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Artikel „Redwitz-Schmölz, Oskar Freiherr von“ von Bernhard Lips in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 249–255, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Redwitz,_Oskar_von&oldid=- (Version vom 12. Oktober 2024, 16:07 Uhr UTC)
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Redwitz: Oskar Freiherr von R.-Schmölz entstammt einem alten, weitverzweigten, früher reichsunmittelbaren fränkischen Adelsgeschlechte, das heute noch in den beiden Hauptlinien der Hassenberger und Theisenrother existirt. Aus der Speciallinie Schmölz der letzteren ist der Dichter hervorgegangen. Er wurde geboren am 28. Juni 1823 zwischen den düstern Mauern des Zuchthauses zu Lichtenau in der Nähe von Ansbach in Mittelfranken, wo [250] sein Vater, Freiherr Ludwig v. Redwitz, das Amt eines Directors bekleidete. Die Mutter, eine Nichte des bekannten Hainbundmitgliedes Johann Martin v. Miller, hat dem Sohne die Lust zu fabuliren nicht nur vererbt, sondern auch in ihrem dichterisch angehauchten Sinne dem poetischen Gemüth des Knaben reichlich Nahrung geboten. Nur zwei Jahre weilte dieser mit den Eltern in seinem Geburtsorte. 1825 wurde nämlich Ludwig v. Redwitz vom Lichtenauer Zuchthaus als Inspector an das Centralgefängniß in Kaiserslautern versetzt. In Speyer, wohin der Vater auf sein Ansuchen 1829 als Adjunct an das neu errichtete Zollamt berufen worden war, trat Oskar, dessen Erziehung einen nichts weniger als aristokratischen Charakter trug, nach einem zweijährigen Besuche der Elementarschule in die erste Gymnasialclasse ein. Nach fünfjährigem Aufenthalte in der alten Kaiserstadt brachte die Beförderung des Vaters zum Oberzollinspector die Familie nach Schweigen, nahe an der elsässischen Grenze. Da der Ort keine höhere Schule besaß, erhielt der junge Gymnasiast seine weitere Ausbildung im Collège communal zu Weißenburg, das eine halbe Stunde von Schweigen entfernt liegt. Schon nach drei Jahren mußte er sich wieder in den Unterrichtsgang eines deutschen Gymnasiums einarbeiten, da Ludwig v. Redwitz 1837 in der gleichen Eigenschaft als Oberzollinspector nach Zweibrücken versetzt wurde. Noch einmal wechselte dann der Studienaufenthalt durch die Berufung des Vaters nach Speyer. Hier bestand Oskar im Herbst 1841 mit gutem Erfolge das Abgangsexamen. Zu Anfang des Wintersemesters bezog er dann die Universität München, an der er mit Ausnahme eines Semesters in Erlangen fünf Jahre verblieb und sich nach einem viersemestrigen philosophischen Cursus dem Studium der Jurisprudenz widmete. Als Student war er Mitglied des Corps Franconia. Obschon er sich um sein Fachstudium, dem er bei seiner schwärmerischen, idealen Geistesrichtung keinen Geschmack abgewinnen konnte, nie viel gekümmert hatte, legte er doch Herbst 1846 das Staatsexamen mit der Note I ab. Er kehrte dann in das elterliche Haus nach Speyer zurück und trat hier auf dem Landcommissariate als Rechtscandidat in die Verwaltungspraxis ein. Noch in München war dem Dichter unter dem Einflusse der „widerwärtigen Stimmung“, welche die politisch-revolutionäre Tagespoesie auf ihn machte, „wie ein vom Himmel urplötzlich in seinen Geist gefallenes Saatkorn“ die Idee der „Amaranth“ gekommen und unter andauerndem, heftigen Conflicte zwischen Pflichtstudium und Poesie der I. Cyklus des Gedichtes fertiggestellt worden. In Speyer gedieh die Dichtung bis zum III. Cyklus unter dem wesentlichen, den Geist des Ganzen umgestaltenden Einflusse Wilhelm Molitor’s, dessen Bekanntschaft der Dichter schon in seinem vorletzten Gymnasialjahre gemacht hatte. Im November 1847 ging R. zur specielleren juristischen Praxis über auf dem Bureau des Rechtsanwalts Hubert Horn in Kaiserslautern, der einstigen Stätte seiner Knabenspiele. Bei täglich achtstündiger, geisttödtender Kanzleiarbeit brachte R. hier bis zum März 1848 den III. Cyklus der „Amaranth“ zu Ende. Der im April desselben Jahres erfolgte Tod des Vaters, der einen tiefen Eindruck auf den empfindungsreichen Sohn machte, hatte für diesen die Erfüllung lästiger Pflichten, wie Uebernahme der Güter, Testamentsvollstreckung, im Gefolge. In dieser sorgenumdüsterten Zeit trat ihm ein Wesen nahe, das seinem Dichtergenius neue Fruchtbarkeit und Schaffensfreude brachte und in dem er die wahre Verkörperung des poetischen Phantasiebildes fand, das er in der Gestalt und in dem Wesen der Amaranth von seiner eigenen zukünftigen Lebensgefährtin sich dichterisch gemalt hatte. Im Juli verlobte R. sich nämlich mit der anmuthigen, erst fünfzehnjährigen Mathilde Hoscher, die mit ihrer verwittweten Mutter auf dem durch den Reichswald von Kaiserslautern getrennten [251] Hofgute Schellenberg weltabgeschieden lebte. Die andere Herzensbraut des Dichters, „Amaranth“, machte nun wieder herrliche Fortschritte, und im Februar 1849 trat aus dem Verlage von Kirchheim & Schott in Mainz das erste Kind der Muse des noch nicht 25jährigen Poeten seinen Gang in die Oeffentlichkeit an. Hier war sein Erscheinen ein so stürmischer und rascher Sieg, wie ihn, abgesehen von Herwegh mit seinen „Liedern eines Lebendigen“, kein deutscher Dichter in jenen Jahrzehnten errungen hat. Diese Thatsache hat ihren Hauptgrund in der ganzen Stimmung der Zeit. Nach dem ohnmächtigen Verwehen des deutschen Völkersturmes hatte allmählich ein Umschwung in Politik, Kirche und Litteratur Platz gegriffen, und gegenüber den Reactionsbestrebungen der einen Partei hatte sich die Ruhe der Niedergedrücktheit und Enttäuschung der anderen geltend gemacht. Da erschien die ganz im Geiste der ersteren gehaltene „Amaranth“ und wurde natürlich von diesen mit Jubel aufgenommen. Die gegensätzliche Richtung ließ das Werk anfangs unbeachtet, setzte aber schließlich mit vernichtenden Kritiken ein, die größtentheils von Voreingenommenheit getragen waren, ein Vorwurf, der auch mancher Würdigung von katholischer Seite nicht erspart werden kann.

Während der ersten Monate des Jahres 1849 hatte R. in Mainz geweilt, um den Druck seiner poetischen Erstlingsgabe persönlich zu leiten. Dann begab er sich auf längere Wochen nach München, wo der Sänger der „Amaranth“ in allen Kreisen enthusiastisch gefeiert wurde. Von hier kehrte er auf das väterliche Gut seiner Braut zurück, das er schon nach 14tägigem Aufenthalte verlassen mußte, um sich einer vierwöchentlichen Cur in der Kaltwasserheilanstalt Weinheim im Badischen zur Heilung seiner Kopfnerven zu unterziehen. Nach erfolgter Besserung bereitete er sich in Schellenberg auf die große juristische Staatsprüfung vor, die er im December mit sehr gutem Erfolge bestand. Im Mai des folgenden Jahres siedelte R., der dem Dienste der Themis endgültig entsagt hatte, um sich als freier Mann ganz dem Dichterberufe hinzugeben, nach Bonn über. Hier weilte er, eine Reise durch Belgien und einen mehrwöchentlichen Aufenthalt im Seebade Blankenberghe an der Nordsee abgerechnet, bis Ostern 1851 und studirte unter Karl Simrock Mittelhochdeutsch und Litteratur. Schon vorher hatte er sich ohne Erfolg in einem vertrauten Privatbriefe an den König Max II. um eine außerordentliche Professur an der Universität München beworben, wie sie später an Geibel, Heyse und Bodenstedt verliehen wurde. In Bonn brachte der Dichter sein zweites Werk: „Das Märchen vom Waldbächlein und Tannenbaum“, zu dem er den Grund schon in München gelegt hatte, zum Abschluß. Es erschien im Juni 1850 und wurde vom Publicum günstig aufgenommen. Die Universität Würzburg verlieh R. noch im selben Jahre wegen seiner beiden Dichtungen, „In quibus generosum christianae religionis in jus ac dignitatem restituendae studium spirat“, die Ehrendoctorwürde. Mitte April 1851 finden wir den Dichter wieder in Schellenberg, wo er am 6. Mai seine Braut heimführte. Nachdem er den Sommer mit ihr zur Fortsetzung seiner Studien in Bonn zugebracht hatte, wurde er im Herbst als außerordentlicher Professor der Litteraturgeschichte und Aesthetik nach Wien berufen, wo er im Sommersemester 1852 Vorlesungen hielt über das Thema: „Die griechische Tragödie im Allgemeinen und insbesondere ästhetische Erklärung der Antigone im Urtext.“ Diesen Stoff hatte er im Winter mit Hülfe seines „Instructors“, des Philologiestudenten Gottfried Muys aus Crefeld ausgearbeitet. Dem nicht streng wissenschaftlich für diese Stellung ausgebildeten Dichter wurde die Lage bald unerträglich, und er entzog sich ihr nach einsemestriger Thätigkeit durch einen längeren Urlaub, der in eine endgültige Niederlegung der Professur überging. [252] R. kehrte in die Waldeinsamkeit von Schellenberg zurück und lebte dort die folgenden zwei Jahre ganz der Poesie. 1852 gab er seine gesammelten „Gedichte“ heraus, die theilweise schon im Gruppe’schen Musenalmanach erschienen waren. Im „einsam alten Meierhause“ entstand auch die erste dramatische Schöpfung des Dichters, die Tragödie „Sieglind“, die 1854 erschien und dem Verfasser „statt Lorbeer Disteln auf den Hut“ brachte. R. hat sie mit dem „Märchen“ selbst am besten charakterisirt, indem er seiner Familie verbot, diese beiden Erzeugnisse seiner Muse jemals in eine Gesammtausgabe seiner Werke aufnehmen zu lassen. Im J. 1854 übernahm er die alten Stammgüter Schmölz und Theisenroth bei Kronach und wohnte auf dem romantisch gelegenen Schlosse Schmölz. Mit begeistertem Eifer gab der allgemein beliebte Landedelmann sich der Bewirthschaftung des Gutes hin, ohne aber die Poesie zu vernachlässigen. Während des Schmölzer Aufenthaltes entstanden vielmehr die historischen Dramen: „Thomas Morus“ (1856), „Philippine Welser“ (1859) und „Der Zunftmeister von Nürnberg“ (1860). Mit den beiden letzten Stücken errang der Dichter berechtigten guten Erfolg, während der „Thomas Morus“ niemals für die Bühne bestimmt war. Noch vor dem Erscheinen dieses Trauerspiels hatte das heitere, sonnige Familienglück des Dichters einen empfindlichen Schlag erlitten durch den raschen Tod zweier seiner sechs Kinder, die am gleichen Tage vom Scharlachfieber hinweggerafft wurden. Die 4 übrigen Kinder, 2 Söhne und 2 Töchter, leben noch heute und befinden sich in den angesehensten Stellungen. Die jüngere Tochter, Marie, ist auch litterarisch hervorgetreten mit den Novellensammlungen „Ost und West“ (1888), „Aus der Töchterschule ins Leben“ (1889) und „Ins eigene Heim“ (1891). An den beiden letzten Veröffentlichungen ist sie als Mitverfasserin betheiligt. – Die Tragödie „Der Doge von Venedig“ entstand zum großen Theile noch während der Schmölzer Jahre, wurde dort aber nicht mehr vollendet. – Gegenüber der stark religiös gefärbten Tendenz, die der Dichter in seinen Erstlingswerken offen vertritt, tragen die Dramen von der „Philippine Welser“ bis zum „Dogen von Venedig“ einen conservativen, indifferenten Charakter, der einen Umschwung im religiösen Geistesleben“ des Autors bekundet. Im bürgerlichen Leben trat diese Wandlung klar zu Tage. Als R. in Schmölz zum Abgeordneten für die bairische Kammer gewählt wurde, schloß er sich der liberalen Partei an, die den Sturz des reactionären, regierungsfreundlichen Ministeriums v. d. Pfordten-Reigersberg herbeiführte. Er behielt das Mandat bis 1866, wo er es krankheitshalber niederlegte. Nachdem im J. 1861 die beiden Stammgüter in den fideicommissarischen Besitz der freiherrlichen Familie v. Egloffstein übergegangen waren, siedelte R. aus Gesundheitsrücksichten nach München über. Hier veröffentlichte er 1863 die Tragödie „Der Doge von Venedig“ und schrieb in den Jahren 1864–69 den dreibändigen Roman „Hermann Stark“, der die poetisch ausgeschmückte Selbstbiographie des Dichters darstellt und dessen religiöses und politisches Glaubensbekenntniß enthält. König Max II. von Baiern zeichnete R. aus durch Verleihung des Maximilianordens für Kunst und Wissenschaft, nachdem er ihn schon während des Aufenthaltes in Schmölz mit der Würde eines Kämmerers bekleidet hatte. Gelegentlich des Todes dieses Herrschers (1864) entstand die kleine Schrift von R.: „Mit einem Königsherzen eine Fahrt von München nach Altötting“, worin er in einfacher, anziehender Prosa die Ueberführung der Leiche des Königs schildert, an der er als Kämmerer theilnahm. In München unterhielt er intimen persönlichen und brieflichen Verkehr mit Bodenstedt, Paul Lindau, Kaspar Zumbusch, Trautmann, Dr. Franz Binder, Prof. v. Riehl u. A. m.; ferner sind aus jenen und späteren Jahren noch Briefe an den Dichter vorhanden [253] von Robert Hammerling, Felix Dahn, Dingelstedt, Laube, Eugen Salinger, Franz v. Lenbach, der Redwitz’ Bild malte, Ernst v. Wildenbruch, Georg Ebers und dem berühmten Schauspieler Devrient. – In den Jahren 1866–69 brachte er die Wintermonate seines Asthma- und Nervenleidens wegen in Meran zu. October 1870 zog er auf Drängen der Aerzte nach Aschaffenburg. Fern ab von dem Wüthen des großen Völkerkrieges dichtete er hier vom September 1870 bis April 1871 „Das Lied vom neuen Deutschen Reich“ in fast fünfeinhalbhundert Sonetten, das seinen Namen im ganzen deutschen Volke hell erklingen ließ. Kaiser Wilhelm, der Kronprinz, Bismarck und Moltke übersandten ihm ihre Anerkennung in lobenden Handschreiben, und König Ludwig von Baiern verlieh ihm den Verdienstorden der bairischen Krone. 1872 kehrte der Dichter in das milde Klima von Meran zurück; er kaufte die „Villa Möser“ in Obermais, versah sie mit schönen Parkanlagen und schmückte diese mit einer von Zumbusch gemeißelten Schillerbüste, wovon die Besitzung den Namen „Schillerhof“ erhielt. Aber auch hier stellte sich sein Nervenleiden bald wieder ein, und zwar mit solcher Wucht, daß R. 1873 anfing, Morphium zu gebrauchen. Dieses Linderungsmittel hat er jahrelang benutzt; zweimal machte er alle Qualen einer Vergiftung und Entwöhnungscur durch, und 63 000 Stichwunden bedeckten schließlich seinen Körper. Mitten in der schmerzvollen Krankheit blieb sein dichterischer Schaffensdrang ungeschwächt. Abgesehen von den unbedeutenden Lustspielen „Die erste Violine“, „Die Gräfin von Provence“, „Psychologische Studien“, und „Schloß Monbonheur“, vollendete er im Juni 1878 die epische Dichtung „Odilo“, die seinen völligen Bruch mit der früheren Weltanschauung darstellt. Das 1882 erschienene episch-lyrische Werk „Ein deutsches Hausbuch“, worin der Dichter das Idealbild einer deutschen Familie aus dem gebildeten Mittelstande malt, entstand theils in Meran, theils in dem Bade Gossensaß am Brenner, wo R. die heißesten Sommermonate zuzubringen pflegte. Am Abende seines Lebens wandte er sich ganz dem Roman zu, weil „er empfand, wie sich das Publicum immer mehr von Versen abwandte“. 1884 erschien der Roman „Haus Wartenberg“, mit dem der Verfasser einen guten Erfolg zeitigte; 1887 „Hymen“ und zwei Jahre darauf des Dichters letztes Werk, der Roman „Glück“. Die beiden letzten Leistungen wurden mit Recht nur wenig beachtet. Im Sommer 1890 ging R., dessen körperliches Leiden sich allmählich bis zur Unerträglichkeit gesteigert hatte, nach Aussee im österreichischen Salzkammergut in Dr. Schreiber’s „Alpenheim“. Noch im selben Jahre kehrte er von hier, nach kurzem Aufenthalte in München und in Gossensaß, wo er auch mit Ibsen zusammentraf, schwer leidend nach Meran zurück. Weil sich die häusliche Pflege sehr schwierig gestaltete, wurde der körperlich ganz gebrochene Dichter, dessen Geist aber nichts von seiner Klarheit eingebüßt hatte, auf seinen ausdrücklichen Wunsch am 3. Juni 1891 nach der Nervenheilanstalt St. Gilgenberg bei Bayreuth gebracht, wohin ihn seine mit unermüdlicher Sorgfalt ihn pflegende Gattin begleitete, die noch heute in München lebt. Am 6. Juli erlöste endlich ein sanfter Tod – es trat Herzschlag ein – den Sänger der „Amaranth“ und des „Odilo“, der den Bruch mit allem religiösen Formenwesen bis zum letzten Augenblicke aufrecht erhalten hat, von seinen großen Schmerzen. Die Leiche wurde am 10. Juli auf dem nördlichen Friedhofe in Baierns Hauptstadt beigesetzt. Der „Redwitz-Platz“. in Gossensaß mit der dort 1892 aufgestellten Redwitz-Büste, sowie das 1894 enthüllte Redwitz-Denkmal in Meran legen von der Verehrung, die dem Dichter in weiten Kreisen gezollt wurde, beredtes Zeugniß ab.

Angesichts der großen Anzahl seiner Werke ist Redwitz’ litterarische Bedeutung im Allgemeinen gering. Als Lustspieldichter kommt er überhaupt nicht [254] in Betracht. In den Dramen offenbart er ein bedeutendes Talent; doch gehen seine Schöpfungen, weil ihnen Eigenart und die Größe der Genialität fehlen, „in der Masse ihrer Geschwister spurlos verloren“. Ebenso verhält es sich mit seinen Romanen. Hier ist R. heute so völlig überholt, daß er in dieser Beziehung wohl kaum wieder zur Geltung kommen wird. Als patriotischer Dichter verdient er aber unstreitig mehr Beachtung und bessere Würdigung, als man ihm bisher hat zutheil werden lassen. Hervorragende und dauernde Bedeutung hat der fränkische Poet mit seinem Erstlingswerke gewonnen, und zwar sowohl in rein litterarhistorischer wie auch speciell poetisch-ästhetischer Hinsicht. Immer wird und muß der Sänger der „Amaranth“ als der einflußreichste Vertreter, ja als der Typus der Reactionsdichtung der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts in der Litteraturgeschichte genannt werden, da er in dieser Beziehung einen Geibel, Strachwitz, Putlitz weit in den Schatten stellte. – Als poetische Leistung betrachtet, hat das lyrisch-epische Versepos unübersehbare und unverwischbare Mängel, die einen ungestörten ästhetischen Genuß des Ganzen schwer machen und von denen der größte die verfehlte Charakterisirung einzelner hervorragend an der Handlung betheiligter Personen, besonders des Haupthelden, ist. R. begeht hier den Grundfehler, daß er den Charakter durch die Situationen entstehen läßt, während doch umgekehrt der Charakter die Situationen hervorrufen muß. – Den Mängeln steht aber eine große Zahl duftiger, dichterischer Schönheiten gegenüber. Die Sprache, die dem romantischen Charakter des Minnesanges entsprechend einen weichen Ton zeigt, handhabt R. mit großer Gewandtheit und in dem stetigen Wechsel der verschiedensten Versmaße und Strophenformen, der wohl allzu häufig ist, um im Ganzen künstlerisch zu wirken, bekundet er vollendete Meisterschaft. Die schönste Kraft offenbart der Dichter in den Naturbildern und in der Liebeslyrik. Hier bietet er liebliche Gaben und bewährt er sich als gewandten lyrischen Dichter, hinter dem der epische zurückstehen muß.

Historisch-politische Blätter für das kath. Deutschland, Band 23, 30, 31, 39, 42, 47. – Blätter für litterarische Unterhaltung, Jahrgang 1849, 1851, 1852, 1853, 1854, 1857, 1861, 1863, 1866, 1869, 1895. – Didaskalia, Blätter für Geist, Gemüth u. s. w., Frankfurt 1852, 1857, 1861. – Oskar v. Redwitz und seine Dichteraufgabe, Mainz 1853. (Anonym erschienen; Verfasser Wilh. Molitor.) – Harmlose Plaudereien eines alten Münchners, von Otto v. Völderndorff. Neue Folge, München 1898. – Ostdeutsche Post (Wiener po1it. Blatt). Wien 1856, Nr. 273. – Wiener Zeitung, 1860, Nr. 26. – Der Salon, von Nordmann. Wien 1854, S. 93. – Neue Freie Presse, Wien 1871, 1872, 1891, 1894. – Feuilleton der Presse (Wiener Morgenblatt) 1868. – Wiener Kirchenzeitung, 1856, Nr. 99 ff. – Wiener Almanach, herausgegeben von J. Jäger. Wien 1900. – Wiener Allgemeine Litteraturzeitung, 1855, S. 38; 1857, S. 29; 1860, S. 417; 1863, S. 264. – Deutschland (polit. Zeitung), 1856, 1857. – Allgemeine Zeitung, Augsburg 1869, Nr. 355, 357; 1871, Nr. 31. – Beilage zur Augsburger Postzeitung, 1853, Nr. 280; 1856, Nr. 261. – Kehrein Joseph, Biographisch-litterarisches Lexikon der kath. deutschen Dichter im 19. Jhdt. Zürich, Stuttgart, Würzburg 1870, II. Bd. – Allgemeine Zeitung, München 1896, 1897. – Beilage zur Allgemeinen Zeitung, München 1891, 10. December; 1894, Nr. 25 ff. – Europa, Chronik der gebildeten Welt. Leipzig 1854, Nr. 43. – Wendelin Böheim, Philippine Welser. Eine Schilderung ihres Lebens und ihres Charakters. Innsbruck 1894. – Daheim. (Eine Wochenschrift.) 1871, Nr. 45. – Monatsblätter für deutsche Litteratur, 1902. – Unsere Zeit. Deutsche Revue der Gegenwart, [255] Leipzig 1869, Jahrg. V, Heft 13. – Fremdenblatt von Gustav Heine. Wien 1871, Nr. 165. – Der Salon für Litteratur, Kunst und Gesellschaft; herausgeg. von E. Dohm und J. Rodenberg, Leipzig, Bd. 8. – Ludwig Foglar, Illustrirtes Haus- und Familienbuch. Wien und Leipzig 1862. – Adalbert Stifter’s Briefe, herausgeg. von J. Aprent, 3 Bde. Pest 1869. – Karl Goedeke, Em. Geibel. Stuttgart 1869. – J. v. Schenkel, Deutsche Dichterhalle des 19. Jahrhunderts. – Wolfgang Menzel’s Litteraturblatt, 1854. – L’Illustration, journal universel. Paris 1863. – Die Grenzboten. XI. Jahrgang, 1. Semester; 1852, Nr. 14. – Herm. Thom, Deutsche Dichter in Wort und Bild. Leipzig 1897. – Revue des deux mondes. 2. Augustheft 1852. – Ergänzungsheft zu jedem Conversationslexikon von Fr. Steger. Leipzig und Meißen, Bd. 8, S. 235. – Euphorion, Jahrgang 1897, IV, III. Ergänzungsheft. – Die Gartenlaube, Jahrgang 1878. – Der Katholik, eine religiöse Zeitschrift zur Belehrung und Warnung. Neue Folge. Mainz 1850, I. Bd., S. 569 ff. – Deutsche Revue, 1884. – Rosenkranz, Aesthetik des Häßlichen. – Ay Kellen, Katholische Dichter. Essen 1898. – Karl Schütze, Deutschlands Dichter und Schriftsteller. Berlin 1862. – Monatsblätter für neuere deutsche Literatur, 1901, 1902. – Die deutsche Nationallitteratur der Neuzeit, von K. Barthel. – Die deutsche Litteratur der Gegenwart, von K. Prutz. – Scherr, Allgemeine Litteraturgeschichte. 4. Aufl., II. Bd. – J. A. Moritz Brühl, Geschichte der katholischen Litteratur Deutschlands. – Heinr. Kurz, Geschichte der deutschen Litteratur. IV. Bd., 8. Aufl. Leipzig 1887. – Rudolf Gottschall, Die dtsch. Nationallitteratur in der I. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bd. I u. III. Breslau 1861. – Siegellind, ein Normallustspiel von Wilh. v. Merkel. Berlin 1854. – Ludwig Eichrodt’s Gesammelte Dichtungen. Stuttgart 1890, Bd. II. – Keiter, Zeitgenössische kath. Dichter Deutschlands. Paderborn 1884. – Männer der Zeit, Biographisches Lexikon 1860. – Dr. Michael Maria Rabenlechner, Oskar v. Redwitz’ religiöser Entwicklungsgang. Frankfurter Broschüren 1897, Bd. XVIII, Heft 1. – Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Wien 1873. 25. Bd., S. 126 ff. – Deutscher Hausschatz. Regensburg 1891, 17. Jahrg., S. 782. – Brümmer, Dichterlexikon. 4. Aufl., 3.–4. Bd. Reclam 3531 bis 3535. – Die Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte, herausgegeben u. A. von Elias u. Osborn, Stuttgart 1892. – Stimmen aus Maria-Laach XVI, 222; XXII, 302 ff.; XV, 547–552.