ADB:Zwinger, Theodor (Mediziner)
Oporin (s. A. D. B. XXIV, 381) mit dem Professor an der Artistenfacultät Konrad Lycosthenes (XIX, 727) vermählte. Es hängt doch wol mit diesem Wechsel der erzieherischen Einflüsse zusammen, daß der geistig und körperlich ausgezeichnete Knabe nicht Handwerker, sondern Gelehrter wurde. Nachdem er die Schule des originellen Thomas Platter durchgemacht hatte, kam er 1548 an die Universität, unterbrach aber, und zwar allem Anscheine nach ohne Wissen und Willen seiner Angehörigen das regelmäßige Studium durch eine von ihm selbst später bitter bereute Wanderung in die Fremde. Er wandte sich zunächst nach Lyon, wo er, von daheim nicht unterstützt, als Buchhändlergeselle seinen Unterhalt sich verschaffen mußte, dann nach Paris, wo er vornehmlich zu Peter Ramus in Beziehung trat und ausgedehnte linguistische Studien (Latein, Griechisch, Hebräisch, Syrisch) trieb. 1553 nach der Heimath zurückgekehrt ließ er die Absicht „Prädicant“ zu werden, fallen und beschloß Medicin zu studiren. Nach kurzem Aufenthalt daheim zog er vom Buchhändler Peter Perna unterstützt nach Padua, wo damals eine vortreffliche, mit Montpellier rivalisirende medicinische Schule bestand. 1559 promovirte er dort und wurde nach seiner Rückkehr in die Vaterstadt noch im December desselben Jahres in das Aerztecollegium und die medicinische Facultät aufgenommen. Doch erhielt er, nachdem er von 1565–71 über Griechisch, hernach über Ethik Vorlesungen gehalten hatte, die Professur für theoretische Medicin erst 1580, in welcher Stellung er schon am 10. März 1588, aufrichtig betrauert von seinen Mitbürgern, besonders den Armen unter ihnen, und seinen Freunden, namentlich Basilius Amerbach, starb. Amerbach und Felix Platter hatten seine Heirath mit der Tochter des wohlhabenden Zunftmeisters Jakob Rüdin, Valeria, der Wittwe des Lucas Iselin, vermittelt, die ihm acht Kinder gebar. Die ihm durch diese sorgenfreie Existenz gewährte Muße hat Z. – in dieser Hinsicht der richtige Typus des damals möglichen universalen Gelehrtenthums – zum Verdruß seiner Freunde auch noch zu theologischen Studien verwendet, die sogar litterarische Früchte zeitigten. Von seinen übrigen Schriften hat das seiner Zeit viel bewunderte „Theatrum vitae humanae“, eine Art Universalencyklopädie, einen wol nurmehr bibliographischen, dagegen seine „Methodus apodemica“ [544] einen besonders localgeschichtlich bedeutenden Werth. Die von seinem Sohne Jakob 1610 herausgegebene „Physiologia medica“ verdient wegen der in ihr enthaltenen Vertheidigung mancher Lehrsätze des damals verfemten Paracelsus Beachtung. Daß gerade Z. Anlaß genommen hat sich mit Paracelsus zu befassen, erklärt sich wol leicht aus den allerdings nicht ganz ungetrübten Beziehungen seines Oheims Oporin zu dem großen Reformator der Medicin. Für das Ansehen, das Z. unter seinen Collegen genoß, spricht der Umstand, daß er mit der Sammlung und Sichtung der Verordnungen der medicinischen Facultät betraut wurde, die dann bis in die neueste Zeit Geltung behielt, und daß er die Errichtung eines Fiscus dieser Facultät, sowie zur Belebung der etwas in Abgang gekommenen Disputationen die Einführung eines Festmahles mit Erfolg durchsetzte.
Zwinger: Theodor Z. wurde geboren am 2. August 1533. Seinen Vater, einen Kürschner von Beruf, verlor er schon als fünfjähriger Knabe, worauf sich seine Mutter Christiane Herbster, die Schwester des Buchdruckers- Athenae Rauricae. Basiliae 1778, p. 208–211 mit Verzeichniß seiner Schriften. – R. Thommen, Geschichte der Universität Basel. Basel 1889, passim, bes. S. 241–246.