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Artikel „Heilbronner, Philipp und Jacob“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 313–315, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heilbronner,_Philipp&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 11:23 Uhr UTC)
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Heilbronner: Philipp und Jacob H. (Hailbrunner, Heilbrunner etc.), ein theologisches Brüderpaar aus der lutherischen Kirche des 16. bis 17. Jahrhunderts, † 1616 und 1618. Ueber die Vorfahren derselben vgl. Weyermann, Nachr. von Ulmer Gelehrten, Forts. 1829, S. 159 ff. – Der ältere der beiden Brüder, Philipp H., ist geboren den 30. Juni 1546 zu Lauffen in Würtemberg, wo sein Vater Hieronymus H. damals Pfarrer war. Seine Bildung erhielt er in den würtembergischen Schulen und Klosterschulen, studirte 1562 ff. in Tübingen Philosophie und Theologie, wurde 1566 Magister, wozu Nikod. Frischlin ihn mit einem Gedicht beglückwünschte, 1568 Pfarrer in Lustnau bei Tübingen, 1571 Pfarrer in Bernhausen, 1574 Prediger und Professor der Theologie am Gymnasium zu Lauingen, 1577 Dr. theol. zugleich mit [314] seinem Bruder, wirkte mit bei den Verhandlungen über Einführung der Concordienformel in der Pfalz 1577–80 (vgl. Heppe, Gesch. des Prot., IV. 169), wurde 1605 Scholarch und Schulinspector, nahm im November 1601 Theil an einem Religionsgespräch in Regensburg, wo er mit dem Jesuiten Konrad Vetter disputirt, und setzte den Disput fort in verschiedenen Streitschriften gegen Jesuiten und Papstthum, z. B. „Postcolloquium Ratisb.“, Lauingen 1602; „Abfertigung Vetter’s“, 1603; „Gegensatz der Lehre Petri und des Papstes“, 1613. Schon früher hatte er geschrieben: „Synopsis errorum hujus temporis“, 1595; „Censur der päpstlichen Scribenten von der Augsb. Conf.“, 1598; „Gegen S. Huber“, 1599; „Jesuiterspiegel“, 1600; ferner Exegetisches zu den Propheten und zum Neuen Testament und Anderes. Er starb zu Lauingen den 17. April 1616 siebzigjährig im Frieden, ehe der Sturm, der seinen Bruder vertrieb, auch über ihn hereinbrach. – Stürmischer bewegt war das Leben seines jüngeren Bruders Jacob H., geboren am 15. Aug. 1548 zu Eberdingen bei Vaihingen, wohin der Vater unterdessen versetzt war. Seine erste Bildung erhielt er zu Vaihingen, dann auf dem Pädagogium zu Stuttgart, seit 1561 in den Klosterschulen Alpirsbach und Maulbronn, wo er 1564 unter Abt V. Vannius dem Maulbronner Colloquium anwohnte. Zugleich mit seinen Altersgenossen St. Gerlach, Aeg. Hunn, Polykarp Leyser trat er 1565 ins Tübinger Stift ein, wurde 1567 Magister und ging dann, ohne die Philosophie hintanzusetzen, zum Studium der Theologie über, in welcher Heerbrand, Schnepf und J. Andreä seine Lehrer waren. Nach Vollendung seiner Studien folgte er 1573 mit mehreren seiner Landsleute einem Ruf nach Oesterreich, wo er an verschiedenen Orten – in Wien, Rigersburg, Sitzendorf – als evangelischer Prediger wirkte und am Kampf gegen die „Flacianer“ sich betheiligte. Aber schon 1575 geht er als Hofprediger des Pfalzgrafen Johann nach Zweibrücken, tritt in die Ehe und erwirbt sich die theologische Doctorwürde in Tübingen 1577. Eifrig betheiligt er sich in den folgenden Jahren an den Verhandlungen über die Einführung der Concordienformel, für die er seinen Pfalzgrafen zu gewinnen sucht (s. Heppe, Gesch. des Prot., III. 169. 269 ff.), kommt aber deshalb in Conflict mit dem einflußreichen Superintendenten Pantel Weiß (Pantaleon Candidus), und als endlich Pfalzgraf Johann trotz des von H. erstatteten ausführlichen Gutachtens (vom 14. Mai 1578) von dem Concordienwerk immer entschiedener sich abwandte und 1580 zur reformirten Kirche übertrat, so erhielt H. seine Entlassung und ging nach Heidelberg, wohin der eifrig lutherische Kurfürst Ludwig ihn berufen hatte. Die ihm dort angebotene theologische Professur, wie gleichzeitige Berufungen nach Hagenau, Ulm etc. ablehnend ging er als Prediger nach Bensheim an der Bergstraße, 1581 aber als Generalsuperintendent der Oberpfalz nach Amberg. Als dann 1583 nach dem Tode des Kurfürsten Ludwig abermals ein Confessionswechsel in der Pfalz erfolgte, sah sich H. genöthigt 1585 Amberg zu verlassen, so ungern auch die Gemeinde ihn scheiden sah, und erhielt nun von Pfalzgraf Philipp Ludwig die Stelle eines Hofpredigers zu Neuburg, wo er 30 Jahre (1585–1615) eine im Ganzen friedliche und befriedigende Wirksamkeit fand, weshalb er mehrere an ihn gelangende, ebenso dringende als lockende Berufungen zu einer theologischen Professur in Tübingen (1591), zu Professur und Bisthum nach Königsberg, nach Grätz, Regensburg etc. ablehnte. Als aber 1615 der junge Wolfgang Wilhelm, aus Anlaß des Jülich’schen Erbfolgestreites und jesuitischen Eingebungen folgend, in Düsseldorf zur römischen Kirche übertrat, mußte H. nochmals den Wanderstab ergreifen. Er ging zuerst mit der Pfalzgräfin-Wittwe nach Höchstädt und kehrte dann, nachdem er indeß selbst Wittwer geworden, nach seiner württembergischen Heimath zurück, wo er von Herzog Johann Friedrich freundlich aufgenommen und zum Abt von Anhausen, 1616 zum Abt von Bebenhausen und Generalsuperintendenten ernannt wurde. Hier starb er [315] den 6. November 1618, während des Gebets auf der Kanzel vom Schlage gerührt, im 71. Lebensjahr. Der Tübinger Kanzler M. Hafenreffer († 1619) und Prof. Theodor Thumm hielten ihm die Leichenrede. – Streng orthodox im Sinne der Concordienformel hat H. an den theologischen und confessionellen Streitigkeiten seiner Zeit mit Wort und Schrift eifrig sich betheiligt, wobei ihm seine gründliche Schriftkenntniß und patristische Belesenheit trefflich zu Statten kam: so nahm er Theil 1588 an einer Disputation mit römischen Theologen zu Regensburg, 1601 an einem von Herzog Maximilian von Baiern und Pfalzgraf Philipp Ludwig veranstalteten Colloquium mit bairischen Jesuiten gleichfalls zu Regensburg, 1615 an einem Colloquium mit dem Münchener Jesuiten Jacob Keller zu Neuburg; ebenso aber auch an Verhandlungen mit Calvinisten, Flacianern, mit Samuel Huber etc. – Auch seine Schriften sind meist polemischen Inhalts: so seine „Widerlegung der Zwinglischen und Calvinischen Lehre“, 1590; „Synopsis doctrinae Calvinianae“, 1593; „Schwenkfeldio-Calvinismus“, 1594 und 97; „Daemonomania Pistoriana“, 1601; „Anti-Tannerus“, 1602; „Papatus acatholicus“, 1609; „Carnificina Esawitica“, 1613, u. A. Daß aber seine Hauptstärke nicht in der Streittheologie lag, sondern in seiner aufrichtigen und einfältigen Frömmigkeit, das haben nicht blos seine Freunde, sondern auch seine jesuitischen Gegner in ihrer Weise anerkannt, wenn sie aus Anlaß der Regensburger Disputation von ihm sagten: „H. könne nichts als beten!“

Siehe über beide Brüder Freher, Th. Erud., 383 u. 399; Jöcher; Adam, Vitae theol., 853; Witte, Diar. biogr., 123; Fecht, Suppl. hist. eccl., S. 153; Fischlin, Mem. Theol. Wirtemb., I. 210 ff., 221 ff.; Pregizer, Suevia Sacra, p. 394; Frank, Gesch. der prot. Theol., I. 320.