finanzverwaltung. Und im constituirenden Reichstage in der Sitzung vom 26. Juli 1848 erklärte K. ausdrücklich: „daß er dieser Versammlung selbstverständlich jeweilig rückhaltlos alle Nachweisungen, Mittheilungen, Tabellen und Acten vorlegen werde, um sie fortan in der vollständigsten Kenntniß des Finanzhaushaltes zu erhalten“. In der Sitzung vom 5. August 1848 sprach er offen aus: „Die Hauptursache des bisherigen Mangels an Vertrauen auf die Finanzverwaltung liege darin, daß der Zustand der Finanzen niemals offen mitgetheilt wurde“. Er erklärte in der nämlichen Sitzung „die Staatsschuld Oesterreichs für unantastbar und die Verringerung der Ausgaben für das Militär als das wesentlichste Abhilfsmittel zur Herstellung der Ordnung“. Betreffs seiner übrigen, das Wohl Oesterreichs und die mächtige Förderung seiner staatlichen Interessen bezweckenden Aussprüche im vorerwähnten constituirenden Reichstage, betreffs seiner Maßnahmen auf finanziellem Gebiete, wie z. B. der Emmission der Hypothekar-Anweisungen auf die Gmundner Saline, ferner der Emmission der nach dem Muster der englischen Schatzkammerscheine creirten verzinslichen Cassa-Anweisungen (Reichsschatzscheine), betreffs der Regelung des Verhältnisses des Staates zur Nationalbank und anderer während seiner finanziellen Leitung durchgeführten Credits-Operationen muß auf den in den Quellen angeführten Nekrolog hingewiesen werden, der die vorerwähnten [154] Momente der Thätigkeit dieses großen „vormärzlichen“ Staatsmannes ausführlicher darstellt. Seine Ansichten und seine Maßregeln erfreuten sich nicht allseitig des Beifalles. Widersacher und Neider in mächtigen Kreisen, denen er mit seinen Verfügungen an’s Herz gegriffen, schalten ihn einen überlebten Bureaukraten, der völlig des Adlerblickes eines Financiers im höheren Sinne des Wortes ermangele, worunter immer ein Mann verstanden wird, der diesen Leuten viel zu verdienen gibt, u. s. w., u. s. w. Als seine Gegner auch die Presse zu gewinnen verstanden hatten und sich in derselben gegen ihn Vorwürfe erhoben – es war dieß gegen das Ende des Jahres 1851 – verschmähte es K., auf die leicht widerlegbaren Angriffe zu antworten und zog einfach den Rücktritt von dem Ministerposten allen weiteren Transactionen vor, „weil“, so sprach er bei Gelegenheit seine Ansicht aus, „gerade der Finanzminister mehr noch als jeder andere Minister das allgemeine Vertrauen besitzen müsse, um Gedeihliches wirken zu können, dieses ihm aber offenliegend nicht mehr zur Seite stehe und eine allgemeine Reichsvertretung nicht bestehe, vor welcher er mit freudiger Zuversicht seine Finanzmaßregeln rechtfertigen würde; weil er insbesondere im Kreise der Potentaten des Geldmarktes, auf deren Unterstützung oder doch Sympathie ein Finanzminister, zumal eines absoluten Staates, in gewissen Fällen rechnen können muß, mächtige Gegner habe, die ihm zumeist dadurch erstanden sein mögen, daß er bei Staatsanlehen an die Stelle der Vermittelung durch die Krösuse des Tages, vielmehr das Medium der allgemeinen Subscription gesetzt hatte“. Seit seinem Rücktritte von der Stelle des Finanzministers (26. December 1851) war er neun Jahre Mitglied des ständigen Reichsrathes, und als er zuletzt an die Spitze des gesammten Staatsrechnungswesens trat, war er zu kurze Zeit in diesem Amte thätig, um jene umfassenden Reorganisationspläne, mit denen er sich im Geiste trug, zu verwirklichen. Kaum auch nur annäherungsweise wurde in dem bisher Gesagten ein Bild der amtlichen Wirksamkeit dieses Staatsmannes gegeben. Auch betreffs seiner Charakteristik als Mensch im Privat- und Familienleben muß auf den schon erwähnten Nekrolog hingewiesen werden, der eine treffende Silhouette dieses hochherzigen Staatsmannes zeichnet. In den Quellen werden seine Ansichten in religiösen Dingen angedeutet; sie helfen das interessante Bild vervollständigen. Gottesfürchtig in der wahren Bedeutung des Wortes, war er auch bibelfest gleich dem ersten Theologen und besaß gründliche Kenntnisse der positiv-theologischen und philosophischen Studien. Bemerkenswerth ist sein Interesse für den Somnambulismus und Magnetismus, dessen literarische Erscheinungen er mit Aufmerksamkeit verfolgte und dabei mit Somnambulen nicht selten in unmittelbaren Verkehr trat. In seiner Mäßigkeit, ja fast strengen Diät – er trank niemals Wein – liegt zum Theile ein Erklärungsgrund seiner erstaunlichen Arbeitskraft, indem er ohne Beschwerde täglich 10–12 Stunden und regelmäßig über Mitternacht hinaus – im Geschäftsdrange der Jahre 1848 bis 1851 aber auch täglich 14–18 Stunden arbeitete. Die Muße seines anstrengenden Dienstes widmete er der Lectüre und erwarb sich so eine seltene Erudition in den verschiedensten Zweigen des menschlichen Wissens. Er besaß die Kenntniß sämmtlicher[WS 1] in der österreichischen Monarchie landesüblichen Nationalsprachen und [155] vertrat stets die unbehindert freie Entwickelung aller Nationalitäts- und Sprachelemente der verschiedenen Völker Oesterreichs. Von der deutschen Sprache meinte K. ganz richtig, sie werde in natürlicher Entwickelung der Dinge aus sich selbst zum Gemeingut aller Gebildeten in Gesammtösterreich werden, und sofort durch das allgemeine Bedürfniß ganz unvermerkt und in nicht sehr ferner Zeit zu der von Allen selbstgewollt vorherrschenden und endlich exclusiven Geschäftssprache der Centralregierung und der gemeinsamen Reichsvertretung Oesterreichs ausgebildet sein. Aus diesem ununterbrochenen Fortleben in und mit der Wissenschaft und jener wahren Religiosität, von der sein innerstes Wesen durchseelt war, wuchs jene Humanität, die sich in seinem ganzen Wirken und als reiner Ausfluß seines innersten Wesens in allen seinen Handlungen aussprach. Wie er einerseits das heuchlerische Treiben derjenigen verabscheute, welche „in Religiosität machen“, so mied er für seine Person mit fast ängstlicher Sorgfalt das Bekanntwerden seines religiösen Wandels und jedwede[WS 2] Ostentation seiner Frömmigkeit. Im Verkehre, der zufolge seiner Stellung ein ausgebreiteter war, war er gegen Hoch und Nieder, Reich und Arm, Gleichgestellte und Untergebene sich unverändert gleich, immer freundlich und wohlwollend. Besonders im Verkehre mit seinen Untergebenen – wie Herausgeber dieß selbst erprobte – waren seine Herzensgüte und Bescheidenheit wohlthuend. Seine Mikrologie war seinen Gegnern eine Waffe gegen ihn; bei jenen aber, welche sie empfinden mußten, war sie für ihn ein Grund mehr der Anerkennung ihrer Leistungen; wenn er die Ausarbeitungen seiner Referenten änderte, so geschah dieß in der schonendsten Weise, und der Umstand, daß es ihm im Grunde Niemand ganz recht machte, ließ ihn doch nie Talent und Verdienste verkennen und für letztere die ganze Macht seines Einflusses zur Geltung bringen, wenn es galt, sie zu belohnen. Ueber seine Bescheidenheit wird nachstehende Thatsache eine Aufklärung geben. Als er zu Ende des Jahres 1851 nach Niederlegung seines Minister-Portefeuilles in den Reichsrath berufen wurde und in diesem ihm, als bisherigen Minister, der Rang als erster Rath unmittelbar nach dem Präsidenten gebührte, bat er ausdrücklich darum und hat es auch erwirkt, daß er den beiden ältesten Räthen Krieg und Purkhart nachrangirt werde, „weil diese beiden von ihm zugleich o hochverehrten Männer einst seine Vorgesetzten und gütigen Gönner gewesen und es seinen Gefühlen widerstreben würde, denselben nunmehr im nämlichen Collegium vorzusitzen“. In hochherziger Weise gab sich aber sein Wohlthätigkeitssinn kund. Von jeher gehörte ein sehr bedeutender Theil seines jeweiligen Einkommens den – Armen; insbesonders fanden wahrhaft nothleidende Familien und Hausarme bei ihm zu allen Zeiten großmüthige und stetige Unterstützung; nicht selten suchte er in Gesellschaft seiner gleichgesinnten Gattin arme Kranke in den entferntesten Winkeln dunkler Vorstädte auf und brachte ihnen Trost und Hilfe. Manchen talentvollen Knaben des einen und anderen Amtsdieners oder Hausmeisters ließ er auf seine Kosten in einer Realschule oder bei einem Gewerbsmanne ausbilden, reichte manchem dürftigen Studirenden monatlich eine bestimmte Gabe oder leistete für ein braves armes Mädchen einen jährlichen Beitrag an irgend eine Erziehungs- oder Kinderwartanstalt, und verabfolgte mehreren dienstunfähig gewordenen [156] Dienstboten eine sichere jährliche Pension. Auf diese Art hat er bis zu seinem Ableben sich selbst an jährlichen Pensionen und Unterstützungsbeiträgen mehr denn 2000 fl. zur stetigen Auszahlung fixirt. Und so erklärt es sich, daß dieser hochherzige Mann, trotz der bedeutenden Gehaltsbezüge, die er in den seit 1848 eingenommenen hohen Stellungen genoß, trotzdem, daß er vier Jahre Finanzminister und dieß zu einer Zeit war, in welcher größtentheils die Finanzverwaltung ohne alle Controle von Seite der Volksvertretung war, und Anlehen über Anlehen contrahirt werden mußten, bei seinem Tode gar kein Vermögen hinterließ. Freiherr Philipp war seit 1826 mit einem galizischen Edelfräulein, Constanze von Skarbek-Borowska, ganz das treue Spiegelbild ihres Gatten, vermält. Aus dieser Ehe ging nur ein Sohn, Philipp (geb. 1830), hervor. Reich begabt an Talenten, hatte er bereits die Rechtsstudien und den größeren Theil der Doctoratsprüfungen zurückgelegt und war in den Staatsdienst getreten. Da raffte am 12. März 1856 den hoffnungsvollen 26jährigen Jüngling nach kurzer Krankheit der Tod dahin. Vergleiche ferner in den Quellen zu Karl Freiherr von Krauß: „Zur Genealogie der Freiherren von Krauß“.
Krauß, Philipp Freiherr von (Staatsmann, geb. zu Lemberg in Galizien 28. März 1792, gest. im Schlosse Schönbrunn bei Wien 26. Juni 1861). Bruder des Freiherrn- Philipp Freiherr von Krauß, geboren 28. März 1792, gestorben 26. Juni 1861. Ein Nekrolog (Wien 1861, Friedrich Manz, 8°.). [Ein die Wirksamkeit dieses zu früh verblichenen Staatsmannes ausführlich schildernder pietätvoller Nachruf. Als Verfasser wird von Einigen Sectionschef Ritter von Hye (siehe über diesen: Bd. IX, S. 458) bezeichnet.] – Wiener (amtliche) Zeitung 1861, Nr. 258, S. 4630: Nekrolog von Dr. L. Neumann. [Bemerkenswert erscheinen in diesem in den engen Rahmen eines Journalartikels gedrängten Nekrologe folgende Worte: „Streng gegen sich selbst in jeder Pflichterfüllung, mild und nachsichtig gegen Andere, war Kraus unnachsichtlich, streng und gerecht in der Mißbilligung jener Leute, die sich selbst so gern an die Stelle der Kirche setzen, die, Geistliches und Weltliches vermengend, den Staat und die staatliche Gewalt hierarchisch persönlichen Zwecken dienstbar machen möchten. Eben weil Krauß so tief religiös war, wollte er Gott gegeben wissen was Gottes, aber auch dem Kaiser was des Kaisers ist; daß ein Mann von so unbestrittener Religiösität, von so anerkannter Unabhängigkeit des Geistes, von solchem Offenmuth, von solcher Gewissenhaftigkeit wie Krauß daraus kein Hehl machte, wie wenig er mit den Maßregeln einverstanden gewesen, welche in den letztverflossenen Jahren zur Feststellung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat getroffen worden, wiegt schwerer und spricht lauter, als Legionen von Argumenten. Er bezweifelte mit Recht, daß Fehler in dieser Lebensfrage begangen, der Kirche, der Religion zum Vortheile gereichen könnten, und seinem scharfen staatsmännischen Blicke konnten die namenlosen Nachtheile nicht entgehen, welche für das Ansehen und die Kraft der Regierung, für die staatliche Ordnung der Dinge daraus hervorgehen mußten. Die Freiheit der Kirche im wahren unverdrehten, nicht selbstsüchtig verstandenen Sinne des Wortes lag dem edlen Krauß nicht weniger, ja noch viel mehr am Herzen als jenen kirchlichen Ultraliberalen, deren Liberalismus wie jener der Demagogen schließlich in der ärgsten Knechtschaft der Seele und des Geistes gipfelt.“ So die „Wiener Zeitung“ vom 6. November 1861.] – Brünner Zeitung 1861, Nr. 148. – Pest-Ofner Zeitung 1861, Nr. 283. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1861, Nr. 174. – Der Wanderer (Wien, 4°.) XXXVI. Jahrgang (1849), Nr. 34. – Grenzboten. Redigirt von Ignaz Kuranda (Leipzig, Herbig, 8°.) 1847, Bd. III, S. 167: „Correspondenz aus Wien“. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie (Hamburg 1853, Hoffmann u. Campe, kl. 8°.) Bd. XI, S. 186. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt), Jahrgang 1850, Nr. 16. [In dieser pamphletartigen und perfiden Schilderung des Ministeriums Schwarzenberg heißt es von Krauß: „Er dürfte als ein Ehrenmann zu [157] nennen sein, so wenig glücklich seine Finanzmaßregeln sind. Er ist weniger als seine Collegen für die eigene Person, mehr als diese für seine Geschäfte für den Staat begeistert. Er gehört zu denjenigen Staatsmännern, die zu ihrem Vortheil nicht einen Heller veruntreuen, für die Finanzverwaltung aber plündern lassen würden, wenn dadurch die Cassen gefüllt, die Verlegenheiten gehoben werden könnten. Er hat zwar seine Stellung insoweit verbessert, als er das Inventar aller Hofräthe, welche sein Ministerium belasteten, mit vielem Geschick dem Handelsminister anempfahl und sie auf diese Weise los wurde. Es fehlen ihm aber doch Beamte, die ihn in höheren Finanzfragen mit Rath zu unterstützen fähig wären, und so ist er in der That auf sich beschränkt, während er doch selbst ein Neuling (?) in dem Fache und durch seine Kenntnisse und seine Vergangenheit vielmehr zu einem Minister des Innern als zu einem Finanzminister berufen ist.“]