ADB:Hübner, Julius (Direktor der Gemäldegalerie Dresden)

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Artikel „Hübner, Julius“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 774–777, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:H%C3%BCbner,_Julius_(Direktor_der_Gem%C3%A4ldegalerie_Dresden)&oldid=- (Version vom 14. Dezember 2024, 13:32 Uhr UTC)
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Hübner **): Rudolf Julius Benno H., Maler, wurde am 27. Januar 1806 zu Oels in Schlesien als jüngster Sohn des dortigen Stadtdirectors Ernst August H. und seiner zweiten Gattin Christiane Raedler geboren. Er besuchte das unter der Leitung Carl Ehrenfried Günther’s stehende Gymnasium seiner Vaterstadt und verrieth schon damals einen lebhaften Drang zum Zeichnen, der durch den Unterricht seines Lehrers Sander, der „ein ganz geschickter Kupferstecher“ gewesen sein soll, noch bestärkt wurde. Nach dem Wunsche seines Vaters sollte H. Theologie studiren, wußte es aber nach dem frühen Verluste seiner Eltern durchzusetzen, daß er Maler werden durfte, nachdem der Landschaftsmaler Professor Siegert in Breslau sich über seine Begabung günstig ausgesprochen hatte. Noch vor Ostern 1821 verließ er das Gymnasium zu Oels und arbeitete zunächst kurze Zeit in Breslau unter Siegert’s Leitung. Dann begab er sich, erst fünfzehnjährig, mit seinem ältesten Bruder August H., der [775] Jurisprudenz studiren sollte, nach Berlin und ließ sich dort durch Gottfried Schadow in die Gypsclasse der Kunstakademie aufnehmen. Hier lernte er den späteren Düsseldorfer Historienmaler und Professor an der Akademie Theodor Hildebrandt kennen und schloß mit ihm einen Freundschaftsbund fürs Leben. Bald darauf wurde er Schüler Wilhelm Schadow’s und folgte ihm im J. 1826 nach Düsseldorf, wo Schadow die Leitung der dortigen Akademie übernahm. Im gleichen Jahre erschien Hübner’s erstes historisches Bild „Boas und Ruth“, sechs Figuren in halber Lebensgröße gemalt, für das er längere Studien gemacht hatte, auf der Berliner Kunstausstellung. Es fand u. a. den Beifall des älteren Schadow und wurde von König Friedrich Wilhelm III. angekauft. Das fröhliche rheinische Leben und der Umgang mit zahlreichen gleichgesinnten und gleichstrebenden Jünglingen in Düsseldorf sagte H. ungemein zu, und noch im Alter sprach er mit Begeisterung von dieser „schaffenden Jugendzeit“, die ihm „ein unverlierbares Paradies der Erinnerung“ geworden war. Während dieses ersten Düsseldorfer Aufenthaltes schuf H. eines seiner bekanntesten Bilder, den nach Goethe’s Gedicht gemalten „Fischerknaben und die Nixe“, das gleichfalls vom König von Preußen angekauft wurde, und das sich heute in dem Besitz Sr. M. des Königs und Kaisers befindet. Es machte seinen Namen namentlich in seiner schlesischen Heimath berühmt, und er durfte sich bei einem kurzen Besuch in Breslau des herzlichsten Empfanges bei allen geistig hervorragenden Männern, die damals in der Hauptstadt Schlesiens lebten, erfreuen. Im J. 1829 vermählte er sich mit Pauline Bendemann, der Schwester seines Freundes, des Malers Eduard Bendemann, und der Tochter eines reichen Bankiers. Die Hochzeitsreise, die er unter den glücklichsten Verhältnissen unternehmen durfte, führte ihn nach Rom, wo er im November 1829 eintraf und bis zum Sommer 1831 blieb, in regem Verkehr mit den nachgekommenen Düsseldorfer Freunden und anderen hervorragenden Deutschen, unter denen der Bildhauer Ernst Rietschel und Felix Mendelssohn-Bartholdy von H. in seiner kurzen Lebensskizze besonders erwähnt werden. In Rom entstand ein zweites, einen Stoff aus dem Buche Ruth darstellendes Bild „Ruth und Naemi“, heute im Besitz der Nationalgalerie in Berlin. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland ließ sich H. in Berlin nieder, siedelte aber im Jahre 1834 zum zweiten Male nach Düsseldorf über. In Berlin schuf er außer einer Reihe in Lebensgröße ausgeführter Bildnisse einen von Wilhelm v. Humboldt hoch geschätzten „Simson“ und seine erste, später in den Besitz des Leipziger Museums gelangte „Heilige Familie“. In die Zeit des zweiten Düsseldorfer Aufenthaltes, die durch den Umgang mit Immermann und Mendelssohn neue geistige Anregungen bot, fällt die Entstehung des Altarbildes für die Kirche zu Meseritz, das Christus und die Apostel darstellt, ferner der „trauernde Hiob mit seinen Freunden“, den H. für das Städel’sche Institut in Frankfurt a. M. malte, und ein „Christus an der Säule lehnend“ („Ecce homo“), der für die Düsseldorfer Andreaskirche bestimmt war. Während des Winters von 1838 auf 1839 lebte H. wieder in Berlin, wo er durch die Verleihung des Professorentitels ausgezeichnet wurde. Im Herbste desselben Jahres folgte er einem Ruf als Professor der königlich-sächsischen Kunstakademie und als Mitglied der Galleriecommission nach Dresden, wohin sein Schwager Bendemann schon im Jahre 1836 verzogen war. Er blieb seitdem über zweiundvierzig Jahre bis zu seinem Tode, der am 7. November 1882 erfolgte, in dieser Stellung und bekleidete außerdem noch seit 1871 als Nachfolger Julius Schnorr’s v. Carolsfeld das Amt eines Directors der königlichen Gemäldegallerie, über deren Bestand er schon im J. 1856 ein „für seine Zeit und in seiner Art sehr anerkennenswerthes“ Verzeichniß bearbeitet hatte. Unermüdlich thätig, schuf er [776] Jahr um Jahr eine kaum zu übersehende Menge von Gemälden, deren Stoffe er dem alten und neuen Testament, der romantischen, theilweise auch der classischen Poesie, gelegentlich auch der Geschichte entnahm. Am bekanntesten unter ihnen ist das im J. 1848 vollendete „goldene Zeitalter“, das für die Dresdner Gallerie angekauft wurde und dem Künstler reichen Beifall eintrug. Neben dem Frankfurter „Hiob“ wird es von den Freunden des Malers wegen der Vortrefflichkeit der Durchführung als das gelungenste unter seinen Werken angesehen. Die gleiche Anerkennung fand sein Theatervorhang für das alte Semper’sche Hoftheater in Dresden. Das Hauptbild stellte die Romanze auf weißem Zelter, die den Dichter in den Wald der Poesie geleitet hat, nach Ludwig Tieck’s Vorspiel zum „Kaiser Octavianus“ dar. An dem landschaftlichen Hintergrunde und an dem ornamentalen Theile hatten Ludwig Richter, der ältere Oehme, Metz, Ernecke, v. Oer und Wagner mitgearbeitet. „Die geschmackvolle Eintheilung des ganzen Raumes, der reiche, geistige Inhalt der Darstellungen und eine schöne und reiche Ornamentik brachten einen vollkommenen und fesselnden Eindruck hervor.“ Als das Theater im J. 1869 abbrannte, wurde der Vorhang durch das Feuer vernichtet. Doch konnte er nach den vorhandenen Zeichnungen und Studien durch den Sohn des Künstlers, Eduard H., wiederhergestellt werden. In dieser Gestalt schmückt er seit dem Jahre 1882 das neue Leipziger Stadttheater. Als Lehrer der Kunst hatte sich H. bei seinen Schülern einer großen Beliebtheit zu erfreuen, da er sich ihrer eifrig annahm und nach Kräften für ihr Fortkommen sorgte. Besonders verdienstvoll war es, daß er niemanden eine eigene Richtung aufzwang und die verschiedensten Bestrebungen in der Malerei, sogar die Landschaft und das Thierstück, förderte. Unter anderen gehörte z. B. der bekannte Thiermaler Guido Hammer zu seinen Schülern. Unter den übrigen verdienen wenigstens v. Ramberg, Scholtz, Schönherr und Thumann genannt zu werden. Poetisch veranlagt, hat H. seit dem Ausgang der dreißiger Jahre eine Menge dichterische Arbeiten hervorgebracht, von denen die zweibändige Sammlung von Gedichten, die in den Jahren 1871–1876 in Braunschweig und Dresden unter dem Titel: „Helldunkel“ erschienen, die wichtigsten enthält. H. galt endlich auch als ein tüchtiger Redner und wußte bei gegebener Gelegenheit die Zuhörer zu fesseln und zu begeistern. So lange er lebte, war sein Einfluß auf seine Umgebung groß. Nach seinem Tode fing man bald an einzusehen, daß seine Bedeutung nach jeder Richtung hin überschätzt worden war. Er theilt dieses Loos mit den meisten übrigen Düsseldorfer Malern, deren gerechte Würdigung vorerst der Zukunft überlassen bleiben muß.

Julius Hübner, Aus meinem Leben. Liegnitz 1872 (Separatabdruck aus der Zeitschrift „Rübezahl“). – A. Ehrhardt, Julius Hübner. Separatabdruck aus der Zeitschrift für Museologie und Antiquitätenkunde, Dresden 1882. – Ausstellung des Vereins Berliner Künstler zu Berlin. Werke von Julius Hübner 1806–1882. Berlin 1883. – C. Gurlitt, Die deutsche Kunst des XIX. Jahrhunderts. Berlin 1899 (Register). – Illustr. Zeitung. Leipzig 1845, Nr. 110, S. 92, 93. – Kunst-Chronik. Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst. 18. Jahrgang, Leipzig 1883, Sp. 242 bis 243. – F. v. Bötticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts. Dresden 1891, Bd. 1, S. 582–586. – Kunstblatt. 22. Jahrgang 1841, herausgegeben von L. v. Schorn. Stuttgart und Tübingen 1841, S. 265–267. – Wolfgang Müller von Königswinter, Düsseldorfer Künstler. Leipzig 1854, S. 22–28. – R. Wiegmann, Die königliche Kunstakademie zu Düsseldorf. Düsseldorf 1856 (Register). – A. Rosenberg, Geschichte der [777] modernen Kunst. Leipzig 1887, Bd. II, S. 386–388. – F. Schaarschmidt, Zur Geschichte der Düsseldorfer Kunst, insbesondere im 19. Jahrhundert. Düsseldorf 1902 (Register). – Zur Beurtheilung von Hübner’s Charakter, dem sein College Hähnel „Hochmuth“ vorwarf (vergl. Ernst Julius Hähnel, Litterarische Reliquien, herausgegeben von Julius Große. Berlin 1893, S. 107), geben zahlreiche Aufzeichnungen in „Julius Schnorr’s Tagebüchern“ (abgedruckt in den Dresdner Geschichtsblättern, Bd. 1–3, Dresden 1893–1905, vgl. das Register) wichtige Fingerzeige.

[774] **) Zu S. 501.