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Artikel „Witte, Henning“ von Arend Buchholtz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 592–593, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Witte,_Henning&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 11:34 Uhr UTC)
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Witte: Henning W., einer der fruchtbarsten Litterarhistoriker des siebzehnten Jahrhunderts. Geboren in Riga als Sohn des Kaufmanns und Aeltesten Großer Gilde Johann W., der den Beinamen „der Ditmarscher“ führte, am 26. Februar 1634, besuchte er vier Jahre lang das dortige von Gustav Adolf errichtete Gymnasium, studirte in Helmstedt (noch 1661) und auf andern deutschen Universitäten und bereiste Deutschland, Holland, England und Schweden, wo er vielfache Beziehungen zu hervorragenden Gelehrten anknüpfte, mit denen er später einen Briefwechsel unterhielt. 1666 nach Riga zurückgekehrt, lebte er zunächst als Privatgelehrter den vielseitigen Studien, deren Ergebnisse [593] er zum größten Theil in den siebziger und achtziger Jahren veröffentlichte, bis er im J. 1677 das Amt eines Professors der Beredsamkeit und Geschichte am Gymnasium seiner Vaterstadt auf sich nahm, das er, wenn auch durch jahrelange Krankheit gehemmt, doch bis an seinen Tod, 22. Januar 1696, bekleidet hat. Die Zahl seiner großen und kleinen Schriften, seiner Schulprogramme geschichtlichen, biographischen und theologischen Inhalts, namentlich aber seiner Gelegenheitsschriften und -gedichte in fröhlichem und traurigem Anlaß (sie sind meistens einen Quartbogen stark) läßt sich nicht übersehen. Mit am werthvollsten ist für die Personengeschichte Rigas seine „Memoria praeclarorum in incluta Riga virorum, quos a solenni salvatoris natalitio ad Michaelis Archangeli festum anno 1657 saeva mors pestifera lue extinxit“ (Riga 1657) wegen der dort enthaltenen Charakteristik der bekanntesten städtischen Persönlichkeiten, wenn freilich auch manches darin der damals besonders üppig blühenden Lobrednerei gutzuschreiben ist. In dieselbe Kategorie fallen die beiden Bände seines „Diarium biographicum“ (Riga 1688 u. 1691). Ueber Livland hinaus ist er durch seine Sammlungen von Denkschriften, Programmen, Parentationen und Schriftenverzeichnissen bekannt geworden, die er unter dem Titel „Memoriae“ in den Jahren 1674 bis 1685 herausgab (Memoriae theologorum nostri saeculi clarissimorum renovatae … – Mem. jurisconsultorum … – Mem. medicorum … – Mem. philosphorum, oratorum, poetarum, historicorum et philologorum. Sämmtlich in Frankfurt in starken Bänden erschienen). Henning W. war der Bruder Johann Witte’s, der, 1614 geboren, am 27. August 1657 als Oberbau- und Waisenherr in Riga gestorben, sieben Jahre lang die Stadt Riga am schwedischen Königshof vertreten und die in amtlichem Auftrage verfaßte Stadtchronik des rigischen Rathsschreibers Hermann Helewegh aus den Jahren 1454 bis 1489 aus dem Niederdeutschen in das Hochdeutsche übertragen und ihr einen Abriß der älteren Geschichte der Stadt vorausgeschickt hat. Joh. W. ist ferner der erste Verfasser einer rigischen Rathslinie. Die von ihm als Stadtarchivar angelegte Sammlung von Materialien zur Geschichte Rigas in der dortigen Stadtbibliothek hat heute um so größere Bedeutung, als so manche Quelle, aus der der Sammler geschöpft hat, durch den Brand der Oberkanzlei von 1674 vernichtet worden ist.

Vgl. Gadebusch, Livl. Bibl., Th. 3, S. 317–320. – Recke-Napiersky, Schriftstellerlexikon Bd. 4, S. 539–546 u. 548. – Sitzungsber. d. Gesellschaft f. Geschichte etc. der Ostseeprov. 1874, S. 8–11.