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Artikel „Hildebrandt, Theodor“ von Moritz Blanckarts in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 405–406, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hildebrandt,_Theodor&oldid=- (Version vom 3. Oktober 2024, 16:49 Uhr UTC)
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Hildebrandt: Theodor H., Maler, geb. am 2. Juli 1804 in Stettin, † am 29. September 1874 in Düsseldorf. Vom Buchbinderhandwerk des Vaters, das er erlernen sollte, nicht befriedigt, wandte er sich nach Berlin, um Künstler zu werden und bezog 1820 die dortige Akademie. Bald darauf lernte er Ludwig Devrient kennen, in dessen genialem Freundeskreise er Aufnahme fand. Hier wurde besonders sein Sinn für die dramatische Litteratur und die hohe Verehrung Shakespeare’s geweckt, die von nachhaltigem Einfluß auf die Wahl der Stoffe zu seinen Bildern blieb. Mit Wilhelm Schadow, dessen Schüler er 1823 geworden, ging er 1826 nach Düsseldorf, wo er bald zu den gefeiertesten Künstlern zählte und bereits 1832 als Hülfslehrer, 1836 aber als Professor an der Königlichen Kunstakademie angestellt wurde. Erst wenige Jahre vor seinem Tode trat er in den Ruhestand. Zuerst 1829 mit Schadow, dann öfter, besuchte er Belgien und Holland und 1830 Italien, wo er eifrig dem Studium der alten Meisterwerke oblag. Ebenso später in Paris. Namentlich wurde ihm die niederländische Schule zum Vorbild bei den eigenen Schöpfungen. H. schlug von den Düsseldorfer Künstlern zuerst eine völlig selbständige realistische Richtung ein. Er legte das Hauptgewicht auf eine coloristische Wirkung bei möglichst getreuer Wiedergabe der Natur, die er mit bewunderungswürdiger Genauigkeit darzustellen verstand, [406] weßhalb es ihm auch gelang, ein ganz vorzüglicher Porträtmaler zu werden. Besonders zeichnen sich seine männlichen Bildnisse durch Wahrheit und scharfe Charakterisirung vortheilhaft aus. Es befinden sich darunter viele von fürstlichen und anderen hervorragenden Personen, wovon mehrere vervielfältigt worden sind. Seine Compositionen haben meist einen lyrisch romantischen Zug. Sie beschränken sich fast immer auf die Schilderung ruhiger Zustände. Wohl berechnete Gegensätze und ein angenehmer Fluß der Linien müssen für den Mangel idealen Schwunges und stylvoller Größe schadlos halten. H. führte ein glückliches Künstlerleben, heiter und sorglos, geehrt und gefeiert, gern gesehen von Allen, die ihn kannten – bis er Anfangs der fünfziger Jahre plötzlich von einem Gemüthsleiden befallen wurde, das ihn längere Zeit der Arbeit entzog und auch nach seiner Genesung eine solche Abnahme der künstlerischen Schöpferkraft zurückließ, daß seine letzten Gemälde völlig werthlos erscheinen. Seinen Hauptruhm verdankt er den Bildern, in denen er Scenen aus Shakespeare’s Tragödien darstellte, wie „Die Söhne Eduards“ (1836, gestochen von Knolle und lithographirt von Jentzen), die ganz ungewöhnliches Aufsehen erregten und noch zweimal wiederholt werden mußten, „Othello, der dem Brabantio und der Desdemona seine Abenteuer erzählt“ (1847 und 1848 wiederholt, ebenfalls gestochen von Knolle), „Lear, bei Cordelien’s Anblick aus dem Wahnsinn erwachend“ (1851) und einige kleinere Werke, wie er denn überhaupt mit entschiedener Vorliebe Gegenstände aus der Poesie, vomehmlich der dramatischen, behandelte. Doch hat er auch mehrere treffliche romantische Genrebilder gemalt, wie „Der Krieger und sein Kind“ (1832, in der preußischen National-Galerie), „Der kranke Rathsherr“ (1833) und andere, die, wie die meisten seiner Gemälde, als Kupferstich oder Lithographie die weiteste Verbreitung gefunden. Neben seiner künstlerischen Thätigkeit widmete sich H. eifrig dem Studium der Entomologie und seine Sammlung, die er fortwährend bereicherte, fand die Anerkennung von bedeutenden Fachgelehrten. Auch für Musik und Litteratur hatte er das wärmste Interesse. Als Maler aber wird sein Name mit der Entwicklungsgeschichte der Düsseldorfer Schule unauflöslich verbunden bleiben, zu deren Aufblühen sowol seine Werke, wie seine langjährige Wirksamkeit als Lehrer in erfolgreichster Weise beigetragen haben. H. war Mitglied der Akademien von Berlin und Wien.

Wiegmann, Die Königl. Kunst-Akademie zu Düsseldorf (Düsseldorf 1856). Wolfgang Müller von Königswinter, Düsseldorfer Künstler aus den letzten Jahren (Leipzig 1854). M. Jordan, Katalog der Preuß. Nationalgalerie (Berlin bei Mittler). M. Blanckarts, Düsseldorfer Künstler-Nekrologe aus den letzten 10 Jahren (Stuttgart 1877).