ADB:Gadebusch, Friedrich Konrad
[299] bereits bis K. Leopold gediehen war, als sie zum größten Leidwesen ihres Verfassers 1755 in einer Feuersbrunst unterging. Seine bedeutende Kenntniß der historischen Litteratur Westeuropa’s, wie das seine späteren Werke bezeugen, ist aus diesen ältern Studien zu erklären. Sein eigentliches Arbeitsfeld wurde bald die Geschichte Livlands. Ueber den ungünstigsten Umständen hat er diese in Angriff genommen, in einer kleinen armen Stadt, ohne öffentliche Bibliothek, nach Quellen, die nur zum kleinsten Theil gedruckt waren, die er sich vielfach erst abschriftlich beschaffen mußte. Um so anerkennenswerther ist, was er geleistet. Nach einigen Vorarbeiten, die sich bereits durch Kenntniß und Sorgfalt auszeichnen – „Abhandlungen von livländischen Geschichtsschreibern“, 1772, „Livl. Bibl.“, 3 Bde. 1777, „Versuche in der livländischen Geschichtskunde“, 2 Bde. 1779 – erschien 1780–83 sein Hauptwerk, „Livländische Jahrbücher“, 1761. 9 Bde. in 4 Thl. Es sind, wie der Titel sagt, Jahrbücher, die von Jahr zu Jahr die einzelnen Ereignisse erörtern; keine zusammenhängende Geschichte sollte geliefert werden, sondern G. erkannte, daß vor allem ein sicheres Gerüste noth that, daß es galt, aufräumen unter einem Wust, der in den Chroniken der letzten Jahrhunderte aufgespeichert war. Was er lieferte, war eine Vorarbeit, aber eine von hohem Werth. Nur auf weniges konnte er sich stützen, nur für die Geschichte seiner Stadt Dorpat, die er sehr ausführlich behandelt, hat er das tüchtige nach dem vorhandenen Archivmaterial gearbeitete Werk, das sein Vorgänger, der Bürgermeister Sahmen, ein Menschenalter früher im „alten Dorpat“ zusammengestellt hatte, in großem Umfange ausgenutzt. Im übrigen sind die Jahrbücher durchaus selbständig. Wenn auch durch die einmal gewählte Form die Erzählung fortwährend zerrissen wird, wenn auch, sobald der Stoff dem Verfasser reicher zufloß, Excurse von störender Länge vorkommen, der wissenschaftliche Werth des Werkes wird dadurch kaum gemindert. Zum ersten Mal ist hier der Versuch gemacht, die Geschichte Livlands in ihrem ganzen Umfange mit kritischem Urtheil durchzuarbeiten, und dieser Versuch ist, wenn man Zeit und Umstände berücksichtigt, durchaus gelungen. „Unendlich viel Material ist seitdem hinzugekommen, die Methode der historischen Kritik ist seitdem viel strenger geworden, im Einzelnen hat man seitdem Vieles besser erkannt oder schärfer begründet, im Großen und Ganzen hat Keiner der Späteren die Jahrbücher ersetzt“.
Gadebusch: Friedrich Konrad G., livländischer Geschichtsforscher, wurde geboren zu Altenfähren auf Rügen 1719 und starb zu Dorpat 1788. Er studirte zu Greifswald, kam 1748 als Hauslehrer nach Livland, wirkte seit 1754 als Jurist in Dorpat, wurde 1766 Syndicus und 1771 Bürgermeister der Stadt. Neben seiner großen praktischen Berufsthätigkeit war G. ein unermüdlicher Arbeiter und Forscher von einer erstaunlichen schriftstellerischen Fruchtbarkeit. Nur der geringste Theil seiner Arbeiten liegt in den gedruckten 15 Bänden historischer Schriften vor, viel mehr, über 130 Bände, zumeist auch geschichtlichen Inhalts hinterließ er handschriftlich und darunter sehr tüchtige Arbeiten, wie namentlich seine „Geschichte des livländischen Adels“ in 27 Bänden. Für den wissenschaftlichen Werth seiner Studien war es entschieden von günstigem Einfluß, daß er von der allgemeinen Geschichte ausging, eine große Reichshistorie verfaßte, die- Winkelmann, Sitzungsber. d. gel. estnisch. Ges. 1869.