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Artikel „Trautmann, Franz“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 516–518, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trautmann,_Franz&oldid=- (Version vom 15. Oktober 2024, 04:21 Uhr UTC)
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Trautmann: Franz T., Schriftsteller, wurde am 28. März 1813 zu München geboren, wo sein Vater als königlicher Hofjuwelier, als Kunstliebhaber, Kunstkenner und Sammler eine hochgeachtete Stellung einnahm. Das Vaterhaus mit seinen zahlreichen Kunstgegenständen, die Vaterstadt mit ihren alten historischen Erinnerungen, besonders aber ein häufiger Ferienaufenthalt im alten Kloster Wessobrunn riefen bei dem Knaben die lebhaftesten Eindrücke hervor und gaben seinem Geiste schon frühe eine ganz bestimmte Richtung, die noch durch eine zeitig begonnene Lectüre von Schriften, welche sich auf frühere Jahrhunderte bezogen, befestigt wurde. Denn wenn einerseits die historischen Erinnerungen und Studien schon in dem Jünglinge den Wunsch wachriefen, die Vorzeit seines Heimathlandes zu schildern, so erregte andererseits die Fülle des mannichfach Schönen, welches ihn in Hinsicht auf Kunst und Kunstgewerbliches von der Wiege an umgeben hatte, das Verlangen in ihm, auch in dieser Richtung tiefere Kenntnisse zu erringen und so in die Lage zu kommen, dem Ursprung der Kunstwerke nachforschen und das Wesen der Kunstfächer kennzeichnen zu können. Dieses Ziel unverrückt im Auge behaltend, erwuchs ihm in späteren Jahren die Möglichkeit, sein bahnbrechendes Werk „Kunst und Kunstgewerbe vom frühesten Mittelalter bis Ende des 18. Jahrhunderts. Ein Hand- und Nachschlagebuch zur leichteren Orientirung“ (1869) herzustellen. Abgesehen von specifisch litterarischen und archivalischen Studien kamen ihm bei Abfassung des Werkes seine ausgedehnten Reisen auf dem Continente, wie auch nach England und Schottland, und die Erfahrungen zu statten, welche er durch unausgesetzte Mitarbeit an der Gründung des bairischen Nationalmuseums zu sammeln und auch geltend zu machen reichlich Gelegenheit hatte. Alle diese Bestrebungen erklären es auch zur Genüge, weshalb T. seinen ursprünglich gewählten Lebensberuf wieder aufgab. Er hatte sich, nachdem er das Münchener Gymnasium absolvirt und noch als Schüler ein Bändchen „Gedichte“ (1830) veröffentlicht hatte, an der dortigen Universität dem Studium der Rechte gewidmet und die Studienzeit auf das treueste ausgenutzt; er hatte sodann vom Jahre 1837 ab in der juristischen Praxis sieben volle Jahre am Stadtgericht zu München pflichttreu gearbeitet, und seine Anstellung stand bereits in nicht zu ferner Aussicht: allein es waren Jahre eines inneren schweren Kampfes, die er zu durchleben hatte, um so schwerer, als seine Erfolge auf verschiedenen Kunstgebieten, Poesie, Musik und Landschaftsmalerei, zu weiterer Entwicklung einluden. Zwei Dramen „Jugurtha“ (1837) und „Die Verstoßenen“ (1840), die lyrisch-dramatischen Dichtungen „Proteus“ (1843), ein lyrischer Cyklus „Maximilians Urständ“, den er bei Gelegenheit des großen Künstler-Maskenfestes in München (1840) dichtete, besonders aber die Einzelerzählung „Herzog Christophs Wurf und Sprung“, die in den neu begründeten „Fliegenden Blättern“ (1844) erschien, waren sehr freundlich aufgenommen worden, und dieser Erfolg bestimmte ihn auch, die juristische Laufbahn aufzugeben und sich hinfort schriftstellerischer Thätigkeit und seinen Kunstbestrebungen zu widmen. In der Hoffnung, dieser [517] inneren Bestimmung mindestens nebenbei Rechnung tragen zu können, nahm er einen Ruf des Prinzen Karl von Baiern an, in dessen Dienst sich der sprachenkundige T. allmählich zum ersten Secretär heranbilden sollte. Die gehegten Hoffnungen, irgend productiv sein zu können, wurden durch die Menge der Arbeiten getäuscht, eine schwere Krankheit stellte sich ein, und so legte T. nach seiner Genesung sein Amt dem hohen Herrn zu Füßen. Von nun an begann seine litterarische Thätigkeit, hier und da begleitet von einer solchen auf dem Gebiete der Malerei, gelegentlich auch der Musik, sich mehr zu entfalten. Nach einigen Versuchen im Dramatischen („Schloß Latour“, Schauspiel, 1846 – „Cagliostro“, Drama, 1846), und nachdem er während eines Aufenthaltes in Franken 1849–50 den „Nürnberger Trichter“, ein reich illustrirtes Blatt heiteren politischen Charakters herausgegeben und zwischendurch fleißig an den „Fliegenden Blättern“ und der „Hauschronik“ mitgearbeitet hatte, wandte er sich schließlich dem Gebiete zu, auf dem er die meisten Lorbeern geerntet hat: nämlich der Erzählung, deren Stoffe dem früheren Mittelalter angehören. Er begann mit „Eppelin von Geilingen und was sich seiner Zeit mit diesem ritterlichen Eulenspiegel und seinen Spießgesellen im Fränkischen zugetragen“ (1852); dann folgten „Die Abenteuer des Herzogs Christoph von Bayern, genannt der Kämpfer“ (II, 1852–53); „Die gute alte Zeit“ (Münchener Geschichten, 1855); „Das Plauderstüblein“, für jung und alt erzählt (1855); „Die Chronika des Herrn Petrus Nöckerlein, eines Glücksritters aus alter Zeit“ (II, 1856); „Das Münchener Stadtbüchlein“ (kleinere Erzählungen aus der Vorzeit, 1858); „Heitere Stadtgeschichten aus alter Zeit“ (1862); „Leben, Abenteuer und Tod des Dr. Theodosius Thaddäus Donner. Eine neudeutsche göttliche Komödie“ (1864); „Die Glocken von St. Alban. Stadt- und Familienroman aus den bewegten Zeiten des 17. Jahrh.“ (III, 1875); „Meister Niklas Prugger, der Bauernbub von Trudering“ (III, 1879); „Heitere Münchener Stadtgeschichten“ (1881); „Aus dem Burgfrieden. Alte Münchener Geschichten“ (1886); „Eine heitere Starnberger Geschichte und Erinnerungen“ (1887). Mit Ausnahme der „Glocken von St. Alban“, welche uns in das Leben der Stadt Köln im 17. Jahrhundert versetzen, spielen alle Trautmann’schen Romane und Novellen auf bairischem Boden, viele in der Residenzstadt München. Sie sind abwechselnd heiter oder mild ernst; dem holden Wahn der Vergangenheit läßt er gern sein Recht, und ein gewisser inniger Zug zur Gläubigkeit wird, wo er am Platze ist, nicht zurückgedrängt. „In historischer Beziehung besitzt T. eine begründete Anschauung vergangener Zeiten, wodurch er dem Leser mühelose Einsicht in die Vergangenheit gewährt, und zwar nicht nur in ihre äußeren Erscheinungen, sondern auch in ihre inneren Bedingungen. Indem er das Gute wie das Böse nicht in äußeren Ereignissen allein abhandelt, sondern aus der stillen Innenwelt der Einzelherzen herausschafft, versinnlicht er dem Leser weit mehr, als die Geschichtsdarstellung im gewöhnlichen Sinne es vermag, die Geschichte des menschlichen Herzens in seinen schönen, heitern, düstern, ernsten, schelmischen und tadelnswerthen Schattirungen. Es waltet in Trautmann’s Schriften herzliche Naivetät und ein gewisser Zauber wohlthuenden Humors; in religiöser Beziehung tritt nach keiner Seite hin Verletzendes auf, während fromme Wärme für Sitte und Religiosität sichtbar ist.“ Der Violation steht er ebenso fern wie dem Zelotismus, und dies hat ihm die Leser in den verschiedensten Lagern geneigt gemacht. Sein Streben ist, dem Leser nicht nur die innere Wahrheit, der Geschichte oder Sage entnommen, sondern auch die innere Wahrheit der Herzensgeschichte vor Augen zu stellen, und dadurch ist er eben ein echter Volksschriftsteller geworden. In den „Glocken von St. Alban“, seinem bedeutendsten Werke, ist es ihm gelungen, auch das specifisch politische Leben mit der Wucht [518] seiner Leidenschaften zu gestalten und nebenbei die nothwendige Rückkehr des entarteten Menschen zum Ethischen zu signalisiren. An Anerkennung hat es T. für seine Leistungen als Schriftsteller nicht gefehlt: die Universität München übersandte ihm das Ehrendiplom eines Dr. phil., und der König von Baiern ernannte ihn 1881 zum Hofrath. In den letzten Jahren seines Lebens ging er noch an die Sammlung seiner lyrischen Gedichte, die er in zwei Bänden veröffentlichte, als: „Hell und Dunkel. Poesien aus allen Stimmungen“ (1885) und als „Traum und Sage“ (1864, neue Ausg. 1887). T. starb am 2. November 1887 zu München, wo er seit 1851 in angenehmen Verhältnissen und in glücklichster Ehe mit Elise, der Schwester des Dichters Julius Grosse, gelebt hatte.

Handschriftliche Mittheilungen. – J. B. Heindl, Gallerie berühmter Pädagogen u. s. w. München 1859, Bd. 2, S. 547 ff.