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Artikel „Karl Theodor, Prinz von Baiern“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 258–260, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_(Prinz_von_Bayern)&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 03:04 Uhr UTC)
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Karl Theodor, Prinz von Baiern, geb. am 7. Juli 1795 zu Mannheim, † am 16. August 1875 zu Tegernsee, der zweite Sohn des Herzogs Maximilian Josef von Pfalz-Zweibrücken, nachmals Kurfürsten von Pfalz-Baiern, aus erster Ehe mit Wilhelmine Auguste, Tochter des Landgrafen Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt. Der Prinz erhielt mit Rücksicht auf die Laufbahn, wofür er bestimmt war, eine rein militärische Erziehung. Nachdem er in den verschiedenen Graden gedient hatte, wurde er am 25. Juni 1813 zum Generalmajor und Brigadier der Infanterie ernannt. An Wrede’s Seite nahm er fast an allen Schlachten des Befreiungskrieges Theil, in welchen das bairische Corps in Action trat. Schon bei Besetzung von Frankfurt am 31. Oct. 1813 fand er Gelegenheit, von persönlichem Muth ehrenvolle Proben abzulegen. In der Schlacht von Brienne, deren glücklichen Ausgang die Verbündeten hauptsächlich Wrede’s Eingreifen zu danken hatten, focht Prinz K. in den vordersten Reihen; rühmlich war seine Mitwirkung in der Schlacht bei Arcis am 20. März [259] 1814, indem seine Brigade durch Erstürmung des Dorfes Torcy-le-Grand einen wichtigen Dienst leistete. Nicht höfischer Courtoisie, sondern allseitig anerkanntem Verdienst verdankte er die Ritterkreuze der militärischen Orden Baierns, Oesterreichs und Rußlands, Auszeichnungen, welche statutengemäß nur auf dem Schlachtfeld erworben werden können. Nach dem ersten Pariser Frieden begleitete er den Vater nach Wien, wo sich nach Varnhagen’s Zeugniß „le beau prince de Bavière“ durch ebenso leutseliges, wie ritterliches Auftreten bekannt und beliebt machte. Nach Napoleon’s Rückkehr von Elba übernahm er das Commando der ersten leichten Cavalleriedivision, die jedoch nicht mehr dazu kam, in den Entscheidungskampf einzugreifen. Nach der zweiten Einnahme von Paris heimgekehrt, übernahm er das Generalcommando, legte aber 1822, da einige Reformanträge nicht Genehmigung fanden, diese Stelle nieder. Erst der Tod Wrede’s rief ihn an die Spitze der bairischen Armee. Am 16. Januar 1841 wurde er von seinem königlichen Bruder zum Feldmarschall und Generalinspecteur der Armee ernannt. 1860 wurde ihm der Oberbefehl des siebenten deutschen Bundesarmeecorps übertragen. Das Corps galt in Fachkreisen wie bei Laien als eines der tüchtigsten; man gab sich deshalb, als der unselige Krieg von 1866 begann, in Baiern den ausschweifendsten Hoffnungen hin. Am 21. Mai 1866 wurde dem schlachtbewährten Prinzen das Commando über die angeblich 70 000 Mann starke mobile Armee übertragen, zum Generalstabschef Generallieutenant Freiherr von der Tann ernannt. Dem Münchner Protocoll vom 1. Juni entsprechend, erhielt der Prinz zugleich den Oberbefehl über die übrigen süddeutschen Bundescontingente. Schon die Zusammensetzung aus so verschiedenartigen Elementen hemmte jede einheitliche Leitung. Von vornherein war vereinbart, daß zwar im Einklang mit den vom österreichischen Obercommando ausgehenden allgemeinen Directiven gehandelt, vor Allem aber auf Wahrung der süddeutschen Landesinteressen und auf Deckung dieser Gebiete Rücksicht genommen werden sollte. Damit war eigentlich schon ausgesprochen, daß man eine Vereinigung der dem Prinzen K. unterstellten Corps mit der österreichischen Nordarmee nicht zugestehen wolle. Als die zur definitiven Entscheidung über Verlegung der bairischen Armee nach Böhmen vereinbarten Conferenzen in München beginnen sollten, war der Krieg bereits ausgebrochen. Es wurde nun beschlossen, zunächst mit dem achten, die westdeutschen Contingente umfassenden Bundescorps Fühlung zu suchen, denn es ließ sich erwarten, daß sich die Hannoveraner selbst durchschlagen könnten. Auf die Nachricht von der Schlacht bei Langensalza wurde die Richtung geändert und Verbindung mit den Hannoveranern angestrebt. In Meiningen traf jedoch die Nachricht von der Capitulation König Georgs (28. Juni) die vorrückenden Baiern. Nun kehrte das Obercommando zu dem früheren Project zurück und suchte Anschluß an das achte Corps zu gewinnen. Hier schien aber nicht viel guter Wille zu herrschen, den Kriegsplan des Obercommandanten zu unterstützen. Schon hatte man darüber Gewißheit, daß die Oesterreicher bei Königgrätz eine entscheidende Niederlage erlitten hatten und mit den Preußen wegen eines Waffenstillstandes unterhandelten; der Führer des achten Corps sah daher in Deckung der Mainlinie bei Frankfurt seine Hauptaufgabe. Nach den für die Baiern unglücklichen, aber nicht unehrenhaften Gefechten bei Kissingen und Hammelburg ordnete er möglichst rasche Concentrirung bei Schweinfurt an, allein der hier erwartete Angriff erfolgte nicht, und bald sahen sich die Baiern durch die feindlichen Operationen abermals zum Rückzug gezwungen. Es sollte jetzt zuerst die Verbindung mit dem achten Corps südlich des Mains vollzogen und dann gemeinsam mit diesem zur Offensive geschritten werden. Alle diese Märsche und Kämpfe konnten – darüber war kein Zweifel möglich – wie immer sich schließlich der Erfolg gestalten mochte, an [260] der auf den böhmischen Schlachtfeldern gefallenen Entscheidung nicht mehr viel ändern, der Gegner konnte nur noch gereizt, nicht mehr überwunden werden. Es wäre aber ungerecht, etwa den Feldmarschall für nutzlos vergossenes Blut verantwortlich zu machen. Die Mehrheit des bairischen Volks verlangte aufs Entschiedenste, daß unter allen Umständen die Waffenehre gerettet, daß der Schein vermieden werde, als sei von Anfang an der Widerstand nicht ernstlich gemeint gewesen. In den letzten Tagen des Juli kam es also noch zu den Gefechten um Würzburg, zur Beschießung der Feste Marienberg. Inzwischen waren aber bereits im preußischen Hauptquartier Unterhandlungen angeknüpft, vom Morgen des 2. August an sollte Waffenstillstand eintreten. Um die den preußischen Batterien preisgegebene Stadt Würzburg zu retten, verstand sich der bairische Commandant zu einer Capitulation unter demüthigenden Bedingungen: noch vor Beginn des Waffenstillstands sollte Waffenruhe gehalten werden, den Preußen aber die Stadt Würzburg als Cantonirungsgebiet eingeräumt werden, während den Baiern nur die Feste Marienberg blieb. Sofort nach Eintritt des Waffenstillstands legte Prinz K. das Commando über das thatsächlich schon aufgelöste achte Corps nieder. Die bairische Armee hätte nun für den Fall, daß sich die Friedensverhandlungen wieder zerschlagen hätten, in gefährliche Lage gerathen können, da sich inzwischen in ihrem Rücken das zweite preußische Reservecorps, das aus Sachsen in Baiern eingedrungen war, eingekeilt hatte und am 31. Juli schon bis Nürnberg vorgedrungen war. Prinz K. zog sich also auf die Donaulinie zurück, um für alle Fälle an der Festung Ingolstadt einen sicheren Stützpunkt zu haben. Am 22. August erfolgte jedoch die Unterzeichnung des Friedens zwischen Baiern und Preußen; der Feldmarschall machte dies durch Tagsbefehl vom 2. September bekannt und verabschiedete sich von der Armee. Mißvergnügen und Unwille über getäuschte Hoffnungen ließen damals die gehässigsten Urtheile über die Führung der bairischen Armee laut werden, wodurch sich der Prinz aufs Tiefste verletzt fühlte. Weit günstiger äußert sich die Kritik der Fachschriftsteller, und ein völlig gerechtes Urtheil wird man erst dann fällen können, wenn einmal durch rückhaltlose Veröffentlichung sämmtlicher einschlägiger Correspondenzen das Verhältniß der deutschen Südstaaten unter einander und zu den kriegführenden Großmächten während des Feldzugs völlig klar gestellt sein wird. Nach dem Friedensschluß legte der Prinz alle militärischen Würden nieder und zog sich vom öffentlichen Leben gänzlich zurück. Winter und Sommer verlebte er fortan in seinem Schlosse am Tegernsee. Wenn er aber auch jeder Berührung mit der Außenwelt scheu aus dem Wege wich, gab er doch durch unvergleichliche Freigebigkeit fort und fort Beweise menschenfreundlicher Großmuth. Vermöge des bairischen Secundogenitur-Fideicommisses in Besitz reicher Mittel gelangt, bot er Tausenden Hülfe und Rettung. Ueberhaupt war ein echt ritterlicher Zug prägnant für sein ganzes Wesen. „Er war vielleicht der reinste Typus jener echten Aristokratie, die immer mehr in unserer Zeit verschwindet, er war die lauterste Verkörperung der historischen Idee: Noblesse oblige.“

Männer der Zeit, I. Serie, S. 453. – Antheil der königl. baierischen Armee am Kriege des Jahres 1866. – Der Feldzug von 1866 in Deutschland. – Knorr, Der Feldzug des Jahres 1866 in West- und Süddeutschland, 1867. – (K. Stieler,) Prinz Karl von Bayern; Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Jahrgang 1875, Nr. 239.