ADB:Gesner, Konrad (Naturforscher)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gesner, Konrad“ von Jacob Achilles Mähly in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 107–120, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gesner,_Konrad_(Naturforscher)&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 02:41 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 9 (1879), S. 107–120 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Conrad Gesner in der Wikipedia
Conrad Gessner in Wikidata
GND-Nummer 118694413
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|107|120|Gesner, Konrad|Jacob Achilles Mähly|ADB:Gesner, Konrad (Naturforscher)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118694413}}    

Gesner: Konrad G. (die Schreibung Geßner ist modern), der berühmte Polyhistor, wurde am 26. März 1516 – nach seiner eigenen bestimmten Angabe, wogegen andere in der Eile des Schreibens ihm entschlüpften ungenauen Notizen nicht ins Gewicht fallen – zu Zürich in der Schweiz geboren. Seine Eltern, Leute ohne Mittel, mit vielen Kindern gesegnet, der Vater Urs ein Kürschner, die Mutter, wie es scheint, eine fleißige Hausfrau Namens Agathe (nicht Barbara, denn jenen Namen gibt G. selber in seinem Testament an), nahmen gern das Anerbieten des Vetters der Mutter, Caplan Hans Frick, an, den Knaben zu sich zu nehmen und auf seine Kosten zu erziehen. Bei diesem Manne, einem großen Pflanzenliebhaber, empfing G. die erste Anregung zum naturwissenschaftlichen Studium und er hat ihm dafür ein dankbares Andenken bewahrt[WS 1]. Der Unterschule bei Frauenmünster, welche der Knabe zunächst zu besuchen hatte, stand der später berühmt gewordene, damals wieder seit 1523 in Zürich anwesende Oswald Myconius vor, mit welchem G. später in Basel den freundschaftlichen Verkehr fortsetzte. Myconius, der schon auf dieser Stufe „mehr die Fortschritte seines jungen Schülers bewundern, als ihn antreiben mußte“, beauftragte seinen damaligen Famulus, Thomas Platter – auch dieser nachher ein wohlhabender und verdienter, von G. in bestem Andenken gehaltener Mann – den vielversprechenden Knaben privatim durch Unterricht im Latein zu fördern. Möglich, daß schon auf dieser Stufe Petrus Dasypodius (vgl. Bd. IV. S. 763) der Humanist und Germanist, der 1526 nach Zürich gekommen war, gleichfalls sein Lehrer war. Jedenfalls trat G., gut vorbereitet, in die obere Schule (das Carolinum) bei Großmünster und scheint auch hier anregenden und fördernden Unterricht empfangen zu haben. Wenigstens hängt er an seinen Lehrern Rudolf Collin (Bd. IV. S. 410) und Johann Jacob Ammann (Ammianus [WS 2]) bis an seinen Tod mit der rührendsten Pietät, die überhaupt einen Grundzug seines liebenswürdigen, von der lautersten und schönsten Menschlichkeit verklärten Charakters bildet. Ammann verdiente allerdings dieses Gefühl durch die außergewöhnlich thätige Theilnahme, die er dem Loose seines Schülers widmete: er beherbergte diesen drei Jahre hindurch unentgeltlich in seinem Hause, nachdem es dem Großoheim in jener Zeit der Noth zu schwer geworden war. Durch Zwingli’s Vermittlung erhielt nun zwar G. ein Stipendium (1531), aber im gleichen Jahre brach der furchtbare Schlag von Cappel (am 11. October) über Zürich, der nicht blos Zwingli, sondern auch Gesner’s Vater hinwegraffte. Auch Ammann sah sich nun außer Stande, für G. weiteres zu thun. Dieser stand allein, entblößt von allen Hülfsmitteln. Da schaffte Myconius Rath. Er empfahl ihn als Famulus an den Reformator Capito (Bd. III. S. 772), damals in Straßburg. Als Sechzehnjähriger (1532) trat G., eine lange und hohe Gestalt, bei ihm ein; aber der Dienst war schwer; die Mußezeit, um sich in Latein und Griechisch zu fördern und das Hebräische hinzulernen – G. hielt sich [108] damals noch für einen der Theologie Geweihten – knapp zugemessen. Auch Capito sah, daß der talentvolle und fleißige Famulus zu Besserem bestimmt sei und entließ ihn schon im November desselben Jahres wieder, mit angelegentlicher Empfehlung an Bullinger und Leo Judä, nach Zürich. Seine Verwendung war nicht fruchtlos gewesen. Schon im Februar des folgenden Jahres finden wir G., in Begleitung eines anderen jungen Zürichers, Johann Fries, als glücklichen Stipendiaten auf der Reise nach der Universität Bourges (in Berry) über Basel und Paris. Hier tritt der Theologe bereits in den Hintergrund: Ammann’s Scharfblick hatte G. den Wink gegeben, der mit dessen innerster Neigung zusammentraf. Zwar war Bourges nicht vorzugsweise der für Naturwissenschaft geeignete Ort (es blühte dort vorzugsweise das Studium der Staatswissenschaften) – gleichwol vertiefte sich G. in die Lectüre der griechischen Aerzte und der Schriftsteller über Botanik, allerdings ohne daneben seine lateinischen und griechischen Classiker zu vernachlässigen. Der Privatunterricht im Hause des Professors der griechischen Sprache (Wolmar) enthob ihn der Nahrungsnoth – sein Stipendium allein hätte dies nicht vermocht. Doch schon im folgenden Jahre (1535) reiste G., seinem vorausgegangenen Freunde Fries folgend nach Paris. Hier, in den reichen Schätzen der Bibliothek schwelgend, konnte er seinen Wissensdrang nach Herzenslust befriedigen. Allerdings in dem bunten Allerlei, das er jetzt verschlang, war weder methodische Nahrung, noch Anhalt zur geistigen Concentration gegeben; aber sein heißer Durst nach den Quellen alles Wissens mußte einmal gestillt werden, wenn Gesner’s Natur nicht darunter leiden sollte, und wenn er schon bei späterer Reife einsah, daß dieses mehr dilettantische Umherflattern und Umhernippen an allen Blumenkelchen der Gelehrsamkeit, diese ungestüme und ordnungslose Einkehr auf jeder Station des Wissens gefährlich werden könne und er deshalb die Jünglinge vor dieser Klippe ernstlich glaubte warnen zu sollen – für ihn war es keine Klippe, eher ein Viaticum geworden, an dem er Zeit seines Lebens noch zehrte: die schönsten, sorgenfreiesten Tage in seinem an Entbehrungen und Anstrengungen so überreichen Leben. Wie er sich ökonomisch durchhalf – ob mit Unterstützung des reichen Berners, J. Steiger, den er in Paris traf – ist ungewiß. Er würde noch länger zu Paris verweilt haben, hätten ihn nicht die Gräuel des Religionskrieges, die nicht blos sein Gefühl erbitterten, sondern sogar sein Leben gefährdeten, verscheucht (December 1534). Er nahm den directesten Weg (keineswegs, wie fälschlich berichtet wird, den Umweg über Holland nach Straßburg, zu Bucer. Eine Anstellung bot sich nicht, und so finden wir ihn anfangs 1535 wieder in Zürich. Hier war seine etwas übereilte Verheirathung mit einem mittellosen Mädchen (Barbara Singer) – G. zählte 19 Jahre! – nicht geeignet, ihm seine Gönner freundlicher zu stimmen: der Schritt war um so bedenklicher, als seine Anstellung (als Elementarlehrer der untersten Classe) ein wahrer Hungerdienst war, worin überdies von „Zeit zum Studiren“ keine Rede sein konnte, noch viel weniger natürlich von der Möglichkeit „Bücher zu kaufen“. Auch jetzt half Myconius: Seine Besoldung wurde ihm um ein Kleines erhöht, Bücher wurden von Basel nach Zürich geschickt, und endlich ein Stipendium erwirkt, das ein ferneres Studium Gesner’s möglich machte. Im December 1536 finden wir diesen bereits in Basel eifrig mit den griechischen Medicinern beschäftigt. Jetzt war seine Richtung und seine Laufbahn entschieden, weniger allerdings, für einstweilen noch, die Frage nach den Mitteln der Existenz. Um diese zu lösen, geht G. unter die Schriftsteller. Er gibt, vermehrt und verbessert, das griechische Lexikon des Phavorinus Camers (Guarino aus dem Gebiet von Camerino) heraus, des Bischofs von Nuceria, der es 1525 in Rom hatte erscheinen lassen (den Titel dieses, sowie der im Folgenden genannten Werke s. am Ende des Artikels). [109] Das gedruckte Buch entsprach allerdings den berechtigten Erwartungen des Herausgebers, G., nicht. Er hat jetzt schon, als kaum Einundzwanzigjähriger, von buchhändlerischer Unbill schwer zu leiden: der Verleger druckte blos den geringsten Theil von Gesner’s Zusätzen ab – als wären die andern überflüssig; und doch hatte sie G. aus den besten Quellen, einem Hesychius, Suidas u. A., nachgetragen! Der Verdruß mochte gleichwol geringer sein, als die Freude, die ihm nun durch einen Ruf an die 1537 gegründete Akademie von Lausanne bescheert wurde. Wahrscheinlich hatte Steiger ein Wort für ihn eingelegt. Möglich, daß auch die beiden jungen Lausanner Louis und Claude de Senarclens (de Sinarchino), welche im Matrikelbuch der medicinischen Facultät neben seinem Namen unter dem J. 1537 eingetragen sind, von Einfluß gewesen sind. G. nahm den Ruf an. Er wirkte dort als Professor der griechischen Sprache drei Jahre lang in angenehmen Verhältnissen: die liebliche Gegend, Gelegenheit zu botanischen Ausflügen während der langen Ferien, hinlänglich freie Zeit zu philologischen und naturwissenschaftlichen Studien, treffliche Collegen und Freunde (Viret, Jean Ribit, Comte) gewährten Genuß und Anregungen. Die Frau war freilich und blieb kränklich, indeß die Reise nach Bad Leuk (im Wallis), die er mit ihr unternahm, bot doch auch wieder mannichfache Belehrung. Auch schriftstellerisch ist G. thätig: Tabellen nach Galen, ein Encheiridion der Pflanzengeschichte, ein Compendium über die Natur des Urins (in pathologischer Beziehung) wird bearbeitet, die Lehre Galen’s über die Zusammensetzung der Heilmittel und andere für Pharmaceuten bestimmte Werke, sowie fernere Auszüge aus Galen’s Lehre von den Experimenten geschrieben und ein Catalog der Pflanzennamen (in vier Sprachen) alphabetisch angelegt (das Meiste erschien erst später, 1541 und 1542, im Druck). Die Neigung zum ärztlichen Beruf war durch diese Studien stärker und unabweisbar geworden. G. hielt sie nicht mehr verträglich mit seiner amtlichen Stellung und resignirte auf diese (1540), um die damals hochberühmte Universität Montpellier zu besuchen. Dort wirkten und lehrten die geschickten Meister L. Joubert und G. Rondelet. Gleichwol fand G. das Bild, das er sich von den dortigen Verhältnissen gemacht hatte, blässer und weniger voll, als seine Erwartung es ihm vorgemalt; besonders unbehaglich war ihm die Enttäuschung, daß er nicht in das Haus eines Arztes oder Professors konnte aufgenommen werden. Er verließ daher schon nach einigen Monaten Montpellier und kehrte 1541 über Lyon in die Schweiz, zunächst nach Basel zurück, um hier den Grad eines Doctors der Medicin zu erlangen. Er promovirte unter dem Decanat von Albanus Thorer (Thorinus) von Winterthur; seine damals verfochtenen Thesen sind noch erhalten (25. Februar 1541). Einem zweiten Lehrer, Professor Sebastian Sinckeler in Basel, hat er bald nachher seine lateinische Uebersetzung des Michael Ephesius (zu Aristoteles) zugeeignet. Im Frühjahr 1541 finden wir G. in Zürich als praktischen Arzt, zugleich in dem Amte eines Lehrers der Physik am Collegium Carolinum bleibend angesiedelt. Er hatte nach Aristotelischen Grundsätzen über Naturkunde zu lesen. Seine Besoldung war kärglich, schriftstellerische Arbeit nicht blos ein innerer Trieb, sondern auch eine äußere Nothwendigkeit. Die Tage und Nächte schwerer Arbeit, die ihn von nun an an den Schreibtisch fesseln, werden nur zeitweise durch kurze Ausflüge, besonders auf berühmte Bergspitzen seines Vaterlandes, oder durch gelehrte Reisen ins Ausland unterbrochen – beides nicht sowol zur Erholung und Stärkung der Gesundheit als im Interesse der Wissenschaft und seiner geistigen Ausbildung. Seine Abhandlung über Alpenwirthschaft (1541), das Resultat eines Ausflugs in die Glarneralpen, zeigt uns den aufmerksamen Beobachter von einer neuen Seite. Die Vorrede zu dieser Schrift enthält Reflexionen erster Schönheit über den Einfluß der montanen Natur auf Sinn, [110] Gemüth und Gesundheit der Menschen. Eine Reise nach Frankfurt auf die Messe (1543) machte ihn dort mit einem gelehrten jungen Holländer, dem Bibliothekar des kaiserlichen Gesandten in Venedig, Diego de Mendoza, bekannt, ein Verhältniß, das während eines späteren Aufenthalts (1544) in Venedig seine Früchte trug. Hier, in Venedig, war es ihm während einiger Monate als Gast des Don Diego vergönnt, in den Schätzen der großartigen Bibliothek dieses Gönners zu schwelgen und Handschriften zu excerpiren, auch schloß er Verbindungen mit Gelehrten, beobachtete, sammelte (Fische, Pflanzen, Mineralien), zeichnete und ließ nach der Natur malen. Sein Fleiß ist erstaunlich. Noch ehe sein großes Werk, die „Bibliothek“, erschien (1545), hat er, während seines Aufenthaltes in Basel und Zürich, rasch hintereinander philologische und philosophische Abhandlungen und Uebersetzungen (über Syllogismen, Scholien des Michael Ephesius zu Aristoteles, Uebersetzungen des Porphyrius, des Heraclides Ponticus und anonymer Schriftsteller zu Homer, des Proclus zu Plato’s Republik), ferner eine Ausgabe von Stobaeus’ Florilegium, des Martial, eine „an unzähligen Stellen verbesserte“ Ausgabe von Ambrosius Calepinus’ lateinischem Lexikon, Uebersetzungen einzelner Dialoge Plato’s und ausgewählte Werke des Neulateiners Antonius Thylesius aus Cosenza (eines Lehrers seiner eigenen Lehrer, Ammann und Am-Bühl) erscheinen lassen – theilweise keineswegs leichte, sondern meist zeitraubende Aufgaben. Jenes Lexikon des Bergamaskers Calepinus z. B. erhielt eine Zugabe von Gesner’s Hand, die Bezeichnung der Prosodie zu sämmtlichen Wörtern, „novo labore“, wie er sagt: er hätte auch damals „magno“ hinzufügen können. Auch sein Stobaeus (gleichfalls an „vielen Tausend Stellen“ – wenn auch nicht immer glücklich noch auch rationell – „verbessert“, denn G. gestaltete, nach einem falschen kritischen Princip, den Text desselben nach dem der Ueberlieferung, wie sie ihm für jeden einzelnen der darin enthaltenen Schriftsteller bekannt oder zur Hand war, um) und sein, wenngleich castrirter, d. h. von allen Obscönitäten befreiter, für das Schulbedürfniß eingerichteter Martial (den er nach sachlichen und sittlichen Kategorien eintheilte), kosteten Zeit und Arbeit. In dieser Thätigkeit war er durch die obengenannte Bibliothek des Don Diego wesentlich unterstützt worden. Nun überraschte er aber 1545 die gelehrte Welt durch das Erscheinen seiner seit einigen Jahren mit Riesenfleiß vorbereiteten „Bibliotheca universalis“ – ein Werk, daß allein schon den Verfasser zu dem Ehrennamen des „immortale Tigurinorum decus“, den der große Casaubonus ihm ertheilt, berechtigen würde. Es enthält in alphabetischer Ordnung der (wo immer möglich biographisch geschilderten) Schriftsteller, eine Aufzählung und Charakteristik aller ihm bekannt gewordener Bücher (selbst Manuscripte) in griechischer, lateinischer und hebräischer Sprache. (Die erste Ausgabe dieses Werkes ist die werthvollste; von wenig Belang ist die von C. Lycosthenes, eig. Wolfhardt, daraus hergestellte Epitome, Bas. 1551, besser die von J. Simmler, Zür. 1754; die vollständigste und reichhaltigste Ausgabe der ganzen Bibliothek ist die von Simmler und Fries, Zür. 1583, besorgte). Noch jetzt ist Gesner’s Werk eine oft und gern und erfolgreich, wenn auch nicht immer dankbar und ehrlich benutzte Fundgrube. Gesner’s Name wurde rasch in deutschen und wälschen Landen bekannt. Der berühmte Graf Fugger in Augsburg hörte von dem tiefgelehrten Züricher und suchte ihn als Erzieher seiner Söhne und Enkel zu gewinnen. Im gleichen Jahre (1545) reiste G. nach Augsburg; die Anstellung scheiterte an den religiösen Bedenklichkeiten Gesner’s, dessen gut protestantisches Gewissen keinerlei Concession ertrug und selbst den falschen Schein nicht verantworten zu können glaubte. In der Benutzung der großen Fugger’schen Büchersammlung jedoch lagen Keime zu neuen Arbeiten (z. B. zu seiner späteren Herausgabe von Aelian’s Thiergeschichten) und [111] der Aufenthalt in Augsburg hatte neue und fruchtbare Bekanntschaften mit angesehenen[WS 3] Männern (Musculus, Xystus Betulejus, Peutinger u. a.) zur Folge. In der nächsten Zeit war G. beschäftigt mit Herausgabe und Uebersetzung kirchengeschichtlicher und moralischer Schriften (Tatian, Theophilus Antiochensis, die Melissa des Antonius u. a.), auch Medicinisches und Naturwissenschaftliches wird nicht vernachlässigt (darunter eine verbesserte Ausgabe von Hermolaus Barbarus’ Compendium der ganzen Naturkunde); schon 1548 erschien aber der zweite Theil seiner großen Bibliothek, wiederum ein gewaltiges Sammelwerk, dem er den Namen „Pandecten“ gab – ein Realcatalog des menschlichen Wissens, in 19 Büchern nach den Wissenschaften und Künsten geordnet, dem im folgenden Jahre noch ein umfangreicher Specialcatalog der theologischen Wissenschaften folgte, als 21. Buch (das 20., welches die Arzneikunde behandeln sollte und wofür G. sein Lebenlang sammelte, ist niemals erschienen). Jedem einzelnen Buche dieses Werkes ist als Widmung der Name irgend eines berühmten Buchdruckers vorgesetzt; ihre in chronologischer Folge gedruckten Verlagswerke gewähren einen Ueberblick über das litterarische Leben und Wirken der damaligen Zeit. Im gleichen Jahr mit den theologischen Pandecten (1549) erschien bei Froben die Ausgabe des Galen, zwar nicht von G., aber doch nicht ohne seine thätige Mitwirkung; er hatte zu den meisten Büchern verläßliche räsonnirende Inhaltsanzeigen hinzugefügt (drei Jahre später fügte er dann der zweiten Frobenausgabe des großen Arztes inhaltreiche Prolegomena Biographie und Bibliographie von bleibendem Werthe bei). Unterdessen hatte G. durch unausgesetztes Beobachten, Sammeln, Lesen und Correspondiren den ersten Theil seines großen zoologischen Werkes zu Stande gebracht. Er erschien Zürich 1551 und behandelte einstweilen die Vierfüßler, welche Junge gebären. Gelehrte und Ungelehrte hatten zu diesem Werke beigesteuert, dessen großartige Anlage ebensosehr als seine endliche Ausführung – das letzte Stück erschien 1558 und G. starb, ehe er das Ganze vollendet hatte – mit Bewunderung erfüllt. Nur ein Fleiß, wie der seine, konnte vor dieser Riesenarbeit nicht zurückschrecken, die sich vorsetzte, nicht blos alle lebenden Thiere jeder Gattung zu beschreiben und durch Zeichnung und Farbe zu illustriren, sondern auch die früheren Arbeiten sämmtlich zu controliren und mit den richtig befundenen Resultaten auch die Namen des Thiers in sieben Sprachen – deutsch, griechisch, lateinisch, hebräisch, italienisch, französisch, holländisch – mitzutheilen. In vielen Fällen kannte er die Namen kaum, da mußten für das Deutsche Hirten und Jäger und Leute ähnlichen Charakters, für die fremden Sprachen sein eigenes sprachbildnerisches Talent herhalten und für möglichste Vollständigkeit der Sammlung Gelehrte aller Zungen und Länder ihren Rath und ihre Hülfe beisteuern: aus England Johann Cay und Wilhelm Turner, aus Deutschland Georg Fabricius, Melchior Wieland, Johann Kenntmann, Achilles Gasser, aus Italien Cardanus, Aldrovandus, Mundella, von den Franzosen Deléchamp, Belon, Rondelet u. s. w. Hätte G. die nöthige Muße gehabt, an seinen Collectaneen zu feilen und zu sichten und sie nicht vorher in den Druck zu geben, bis die letzte Spur des Ueberflüssigen getilgt war, so hätten die stattlichen Folianten bedeutend reducirt werden können, aber seine ökonomische Lage gestattete ihm schlechterdings nicht, den Meister in der Beschränkung zu zeigen: Methode und künstlerisches Maß konnten nicht Schritt halten mit dem herculischen Fleiße der „πρὸς τὰ ἄλφιτα“ die stillen Nächte zu den arbeitsschweren Tagen setzen mußte und sich keinen Augenblick der Ruhe gönnen durfte. War es bei dieser Lebensweise ein Wunder, daß ihn (1557) mitten in der Arbeit eine gefährliche Krankheit aufs Lager warf und daß, bei noch nicht 40 Jahren, seine hagere, abgezehrte Gestalt und die Blässe seines Angesichtes in ihm und Andern trübe Ahnungen aufsteigen ließen? Wissenschaftlich [112] betrachtet erscheint es allerdings überflüssig, wenn zu den sieben Capiteln, welche jedem Thiere gewidmet waren, noch ein achtes kam, das in rein philologischer Weise sich mit Anecdoten und sprichwörtlichen Redensarten befaßte, wozu jeweilen das Thier Veranlassung gegeben hatte: G. erblickte in dieser Zuthat, deren problematischer Charakter ihm durchaus nicht entging, einen besonderen Reiz seines Werkes. Aber auch über dessen schwache Seiten täuschte ihn keine Eitelkeit hinweg. Er kannte leider den Grund – die dira paupertas – nur zu gut und ist ehrlich genug, ihn zuzugestehen. Das Honorar für die Arbeit ist kaum glänzend gewesen, um so weniger, als die Herstellung (besonders in Folge der Illustrationen) sehr theuer war; wol kam das specielle Bilderbuch in zweiter Auflage (1560) wieder heraus, das Hauptwerk aber nicht: sondern theils mit, theils ohne Gesner’s Wissen wurden Compendien daraus hergestellt, deutsche Uebersetzungen gefertigt oder andere Experimente mit ihm vorgenommen, wogegen das von den Höfen von Wien und Paris erhaltene Privilegium sich höchstwahrscheinlich als unwirksam erwies. Wol war G. im J. 1554 mit dem Amt eines Züricher Oberstadtarztes betraut worden, aber diese Stelle war mit größeren Lasten als Revenuen verbunden (20 fl. jährlich! dazu seine Lehrthätigkeit mit 80 fl. und einigen Naturalien!). Erst eine an Bullinger gerichtete Zuschrift bewirkte (1558) eine Verbesserung der ökonomischen Lage, indem nun das volle Einkommen eines Canonicus zu seinem bisherigen Gehalt hinzukam. G. sah sich zu seiner großen Genugthuung nunmehr in den Stand gesetzt, einen neuen botanischen Garten sich anzulegen (1560; den alten hatte er verkaufen müssen, um Geld zur nöthig gewordenen Erweiterung seines Hauses zu erhalten). Es sah jetzt wohnlich aus bei ihm; in einem seiner Zimmer hatte er sogar die Fenster mit allerlei merkwürdigen Fischen bemalen lassen. – Zwischen den Anfangs- und den Endtermin des großen Werkes über die Thiere fallen eine Anzahl anderer botanischer und medicinischer, auch Ausgaben fremder Schriften (des Hieronymus Tragus, des David Kieber), unter den eigenen die äußerst ansprechende Publication über den Pilatusberg (im Canton Luzern) und eine pseudonyme über die Geheimmittel unter dem Namen des Euonymus Philiater) zu praktischen und ökonomischem Gebrauche (z. B. Verbesserung des Weines!). Später als das Buch Anklang gefunden hatte, bekannte sich G. als Verfasser, den zweiten Theil gab aus Gesner’s Nachlaß C. Wolf im J. 1569 heraus. Aber auch das Studium der Sprache lag bei ihm während jener Zeit nicht brach. Zeuge: Das merkwürdige Buch „Mithridates“ (über den Unterschied der Sprachen), 1555, – ein Versuch zur Sprachvergleichung und kurzer Charakterisirung aller antiken wie modernen Sprachen, vom Aethiopischen herab bis zum Rothwälsch, in alphabetischer Ordnung. Gesner’s Sprachenkenntniß war nicht unbedeutend für die damalige Zeit. Neben den beiden classischen Sprachen, die er gründlich verstand, hatte er sich das Hebräische, auch eine oberflächliche Kenntniß des Arabischen, angeeignet; von den modernen kannte er neben der Muttersprache das Französische, Italienische und Holländische. Sein Versuch ist natürlich jetzt veraltet, aber werthvoll noch immer theils als ethnographisches Repertorium, theils und hauptsächlich wegen der zu Grunde liegenden Idee von dem wissenschaftlichen Interesse der Sprachvergleichung. Sein „Mithridates“ sollte „nur ein Merkzeichen sein zur Anregung Anderer“, wie er sagt, „nichts Vollendetes“. Trotzdem und trotz der zahllosen Irrthümer und Unebenheiten des wenig umfangreichen Buches wird man nicht anstehen dürfen, in C. G. einen Bahnbrecher auf dem Gebiet der Linguistik, ja den Gründer derselben und zugleich den größten Linguisten seiner Zeit zu erkennen, – ein Urtheil, das durch seine später zu nennenden Bemühungen für das Deutsche eine fernere Begründung erhält. Mag er auch das Hebräische als die der Zeit nach erste, der Natur nach [113] reinste Sprache und das Deutsche als eine hinter den vollkommenen Sprachen, Griechisch und Latein, kläglich zurückstehende barbarische Sprache erklären, das kommt gegen jene Ursprünglichkeit seines Wurfes gar nicht in Betracht. Die Beschäftigung mit den Wasserthieren gab Veranlassung zu einer verbesserten und erklärenden Ausgabe von Ovid’s „Halieutica“; auch zu Arbeiten über Plinius, welche dasselbe Capitel betreffen (1556), aber auch größere Leistungen desselben Charakters gehen neben seiner Hauptthätigkeit einher; so erschien im gleichen Jahre seine Ausgabe des ganzen Aelian, dessen Thiergeschichte er natürlich hatte durcharbeiten müssen, und zwar war dieser Theil des Schriftstellers zum ersten Mal von G. herausgegeben, während die „Bunten Geschichten“ schon 1545 an Camillus Peruscus in Rom einen Herausgeber gefunden hatten. (Ausführliche Anmerkungen zu Aelian schickte aus Gesner’s Nachlaß Hagenbuch, sein Landsmann, an Abraham Gronov, in dessen Aelian-Ausgabe von 1731 und 1740 sie erschienen.) Briefe ferner und Publicationen aus dieser Zeit zeigen uns den rastlos thätigen Mann mit den Vorbereitungen zu seinem großen Pflanzenwerk beschäftigt, das seit den ersten Regungen des schriftstellerischen Triebes als sein eigentliches Lebensziel vor seiner Seele stand. Mehrere medicinische Schriften wurden gleichzeitig absolvirt. Im J. 1559 finden wir G. wieder in Augsburg (wo gerade der große Reichstag abgehalten wurde), um dem Kaiser Ferdinand I., dem er das vierte Buch seines zoologischen Werkes gewidmet hatte, persönlich, und zwar auf eigenen Wunsch desselben, vorgestellt zu werden. Die Rückreise führte über Tübingen und Straßburg, wo alte Bekanntschaften erneut, neue angeknüpft wurden. Bald darauf machte G.’s Gesundheit einen Aufenthalt in Baden (bei Zürich) nöthig (1560); die Heilkraft dieser Quellen hatte er schon früher an sich erprobt und ihrer gedacht in seinem „Tractat über die Thermen der Schweiz und Deutschlands“, welcher (1553) als Theil der Sammlung von Schriften über die italischen Heilquellen in Venedig erschienen war. Um seine Kenntnisse auf diesem Gebiet der Heilkunde zu vermehren, zugleich zur Erholung unternahm er schon im folgenden Jahre eine Reise nach Bormio, wobei der später als Botaniker berühmt gewordene Johann Bauhin (Bd. II. S. 149) ihn begleitete. Die Quellen und Bäder Graubündens wurden bei dieser Gelegenheit untersucht, und auch die Botanik ging natürlich nicht leer aus. Auch die Theologie, deren Interessen Gesner’s frommem Gemüth Zeitlebens nahe lagen, beschäftigte um diese Zeit seine Feder. G.’s Schriftstellerei auf diesem Gebiete war weniger der Ausfluß und Ausdruck objectiver Gelehrsamkeit als ein Herzensbedürfniß. Religionsflüchtige fanden stets Zuflucht in seinem Hause; besonders die in Zürich anwesenden Glaubensgenossen aus England. Die große Sammlung griechischer Kirchenlehrer, welche (1559 und 1560) in Zürich erschien (einzelne zum ersten Mal gedruckt) hatte er veranstaltet und mit seinen Beiträgen ausgestattet. In das Jahr 1561 fällt die Herausgabe eines von G. angeregten lateinisch-deutschen Lexikons von Pictorius (d. i. Maler, Pfarrer in Elgau), das er mit einer längeren, denkwürdigen Vorrede begleitete. Es war bei dem gelehrten classischen Philologen und Naturforscher das Interesse an seiner Muttersprache, am deutschen, nicht am lateinischen, das ihn zur Mitwirkung bewog; das gleiche Interesse hatte er schon in seinem „Mithridates“ an den Tag gelegt. Er erkennt die Verwandtschaft zwischen der deutschen und skandinavischen Sprache, er spürt der Mundsprache nach, nennt das schweizerische Deutsch die „Deutsche Gemeinsprache“, regt einen durchaus rationellen und wohlthätigen Purismus; innerhalb derselben an (z. B. Wiedereinführung der von Carl dem Großen festgesetzten Monatsnamen), tadelt die deutsche Sprache wegen ihrer harten Consonantenverbindungen, die ihre Anwendung zu metrischen und poetischen Zwecken erschweren, erkennt richtig die Schwäche der französischen Sprache, welche blos [114] die Silben zähle und nichts von Prosodie wisse, zeigt einen richtigen Blick in die Entwicklungsgeschichte der romanischen Sprachen und bildet, mit Beobachtung der Silbenquantität, einige Hexameter in deutscher Sprache (lauter Spondeen mit Ausnahme des fünften Fußes), vielleicht die ersten mit wissenschaftlichem Bewußtsein geschaffenen, welche unsere Sprache kennt. Auch regte er, der erste, zu einer deutschen Litteraturgeschichte an, wie er es in seiner „Bibliotheca universalis“ für die altclassische und hebräische Litteratur gethan hatte. Als er durch seinen Freund Gasser (Bd. VIII S. 396) Nachricht von der Existenz gothischer Sprachreste erhielt und gar von demselben eine Abschrift von Otfried’s Evangelienharmonie zugeschickt bekam, da war er voller Eifer, die Schätze einem weiteren Publicum bekannt zu machen – es war gegen Ende seines Lebens – aber er fand keinen Verleger für die Lucubrationen seines Freundes und mußte ihm mit schwerem Herzen das Manuscript zurückschicken. Es ist überhaupt ein schöner Zug an dem Manne, daß er – oft unter Opfern und stets mit edler Uneigennützigkeit – Werke Anderer, Lebender und Todter, zum Druck beförderte, und, wenn sie noch nicht druckreif waren, die letzte Hand daran legte – so das Lexikon des Guarino, des Ambrosius Calepinus, die ausgewählten Werke des Anthonius Thylesius, das Pflanzenlexikon des David Kyber, mehrere Schriften des Valerius Cordus aus Simshausen (cf. Bd. III), des Hieron. Bock (Tragus) aus dem Zweibrückischen, des Joh. Moiban zu Augsburg. Zu Gunsten der unmündigen Kinder des letztgenannten, dessen gelehrte Bearbeitung der Euporista des Dioscorides ihm nur zur Hälfte beendet übergeben wurde, verzichtete er auf das für die Beendigung stipulirte Honorar! Für den Adel seines Charakters kann es indessen kein glänzenderes Zeugniß geben, als daß ein so vielschreibender, vielseitiger und vielbekannter Mann, wie G., der auf seinen Wanderungen durch so viele Gebiete der Wissenschaft mit so zahlreichen und zum Theil sehr verschieden gearteten Mitarbeitern und Rivalen zusammentraf, in keine litterarische Fehde, noch weniger in eine persönliche verwickelt wurde. Derer, die ihn durch Rath und That (Briefe, Sendungen von Pflanzen, Abbildungen, Belehrung) bei seinen großartigen Vorhaben (besonders in Betreff seines Pflanzenwerkes) unterstützten, weil sie eben seine Uneigennützigkeit und sein reines, blos der Sache geltendes Streben, sein selbstloses, kindlich frommes Gemüth anerkennen mußten, ist Legion; blos gegen den einen, Mathioli, Naturforscher und Arzt in Siena (1500–1577) einen ehr- und selbstsüchtigen Mann, fühlte er sich gezwungen, in übrigens mildester sachlicher Form öffentlich aufzutreten und in einer Streitschrift seinen wissenschaftlichen Standpunkt zu vertheidigen (De Aconito primo Dioscordis herausgeg. von C. Wolf, Zürich 1577). Und wie human ist sein Benehmen gegen den verdienten, aber hochfahrenden und absprechenden Tübinger Professor Fuchs, der ihn aus Neid von seinem botanischen Unternehmen abschrecken wollte! Dieses blieb allerdings – aber nicht in Folge jener Einsprache, sondern weil ein Mächtigerer, der Tod, sein Veto einlegte – ein Torso. Im J. 1564 erlebte G. noch die Freude, daß Kaiser Ferdinand I. ihn mit einem Wappenbrief (Familienwappen) beehrte und mit diesem Insigne eine Münze (Gesner’s Brustbild auf der Vorderseite) schlagen ließ. G. hatte sich jene Gunst aus treuer Vorsorge für seine Familie – er selbst war kinderlos, hatte aber für Nichten und Neffen zu sorgen – erbeten. Im selben Jahre starb ihm, hochbetagt, seine Mutter, und ein unheimlicher Gast stellte sich in Zürich ein – die Pest. Gesner’s Gesundheit war zerrüttet; noch kürzlich hatte er einen schweren Krankheitsanfall leidlich überwunden, aber die Widerstandskraft war gewichen, in seinen Briefen macht sich das Gefühl des nahen Todes bemerkbar. Nichtsdestoweniger will er den Rest seines Lebens noch im angestrengten Dienste seiner Wissenschaft und seines Berufes anwenden; er denkt und sinnt auf Heilmittel [115] gegen die verheerende Epidemie und glaubt sogar zeitweise solche gefunden zu haben. Mit Ende des Jahres scheint sie sich verlieren zu wollen. Im August des folgenden Jahres (1565) kehrt sie aber wieder; am 9. December wird G. selber von ihr ergriffen; er sieht den sicheren Tod vor Augen, aber den unvertilgbaren Arbeitsdrang vermag selbst dieses Gefühl nicht zu bezwingen: G. verschmäht die Ruhe des Bettes; er sitzt am Arbeitstisch, er schreibt und ordnet seinen Nachlaß; sein Pflanzenwerk liegt ja noch in chaotischem Zustande, auf tausend und aber tausend kleinen Zetteln zerstreut vor ihm. Er beruft seine Freunde, er bespricht sich mit ihnen, ruhig, gefaßt; er überträgt seinem früheren Schüler Caspar Wolf die Sorge für Vervollständigung seines Werkes. Zaghaft, im Bewußtsein der seiner wartenden Riesenaufgabe und der auf ihm lastenden Verantwortlichkeit, sagt dieser endlich zu. Damit ist Gesner’s höchster Wunsch erfüllt. Am fünften Tage der Krankheit (13. December), nachdem er seine Freunde verabschiedet, fühlt er den Rest der Kräfte schwinden, läßt sich von seiner Frau in sein Studirzimmer führen und stirbt hier in ihren Armen, noch nicht fünfzig Jahre alt. Diese Jahre aber sind ausgefüllt von einer Arbeitslust, Arbeitlast und Arbeitskraft, wie die gesammte Gelehrtengeschichte nur wenige ebenbürtige Beispiele kennt. Und wir wissen nicht einmal, ob, außer den wenigen Tagen der Erholung auf Reisen, dieser aufreibenden Anstrengung etwelches Entgelt geboten war im Genuß häuslichen Friedens und Glückes. Merkwürdig genug, daß in der umfangreichen Correspondenz Gesner’s sich kaum eine oder die andere Andeutung über diesen Punkt findet. Hatte er keine Zeit, hatte er keine Ursache dazu? Wir wissen nur, daß er zweimal verheirathet und kinderlos war, und einer dieser Frauen stellt er einmal, nothgedrungen, das wenig schmeichelhafte Zeugniß aus, daß sie „für das Hauswesen völlig ungeschickt“ sei. Sein Testament erwähnt der Frau nicht. – Sehen wir uns nach seinem Nachlaß um. C. Wolf konnte mit dem besten Willen und ungeachtet einer öffentlichen Anzeige („Pollicitatio“ 1566) sein Versprechen nicht halten. Er gab wol einiges aus dem botanischen und dem übrigen Nachlasse Gesner’s heraus, aber je länger je weniger fühlte er sich der Hauptaufgabe gewachsen, besonders nachdem ihm die Bearbeitung des I. Buches von Gesner’s Nachlaß auf 80 Capitel angewachsen war. Mit Einwilligung der Gesner’schen Erben verkaufte er dessen gesammten botanischen Nachlaß an Joachim Camerarius, den Sohn, in Nürnberg, für 150 Gulden (1580), nebst den mit handschriftlichen Bemerkungen versehenen Exemplaren von Gesner’s Dioscorides, Theophrast und Plinius (für 25 Gulden!). Aber auch Camerarius, der sich zwar nicht scheute, seinem eigenen Werke Bilder aus Gesner’s Nachlaß ohne Nennung des Namens einzuverleiben, konnte mit der Ausarbeitung nicht fertig werden, und der Nachlaß gelangte erst nach mannigfachen Wechselfällen und Fährlichkeiten (Erbschaftstheilung, Feuersgefahr u. a.) in die Hände von Chr. Jac. Trew, Stadtarzt zu Nürnberg, der den Botaniker C. Chr. Schmiedel, Professor zu Erlangen, endlich zur Herausgabe bestimmte. Diese erschien (aber nur einen Theil des Nachlasses enthaltend) 1753–1759 (also beinahe 200 Jahre nach Gesner’s Tode!) in zwei Bänden zu Nürnberg: die Abbildungen sind theilweise prachtvoll; jedenfalls die genauesten und schönsten, die man bisher gesehen. Von den 1500 Abbildungen Gesner’s fand Schmiedel noch über 1000 vor, beinah die Hälfte der Holzschnitte ließ er, weil sie ungenügend waren, in Kupfer stechen. Die Holzmatrizen waren nach Camerarius’ Tode in Zwinger’s Hände gekommen und wahrscheinlich durch öftern Gebrauch abgenutzt worden. Der vollständige schriftliche Nachlaß Gesner’s, soweit er die Botanik betrifft, nebst vielen ungedruckten Briefen, befindet sich jetzt auf der Erlanger Universitätsbibliothek. G. war selbst im Zeichnen geübt; er hielt sich aber zum getreuen und [116] künstlerischen Nachbilden seiner Pflanzen und Thiere einen besonderen Maler (Thomas), wie er denn, trotz seiner knappen Verhältnisse, keine Kosten scheute, um den Werth seiner wissenschaftlichen Arbeiten zu erhöhen. Er hat auch einen Pflanzenkenner auf seine Kosten nach Italien geschickt, um dort für ihn zu sammeln. Er war der erste, welcher Figuren auf diese Weise, d. h. als genaue Illustration zu wissenschaftlichem Texte zeichnen und drucken ließ, der erste auch, der die Pietät hatte, die Namen von Freunden durch Pflanzen zu verewigen. Er hat auch eine Masse von Pflanzen zuerst entdeckt. Sein Hauptverdienst in der Botanik wird aber darin zu suchen sein, daß er „zuerst den Vorzug der wesentlichen Befruchtungstheile erkannte, diese untersuchte und (speziell) abbilden ließ und danach die Verwandtschaft der Pflanzen zu andern suchte.“ Also erste Analyse der Blumen und Früchte, die jemals gemacht wurde, die Beobachtungen zum Theil mit der Lupe angestellt, Unterscheidung von Gattungen und Arten, von Arten und Varietäten. Was G. bei seinen Lebzeiten in der Botanik geleistet hat – es war ja alles mehr oder weniger Vorbereitung zu seinem großen posthumen Werke – mag hinter den Leistungen eines Brunfels, Bock, Fuchs, selbst Cordus zurückstehen, kann aber auch nicht wohl einen Maßstab abgeben. – Als wissenschaftlicher Mediciner hat sich G. gleichfalls große Verdienste erworben sowohl durch seine Studien zu Galen als auch durch eine Anzahl historischer und systematischer Abhandlungen. Auf Galen hielt er, wie recht und billig, große Stücke; er war in mancher Hinsicht sein Ideal. War ja doch auch Galen nicht blos ein großer Arzt, sondern ein Gelehrter ersten Ranges und ein überaus fruchtbarer Schriftsteller. Als ausübender Arzt war er aus Pflichttrieb eifrig und gewissenhaft; die Emolumente seiner Wirksamkeit waren nichts weniger als verlockend („opera mea plerisque gratis“ sagt er). Er hielt viel auf Heilmittel, besonders pflanzliche, und war jedenfalls der erste Kenner der im Alterthum gebrauchten materia medica. Als Pflanzenarzt war er auf Theophrastus Paracelsus nicht gut zu sprechen; die Schule der „Metallärzte“, zu welcher jener immerhin große Arzt den Anstoß gegeben hatte, stieß ihn ab; er sah Speculation und Schwindel darin. Theophrast ist ihm nicht blos zuwider als „Arianer und Christusläugner“, sondern als ein mit Dämonen umgehender Zauberer. Während aber G. von diesem Wahn befangen ist, eifert er anderentheils energisch gegen Amulete und Aberglauben; selbst den therapeutischen Gebrauch des Goldes wagte er, wenn auch nicht unbedingt zu verwerfen, so doch zu bezweifeln; die Wirkung der Edelsteine dagegen erklärte er für baaren Aberglauben. Er erhebt seine gewichtige Stimme zu Gunsten der Mineralwasser, empfiehlt den mäßigen Gebrauch der Belladonna und des (von seinen Zeitgenossen allgemein für unbedingtes Gift gehaltenen) Opiums; er spricht dem kalten Wasser das Wort; seine Aderlaßtheorie ist durch ein rationelles Verfahren der damaligen Praxis weit überlegen; er erkennt den Charakter der Volkskrankheit und unterscheidet diese von den anderen; ja selbst in der Behandlung der Geisteskrankheiten zeigt er durch bewunderswürdig rationelles und methodisches Verfahren, das auch mit moralischen Factoren operirt, einen an Schärfe seinen Zeitgenossen weit überlegenen Blick. Und wenn wir ihn über einen Arzt sich tadelnd äußern hören, der blos Medicamente vorschreibe, ohne das Klima und die Luft, die sein Patient einathme, ohne dessen Alter und Temperament im mindesten zu berücksichtigen: so werden wir geneigt sein, G. als Arzt auf keinen niedrigeren Rang zu stellen, als er ihn in wissenschaftlicher Beziehung einnimmt. Sein Lieblingsheilmittel (dessen Wirkung er nicht blos[WS 4] an Hunden, sondern, aus großer Gewissenhaftigkeit, auch an sich selber in gesunden Tagen bis zum Grade heftigen Uebelbefindens erprobte, war Nießwurz, die weiße und die schwarze; darin that er es den Alten gleich, während jetzt das [117] Mittel, mit Unrecht, vergessen ist. Er präparirte daraus zwei Formen des Sauerhonigs und glaubte darin, allerdings nur kurze Zeit, ein Präservativ gegen die Pest gefunden zu haben. – Einem so aufgeklärten Naturforscher wird man es wol zu gute halten, wenn er noch, das heißt im Jahre 1561, in dem Phänomen eines Nordlichtes etwas Unglückverheißendes erblickte, oder wenn er in seiner großen „Thiergeschichte“ auch den Satyren und Waldmännchen, den Meerfräulein und Meermännchen, den Meerteufeln und Meerbischöfen, den Fischen mit Menschenköpfen und den Drachen, allerdings mit kritischem Bedenken, eine Stelle anweist. Ein jeder Arbeiter, auf welchem Feld er auch sei, zahlt dem Geiste seiner Zeit Tribut; es kommt für die Schätzung geistiger Verdienste blos darauf an, ob derjenige Theil, den er der Nachwelt als deren bleibendes Eigenthum überliefert, nicht größer sei. Bei G. wird dies kaum Jemand bezweifeln. War er auch kein bahnbrechendes Genie, das aus unmittelbarer geistiger Fülle, aus der Tiefe der Divination seine Ideen schöpfte, und liegt seine Stärke mehr in der Beherrschung gewaltiger Stoffmassen, als in ihrer methodischen Gliederung und im Auffinden allgemeiner und glänzender Gesichtspunkte, so ist er doch mindestens ebenso weit, ja noch weiter entfernt von einem bloßen ordnungslosen Sammeln. Er hat sein Material durch übersichtliche Anordnung für seine Nachfolger möglichst nutzbar gemacht und an mehr als einer Stelle fruchtbare Keime zu späteren Schöpfungen gepflanzt. So ist ihm das Verdienst nicht abzusprechen, der eigentliche Gründer der Gelehrtengeschichte, der neueren Linguistik und der wissenschaftlichen Zoologie geworden zu sein. Er besaß, wie wenige, nicht blos die Kraft universellen Zusammenfassens, sondern auch das Talent, das Zusammengefaßte fruchtbar zu verwerthen. Er ist der erste Schweizer, der die Naturgeschichte zur Hauptaufgabe seines Lebens machte. Er imponirt nicht blos durch Sachkenntniß, er wirkt auch wohlthuend durch sein echtes und selbstloses Interesse an den Gegenständen. Er weiß, was er will und arbeitet nach klaren festen Zielen. Seine Geschichte des Thierreichs erfaßt er nicht blos als Gegenstand der Naturbetrachtung, sondern auch in dessen Beziehungen zur Medizin und zur Culturgeschichte, wie er diese Gesichtspunkte auch in seinem Pflanzenwerke ohne Zweifel würde befolgt haben. Dort hat er, mit dem Maßstab seiner Zeit gemessen, Wunderbares geleistet. In diese vierthalbtausend Seiten, die er für das besagte Werk niederschrieb, auch nur äußere Gliederung zu bringen, wobei alle alten und neueren Schriftsteller mit der vollständigen Litteratur und kritischen Behandlung der Stellen zu ihrem Rechte kamen, war schon eine Riesenarbeit; nun aber ist die Gliederung, wenn auch nicht genial, so doch durchdacht. Die ganze Continuität der wissenschaftlichen Entwicklung ist hergestellt. Wohl fehlt G.’n die Auffassung des Thierreichs als eines organischen Ganzen, es fehlt ihm auch der richtige Artbegriff (denn seine genera und species sind blos formale Bezeichnungen für über- und untergeordnete Formen), aber man muß dabei bedenken, daß er, der Zeit nach, der erste deutsche Zoolog ist. Auch seine Abbildungen sind im Vergleich zu früheren, außerordentlich gut. Albrecht Dürer hat, nach eigenen Aussagen, für ihn das Rhinoceros gebildet; die Vögel sind von Lucas Schrön gemalt. Außerdem benützte G. noch die zwei Züricher Künstler Asper und Thomas (die Originalbilder der Vögel und der gleich zu nennenden Mineralien, theilweise prachtvoll ausgeführt, befinden sich jetzt, aus Felix Plater’s Sammlung, auf der Universitätsbibliothek in Basel; siehe hier Plater supellex medica pag. 55 sqq. und p. 67 sqq.; die Manuscripte über die „Insecten“ kamen durch Camerarius nach England und in den Besitz von Th. Moufet, der sie in seine Historia insectorum aufnahm). Was die Arbeiten über Petrefacten und Mineralien betrifft, womit sich G. gegen Ende seines Lebens befaßte, so haben diese mehr einen desultorischen Charakter. G. hat darüber [118] noch keine bestimmte Ansicht gewonnen. Seine Eintheilung der Steine ist eine ganz äußerliche, nicht den Stoffen, sondern der Form entnommen; er gliedert nach den Figuren der Himmelskörper, nach Meteoren, nach Namen und Formen irdischer Gegenstände, nach zufälliger Aehnlichkeit etc. Hier gilt im vollen Maße, was er bescheiden genug, von seiner Thiergeschichte sagte: es seien „congesta potius, quam digesta“. Auch als Philologe, besonders als Herausgeber, hat sich der Unerschöpfliche einen Namen gemacht. Nicht blos verdankt man ihm Einigess als editor princeps (so Aelian’s Histor. animalium, Antonius εἰς ἑαυτόν, Marinus’ Vita Procli; er ist Bearbeiter von Lexicis, hat zahlreiche lateinische Uebersetzungen griechischer Werke geliefert, hat das Florilegium des Stobaeus, den Martial, Hanno’s περίπλους Ovid’s Halieutica, Einzelnes zu Aristoteles, griechische Kirchenschriftsteller, Tractate griechischer Mediciner u. a. „verbessert“ herausgegeben. Mit den großen Philologen der damaligen Zeit kann er allerdings nicht verglichen werden; seine Kritik weiß noch nichts von den Principien der Kunst, sie ist völlig subjectiv (wie dies damals übrigens selbst bei Koryphäen der Wissenschaft der Fall war) – doch hält selbst ein Henricus Stephanus große Stücke auf ihn und sendet ihm seinen Erotian und eine Schrift des Xenophon zur Durchsicht. Die Beiden haben auch griechische Briefe mit einander gewechselt (1549 oder 1550; aufbewahrt auf der Züricher Stadtbibliothek Cod. Mss. C. 50 a 723). Auch unter den gedruckten Briefen finden sich einige in griechischer Sprache. G.’s Arbeiten auf diesem Gebiete sind zum größeren Theile Appendices zu seinen naturwissenschaftlichen Studien, oder stehen zu ihnen in näherer Beziehung: sein Verfahren ist durchaus quellenmäßig, er begnügt sich nicht damit, aus zweiter Hand zu empfangen. Vieles ist ungedruckt geblieben. Aber auch den Quellen gegenüber behält er seine critische Selbständigkeit und läßt sich durch glänzende Namen nicht blenden. Er ist, mit Erasmus von Rotterdam und Philipp Melanchthon, Beförderer der aristotelischen Studien in Deutschland, und schöpft seine Kenntniß nicht, wie die byzantinischen Griechen, aus den späten Commentatoren des großen Philosophen; das hindert ihn aber nicht, vor dessen „Libri physicorum“ zu warnen „quia nimis subtiles et proloxi sunt“ Zahllose Randglossen zu einzelnen Autoren, wie diese auf den Bibliotheken zu Basel und Zürich aufbewahrt sind, lassen die Unmittelbarkeit seiner Arbeiten erkennen. Auch hier blieb vieles ungedruckt, so: „Scholia in Orpheum de gemmis“, „Philiatri et Prisciani gynaecea“, griechische Trauergedichte auf Zwingli’s Tod (aufbewahrt auf der Zürch. Bibl.), eine Abhandlung „De scriptoribus germanicis“ der zweite Theil „De Remediis secretis“, die lateinische Uebersetzung des ganzen Oppian; anderes ist erst nach seinem Tod herausgekommen, so „Domini Massari Vincentini libri III de ponder, et mensuris medic. … Conr. Gesneri opera repurgati“ ed. C. Wolf, Zür. 1584). „Epistol. medicinal. libri III“ (Zür. 1577) und „Liber IV“ (Wittenb. 1584), „Physicarum meditationum libri V“ (Zür. 1586, ed. C. Wolf), das 5. Buch seiner Thiergeschichte, nämlich „De serpentum natura“ (ebenda 1587, ed. C. Wolf), „Moschionis liber de muliebr. affectibus“ (Bas. 1566, ed. C. Wolf), „Achillis Pirminii Gasseri aphorism. Hippocrat. methodus nova C. Gesneri opera illustrata“ (St. Gallen 1584, ed. C. Wolf). G. hat, wie einst Galen, einen Catalog seiner eigenen Werke in Briefform (gerichtet an den englischen Arzt Wilh. Turner) geschrieben. Er umfaßte die bis 1562 erschienenen Publicationen (s. hinter seiner Vita von J. Simmler, Zür. 1566). Es sind der gedruckten Nummern 72, der ungedruckten, unvollendeten und später gedruckten 26. Wir lassen in möglichster Kürze die wichtigeren der erstgenannten folgen: I. Herausgabe antiker Autoren und Einschlägiges: „Joann. Stobaei collectanea“ (mit vielen Zuthaten, so der Dialog des Cyrus Theodorus „De amicit. exilio“ in lateinischen Senaren, die Uebersetzung [119] der beiden platonischen Dialoge Menon und die Anterasten) Zür. 1543. – „Michael. Ephesii schol. in Aristot. libellos“ Bas. 1541. – „Heraclid. Pontici Allegoriae in Hom. fab. etc.“, – Bas. 1544. – „Val. Martialis Epigrammata“, – Zür. 1544. – „Capit. theologicorum … tomi III“ (Abbas Maximus, Tatianus contra Graecos, Theophili sexti Episcopi institutiones etc.)), Zür. 1546. – „Prolegomena in opera Galeni“, Bas. 1562. – „Veterum aliq. theol. graec. orthod. libri Graeci“ (nebst Uebersetzung, theils eigener, theils fremder: Canones Apostolorum, decreta Conciliorum, Ignatii epist., Athenagorae apologia, Aeneae Gazaei Theophrastus, Hermiae irrisio gentil. philos.. u. a. Zür. 1559 u. 1560). – „Aeliani opera omnia“ (Zür. 1556). – „Ovidii Halieutica“ (ebenda 1556). – „Antonini imperatoris de se ipso libr. XII“ mit (Marini vita Procli) (ebenda 1558). – „Cassii iatrosophistae nat. et medicin. quaestiones“ (Zür. 1562). – „Xenocrat. de aliment. ex aquatil. libellus“ (mit Zuthaten), Zür. 1559. – Hieher gehören ferner eine Menge von Auszügen, Tabellen, Argumenten, Uebersetzungen zu Dioscorides, Galenus, dem Platoniker Proclus u. a. II. Herausgabe neuerer Autoren: „Phavorini lexicon graeco-latin.“, Bas. 1537. – „Ambrosii Calepini dictionarium ling. latinae“, Bas. 1544. – „Natural. scientiae totius compendium ab Hermol. Barbaro confectum, repurg. a. C, Gesnero“, Bas. 1548. – „D. Kyberi rei herbar. lexicon“ (mit Tabellen etc. von C. Gesner), Straßb. 1553. – „Valerii Cordi Simesusii opera“, Straßb. 1561 (Botanisches, Medicinisches, Pharmaceutisches, Mineralogisches). – „Dictionarium Germanicolatinum Josuae Pictorii cum praefatione C. Gesneri“ (s. oben), Zür. 1561. – „Santis Ardoyni Pisaurensis de venensis libri VIII“, Bas. 1562. – „Dioscoridis … περί εύποτων ed. Moibanus“ (von C. Gesner vollendet, s. oben), Straßb. 1565. III. Litterarhistorische und philologische Schriften: „Onomasticum nominum propriorum“ (d. h. der lateinischen, sammt lateinischer Interpretation der griechischen), 1547; letzte und beste Ausgabe Bas. 1560. – „Bibliotheca universalis sive catalogus omnium script. locupletiss.“. Zür. 1545. – „Pandectarum (2. Theil der Bibliotheca) libr. XIX“ Zür. 1548. – „Pandectarum liber XX“, ebenda 1549. – „Mithridates sice de different. linguarum etc.“, Zür. 1555. IV. Naturwissenschaftliche Schriften: „Enchiridion histor. plantarum ex Dioscoride etc.“, Bas. 1541. – „Apparatus et delectus simplic. medicam. ex Dioscoride etc.“, Lyon 1542. – „Catalogus plantar. nomina lat. graece german. gall. proponens“, Zür. 1542. – „De lacte et oper. lactariis“, Zür. 1543. –„Enumeratio medicament. purgantium, vomitor. etc.“, Bas. 1546. – „Histor. animalium lib. primus qui est de quadruped. viviparis cum figur. ad viv. express.“, Zür. 1551. – „Histor. quadruped. ovipar. liber“, das. 1554. – „Histor. avium liber“, das. 1555. – „Histor. animal. lib. qui est de piscib. et aquatil.“, das. 1558. – „Icones anim. quadruped. vivip. et ovip.“, das. 1553. – „Icones avium“, das. 1555. – „Icones animal. aquatil.“, Zür. 1560. – „De thermis et font. medicatis Helvet. et German.“ (in der zu Venedig 1553 erschienenen Sammlung). – „Chirurgia, hoc est, de Chirurgia scriptores optimi quique vet. et recent.“, Zür. 1555. – „Enchiridion rei medicae triplicis“ (d. h. Diagnostik, Therapeutik, Diätetik), Zür. 1555. – „Libelli tres medicinales“ (drei Abhandlungen über die Erhaltung der Gesundheit, gegen den Luxus der Gastmähler, gegen den Aderlaßcalender), Zür. 1556. – „Descriptiones et icones plantarum et de hortis Germaniae liber“, Straßb. 1561.

G. war eine lange schmächtige Gestalt, schon früh von krankhaft-bleichem Aussehen, öfter von Grippe und Ischias heimgesucht; kurzsichtig; der Ausdruck seines Gesichts edel und wohlwollend, nicht ohne Züge der Wehmuth. Die Stadtbibliothek von Zürich verwahrt sein Bild (vom Jahr 1564); nach ihm sind alle späteren Abbildungen gefertigt.

[120] Quellen zu seiner Biographie: Der Artikel Conrad Gesner in seiner Bibliotheca univers.; seine Vita von Josias Simmler (Zür. 1566); ferner von C. Chr. Schmiedel (in den Opusc. botan. C. Gesneri); eine dritte, von Dr. J. Scheuchzer geschrieben, war auf dem Wege nach Nürnberg verloren gegangen; die Epistolac medicinales (s. oben); Neujahrsbl. der naturforsch. Gesellsch. von Zürich, 1819; Neujahrsbl. der Stadtbiblioth. von Zürich, 1837; der Chorherrenstube, ebendas. 1782; Joh. Bauhin, Epistolae C. Gesneri, Bas. 1591; J. Hanhart: Conr. Gesner (Winterthur 1824. Quellenmäßige Biographie, zu welcher die handschr. Schätze der Collectio Vadiana in St. Gallen, der Collectio Simmleriana in Zürich, der Kirchenarchive von Zürich und Basel und der Biblioth. Carolina in Zürich ausgebeutet wurden); Leu, Schweiz. Lexicon; Biographie universelle (der Artikel ist von Cuvier): R. Wolf, Biographien zur Culturgesch. d. Schweiz I, S. 16 ff. (Der Artikel „C. Gesner“ in den bekannten älteren Sammelwerken von Adam, Teissier, Pope Blount, Chr. Iselin, auch Meister in „Helvet. berühmter Männer“ u. a. werden durch die oben verzeichneten Schriften entbehrlich gemacht); Lebert, C. Gesner als Arzt, Zürich 1854; Carus, Gesch. d. Zoologie, 1872; Studer, Gesch. der phys. Geogr. d. Schweiz, 1863; Cuvier, Hist. des sciences natur., Bd. II p.. 83. 192. 228 und die Fachwerke von K. Sprenger, E. Meyer, Sachs über Botanik etc.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: bebewahrt
  2. Johann Jakob Ammann (1500–1573)
  3. Vorlage: an gesehen
  4. Vorlage: bloß