ADB:Schadow-Godenhaus, Wilhelm von

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Artikel „Schadow-Godenhaus, Friedrich Wilhelm von“ von Lionel von Donop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 515–520, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schadow-Godenhaus,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 16:38 Uhr UTC)
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Schadow: Friedrich Wilhelm v. S.-Godenhaus, Historien- und Porträtmaler, wurde zu Berlin am 6. September 1789 als zweiter Sohn des Bildhauers Joh. Gottfr. S. geboren. Er wuchs mit seinem um drei Jahre älteren Bruder Rudolf im elterlichen Hause auf und wurde von seinem Vater von Jugend auf zu künstlerischen Bestrebungen angehalten. Dann besuchte er die Berliner Akademie und erhielt den ersten Unterricht im Malen durch den Hofmaler Friedr. Georg Weitsch. Fast ein Jahr lang copirte er alte Bilder in der königlichen Sammlung zu Potsdam und erwarb sich durch diese Studien eine gediegene Vorbildung. In den für sein Vaterland unglücklichen Jahren 1806–7 diente er als Soldat. Nachdem sich der junge Künstler durch einige Bildnisse in seiner Heimath vortheilhaft bekannt gemacht hatte, wanderte er im J. 1810 mit seinem Bruder nach Rom. Hier schloß er sich den sogenannten Nazarenern an und trat unter dem Einflusse Overbeck’s 1814 zum Katholicismus über, zur Zeit als der Vater, der stets eine deutsche, protestantische Gesinnung bewahrte, das Lutherdenkmal für Wittenberg ausführte. – In Gemeinschaft mit Cornelius, Overbeck und Ph. Veit übernahm S. im J. 1816 die Ausschmückung eines Zimmers der Casa Bartholdy zu Rom und malte dort zwei Fresken mit den Darstellungen der „Klage Jakobs“ und „Joseph’s Traumdeutung im Gefängniß“, welche vor kurzem mit den übrigen fünf Bildern des Cyclus in die Nationalgalerie in Berlin übertragen worden sind. Dem letzten Fresko hatte S. durch ein bereits 1812 begonnenes Oelbild vorgearbeitet. Die Schwierigkeiten der ungewohnten Freskotechnik legten dem Künstler unliebsamen Zwang auf. Bei aller Tüchtigkeit der Arbeit, die sich sowol im Naturstudium wie im Hinblick auf Luftperspective zeigt, blieb er an Ursprünglichkeit und Befähigung zur monumentalen Darstellungsweise gegen Cornelius und Overbeck zurück. Auf unmittelbare Nachbildung der Wirklichkeit gerichtet, neigte sein Naturell mit Entschiedenheit der Oelmalerei zu, um der lebensvollen Erscheinung durch die farbensattere Technik näher zu kommen. Indem er aber die rein formelle Durchbildung des Malers höher schätzte als die schöpferische Thätigkeit, entfremdete er sich bald seinen damaligen Mitarbeitern in den Fresken und fühlte sich um so lebhafter von G. Schick angezogen. Durch die Schwächen seiner eigenen Begabung und zum Theil auch durch die Erkenntniß der fehlenden coloristischen Reife seiner deutschen Landsleute bestimmt, ging er in seinem Schaffen vorzugsweise vom Modell aus; die Antike und Renaissance dienten ihm zwar ebenfalls als gleichwerthige Vorbilder, doch nur im formalen Sinne.

Am tüchtigsten erwies sich S. während dieser Periode in der Bildnißmalerei, während seine Versuche, aus eigener Phantasie zu schaffen, nur Unbedeutendes zu Tage förderten. Als Studie malte er den Kopf eines Mönches von Calmaldoli in jugendlicher Blüthe, ferner das Bildniß einer schönen Römerin für den Kronprinzen Ludwig von Baiern und einige Porträts von Mitgliedern der Familie W. v. Humboldt’s. Ein größeres Gemälde, in welchem er Thorwaldsen, seinen Bruder Rudolf und sich selbst zu einer Gruppe von Halbfiguren vereinigte, befindet sich seit 1882 in der Nationalgalerie zu Berlin. Die Brüder S. feiern in dem Bilde unter den Augen Thorwaldsen’s den Bund der Malerei und Sculptur.

Als Anhänger streng religiöser Richtung behandelte er mit Vorliebe solche Motive, welche der heiligen Geschichte oder kirchlichen Legende angehören. Hierher gehört die im Auftrage des Kronprinzen Ludwig von Baiern gemalte [516] „Heilige Familie“ in der neuen Pinakothek zu München, später wiederholt für den König von Preußen. Schadow’s Gemälde dieser Gattung, zumeist Nachklänge älterer Meisterwerke, entbehren nicht selten der einfachen, naiven Empfindung, die aus sich selbst zu schaffen pflegt. Die fehlende Originalität wird durch die freie Benutzung der Vorbilder nicht genügend ersetzt.

Die Brüder kehrten im J. 1819 nach Deutschland zurück, um ihren in Rostock erkrankten Vater zu besuchen. Danach ließ sich Wilhelm S. in Berlin nieder, wo er zum Professor und Mitglied der Akademie der Künste ernannt wurde. Er übernahm die Leitung eines vom Staate dotirten, unabhängigen Ateliers, in welchem sich bald mehrere strebsame Schüler, die er an sich zu fesseln verstand, einfanden. Vermöge seiner geschickten Technik und mit Hülfe seiner gesellschaftlichen Beziehungen gewann er bald einen bedeutenden Ruf als Lehrer. Im J. 1823 begründete S. seine Häuslichkeit und heirathete eine Tochter des Dr. Groschke, Leibarztes des letzten Herzogs von Kurland. Seine künstlerische Thätigkeit trat in der Folge an Bedeutung hinter seiner umfangreichen Lehrthätigkeit zurück.

Von den Werken aus der Zeit dieses Berliner Aufenthaltes ist zunächst das unter Schinkel’s Beirath 1820 entstandene Deckengemälde, ein Bacchanal, für das Proscenium im neuerbauten Schauspielhause daselbst hervorzuheben, eine für jene Tage vorzügliche coloristiiche Leistung. Nicht geringeren Beifall fanden die Altarbilder Schadow’s, wie „die Anbetung der Hirten“ (1824) für die Garnisonkirche zu Potsdam, „Christus mit der Siegesfahne zwischen zwei Evangelisten“ in der Kirche zu Schulpforta und einige Madonnenbilder. In einem großen Familiengemälde porträtirte er damals die Prinzessin Wilhelm von Preußen mit ihren Kindern. Kurz vor seinem Abschiede von Berlin stellte S. sein Bild „Die freigeborene Poesie“ (1825) aus, eine von der Erde aufwärts schwebende geflügelte Jungfrau darstellend.

Die erfolgreiche Lehrthätigkeit des Meisters bewirkte, daß ihn die preußische Regierung nach Cornelius’ Abgang als Director der Akademie nach Düsseldorf berief, wo er am 30. November 1826 sein Amt antrat, begleitet von einer stattlichen Anzahl von Schülern, wie J. Hübner, Th. Hildebrandt, K. Sohn, H. Mücke, Chr. Köhler und K. Fr. Lessing, welchen sich in Kürze einige ältere Düsseldorfer Schüler, wie Joh. W. Schirmer anschlossen.

In der anmuthig kleinen Gartenstadt am Rhein erblühte damals ein reges Leben. Dichter und Schriftsteller, wie Immermann und Schnaase gewannen auf die junge Künstlerschaar fördernden Einfluß. S. selbst begünstigte die Freude und Theilnahme seiner Schüler an dramatischen Dichtungen und Darstellungen, während Felix Mendelssohn-Bartholdy das Interesse für die Musik belebte. Jede Errungenschaft aus den einzelnen Kunstgebieten wurde zum Gemeingut. Unter dem Schutze des leutseligen Prinzen Friedrich gewann die Kunst in Düsseldorf ein populäres Ansehen. Die jungen Künstler richteten sich behaglich zu gemeinsamer Thätigkeit in dem zur Akademie umgestalteten alten Schlosse ein, während S. erfrischend und anregend auf die jugendlichen Kräfte einzuwirken suchte. Die vorhandenen Räume der Akademie erwiesen sich für den steigenden Zudrang an Schülern als unzureichend. – Die Früchte aus dieser Blüthezeit der Düsseldorfer Schule traten bald zu Tage. Auf der Berliner Ausstellung des Jahres 1828 fanden die Bilder der neuen Richtung eine enthusiastische Aufnahme. Der lyrisch-romantische Zug dieser Erstlingswerke erinnerte vielfach an den Inhalt der Lieblingsdichter und begegnete zugleich der harmlos gemüthlichen Empfindungsweise jener Zeit, welche die sentimentalen Gestalten, Ritter und Edeldamen, Elfen und Nixen, Mönche und Nonnen u. s. w. mit leidenschaftlicher Liebe begrüßte. Dieses Wohlgefallen an romantischen Stoffen wurde zum Theil auch [517] durch den Stillstand im politischen Leben und durch den Blick auf die sagengeschmückten Ufer des Rheins genährt. Die Gunst des Publicums blieb den Düsseldorfern eine Zeit lang gewahrt und die Mitglieder des preußischen Königshauses, ferner Graf Athanasius Raczynski, Consul Wagner und andere Kunstfreunde ließen es nicht an wirkungsvoller Theilnahme fehlen.

Um der wachsenden Production noch günstigere Absatzquellen zu erschließen, entwarfen Kortüm, der Curator Fallenstein und Immermann auf Mosler’s Anregung die Satzungen des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, der im J. 1829 unter dem Protectorate des Prinzen Friedrich von Preußen in’s Leben trat. Die Mitglieder brachten durch jährliche Beiträge einen Fonds zum Ankauf von Kunstwerken zusammen, welche zum Theil unter die Mitglieder verloost wurden. Ein Fünftel der gesammten Jahresbeiträge diente zur Bestellung von Kunstwerken für öffentliche Zwecke. S. nahm sich des Kunstvereins mit Energie an und betrieb die Verwendung der Mittel auch für monumentale Werke und zur Pflege der Kupferstecherkunst.

Im J. 1830 unternahm er mit seiner Familie und den älteren Schülern Hübner, Hildebrandt, Sohn und Bendemann eine Reise nach Italien. Nach der Heimkehr entwarf er auf Grund seiner reichen Erfahrung die Vorschläge zu einer Reorganisation des akademischen Unterrichtes. Der von ihm entwickelte Lehrplan, wie er in dem Buche von R. Wiegmann „die Königliche Akademie zu Düsseldorf und die Düsseldorfer Künstler“ (Düsseldorf 1856) S. 30 ff. dargelegt ist, wurde vom Ministerium 1831 als neues Reglement angenommen. Die wesentliche Aenderung bestand in der Errichtung von Ateliers für Schüler, welche ihre Befähigung zur Ausführung eigener Compositionen erwiesen hatten. Später begründete S. neben diesen Ateliers, welche er selbst leitete, noch eine Meisterclasse, in welche nur die talentvollsten jungen Künstler aufgenommen wurden, um die Lehren der neuen Schule praktisch zu verwerthen und den übrigen Schülern als Vorbilder zu dienen. Diese Einrichtung und die Verbindung der Ateliers mit der Akademie bewährte sich und wurde mehrfach nachgeahmt.

Durch Schadow’s organisatorische Gewandtheit und dadurch, daß er eine Zeit lang der Individualität der Schüler freien Spielraum ließ, vor allem die technische Ausbildung in der Oelmalerei und die formale Abrundung der Composition betonte, wurde die Möglichkeit erzielt, daß später die Arbeiten der Belgier und Franzosen mit ihrem gereifteren Formensinn und Colorit ihren Einfluß um so leichter geltend machen konnten.

Wie Immermann berichtet, wurde S. allmählich zum Nachtheil seiner Wirksamkeit im Ganzen starrer, schärfer und einseitiger. Er war mit Eifer bemüht, auch Andere zu seinem Gesinnungswandel zu bekehren. Aus den interessanten Briefen, welche Fellner mitgetheilt, erhellt zur Genüge, mit welcher Klarheit und Milde Immermann die Schwächen Schadow’s beurtheilte. Es blieb nicht aus, daß dieser den sich steigernden pietistischen Zug seines Wesens auch der neuen Schule, an deren Spitze er stand, einzuimpfen bemüht war. Er hatte seit dem Jahre 1836 manche Angriffe und Beschuldigungen wegen confessioneller Engherzigkeit zu erdulden. Die Einseitigkeit und ermüdende Einförmigkeit in der Wahl der Stoffe wie in der malerischen Vortragsweise seiner Schule hatte zur Folge, daß selbst ein unbefangener Geist wie Immermann, nachdem er seine frühere romantische Richtung abgestreift hatte, mit strengem Urtheil über die charakteristischen Fehler und Schwächen der Düsseldorfer Schule nicht länger zurückhielt. „Bei den Düsseldorfern“, sagt er, „vermißt man die geniale Sicherheit, das à plomb der alten Meister, die überzeugende Kraft und Nothwendigkeit der Gestalten … Ihr Wahrzeichen ist es, daß das Weiche, Ferne, Musikalische, Contemplative, Subjective vor dem Starken, Nahen, Plastischen, Handelnden vorwaltet. [518] Es sieht aus dieser Zeit wiederum ein Zopf heraus, nur ein vornehmerer und poetischer zusammengeflochtener, als die alten, pudrigen. Es fehlt die letzte Weihe, die naive Ursprünglichkeit, welche die Haare entweder frei wallen läßt oder kurz abschneidet.“ Die begeisterte Anerkennung, welche die Düsseldorfer Schule anfänglich in Berlin gefunden, schlug nun in das Gegentheil heftiger Satiren und Schmähungen um. Die älteren Schüler traten dem Meister ebenbürtig, ja einige als überlegenere Kräfte zur Seite und verdrängten ihn, zumal sich bei der veränderten Stimmung des Lehrers manche Meinungsverschiedenheiten einstellten, vermöge ihrer frisch und natürlich aufstrebenden Kunst aus der Werthschätzung weiterer Kreise. Er selbst aber konnte andererseits eine Genugthuung darin erblicken, daß seine ehemaligen Schüler vielfach mit Auszeichnung berufen wurden.

In den eigenen Arbeiten, die S. in Düsseldorf schuf, vermißt man durchaus den wahrhaft productiven Künstler. Regel und Folgerichtigkeit galten dem Eclectiker als leitende Principien, welche den zahmen Flug der Phantasie niederhielten. Seine Arbeiten tragen durchgehends das Gepräge eines empfindsamen Gemüths und einer von Sentimentalität angehauchten Weichheit. Nicht poetische Empfindung und schöpferischen Geist, sondern der durch das Studium alter Meister geläuterte Geschmack und die wählerische Reflection waren die Quellen, aus der seine Kunst ihre Nahrung sog.

Das erste, in der neuen rheinischen Heimath geschaffene Bild war „Christus unter den Pharisäern“ (1827) für den Baron v. Ampach, jetzt im Dom zu Naumburg. – Dann folgte als Illustration zu Wilhelm Meister’s Lehrjahren von Goethe „Mignon in die Saiten greifend“, (1828, in der Sammlung v. Speck-Sternburg, in anderer Haltung wiederholt für Michael Beer, gest. v. Selb, lith. v. Senefelder). – Eine Caritas, Mutter mit ihren Kindern (1828) in lebensgroßen Figuren malte S. für den Rheinisch-Westfälischen Kunstverein (jetzt im Museum zu Antwerpen, lith. von Sonderland). – Zu den besten Arbeiten des Künstlers gehören „Die vier Evangelisten“ (1829), überlebensgroße Einzelfiguren für die neue Werder’sche Kirche in Berlin, voll Kraft und schlichter Würde in Haltung und Ausdruck. Der Karton befindet sich in der königlichen Kunstakademie in Düsseldorf. – Während seines zweiten Aufenthaltes in Rom 1832 malte S. das in der Nationalgalerie zu Berlin befindliche weibliche Porträt (Nr. 287), vermuthlich auch das Brustbild eines bärtigen Templers im Ordensmantel (in der Gräflich Raczynski’schen Sammlung daselbst). – Nach der Rückkehr aus Italien entstanden die Bilder: „Christus am Oelberge, die schlafenden Jünger weckend“, in der Marktkirche zu Hannover (1832), „Christus mit den beiden Jüngern zu Emaus“ (1833, Holzschnitt von Slader in Ath. Raczynski’s Geschichte der neueren deutschen Kunst I, 145), „Der Gang nach Emaus“ in lebensgroßen Halbfiguren (1834, in der Nationalgalerie), „Die Himmelskönigin“ (1834) für die Klosterkirche der barmherzigen Schwestern zu Coblenz (gest. von Ruschewey) und die „Pieta“ (1836), großes Altargemälde in der Pfarrkirche zu Dülmen (gest. von Hoffmann als Vereinsblatt des Düsseldorfer Kunstvereins).

Durch eine langwierige Krankheit wurde S. in seiner künstlerischen Thätigkeit unterbrochen. Nach glücklich überstandener Operation begab er sich, zumal er durch Anfeindungen in seinem sonst günstig gestalteten Leben sich gestört sah, zur Erholung im Herbste 1839 durch das südliche Frankreich nach Italien. In Rom malte er „die himmlische und irdische Liebe“ (1840), besuchte alsdann Neapel und kehrte im October d. J. nach Düsseldorf zurück. – Das erste nach dieser dritten italienischen Reise vollendete Werk war ein schon in Rom begonnenes Doppelbild „Pietas und Vanitas“ (1842, Eigenthum des Grafen v. [519] Fürstenberg). Dann folgten: „Die Tochter der Herodias mit dem Haupte Johannis des Täufers“ (1842, in der gräflich Raczynski’schen Galerie zu Berlin), als Probearbeit der bereits von A. Dräger in Anwendung gebrachten sogenannten venetianischen Manier der Untermalung. – Als hervorragende Leistung Schadow’s, doch ebenso sehr mit seinen Schwächen wie Vorzügen behaftet, gilt „Das Gleichniß von den klugen und thörichten Jungfrauen“ (Carton und Oelskizze 1837–38, dann bis 1843 ausgeführt für das Städel’sche Kunstinstitut in Frankfurt a. M., gest. von J. Keller für den Atlas zu Ath. Raczynski’s Geschichte der neueren deutschen Kunst). – Erwähnenswerth sind ferner die Bilder: „Die heilige Jungfrau als Fürbitterin“ (1844), Altarbild für die Klosterkirche auf der Brede bei Brakel in Westfalen, „Die Parabel vom verlorenen Schafe und guten Hirten“ (1845) für den damaligen Kronprinzen von Rußland, „Die Himmelfahrt Mariae“ (1845), Altarbild für die Dominicanerkirche zu Aachen, jetzt im Suermondt-Museum daselbst, endlich „Christus an der Säule“ (1845) und „Die heilige Hedwig“ (1846).

Zu den späteren Werken Schadow’s gehört das große symbolisirende Gemälde „Der Brunnen des Lebens“ (1848, Eigenthum des deutschen Kaisers), das den lehrhaften Zug seiner Kunst wiederum stark betont. – Als das Haupt- und Schlußwerk seines Lebens betrachtete S. die drei figurenreichen Darstellungen „Paradies, Fegefeuer und Hölle“ mit Predellen nach Dante, vom Könige von Preußen erworben und nach dem Tode des Künstlers im Justizpalast zu Düsseldorf aufgestellt. Während der Ausführung dieser Bilder erblindete der Meister, gewann aber glücklich sein Augenlicht wieder und vollendete sie im Jahre 1854.

Bleibenden Werth behalten Schadow’s Porträts, die auch von seinen Zeitgenossen am meisten bewundert wurden, namentlich die durch tiefere Auffassung ausgezeichneten Bildnisse von K. Immermann und F. Mendelssohn-Bartholdy. Eine größere Composition, die seine eigenen Kinder in einer Landschaft spielend darstellt, befindet sich im Besitz der Hinterbliebenen des Künstlers. Das Porträt seiner schönen Tochter Sophie malte S. zu wiederholten Malen.

Am 30. November 1851 feierte er sein 25jähriges Jubiläum als Director der Kunstakademie. Als die Leiden des herannahenden Alters sich drückender bei ihm geltend machten, gab er die Leitung der Anstalt im J. 1859 auf, ohne jedoch seiner Thätigkeit zu entsagen. In den durch Krankheit getrübten Zeiten suchte er von jeher Trost und Erquickung in schriftstellerischen Versuchen.

Die leitenden Grundsätze seines Lehrsystems hatte S. bereits in früheren Jahren unter dem Titel „Gedanken über eine folgerichtige Ausbildung des Malers“ (1828) und in dem Aufsatze „Von dem echten Geiste der Kunstbeurtheilung“ (1829) veröffentlicht (vgl. Geschichte der neueren deutschen Kunst von Ath. Graf Raczynski I, 319–330, 331–334). – Von seinen übrigen litterarischen Arbeiten, denen keine erhebliche Bedeutung beizumessen ist, sei der Vortrag „Ueber den Einfluß des Christenthums auf die bildende Kunst“ erwähnt. (Vorlesung am 30. September 1842 vor der Generalversammlung des Congrès scientifique zu Straßburg, Düsseldorf 1842.) – Am ausführlichsten hat S. seine Ansichten und Urtheile niedergelegt in dem Buche „Der moderne Vasari. Erinnerungen aus dem Künstlerleben, Novelle. Berlin 1854“. Der Hauptinhalt besteht aus einer Reihe von Betrachtungen über die epochemachenden Künstler der Neuzeit. – S. war ordentliches Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin und Ehrenmitglied der Akademieen zu Dresden und Antwerpen. Die philosophische Facultät der Universität zu Bonn verlieh ihm 1842 den Doctortitel honoris causa. König Friedrich Wilhelm III. erhob ihn in den preußischen Adelstand mit der Befugniß, den Namen seines Rittergutes Godenhaus seinem Familiennamen beizufügen. – Am 24. December 1857 lähmte ihn ein Schlaganfall. [520] Die Leitung der Kunstakademie zu Düsseldorf übernahm sein Schüler und Schwiegersohn[WS 1] Ed. Bendemann. Der Tod erlöste den Meister von seinen Leiden am 19. März 1862 zu Düsseldorf, wo seinem Andenken im J. 1869 ein Denkmal in Gestalt einer Büste errichtet ist. – Es giebt Bildnisse des verdienstvollen Meisters von J. Hübner aus dem Jahre 1831, gest. von J. Keller, Holzschnitt nach J. Hübner von Fedor Reusche (1853), in kleinerem Maßstabe als Titelbild zum Buche „Der moderne Vasari“, ferner von Ed. Bendemann, Original in der Kunstakademie zu Düsseldorf und eine Zeichnung „Cornelius und W. v. Schadow“ von W. v. Kaulbach in der gräflich Raczynski’schen Sammlung zu Berlin. – Die Tochter Schadow’s, Sophie Hasenclever in Düsseldorf hat sich als talentvolle Uebersetzerin von Michelangelo’s Sonetten und Dante’s Göttlicher Komödie bekannt gemacht. Von ihr sind noch Mittheilungen aus den Tagebüchern ihres Vaters zu erwarten.

Vgl. Geschichte der neueren deutschen Kunst von Athanasius Grafen Raczynski, 1. Bd., Berlin 1836. – Gesammelte Werke von K. Gutzkow, 9. Bd. Oeffentliche Charaktere. Wilhelm Schadow. Jena 1837. S. 242–255. – Blicke in das Düsseldorfer Kunst- und Künstlerleben von Friedrich von Uechtritz, 2 Bde. Düsseldorf 1839–40. – Neues allgemeines Künstler-Lexikon, bearbeitet von G. K. Nagler. 15. Bd. München 1845. – Düsseldorfer Künstler aus den letzten fünfundzwanzig Jahren. Kunstgeschichtliche Briefe von Wolfgang Müller von Königswinter. Leipzig 1854. – Die Königliche Kunst-Akademie zu Düsseldorf und die Düsseldorfer Künstler von R. Wiegmann. Düsseldorf 1856. – Geschichte der deutschen Kunst, von Ernst Förster, 4. u. 5. Thl. Leipzig 1860. – Dr. Friedrich Wilhelm v. Schadow-Godenhaus. Nekrolog. Abdruck aus dem Corresp.-Blatt des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf (von R. Wiegmann, 1862). – Das Leben der Maler nach älteren und neueren Kunstschriftstellern von Adolf Stern und Andreas Oppermann, vom 16.–19. Jahrhundert. Leipzig 1864. S. 466–475. – Schadow und seine Schule, von Julius Hübner. Festrede. Bonn 1869. – Geschichte der neueren deutschen Kunst, von Franz v. Reber, 2. Aufl., 1–2. Bd. Leipzig 1884. – Die Kunst des 19. Jahrhunderts, von Anton Springer, 2. Aufl. Leipzig 1884. – Düsseldorf und seine Kunstakademie vor fünfzig Jahren. Erinnerungen von H. v. Rustige. Kölnische Zeitung 14.–29. December 1885. – Geschichte der modernen Kunst, von Adolf Rosenberg, 2. Bd. Die deutsche Kunst 1795–1848. Leipzig 1887. S. 243 ff., 357 ff. – Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart. Wien 1887. Heft VI. – Geschichte einer deutschen Musterbühne. Karl Immermann’s Leitung des Stadttheaters zu Düsseldorf, von Richard Fellner. Stuttgart 1888. S. 47–112.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. richtig wäre: Schwager, denn Lida Bendemann geb. Schadow war nicht seine Tochter, sondern (Halb-)Schwester.